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Junger Mann stirbt nach Festnahme – weil er keine Maske trug. Auch in Mexiko führt ein Polizeimord zu Massenprotesten

Protest gegen Polizeimord im mexikanischen Guadalajara am 4.6.2020„… Am 4. Mai wollte der 30-Jährige Giovanni López aus dem westmexikanischen Bundesstaat Jalisco mit seiner Familie essen gehen; stattdessen starb er im Polizeigewahrsam. Vier Polizisten nahmen ihn der Gemeinde Ixtlahuacán de los Membrillos am Rand der Großstadt Guadalajara fest, weil er keinen vorgeschriebenen Mundschutz getragen hatte. Als ihn seine Familie anschließend auf der Polizeiwache suchte, war López bereits an einem Schädel-Hirn-Trauma im Krankenhaus verstorben. Nach Angaben seiner Schwester wies der Körper von López zudem Folterspuren und eine Schusswunde im Bein auf. Einen Monat nach seinem Tod kam es daher am 4. Juni zu massiven Protesten. Die Demonstrationen waren gleichzeitig Teil der weltweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt, die durch den Mord an George Floyd in der US-Stadt Minneapolis ausgelöst worden waren. Nicht nur der Tod von Giovanni López sorgte für Empörung; sein Fall zeigt viele Facetten der Straflosigkeit in Mexiko. Einen Monat nach seinem Tod war zunächst noch kein Polizist in Haft, obwohl ein Video von der Festnahme existiert. Stattdessen berichtete López‘ Familie von Bestechungsversuchen und Drohungen. Während die Behörden noch schwiegen, gab es einen Aufschrei, der zusätzlich durch den Tod von George Floyd in den USA angefacht wurde. Internationale Prominente wie die Schauspielerin Salma Hayek forderten „Gerechtigkeit für Giovanni“. Der Schriftsteller, Regisseur und Produzent Guillermo de Toro griff auf Twitter den Gouverneur des Bundesstaates Jalisco, Enrique Alfaro Ramírez direkt an. Zudem kritisierte er die Staatsanwaltschaften von Jalisco und Mexiko, sowie die Nationale Menschenrechtskommission CNDH, weil sie in dem Fall untätig geblieben war…“ – aus dem Beitrag „Tod im Polizeigewahrsam: Protestierende fordern Gerechtigkeit für Giovanni López“ am 07. Juni 2020 beim NPLA externer Link zum auslösenden Polizeimord der aktuellen Proteste in Mexiko, worin auch noch informiert wird, dass der Bürgermeister schon mal abgehauen ist… Siehe dazu drei weitere aktuelle Meldungen zu den Protesten nach dem Polizeimord (darunter zwei Videos) und zwei Hintergrundbeiträge zum Thema des „Umfeldes“, in dem dieser Polizeiterror stattfindet:

  • „Fires and Riots Across Mexico Against Police Repression“ am 08. Juni 2020 bei AMW externer Link dokumentiert, gibt einen knappen Überblick über die zahlreichen Proteste in Guadalajara, Mexiko-Stadt, Veracruz und anderen Orten,  und berichtet auch von den ebenfalls zahlreichen – vergeblichen – Versuchen, diese Proteste zu unterdrücken, wobei es auch wieder einmal zu extremer Polizeigewalt kam, mit mehreren zumindest Schwerverletzten.
  • „People in Mexico are protesting police brutality after 30-year-old Giovanni López died in police custody after he was arrested for not wearing a mask“ am 06. Juni 2020 im Twitter-Kanal von ajplus externer Link ist ein Video von den militanten Jugendprotesten in Guadalajara nach dem Polizeimord.
  • „Mexiko spart an der Menschenrechtsarbeit“ von Sonja Gerth am 07. Juni 2020 in neues deutschland online externer Link zu einer weiteren Erleichterung der ach so mühevollen Polizeiarbeit (unter anderem): „… »Die nationale Kommission für Opferfürsorge (CEAV) war in der Vergangenheit eine schwache und überlastete Institution.« Die Einschätzung von Alberto Xicoténcatl Carrasco, Vorsitzender des Beirats für den nationalen Schutzmechanismus für Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen, lässt eine düstere Zukunft der CEAV erahnen. Dafür sorgt der »Austeritäts-Erlass«, den Präsident Andrés Manuel López Obrador am 24. April unterschrieben hat. Der besagt, dass aufgrund der Coronakrise Haushaltskürzungen von bis zu 75 Prozent bei den öffentlichen Institutionen anstehen. Die CEAV hat sich auch selbst zu Wort gemeldet: Sie erklärte, dass sie sich mit den verbliebenen Geldern noch nicht einmal mehr die Miete, Wasser oder Strom für die Zentrale und die 32 Außenstellen in den Bundesstaaten leisten könne. Die Personalkürzungen müssten so umfangreich ausfallen, dass zahlreiche Leistungen eingestellt werden: »Der Betrieb ist gelähmt, wir müssen unsere wesentlichen Aktivitäten einstellen«, hieß es…
  • „Mexiko: Neues Dekret für den Einsatz des Militärs in der öffentlichen Sicherheit“ von Sabrina Spitznagel am 22. Mai 2020 bei amerika21.de externer Link über eine „Entlastungsmaßnahme“ für die Polizei: „… In Mexiko ist ein neues Dekret in Kraft getreten, das den Einsatz des Militärs in “außerordentlicher, geregelter, überwachter, untergeordneter und ergänzender Weise zur Nationalgarde“ im Bereich der öffentlichen Sicherheit bestimmt. Dem Militär werden damit vereinzelte Funktionen, die eigentlich die Nationalgarde innehat, für eine Dauer von vier Jahren übertragen. Die Veröffentlichung dieser Kompetenzerweiterung am 11. Mai forderte unmittelbare Reaktionen heraus. Die Menschenrechtskommission der Stadt Mexiko verlangte eine Rechtfertigung für diesen Einsatz des Militärs. Die Partei der Demokratischen Revolution reichte Klage vor der „Comisión Nacional de los Derechos Humanos“ (nationale Menschenrechtskommission) ein. Beide verweisen darauf, dass durch die Militarisierung vermehrt Menschenrechtsverletzungen zu befürchten wären und die Straflosigkeit zunehmen würde. Auch das Büro der UNHCHR in Mexiko nahm neben mexikanischen Menschenrechtsorganisationen und anderen Kollektiven kritisch Stellung. Faktisch würde das Dekret die Militarisierung der öffentlichen Sicherheit normalisieren. Die Teilhabe der Streitkräfte an Funktionen der öffentlichen Sicherheit sei nicht als „außerordentlich“ zu werten, da die Intervention für das ganze Land gilt, ohne zwischen verschiedenen Verbrechen und Situationen zu differenzieren. Entgegen dem verfassungsrechtlichen Grundsatz, der die Unterordnung des Militärs gegenüber zivilen Kräften verlangt, ist im Rahmen des neuen Erlasses von Koordination die Rede…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=173716
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