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Montenegro »
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Laut Verfassung ist Montenegro ein „ökologischer Staat“ (?) – und wer Kritik an der Tourismus-Industrie übt, kann demnach etwas über Verfassungswirklichkeit erzählen…

Privater Autobahnbau lohnt sich nicht„…Fast überall am Meer, besonders in der Bucht von Kotor, werden Apartments und Resorts im Akkord hochgezogen. Ohne Rücksicht auf die Natur oder Vorschriften. Gemeinden, große und kleine Investoren hat ein Goldrausch ergriffen, und viele Behörden, zum Beispiel die Bauämter, sind bestechlich. Wer das anprangert, bekommt Schwierigkeiten. So wie Miljan Vujosevic. Der 46-Jährige ist hauptberuflich Programmierer und IT-Experte. Schon oft erhielt er Drohungen. Meistens anonym, per Telefon oder E-Mail: Er möge doch an die Zukunft seiner Familie, seiner Kinder denken. Mehrmals wurde sein Auto beschmiert, einmal versuchte ein Unbekannter, es anzuzünden. Die Polizei ermittelte nicht. Schweigen kann Vujosevic dennoch nicht. „Meine Familie ist in dieser Gegend seit über 400 Jahren ansässig, hier ist unsere Heimat“, sagt Vujosevic. „Ich konnte irgendwann einfach nicht mehr tatenlos mit ansehen, wie hier alles verschandelt und verwüstet wird.“ (…) Nach den geltenden montenegrinischen Vorschriften für unerschlossene archäologische Stätten hätte hier ohne eine strenge und langwierige Voruntersuchung von Experten niemals gebaut werden dürfen, sagt Vujosevic. Gutachter hätten das Gelände auf seinen kulturhistorischen Wert prüfen müssen, ein positiver Befund hätte ein Bauverbot im Umkreis von mehreren Hundert Metern bedeutet – und damit auch für das Luxusresort nebenan. Doch eine solche Untersuchung hat es nie gegeben. Der Besitzer des Geländes, ein Geschäftsmann namens Dejan Davidovic, ließ es im Sommer 2017 in nur wenigen Monaten hochziehen. Zusammen mit einem befreundeten Archäologen kartierte Vujosevic das Gelände heimlich, fotografierte die Neubauten, machte Drohnenaufnahmen. Die Dokumentation und ihre Beschwerde reichte „Bokobran“ beim Amt für den Schutz des Kulturguts von Montenegro und bei der Staatsanwaltschaft ein. Bislang blieb die Anzeige folgenlos...“ – aus der Reportage „Schönheit und Schandfleck“ von Keno Verseck am 27. September 2019 bei Spiegel Online externer Link über die Nebenwirkungen des geförderten Tourismus, Widerstand und Alltag in Montenegro

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=181607
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