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Streik auf Kenias Teeplantagen: Die Unternehmen wollen nicht genau so verlieren, wie die Regierung im Gesundheitswesen – da nützt eine Gewerkschaft, die sich Gerichtsdiktaten unterwirft
Der große Streik auf den Teeplantagen Kenias, der am 17. Oktober 2017 begonnen hatte, sah sich drei Problemen gegenüber, die seinem Erfolg entgegen standen. Zum einen, wirtschaftliche Gründe. Kenias Teeplantagen sind ein Exportschlager – und nur das. Drittgrößter Erzeuger der Welt (hinter China und Indien) – aber größter Exporteur: Von rund 450.000 Tonnen Tee 2014 wurden fast 95% exportiert. Mit anderen Worten: Nicht nur das Agrarkapital verdient daran, auch der Staat – erst recht ein Grund, gemeinsam geschlossene Front gegen den Streik zu machen, neben der prinzipiellen Zusammengehörigkeit. Zweitens: Politische Gründe. Rund 10 Monate Streik im öffentlichen Gesundheitswesen Kenias – erst die Ärzte, dann die Krankenschwestern – endeten für die Regierung, zumindest einstweilen, mit einer faktischen Niederlage, auch weil sich die betreffenden Gewerkschaften um Gerichtsurteile nicht groß scherten, sondern den Streik fortsetzten. Womit auch bereits der dritte Grund der Problematik des Teestreiks angesprochen wäre: Die Gewerkschaft unterwarf sich dem Gerichtsurteil, das auch diesen Streik verbot – Kenias Richterinnen und Richter müssten zwar irgendwo einmal gehört haben, dass das Land eigentlich ein Streikrecht hat. Eigentlich. Sie hören jedoch vor allem, wenn die Regierung wieder einmal trotzdem einen Streik verbieten lassen will. Siehe zum Streik auf Kenias Plantagen und seinen Perspektiven vier aktuelle Beiträge und zwei Hintergrundartikel:
- „Atwoli calls nationwide tea workers‘ strike over three CBAs“ am 19. Oktober 2017 in The Star war ein Artikel zum Streikbeginn und seinen Gründen. Darin werden die Aussagen einer Pressekonferenz und einer direkt vorher stattgefundenen Kundgebung von über 1.000 Beschäftigten in Nairobi zitiert, die Frances Atwoli, Generalsekretär der Kenya Plantations and Agricultural Workers Union (und gleichzeitig auch Generalsekretär des gewerkschaftlichen Dachverbandes COTU) äußerte. Auch hier eine eigentlich ähnliche Konstellation, wie im Gesundheitswesen: Es gibt unterzeichnete Tarifverträge, im konkreten Fall seit 2014 jährlich einer – ohne, dass sie jemals umgesetzt wurden. Der Streik, so wurde es auf der Kundgebung gesagt, werde dauern, die die Kenya Tea Growers Association – der Unternehmerverband – seinen unterzeichneten Verpflichtungen nachkomme. Die Unternehmen hatten sich geweigert – auch nach entsprechenden Gerichtsurteilen, die den Belegschaften das Recht auf Lohnerhöhungen zusprachen. Die Vereinigung des zumeist internationalen Agrarkapitals fand das zu teuer, weswegen man sich dann auch nicht an die Rechtslage hielt.
- „Strike costs global tea firms dearly“ von Geral Andae am 19. Oktober 2017 bei The Nation war ein Beitrag vom dritten Streiktag, der vor allem vom Gejammer der Tee-Multis berichtet, ob der Verluste, die ihnen der Streik bereite: Weswegen sie auch schnell zu einem der Anti-Streik-Gerichte rannten, ein Verbot zu erwirken, was auch geschah –aber hier noch ohne Folgen.
- „Court intervenes to prevent strike of tea workers“ von Joseph Openda am 19. August 2017 in Daily Nation war ein Bericht über die erste Verschiebung des Streiks nach einem entsprechenden Gerichtsurteil im August. Was nicht nur interessant ist, weil sich schon da die willfährigkeit der Gewerkschaft zeigte, Gerichtsurteil auch der irrsinigsten Art zu akzeptieren, sondern auch deutlich macht, dass die Streikstimmung der Belegschaften schon da massiv gewesen war.
- „Protracted negotiations during agricultural workers’ strike increases risk of arson and vandalism against Kenyan tea plantations“ von Chris Suckling am 03. November 2017 bei Jane’s war einer – von vielen, vielen möglichen – der ausländischen (zumeist und nicht zufällig: englischen) Beiträge, in denen gegen den Streik gehetzt wurde. Hier wird über die Klage von Finlays (britischer Tee-Multi) berichtet, dass auf ihren Plantagen Giftattacken stattfänden…(Der Artikel in Gänze ist nur im Abo zu lesen, was sich wahrlich nicht lohnt, kaum zu erwarten, dass da auch andere Meinungen, als die Finlays zu lesen sein würden…
- „Threats by Tea Firms to Evict Striking Workers from Estate Houses is Unacceptable“ von Mang’unyi Elvis am 06. November 2017 beim Gewerkschaftsbund COTU beleuchtet eine der Methoden, gegen den Streik vor zu gehen: Da ein wesentlicher Teil der Belegschaften auf oder nahe bei den Plantagen wohnt, wurden sie vion den Unternehmen offen damit bedroht, sie würden die Häuser verlassen müssen, wenn sie streiken.
- „Tea workers call off strike“ von Gerald Andae am 07. November 2017 bei Daily Nation ist ein Beitrag zur Beendigung des Streiks durch die Gewerkschaft. Man folge eben dem Gerichtsurteil, so der Generalsekretär. (Dass es auch anders gehen würde, wie gerade mehrfach in Kenia gesehen, wird nicht zum Thema gemacht). Dieser Beitrag enthält auch noch Informationen darüber, welche Multis erfolgreich kenianische Gerichte bemühten, das Recht auf Streik zu unterlaufen: James Finlay, Unilever Tea Ltd, Sasini, Williamson tea Kenya, Karirana Ltd und Limuru Tea waren dabei offensichtlich die aktivsten Kläger…