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Kolumbianische Ernährungsgewerkschaft weiter im Kampf gegen Coca Cola

Killercoke Plakat KolumbienEine Regierung, die selbst kleine Zusagen zum Schutz von mit dem Tode bedrohten Gewerkschaftern nicht einhält, stattdessen eine Justiz, die Anzeigen gegen Gewerkschaftsfunktionäre von Seiten paramilitärischer Banden verfolgt, und ein Unternehmen, das unberührt von allem seinen besonderen Stil der Ausbeutung fortsetzt – so ist die Situation der Gewerkschaft Sinaltrainal, die neben der eigenen Kraft nur auf die der Solidarität, in Kolumbien wie weltweit, zählen kann – das wird in dem Interview von Eric Cortes mit William Mendoza, Vorsitzender von Sinaltranail, anlässlich des Hungerstreiks der Coca Cola Mitarbeiter am 13. April 2015, Plaza de Bolívar in Bogotá deutlich:

Über 10 Jahre Kampf um menschliche Arbeitsverhältniss bei Coca Cola Kolumbien

Interview mit William Mendoza, Vorsitzender von Sinaltranail, anlässlich des Hungerstreiks der Coca Cola Mitarbeiter am 13. April 2015, Plaza de Bolívar in Bogotá D.C

(Seit mehr als 10 Jahren kämpft die Gewerkschaft von Sinaltrainal für menschenwürdige Arbeitsverhältnisse in den Fabriken von Coca Cola in Kolumbien. Nach mehreren Morddrohungen und ermordeten Mitgliedern der Gewerkschaft, hat das Unternehmen aus den USA nicht viel getan, um einen Dialog zu erreichen, um diesem Konflikt zu lösen. Die kolumbianische Regierung zeig sich unbehelligt und leitet juristische Prozesse gegen jeglichen sozialen Widerstand ein. Die einzige reale Unterstützung kommt aus der Solidarität von Internationalen Organisationen).

William Mendoza, Vorsitzender der Nahrungsmittelgewerkschaft SINALTRAINAL – Barrancabermeja/Kolumbien, ist auf Grund seiner Tätigkeit und seines gewerkschaftlichen Engagements mehrmals mit dem Tode bedroht worden.

Wie geht ihr heute – nach mehr als 10 Jahre Kampf – gegen das Coca Cola-Unternehmen vor?

William Mendoza: Wir haben auf unterschiedlichsten Ebenen Widerstand geleistet. Wir haben uns an die kolumbianische Justiz gewendet, wir hatten eine internationale Unterstützung mit Hilfskampagnen gestartet. Im März vergangenen Jahres ist es bei einem Treffen des Inter-Amerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs zwischen Sinaltrainal, der kolumbianische Regierung und der UNP ( Nationale Schutzeinheit, Institution mit dem Ziel Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Anwälte in Kolumbien, die wegen ihrer Arbeit bedroht werden, zu beschützen ) zu einer gemeinsamen Vereinbarung gekommen. Darin verpflichtet sich die Regierung ein Treffen mit Coca Cola zu erzwingen, um über den Konflikt zu reden.
Bis heute hat die Regierung diese Abmachung nicht erfüllt. Coca Cola will absolut nichts von uns wissen und sie zwingen uns dazu diese Art von Protest zu führen, den Hungerstreik. Wir müssen neue Wege finden auf diese Problematik aufmerksam zu machen. Die Gewerkschaft hat sogar die Bevölkerung und unterstützende Organisationen aufgerufen, bei Coca Cola Beschwerde einzulegen, um einen Dialog (Runder Tisch) mit uns zu erreichen und dem Konflikt ein Ende zu setzen. In der Tat hat der internationale Druck am meisten Erfolg gebracht. Heute interessiert sich die Regierung mit Juan Manuel Santos nicht für dieses Problem. Das Unternehmen mit Hauptsitz in den USA ist fast unberührbar. Aber wir arbeiten weiter.

Welche Organisationen bieten euch Unterstützung in diesem Prozess?

W.M.: Die UN, die italienischen Basisgewerkschaften, Cobas (ital.: Confederazione dei Comitati di Base), Red de Hermandad y Solidaridad con Colombia aus Berlin, sowie Gewerkschaften aus Nicaragua und USA. Das sind einige der Organisationen, die uns unterstützen und begleiten.

Welchen Einfluss hat die Intervention der internationalen Organisationen im Konflikt?

W.M.: Auf verschiedene Weise haben uns die internationalen Kampagnen geholfen. Gegen 30 von uns bei Sinaltrainal läuft ein Gerichtsverfahren. Zum Beispiel habe ich ein Verfahren wegen angeblichen Terrorismus (Presunto Terrorismo) und Bildung einer verbrecherischen Vereinigung ( Concierto para delinquir ), weil wir von Paramilitärs angezeigt wurden. Nach Auffassung der kolumbianische Justiz, sind wir angeblich Terroristen.

Ich gebe nur ein Beispiel, um zu verstehen wie der internationale Druck dieses Verfahren beeinflusst hat. Die Aufmerksamkeit der verschiedenen Nichtregierungs-Organisationen auf den Prozess hat zugelassen, dass uns alle Grundrechte gewährt wurden: Das Recht auf Unschuld ( Presunción de inocencia ), das Recht auf Selbstverteidigung ( Derecho a legitima defensa ).
Die Staatsanwaltschaft kommt nicht weiter im Prozess, weil immer wieder NGOs und andere Institutionen nachforschen wie die aktuelle Situation ist und welche Beweise vorgelegt werden. Da wir unschuldig sind, gibt es natürlich keine Beweise und Dank dieser internationalen Beobachtung sind wir seit 2008 auf freiem Fuß.
Darüber hinaus haben wir während der Kampagne gegen CocaCola in den US-amerikanischen Universitäten viel Unterstützung bekommen. Es konnte ein Treffen mit dem Unternehmen erreicht werden, doch auf Grund von mangelnden Englisch-Kenntnisse haben wir damals eine falsche Entscheidung getroffen und ein vertrauliches Dokument unterschrieben, so dass wir nichts mehr machen konnten.
Es gibt ungefähr 80 Compañeros, die mit dem Mord bedroht sind. Mich eingeschlossen. Die internationalen Organisationen haben in diesen Fällen die kolumbianische Regierung dazu verpflichtet, uns Schutz zu gewähren, sodass uns nichts geschieht. Das sind die Vorteile und Ergebnisse dieser Zusammenarbeit zwischen der Gewerkschaft und der internationalen Öffentlichkeit.

Wie ist es zu diesem juristischen Verfahren gekommen und wie war der Ablauf?

W.M.: In einem Kommuniqué vom 1998 räumte die EPL ( Ejercito Popular de Liberacion, “Volksbefreiungsheer”, Guerilla Gruppe, gegründet in 1967 ) ein, die Bombe im Coca Cola-Gebäudekomplexes in Barancabermeja gelegt zu haben. Sinaltrainal initiierte eine Kampagne gegen die Schließung der Fabrik und den Verlust von mehr als 115 Arbeitsstellen. Beteiligt waren die Kirche, der Stadtrat und Vertreter der Regierung für den Frieden in Santander. Es gab ein einen großen Unmut gegenüber der EPL-Guerilla, weil neben dem Attentat auf das Unternehmen auch Straßenbau-Pläne verhindert wurden. Mit der Unterstützung von sozialen Organisationen in Barancabermeja, darunter die Erdölgewerkschaft USO (Unión Sindical Obrera de la Industria del Petróleo), starteten wir eine Aktion humanitärer Hilfe und erreichten damit, dass diese Guerilla-Gruppe sich zurück zog und die Fabrik wiedereröffnet wurde. Die paramilitärischen Strukturen merkten, dass wir viel bewegt haben und es kam zu den Anklagen. Ein Kommandant der Paramilitärs, Wilfred Martínez, organisierte ein Plot gegen Juan Carlos Galvis, Vorsitzender Sinaltrainals in Kolumbien und gegen mich. Er behauptete, dass wir die Bombe platziert haben sollten, was ihm nach dem Gesetz 975 für Gerechtigkeit und Frieden, strafmildernd entgegen bringt. So werden aus falschen Aussagen Schutzmechanismen für Paramilitärs und den EPL erzeugt. Das Ganze ist zudem mit dem Falsche-Zeugen-Kartell ( Cartel de Falsos Testigos, die Zahl der Verurteilungen auf Grund von Falschaussagen im Zuge des Gesetztes ‚Gerechtigkeit und Frieden‘ ist noch unklar ) verknüpft. So kam es zum Prozess. Das Coca Cola Unternehmen profitiert von all dem.

Welche Gruppen sind heute an den Drohungen beteiligt?

W.M.: Heute nennt die Regierung diese Gruppen kriminelle Banden ( Bandas Criminales o Bacrim ). Aber das sind immer noch dieselben paramilitärischen Strukturen wie früher. Darin sind Urabeños und Los Rastrojos beteiligt. Die Drohungen richten sich gegen uns, weil wir Hungerstreiks organisieren, weil wir die Protestbewegung der Landwirte unterstützen, die Studentenbewegung und sogar weil wir die LGBTI Bewegung ( Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender/Transsexual and Intersexed) unterstützen. Deshalb werden wir stets mit Mord bedroht wie im Fall von Juan Carlos Galvis in 2013.

Kolumbianische Ernährungsgewerkschaft weiter im Kampf gegen Coca ColaAber diese Regierung ist völlig unfähig die paramilitärischen Organisationen zu bekämpfen. Deren Strukturen sitzen tief im Kongress und der kolumbianische Oligarchie.
Hier auf der Plaza Simon Bolivar sitzen einige Menschen, deren Leben bedroht worden sind. Durch diese Aktion werden mehr Drohungen entstehen.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=81395
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