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Im Jahr 2014 verschwanden in Mexiko 43 StudentInnen. Noch immer ist unklar, was passiert ist. Neue Informationen belasten das Militär

Dossier

mexiko-verschwindenlassen.de: Donde Estan?„43 verschwundene Studenten, sechs Tote und viele Fragezeichen – schon siebeneinhalb Jahre ist es her, seit im September 2014 in der mexikanischen Stadt Iguala eine Gruppe von Lehramtsanwärtern von Polizisten und Kriminellen verschleppt wurde. Dennoch bis heute ist unklar, was mit den Männern passiert ist. Nach einem diese Woche veröffentlichten Bericht der unabhängigen internationalen Expertenkommission (GIEI) steht vor allem das Militär am Pranger. (…) Das Militär habe die Männer vor, während und nach dem Angriff genau im Blick gehabt, sagte die kolumbianische Staatsanwältin Angela Buitrago, die der GIEI angehört. Dennoch hätten die Soldaten nicht eingegriffen. Zudem bestätigen Drohnenaufnahmen, dass Marinesoldaten und die Generalstaatsanwaltschaft einen vermeintlichen Tatort manipuliert und damit Ermittlungen gezielt in die falsche Richtung gelenkt hatten. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador ordnete nun an, Ermittlungen gegen die Verantwortlichen bei der Marine einzuleiten…“ Artikel von Wolf-Dieter Vogel vom 30. März 2022 in der taz online externer Link und mehr daraus/dazu:

  • Mexiko: Freilassung von Militärs im Fall der verschwundenen Studenten New
    „Im Fall Ayotzinapa hat ein Gericht in Mexiko-Stadt am 20. Januar zugunsten von acht Militärs entschieden und sie freigelassen. Den Militärs wird das Verschwindenlassen der 43 Lehramtsstudenten im September 2014 zur Last gelegt, außerdem sollen sie eng mit der Drogenbande „Guerreros Unidos“ vebunden sein. Sie saßen seit Juni 2023 in Untersuchungshaft. Nun hat Richterin Raquel Ivette Duarte Cedillo beschlossen, dass die Untersuchungshaft unzulässig war. Ohne ein weiteres Verfahren zu eröffnen, wandelte sie die Untersuchungshaft in eine „Vorsichtsmaßnahme“ um. Damit dürfen die nun freigelassen Soldaten den Prozess in Freiheit fortsetzen. Zur Vermeidung von Fluchtgefahr müssen sie sich alle fünfzehn Tage bei Gericht melden. Zudem musste jeder Soldat 50.000 mexikanische Pesos (rund 2.700 Euro) hinterlegen. Ein Verbot, das Land ohne richterliche Genehmigung zu verlassen, wurde verhängt, ihre Reisepässe eingezogen. Es ist ihnen zudem untersagt, sich den Zeugen oder den Opfern zu nähern oder mit ihnen zu kommunizieren. Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft (FGR) angekündigt, juristisch gegen die Richterin Duarte Cedillo und ihr Urteil vorzugehen, das als unzulässig gewertet wird. „Die acht Angehörigen der Streitkräfte werden im Fall Ayotzinapa schwerster Verbrechen beschuldigt“, so die FGR. Die Kommission für Wahrheit und Zugang zur Gerechtigkeit im Fall Ayotzinapa, (CoVaj), kritisierte ebenfalls die Entscheidung der Richterin, erklärte aber, dass „diese Mitglieder der Streitkräfte nicht von den Anschuldigungen entlastet sind. Sie werden weiterhin verfolgt, bis das entsprechende Urteil gefallen ist“, heißt es in ihrem Kommuniqué. Die Menschenrechtsorganisation Tlachinollan, die seit dem Massaker die Eltern begleitet und berät, ist der Meinung, dass „der Fall Ayotzinapa behindert wird. Es hat eine massive Einflussnahme des Präsidenten der Republik gegeben, um das Militär zu decken und die Strafverfolgung all jener zu verhindern, gegen die Haftbefehl erlassen wurden“, so Abel Barrera, Leiter von Tlachinollan. Die Organisation gründet ihre Aussage auf eine Reihe von Freilassungen von mutmaßlichen Tätern im Fall Iguala, so wie die von General Rafael Hernández Nieto vor fünf Monaten…“ Beitrag von Leticia Hillenbrand vom 29. Januar 2024 bei amerika21 externer Link
  • Nach fast genau 9 Jahren: Neue Belege für Verstrickung der Behörden von Mexiko im Fall Ayotzinapa – das Verbrechen muss aufgeklärt werden
    • In Mexiko verschwundene Studenten: Der endlose Kampf gegen Lügen
      Vor 9 Jahren wurden in Mexiko 43 Studenten entführt. Politik und Polizei sollen verwickelt sein. Hintergründe liefern jetzt US-Drogenfahnder. (…) Genau neun Jahre ist es her, seit die 43 Studenten in der Nacht vom 26. auf den 27. September 2014 in Iguala verschleppt wurden. Seither suchen Cristina Bautista, die Mutter von Benjamín, und andere Angehörige verzweifelt nach ihren Liebsten. Derzeit bereitet sich die 48-Jährige wieder auf Aktionen zum Jahrestag vor. „Nie dachte ich, dass wir nach so langer Zeit nicht wissen, was mit ihnen passiert ist“, sagt sie der taz. Der Verlust, der ewige Kampf, die Lügen und Demütigungen der Behörden belasten die Mütter, Väter und Geschwister ständig.
      Gezielt falsch ermittelt
      Von Anfang an hatten die Angehörigen und Menschenrechtsverteidiger*innen Hinweise darauf, warum die Ermittlungen nicht vorankommen: Neben der lokalen Polizei und der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“ könnten auch Bundespolizist*innen, die Armee und Politiker*innen auf höchster Ebene in das Verbrechen verstrickt sein. Recherchen einer Unabhängigen Internationalen Expertengruppe (GIEI) bestätigten, dass der damalige Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam gezielt falsch ermittelte und der oberste Polizeichef Beweise manipulieren sowie Gefangene foltern ließ, um eine „historische Wahrheit“ der Tatnacht festzuschreiben. Demnach seien die entführten Studenten auf einer Müllhalde von Kriminellen verbrannt worden. Die Tat sollte so auf ein lokales Problem reduziert werden, um zu verschleiern, was tatsächlich passiert ist.
      Drogen im Bus?
      Vor wenigen Wochen veröffentlichte die New York Times externer Link nun Informationen der US-Antidrogenbehörde DEA, die alle Befürchtungen von Bautista und ihren Mit­strei­te­r*in­nen bestätigten. (…) Offenbar brauchte es die Unterstützung der US-Drogenfahnder, um bei der Suche nach den Täter*innen voranzukommen. Denn das mexikanische Militär weigert sich bis heute, Dokumente herauszugeben, die mehr Klarheit schaffen könnten. Die Expertengruppe stellte deshalb vor zwei Monaten ihre Arbeit ein. „Es besteht ein bewusstes Interesse daran, die Tatsachen nicht aufzuklären und substanzielle Teile im Dunkeln zu halten“, erklärt GIEI-Mitglied Carlos Beristain. So mache eine Weiterarbeit keinen Sinn. (…) Dass die Versprechungen des Präsidenten nicht eingehalten wurden, lässt nicht nur die Angehörigen zunehmend wütender werden. Immer wieder ziehen Ayotzinapa-Studenten vor militärische Einrichtungen, werfen Steine oder Molotowcocktails. Erst vergangene Woche lieferten sie sich in Iguala wieder Auseinandersetzungen mit Polizisten und sprühten auf die Kasernenwände: „Es war das Militär.“…“ Artikel von Wolf-Dieter Vogel vom 26.9.2023 in der taz online externer Link
    • Mexiko: Vor neun Jahren verschwanden die 43 Studenten aus Ayotzinapa – das Verbrechen muss aufgeklärt werden
      Noch immer warten die Angehörigen auf Wahrheit und Gerechtigkeit. Auch neun Jahre nach dem gewaltsamen Verschwindenlassen von 43 Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa ist der Fall nicht vollständig aufgeklärt. (…) Bisher wurden im Zusammenhang mit dem Verbrechen laut offiziellen Angaben 116 Personen verhaftet, darunter 14 Militärs. Doch ist es fraglich, ob der Fall vollständig aufgeklärt werden wird. Lediglich die Überreste von drei der Studenten konnten gefunden werden. Einiges deutet darauf hin, dass die Regierung vor Ablauf der aktuellen Präsidentschaft im kommenden Jahr aus politischen Gründen einen Schlussstrich ziehen will. Die GIEI hat ihr Mandat Ende Juli 2023 beendet. In ihrem Abschlussbericht betont sie die Verantwortung des Militärs und weiterer staatlicher Institutionen. „Die Entscheidung der GIEI hat verdeutlicht, dass die Generalstaatsanwaltschaft und die Streitkräfte die Suche nach den Verschwundenen behindern”, sagt María Luisa Aguilar Rodríguez von der mexikanischen Menschenrechtsorganisation Centro Prodh. „Insbesondere das Militär verweigert nach wie vor die Herausgabe aller mit dem Fall zusammenhängenden Informationen.“ Abel Barrera vom Menschenrechtszentrum Tlachinollan aus dem Bundesstaat Guerrero fordert von der mexikanischen Regierung, den Abschlussbericht der GIEI ernst zu nehmen. „Die mexikanische Armee muss den zivilen Behörden, die den Fall Ayotzinapa untersuchen, alle Informationen zur Verfügung stellt, die sie am Tag des Verschwindens der 43 Personen gesammelt hat. Die Angehörigen müssen erfahren, was genau passiert ist.“ Sowohl Tlachinollan als auch das Centro Prodh unterstützen die Angehörigen seit Jahren in ihrem Kampf um Wahrheit und Gerechtigkeit. Sie wurden dafür angefeindet und sogar staatlicherseits überwacht…“ Beitrag vom 26. September 2023 in untergrund-blättle.ch externer Link
    • Neue Belege für Verstrickung der Behörden von Mexiko im Fall Ayotzinapa
      Das Verschwindenlassen von 43 Studenten aus Ayotzinapa ist eines der brutalsten und mysteriösesten Verbrechen der mexikanischen Geschichte. (…) Neue Hinweise belegen, dass örtliche Militärs, Polizeieinheiten und Politiker:innen nicht nur gelegentlich für das Verbrecherkartell Guerreros Unidos gearbeitet haben, sondern praktisch deren Angestellte waren. Damit haben sie dem Kartell stärker als bislang bekannt dabei geholfen, die 43 Lehramtsstudenten spurlos verschwinden zu lassen. Das geht aus 23.000 Textnachrichten hervor, die die New York Times ausgewertet hat. Die Zeitung kommt zu dem Schluss: Funktionär:innen praktisch aller lokalen Behörden, vom Sanitäter über den Gerichtsmediziner bis hin zum Militärkommandanten, arbeiteten seit Monaten für das Drogenkartell, das damit sämtliche öffentliche Einrichtungen in seiner Hand hatte. Das Organisierte Verbrechen agierte in einem Klima totaler Straflosigkeit. Die 23.000 Textnachrichten stammen hauptsächlich von Mitgliedern der Guerreros Unidos. Sie wurden 2014 von der US-Antidrogenbehörde DEA abgefangen und 2022 der mexikanischen Regierung übermittelt. Für den Direktor des mexikanischen Menschenrechtszentrums Centro Prodh, Santiago Aguirre, belegen sie vor allem, wie stark Teile der Armee in den Fall Ayotzinapa verstrickt waren. Das verstärkt die Forderung nach einer Herausgabe sämtlicher Daten im Besitz der Armee, um Licht in das Verschwindenlassen der 43 Lehramtsstudenten zu bringen. Laut Aguirre waren einige der Textnachrichten bereits Teil der Anklage gegen einige beschuldigte Militärs, wie den pensionierten General Rafael Hernández Nieto, den ehemaligen Kommandeur des 41. Infanteriebataillons von Iguala. Tatsächlich wurde der General auch verhaftet und angeklagt, so Aguirre, jedoch Ende August auf Betreiben der Guardia Nacional aus der Haft in den Hausarrest entlassen. Das sei sehr ungewöhnlich. Unterdessen hat die oberste Justizbehörde Mexikos (PJF) am 15. August der Armee verboten, Dokumente zu dem Fall zu vernichten…“ Beitrag vom 13.09.2023 in Amerika21 externer Link
  • [Mexiko] Verschwundene Studenten von Ayotzinapa: 16 Haftbefehle gegen Militärs erlassen 
    „Im Fall der verschwundenen Lehramtsstudenten von Ayotzinapa hat ein mexikanisches Bundesgericht die Generalstaatsanwaltschaft autorisiert, Haftbefehle wegen organisierter Kriminalität und gewaltsamen Verschwindenlassens gegen 16 Mitglieder des Militärs zu erlassen. Unter den Beschuldigten sind damalige Mitglieder des 27. und 41. Infanteriebataillons. Medien zufolge befinden sich acht von ihnen bereits im Gefängnis der Millitärkaserne Nr. 1 in Mexiko-Stadt, darunter General José Rodríguez und Kapitän José Martínez Crespo. Rodríguez war Kommandeur der Kaserne des 27. Infanteriebataillons in Iguala. Crespo war am Tag des Angriffs für eine Eingreiftruppe des Bataillons zuständig. Die Gruppe von 43 Lehramtsstudenten wurde in der Nacht zum 27. September 2014 in der Kleinstadt Iguala im Bundesstaat Guerrero von der Bundespolizei verschleppt. Seitdem fehlt von 40 von ihnen jede Spur. Bis heute sind nur die Überreste von Alexander Mora Venancio (2014), Christian Alfonso Rodríguez Telumbre (2020), und Joshivani Guerero de la Cruz (2021) identifiziert worden. Bei dem Massaker, das erst im August 2022 von der mexikanischen Regierung als Staatsverbrechen anerkannt wurde, wurden außerdem 40 Menschen verletzt und zwei weitere getötet. (…) Laut Medienberichten wird die unabhängige Expertengruppe (GIEI) der Interamerikanischen Menschenrechtskommission die Ermittlungen im Fall Iguala einstellen und Ende Juli das Land verlassen. (…) Ihre Entscheidung ist auf Unstimmigkeiten mit dem Verteidigungsministerium zurückzuführen. Es geht um 80 bis 90 Dokumente, die beweisen sollen, dass das Militär an der Verschleppung und dem Verschwindenlassen der 43 Lehramtsstudenren aktiv beteiligt war. Die Experten haben angeprangert, dass im Mai 2022 jemand innerhalb des Militärs diese im Rechner des Verteidigungsministeriums gespeicherten Informationen gesammelt und entfernt hat, sodass sie für die GIEI nicht mehr auffindbar waren. Der GIEI erreichte nun zwar die Reaktivierung der 16 Haftbefehle, jedoch nicht die Herausgabe der Dokumente durch das Militär…“ Beitrag von Leticia Hillenbrand vom 28. Juni 2023 bei amerika21 externer Link, siehe auch:

    • Fall Ayotzinapa: Massaker vor Aufklärung. Acht Soldaten nach Entführung von 43 Studenten festgenommen. Weitere Militärs und Polizisten unter Verdacht
      „… Die beschuldigten Soldaten seien bis zu ihrer Festnahme am Mittwoch vergangener Woche alle noch im aktiven Dienst gewesen, berichtete AP. Ein »Juan« genannter Anführer des Drogenkartells »Guerreros Unidos« sagte als »geschützter Zeuge« aus, dass die Inhaftierten sowie weitere Militärs an den Verbrechen beteiligt waren oder sie gedeckt hatten. Nachdem der ursprünglich für die Ermittlungen zuständige Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Keram im August vergangenen Jahres selbst wegen Justizbehinderung, Unterschlagung und Fälschung von Beweisen angeklagt worden war, hatte die Staatsanwaltschaft im September Haftbefehle gegen 16 Militärangehörige ausgestellt, diese allerdings kurz darauf ohne Erklärung wieder zurückgezogen. Eine willkürliche Entscheidung, so Opferanwalt Santiago Aguirre vom Menschenrechtszentrum »Centro Prodh«. Der Anwalt begrüßte zwar, dass die Haftbefehle reaktiviert wurden, kritisierte aber, dass bislang nur acht Angehörige der mexikanischen Armee inhaftiert sind. Aguirre und seine Mandanten fordern, dass die Behörden die strafrechtliche Verfolgung der Täter weiter vorantreiben…“ Artikel von Volker Hermsdorf in der jungen Welt vom 28.06.2023 externer Link
  • Acht Jahre nach der Entführung von 43 Studenten in Mexiko: Chefermittler zu »verschwundenen« Studenten legt Amt nieder 
    „Acht Jahre nach der Entführung von 43 Studenten in Mexiko legt der Chefermittler einer Sondereinheit sein Amt nieder. Omar Gómez Trejo, der den Angehörigen der Opfer nahestand, sei nach Streitigkeiten innerhalb der Staatsanwaltschaft zurückgetreten, sagte am Dienstag Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador. Zuletzt waren Dutzende bereits erlassene Haftbefehle zurückgenommen worden, darunter 16 gegen Mitglieder der Streitkräfte. Am achten Jahrestag des gewaltsamen Verschwindens der jungen Männer hatten am Montag ihre Familien die Ermittlungen kritisiert. Zwar seien Beschuldigte kürzlich verhaftet worden, sagte der Anwalt der Opfer, Vidulfo Rosales. Mehrere weitere Haftbefehle seien jedoch wieder annulliert worden. Präsident López Obrador bat die Familien der Studenten um Vertrauen. Im Namen der Angehörigen sprach das Menschenrechtszentrum Prodh von einer »äußerst beunruhigenden« Situation bei der Suche nach Gerechtigkeit. Der Rücktritt sei ein Hinweis auf die unzulässige Einmischung der Staatsanwaltschaft in die unabhängige Arbeit der Sondereinheit. (…) Eine Wahrheitskommission hatte im August die Tat als Staatsverbrechen bezeichnet und die Studenten für tot erklärt.“ Online Extra der jungen Welt vom 27. September 2022 externer Link
  • Wahrheitskommission Mexiko: Ranghohe Militärs im Fall der 43 verschwundenen Studenten mitverantwortlich
    „82 Haftbefehle gegen mutmaßliche Täter im Fall der Verschwundenen von Ayotzinapa, darunter 20 Militärs. (…) Ranghohe Militärs waren direkt für die Repression gegen die Studenten von Ayotzinapa in Iguala im September 2014 mitverantwortlich. Dies gab Unterstaatssekretär Alejandro Encinas Rodríguez am 26. August auf einer Pressekonferenz im Präsidentenpalast in Mexiko-Stadt bekannt. Encinas ist Vorsitzender der Ẃahrheitskommission zum Fall Ayotzinapa (Covaj), die Präsident Andrés Manuel López Obrador 2019 per Dekret einsetzte. Der damalige Oberst José Rodríguez Pérez, zur Zeit der Ereignisse Kommandeur der 27. Infanteriebrigade mit Sitz in Iguala, ordnete laut Encinas die Hinrichtung und das Verschwindenlassen von sechs Studenten aus Ayotzinapa an, die zu den 43 Verschwundenen gehörten. Diese sechs jungen Männer sind laut der Wahrheitskommission noch Tage nach der Nacht der geballten Repression von Polizei, Mafias und Militär vom 26. auf den 27. September 2014 am Leben gewesen. „Es ist zu vermuten, dass sechs der Studenten bis vier Tage nach den Ereignissen noch am Leben waren und dass sie auf Befehl des sogenannten Oberst, mutmaßlich des damaligen Oberst José Rodríguez Pérez, getötet wurden und verschwanden“, sagte Encinas. Der Schlussbericht der Wahrheitskommission erwähnt, dass in den Textnachrichten von Akteuren der organisierten Kriminalität eine Person namens „El Coronel“ („Der Oberst“) am 30. September 2014 Bescheid gab, „dass sie sich um die Aufräumarbeiten kümmern würden und dass sie sich bereits um die sechs Studenten gekümmert hätten, die in einem Lagerhaus am Leben gelassen worden waren“. Mit dieser Anschuldigung gegen Rodríguez Pérez klagt erstmals eine Bundesbehörde explizit einen hohen Militär der Verbrechen von Iguala an. Rodríguez Pérez hat gemäß der Wahrheitskommission seinen Vorgesetzten, General Alejandro Saavedra Hernández, damals Kommandeur der 35. Militärzone mit Sitz in Chilpancingo, Guerrero, über die Ereignisse in Iguala genau in Kenntnis gesetzt. Gegen beide Männer wurde Haftbefehl erlassen. Im Zuge der 82 neu ausgestellten Haftbefehle gegen mutmaßliche Täter im Fall Ayotzinapa werden nun insgesamt 20 Militärs angeklagt. (…) Einige Tage nach dem am 17. August veröffentlichten Schlussbericht der Wahrheitskommission zu Ayotzinapa gaben auch die Angehörigen der 43 verschwundenen Studenten ihre Position dazu bekannt. Sie begrüßen die Fortschritte bei der Aufklärung der Verbrechen und das klare Benennen der kriminellen Zusammenarbeit von lokalen Behörden, Mafias und Militärs. Doch dass nur drei der 43 Verschwundenen identifiziert werden konnten und es von weiteren 40 keine Spur gibt und es keine Indizien gibt, sie noch lebend zu finden, ist ein herber Schlag für Familien. Sie wollen sich nicht mit der Aussage abfinden, dass ihre Söhne tot sind: „Wir Mütter und Väter brauchen unbestreitbare wissenschaftliche Beweise für das Schicksal unserer Kinder. Wir können nicht mit vorläufigen Hinweisen nach Hause gehen, die nicht vollständig klären, wo sie sind und was mit ihnen geschehen ist“…“ Beitrag von Philipp Gerber vom 28. August 2022 bei amerika21 externer Link
  • Haftbefehl gegen Ex-Staatsanwalt im Fall der verschwundenen Studenten
    „Die Vorwürfe gegen Jesús Murillo Karam haben es in sich: Verschwindenlassen von Menschen, Folter, Delikte gegen die Justizverwaltung, sprich Behinderung der Strafverfolgung. Mit diesen Beschuldigungen sitzt der ehemalige mexikanische Generalbundesanwalt nun im Hochsicherheitsgefängnis in Haft. Nur einen Tag, nachdem die Wahrheitskommission im Fall des Verschwindens von 43 Studenten ihren ersten Bericht veröffentlicht hatte, wurde der Jurist am Freitag verhaftet. Seit Samstag muss er sich den Aussagen geschützter Zeugen stellen. (…) Zugleich erließ die mexikanische Justiz Haftbefehl gegen 20 hochrangige Armeeangehörige, 44 Polizisten, fünf bundesstaatliche Amtsträger sowie 14 Mitglieder der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“. Sie alle sollen mitverantwortlich sein für den Angriff, bei dem die jungen Männer in der Nacht auf den 27. September 2014 in der Stadt Iguala von Polizisten und Kriminellen verschleppt und sechs weitere Menschen ermordet wurden. Von den meisten der Studenten fehlt jede Spur, nur die sterblichen Überreste von dreien konnten zugeordnet werden. Als oberster Strafverfolger war Murillo Karam an zentraler Stelle verantwortlich für die Aufklärung des Falles. (…) Die jetzigen Strafverfolger machen den Ex-Generalstaatsanwalt auch direkt verantwortlich für das Foltern von sechs mutmaßlichen Tatverdächtigen. Dieselben Vorwürfe richten sie auch gegen Tomás Zerón, der damals zuständige oberste Polizeichef des Landes. Zerón lebt derzeit in Israel. Die mexikanischen Behörden haben einen Auslieferungsantrag gestellt, dem deren israelische Kolleg*innen jedoch nicht nachkommen. Der Wahrheitskommission zufolge waren in das Verschwindenlassen lokale, bundesstaatliche und föderale Polizisten, Behörden sowie das Militär eingebunden. Der Leiter des Gremiums, der Staatssekretär Alejandro Encinas, bezeichnete den Angriff deshalb als „Staatsverbrechen“. Der Bericht des Gremiums nimmt jede der Behauptungen auseinander, mit denen Murillo Karam den Fall ad acta legen wollte…“ Beitrag von Wolf-Dieter Vogel vom 22. August 2022 beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link
  • [Mexiko] Keine Hoffnung auf Überlebende
    „Das Militär trägt eine Mitverantwortung im Fall der 43 Studenten des Lehrerseminars Ayotzinapa, die 2014 in Mexiko verschleppt wurden. Zu diesem Schluss kommt eine Wahrheitskommission, die am Donnerstag ihren ersten Bericht in Mexiko-Stadt vorgestellt hat. (…) „Ihre Taten, ihre Unterlassungen und ihre Beteiligung ermöglichten das Verschwindenlassen und die Hinrichtung der Studenten sowie den Mord an sechs weiteren Personen,“ erklärte der Leiter des Gremiums Alejandro Encinas. Die Kommission geht zudem davon aus, dass keiner der jungen Männer noch lebt. „Alle Zeugenberichte und Beweise deuten darauf hin, dass sie heimtückisch verschwunden gelassen und umgebracht wurden“, erklärte der Staatssekretär für Menschenrechte. Das habe er den Angehörigen in einem „schwierigen, schmerzhaften Treffen“ mitgeteilt. Dem Bericht zufolge hatte das Militär einen Informanten in die linksradikale Lehrerschule eingeschleust. Der Spitzel wurde ebenfalls in jener Nacht vom 26. auf den 27. September Opfer des Angriffs, bei dem Polizisten und Mitglieder der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“ die Männer in der südmexikanischen Stadt Iguala verschleppt haben. Die Studenten hatten zuvor mehrere Busse gekapert, um damit zu einer Demonstration nach Mexiko-Stadt zu fahren. Die Armeeführung der Region sei dazu verpflichtet gewesen, ihren Soldaten zu schützen und nach ihm zu suchen, sagte Encinas. Durch den Informanten seien auch alle bundesstaatlichen und föderalen Kräfte immer über die Bewegungen der Studenten informiert gewesen, hätten jedoch nichts getan, um deren Verschleppung zu verhindern. Zu derselben Schlussfolgerung kam bereits eine internationale Expertengruppe (GIEI), die sich mit dem Fall beschäftigte. (…) Der Bericht gibt auch der „historischen Wahrheit“ eine deutliche Absage, mit der die damalige Generalstaatsanwaltschaft das Verbrechen ad acta legen wollte. Dieser Version vom Tatverlauf zufolge sollen die Kriminellen die Studenten auf einer nahegelegenen Müllhalde verbrannt haben. Dies sei die „historische Wahrheit“, hatte der damalige Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam erklärt und wollte die Ermittlungen wenige Monate nach jener Herbstnacht einstellen. Recherchen der GIEI und der Wahrheitskommission bestätigten jedoch, dass diese Version vom Tatverlauf bewusst konstruiert wurde, um weitere Ermittlungen zu verhindern…“ Beitrag von Wolf-Dieter Vogel vom 20. August 2022 beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link
  • Weiter im Artikel von Wolf-Dieter Vogel vom 30. März 2022 in der taz online externer Link: „… „Die Armee hat ein schmutziges Spiel gespielt“, erklärte Anwalt Vidulfo Rosales, der die Angehörigen der Verschwundenen vertritt. Auf einer Pressekonferenz der Eltern kritisierte er am Dienstag, dass das Militär das Lehramtsseminar Ayotzinapa, in dem die Männer studiert hatten, infiltriert habe. Nach GIEI-Informationen hatte die Armee dort zwei Spitzel eingeschleust. Einer von ihnen befand sich unter den Männern, die am 26. September 2014 verschwunden sind. Demnach wusste das Militär auch nach der Verschleppung, wo sich die Studenten befanden. (…) Die GIEI wurde ins Leben gerufen, da die Angehörigen dem damaligen Präsidenten Enrique Peña Nieto und seinen Strafverfolgern nicht vertrauten. Dessen Nachfolger López Obrador hat die Aufklärung des Falls zur Chefsache erklärt. Dennoch hätten die Behörden die Beweise erst nach drei Jahren herausgerückt, kritisieren die Eltern der Verschwundenen. „Sie nehmen den Präsidenten nicht ernst“, sagte Emilio Navarrete, der Vater von José Angel. „Es macht einen wütend, dass sie die Informationen zurückbehalten haben.“

Siehe zuvor zuletzt am 8.3.2022: Mexiko: Erste „Internationale Brigade“ hat Suche nach Verschwundenen begonnen, dort Verweise auf die vielen Beiträge dazu zuvor

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199291
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