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In Südamerika werden die Widersprüche deutscher Klimapolitik deutlich: Es geht um Rohstoffe und die Energiewende

Buch "Imperiale Lebensweise" von Ulrich Brand und Markus Wissen„… Freihandel, Klimaschutz und Rohstoffe: Wohl kein anderer Kontinent wurde in den vergangenen Monaten von der deutschen Politik so umworben wie Südamerika. Die Charmeoffensive hat einen existenziellen Hintergrund: Die Länder verfügen über begehrte Rohstoffe, seltene Erden und können grünen Wasserstoff für die deutsche Energiewende herstellen. Zugleich wehren sich lokale und indigene Gemeinschaften gegen eine Politik der reinen Rohstoffausbeutung ohne Rücksicht auf Mensch und Natur. (…) Plötzlich ist Südamerika wichtig geworden als Produzent von Nahrungsmitteln und Lieferant von Kupfer, Eisenerz, Bauxit und Lithium für die Batterieproduktion. Knapp zwei Drittel der weltweiten Lithium-Reserven befinden sich in der Andenregion von Bolivien, Argentinien und Chile. Brasilien als größte Volkswirtschaft der Region wird besonders von der deutschen Regierung umgarnt…“ Beitrag von Susann Kreutzmann vom 10. Juli 2023 im MiGAZIN externer Link und dazu:

  • Lithium Valley: Neuer Bergbau-Hotspot in Brasilien alarmiert die Bevölkerung New
    Der Lithiumabbau boomt aufgrund der steigenden weltweite Nachfrage. Die Gemeinden spüren die Auswirkungen, aber noch nicht die Vorteile.
    Aufgrund der globalen Energiewende und der damit verbundenen wachsenden Nachfrage wird die Erforschung der Lithiumvorräte intensiviert. Auchim Südosten des Landes schreitet der Abbau von Lithium immer weiter voran; passend dazu werden Vorschriften im Zusammenhang mit der Gewinnung des wertvollen Minerals zunehmend gelockert. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur ist die steigende Produktion von Elektrofahrzeugen eine der wichtigsten Triebkräfte für die weltweite Nachfrage, die bis 2040 um das 15-fache steigen dürfte.
    Weltweite Nachfrage steigt – Export ohne Mehrwert
    Im Juli 2022 erließ die Regierung des damaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro ein Dekret, mit dem die Beschränkungen für den Lithiumhandel des Landes aufgehoben wurden. Bis dahin wurde die Ausfuhr des Minerals durch eine Verordnung zum Schutz der brasilianischen Nuklearindustrie gedeckelt. (…) Die Öffnung Brasiliens für den Außenhandel mit Lithium hat in- und ausländische Bergbauunternehmen angezogen. Die bei der Bundesregierung eingereichten Anträge zur Erforschung und Erkundung des Minerals im südöstlichen Bundesstaat Minas Gerais, wo sich mehr als 80 Prozent der bekannten Lithiumvorkommen Brasiliens befinden, sind laut einer Studie der in Minas Gerais ansässigen Universidad Federal de los Valles de Jequitinhonha y Mucuri in nur zwei Jahren um fast das 18-fache gestiegen: von 45 im Jahr 2021 auf 851 im Jahr 2023. Analyst*innen weisen jedoch darauf hin, dass der Lithiumexport keinen Mehrwert im Land erzeugt und damit die Möglichkeiten zur Entwicklung einer heimischen Industrie rund um das Mineral einschränkt. Außerdem gehe die steigende Nachfrage mit sozio-ökologischen Schäden einher, insbesondere in den Gemeinden, deren traditionelle Lebensweisen bereits beeinträchtigt sind. (…)
    Kritik an Planung
    Einige Beobachter*innen kritisieren jedoch den Umgang mit dem Lithiumabbau, der ihrer Meinung nach die brasilianische Industrie nicht voranbringt. „In Jequitinhonha gibt es trotz der starken Unterstützung durch die Landesregierung keine Initiative zur Wertschöpfung“, so Tádzio Peters Coelho, Professor für Sozialwissenschaften, der an der Bundesuniversität von Viçosa über Lithium forscht. Die Regierung des Bundesstaates unterstütze die Produktion nur politisch und nutze die Armut und „Rückständigkeit“, um mit einer Entwicklungsperspektive für das Gebiet Stimmen für das Projekt zu gewinnen. „Dabei geht es nur darum, ohne größere Hindernisse die Genehmigungen für Projekte zu bekommen“, so seine Kritik. In Brasilien sei die Erkundung des kritischen Minerals schlecht geplant, so Marina Oliveira, die an der Pontificia Universidad Católica in Minas Gerais über Lithium und die damit verbundenen Ungleichheiten forscht. „Es gibt keine solide Politik, von der die gesamte Produktionskette profitiert“, so Oliveira. Derzeit werde einfach nur das Lithium abgebaut und billig weiterverkauft. Das Projekt Vale do Lítio diene nur dazu, Investoren anzulocken. Die Regierung jedoch solle Aspekte wie „den Beitrag der Technologie, die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze, die Produktion von Elektroautos“ in Betracht ziehen. Es gehe nicht darum, die Industrialisierung voranzutreiben, sondern auch die lokale Bevölkerung müsse respektiert und ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.
    Ausländische Unternehmen auf dem Vormarsch
    Auf der Liste der Interessenten an einem Einstieg in die brasilianische Lithiumindustrie stehen große Namen aus dem weltweiten Elektrofahrzeugsektor…“ Beitrag am 7. Juli 2024 im Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link („Lithium Valley: Neuer Bergbau-Hotspot alarmiert Bevölkerung“)

Siehe auch im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=213416
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