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Neues Reformpaket: Kuba gibt Lebensmittelpreise und Bildung von Kooperativen frei
„… Kubas Regierung hat ein neues Reformpaket umgesetzt, mit dem unter anderem die Lebensmittelproduktion auf der Insel angekurbelt werden soll. Mit der Resolution 320 werden die bisherigen Preisobergrenzen für Agrarprodukte abgeschafft und „die realen Kosten für den Produzenten anerkannt“. Weitere Maßnahmen umfassen die Aufstockung der staatlichen Rationen, Zollerleichterungen für den Privatsektor, den Verkauf von Solarpaneelen sowie die Entsendung von Sozialarbeitern in Problemviertel. Die Freigabe der Preise ist ein zentrales Element der im Mai begonnenen Landwirtschaftsreform, in deren Rahmen Kubas Bauern ihre Überschüsse eigenständig verkaufen dürfen. Auch wurde erstmals seit 1963 die private Rinderschlachtungen erlaubt und ein Prämiensystem für die Milch- und Rindfleischproduktion eingeführt, von dem bislang 6.000 Landwirte profitiert haben. Nun wurde das Distributionssystem neu aufgestellt. „Die neue Vermarktungspolitik beinhaltet 51 Prinzipien, von denen 31 absolut neu sind. Sie brechen etablierte Schemen auf und beseitigen Hemmnisse“, sagte Yisel González Marrero vom Agrarministerium dazu…“ Beitrag von Marcel Kunzmann vom 9. August 2021 bei amerika21 und ein Kommentar dazu:
- Neue Gesetze zur Entwicklung und Diversifizierung der Produktion in Kuba
„Kubas Staatsrat hat den rechtlichen Rahmen für die Gründung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beschlossen. Insgesamt sind acht neue Rechtsnormen verabschiedet worden, die auch die angekündigte Negativliste für den Privatsektor sowie die Bildung von Kooperativen umfassen. Die neuen Gesetze sind Teil der „Wirtschafts- und Sozialstrategie des Landes im Rahmen der Erweiterung, Anerkennung und Stärkung des Managements der verschiedenen Wirtschaftsakteure“, heißt es in der Pressemitteilung des kubanischen Parlaments. Sie waren für den September vorgesehen, ihre Erarbeitung wurde wohl aufgrund der Proteste vom 11. Juli beschleunigt. Private und staatliche Betriebe mit bis zu 100 Mitarbeitern können sich unter der Rechtsform einer „Sociedad de responsabilidad limitada“ gründen, die in etwa einer deutschen GmbH entspricht. Sie erhalten damit im Unterschied zu den bisherigen „Arbeitern auf eigene Rechnung“ (Cuentapropistas, selbstständige natürliche Personen) eine Rechtsfigur, was neben steuerlichen Änderungen auch mehr Verantwortung gegenüber Kunden und dem Fiskus mit sich bringt. Staatsbetrieben in dieser Modalität wird weitgehende Autonomie bei der Geschäftsführung gewährt. Aktuell zählt Kuba rund 600.000 Cuentapropistas, etwa 13 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in dem Sektor. Auch Produktions- und Dienstleistungskooperativen, die seit 2013 in kleiner Stückzahl und in experimenteller Form gebildet wurden, erhalten nun grünes Licht für ihre Konstituierung. Mit der Negativliste sind jetzt nur noch rund 120 der 2.110 Tätigkeiten des kubanischen Berufsindexes für den Privatsektor tabu. Auch gänzlich neue Vorschläge sollen geprüft werden, um der „Kreativität der Kubaner“ entgegenzukommen…“ Artikel von Marcel Kunzmann vom 11.08.2021 bei amerika21 - Ohne Anreiz sinkt die Produktion – Die Aufhebung der Preisobergrenzen in Kuba macht Sinn
„Die Proteste in Kuba sind verebbt, ihre Wirkung haben sie gehabt. Nicht einmal einen Monat nach den für Kuba ungewohnt großen Demonstrationen vom 11. Juli hat der Staatsrat ein Reformpaket erlassen, mit dem neue Produktionsanreize gesetzt werden sollen. So soll neuem Unmut präventiv durch eine Verbesserung des Güterangebots entgegengesteuert werden. Die wichtigste Maßnahme aus Sicht der Produzenten ist die Aufhebung der Preisobergrenzen für Agrarprodukte. Die sozial erwünschte Wirkung von Höchstpreisen bei Lebensmitteln hatte die unerwünschte Nebenwirkung, dass sie den Verkauf unter der Hand förderte, wenn die Bauern nicht gar gleich die Produktion mangels Lukrativität einschränkten. In Kuba wiederholt sich ein bekanntes Muster. So wurden 1980 freie Bauernmärkte zugelassen, um die Angebotspalette zu erweitern; 1986 wurden sie wieder verboten, weil die freien Bauern im gesellschaftlichen Vergleich übermäßig reich wurden. Erst 1994, auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise, wurden sie wieder zugelassen. Seitdem werden sie mal mehr, mal weniger reguliert. Wenn liberalisiert werden muss wie jetzt, ist das ein Krisenindiz. Die Realität zwingt die Regierung zu Schritten, die die Egalität untergraben. Eine bessere Alternative gibt es leider nicht.“ Kommentar von Martin Ling vom 9. August 2021 in neues Deutschland online