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Flächendeckende heftige Streiks und Proteste gegen das autoritäre Regime in Kasachstan – nicht nur gegen hohe Gaspreise

Dossier

Karte der flächendeckenden Proteste gegen das autoritäre Regime in KasachstanWas als Protest gegen die zunehmenden Gaspreise begann, eskalierte innerhalb weniger Stunden zu einer waschechten Revolution (…) weite Teile der kasachischen Großstädte wie die Hauptstadt Nur-Sultan (ehemals bekannt als Astana) oder Almaty befinden sich in den Händen hunderttausender Demonstranten, die ihren Unmut gegenüber der seit 30 Jahren andauernden Diktatur offenbaren. Die Regierung kündigte bereits ihren Rücktritt an, jedoch handelt es sich dabei um machtlose Stellvertreter der wahren Macht in Kasachstan, dem großen „Führer der Nation“, Nursultan Nasarbajew. (…) Der Mittwoch markiert die bisher größte Eskalation, etliche Regierungsgebäude wurden besetzt oder in Brand gesetzt, während etliche Militärpolizisten und andere Streitkräfte sich entweder der Niederschlagung der Proteste verweigern oder von den Demonstranten entwaffnet und gefangen genommen wurden…“ Artikel „Kasachstan: Revolution in Rekordgeschwindigkeit“ von Philip Klaus am 5. Januar 2022 in konflikt:welt externer Link – siehe dazu eine Materialsammlung, begonnen am 6.1.22 und deren Fortsetzung:

  • Delegation streikender und entlassener Ölarbeiter vor dem Energieministerium in Astana/Kasachstan verhaftet – massive Proteste und Streiks dagegen New
    • Massenstreiks in Zhanaozen und Mangistau nach der Verhaftung von Ölarbeitern in Astana
      Kasachstan wird erneut von Ereignissen im Zusammenhang mit Massenkundgebungen und Streiks erschüttert, die auch in der ölproduzierenden westlichen Region des Landes begannen. Grund für die Proteste war die Massenverhaftung einer Delegation entlassener Ölarbeiter am Dienstag, die sich nach Astana (jetzt Nur-Sultan) begaben, um von den Beamten des Energieministeriums die Wahrheit zu erfahren.
      Alles begann damit, dass Anfang April mehrere hundert Arbeiter des Auftragnehmers BeraliMangistau Company in der Stadt Zhanaozen, Region Mangistau, vor dem Büro des staatlichen Unternehmens Ozenmunaigas, das zum Staatskonzern KazMunaiGas (einem Analogon von Gazprom) gehört, rund um die Uhr einen Sitzstreik veranstalteten. Sie alle haben ihren Arbeitsplatz verloren, nachdem ihr privates Dienstleistungsunternehmen die Ausschreibung für die Durchführung der notwendigen Arbeiten verloren hatte. In diesem Zusammenhang forderten die entlassenen Arbeiter, sie alle in die Zusammensetzung des staatlichen Unternehmens Ozenmunaigas einzubeziehen, und wiederholten die früheren Erklärungen der streikenden Ölarbeiter von 2021 und 2022 über die Notwendigkeit, die Ergebnisse der Produktionsoptimierung und der Privatisierung von Hilfsunternehmen mit der Rückkehr ihrer Teams rückgängig zu machen.
      In der Praxis bedeutet dies die Forderung nach einer Verstaatlichung, denn infolge der „Reformen“, die in den letzten zehn Jahren von der westlichen Führung der quasistaatlichen Unternehmen durchgeführt wurden, sind Zehntausende von Arbeitnehmern in zahlreichen privaten LLP gelandet und haben dabei an Sozialleistungen und Einkommen verloren.
      Und dann sagten die Demonstranten nichts Neues, aber ihnen schlossen sich sofort Hunderte von gewöhnlichen Arbeitslosen an, die letztes Jahr monatelang in Zhanaozen demonstrierten und auf Beschäftigung bestanden und bereits Ende März dieses Jahres sogar Straßen zu Ölfeldern in der benachbarten Stadt Zhetybai blockierten. Die Region ist also seit langem in Aufruhr, und neue Streiks mit ähnlichen Forderungen begannen am 2. Januar, genau am Jahrestag der berühmten Januarproteste, die damals ebenfalls in diesem Gebiet begannen. Nachdem die örtlichen Behörden und die Leitung von Ozenmunaigas nichts erreicht hatten, schickten die entlassenen Ölarbeiter ihre mehr als hundertköpfige Delegation zu Verhandlungen mit Beamten des Energieministeriums der Republik Kasachstan nach Astana. Bei ihrer Ankunft in der Hauptstadt am Montag, dem 10. April, ließen sich die Wanderer für die Nacht direkt vor den Mauern des Ministeriums nieder und forderten sie auf, ihre Forderungen mit den führenden Managern von KazMunayGas zu besprechen.
      Am nächsten Tag, dem 11. April, fanden Verhandlungen statt, die jedoch ergebnislos verliefen, da die Manager des staatlichen Unternehmens und die Beamten des Energieministeriums, die Anhänger des neoliberalen Konzepts sind, die tatsächliche Verstaatlichung und die Aufnahme des gesamten Teams der Vertragsorganisation in ihre Zusammensetzung nicht zulassen konnten. Ihrer Meinung nach würde dies eine Kettenreaktion auslösen. Darüber hinaus hat die Regierung bereits im vergangenen Jahr die Forderung der Bohrarbeiter von Burgylau LLP, die seit mehreren Monaten gestreikt hatten, nach einer Überprüfung der Ergebnisse der Privatisierung ihres strategischen Unternehmens, das in private Hände ausländischer Investoren übergegangen war, abgelehnt. Daraufhin gab die Regierung den Befehl, alle Teilnehmer der Sitzblockade am Abend desselben Tages vor dem Ministeriumsgebäude zu verhaften, was von den Mitarbeitern des SOBR ohne jegliche Zeremonie durchgeführt wurde. Das in den sozialen Netzwerken verbreitete Videomaterial zeigt, dass diese Verhaftung durch nichts motiviert war, da die Ölarbeiter nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen haben, sondern einfach nur in der Nähe eines der vielen Eingänge des Energieministeriums standen oder saßen. (…)
      Unmittelbar nach der Festnahme der Delegation in Astana streikten die Arbeiter von Dutzenden von Unternehmen, die zuvor dieselben Forderungen an die Regierung gestellt hatten, und auch die Ölarbeiter der Hauptproduktion auf den Ölfeldern in der Region Mangystau, an denen auch ausländisches Kapital beteiligt ist, protestierten. Sie alle forderten die sofortige Freilassung ihrer Kameraden. Die Arbeiter der folgenden Unternehmen streikten: „Burgylau“ LLP, „BZHB“ LLP, Arbeiter des Karakudykmunai-Ölfeldes, „Ozenmunaigaz“ LLP, „Kezbi“ LLP, „Munayspetsnab“ LLP, Kollektive von drei Ölfeld-Dienstleistungsunternehmen in Zhetybai. Arbeitslose aus Zhanaozen, Zhetybai, Zhigyldyaul, dem regionalen Zentrum von Aktau und anderen Siedlungen der Region Mangystau unterstützten die Verhafteten bei ihren Protestaktionen.
      Und am Abend begann eine Massenkundgebung der Einwohner von Zhanaozen, die in der Nacht vom 11. auf den 12. April fortgesetzt wurde. Nach Angaben von Augenzeugen nahmen Tausende von Menschen an der Aktion teil. Bis zum Morgen weigerten sich die Einwohner, sich zu zerstreuen, und schenkten den Berichten über die Freilassung der Inhaftierten keinen Glauben. Und tatsächlich befand sich die gesamte Delegation in der Nacht noch immer im Gebäude der örtlichen Polizei in Astana.
      Auffallend ist jedoch das Ausmaß der Streiks selbst, die nun auf die Nachbarregionen übergreifen können, da die ersten Meldungen über Proteste bereits verklungen sind. Darüber hinaus hat sich eine brennende Unzufriedenheit gegen ausländische Manager und westliche Unternehmen angestaut, die aktiv Arbeitnehmer verklagten und gewerkschaftsfeindliche Aktivitäten betrieben. So verklagte beispielsweise die Vertragsorganisation des amerikanischen Unternehmens Chevron 69 Arbeiteraktivisten wegen der Teilnahme an einem illegalen Streik auf dem Tengis-Feld am 11. Februar.
      Und es gibt viele solcher Fälle. Hinzu kommt, dass keine einzige soziale und wirtschaftliche Forderung der Arbeiter und Arbeitslosen, die im Januar letzten Jahres während des Generalstreiks vorgebracht wurde, außer der Senkung des Flüssiggaspreises, weder von der Regierung noch vom Präsidenten erfüllt wurde, was bedeutet, dass alle Widersprüche und die Unzufriedenheit der verarmten Massen bestehen blieben und nun durch neue Protestaktionen einen Ausweg gefunden haben. Und selbst wenn die Behörden alle Inhaftierten freilassen und den entlassenen Ölarbeitern eine Reihe von Zugeständnissen machen, heißt das noch lange nicht, dass sich die Lage sofort beruhigen wird. Denn schon bei der nächtlichen Kundgebung in Zhanaozen ging es in den Reden um die Beschäftigung aller Arbeitslosen, und die Forderungen der Demonstranten nahmen deutlich zu. (…)
      Am Morgen des 12. April begannen die Festnahmen von Demonstranten in Zhanaozen, aber im Moment versammeln sich die streikenden Ölarbeiter verschiedener Ölfelddienstleistungsunternehmen weiterhin am Busbahnhof der Stadt. Die Arbeiter von „MZHM“, „Ozenmunaigaz“, „Burgylau“ LLP und anderen Unternehmen nehmen ihre Arbeit ebenfalls nicht auf. Sie fordern nun die Freilassung aller Inhaftierten und die Erfüllung der Forderungen der Beschäftigten des Unternehmens Berali-Mangistau…“ engl. Meldung vom 14. April 2023 bei „In Defense of Communism“ externer Link  (maschinenübersetzt – wirklich keine bessere Quelle gefunden)
    • Am 11. April 2023 gingen #Zhanaozen-Ölarbeiter in die Stadt #Astana, um Gerechtigkeit zu suchen und sich um einen Job zu bewerben. Die Behörden kamen zu den Arbeitern und hörten nicht auf ihre Beschwerden, fesselten ihre Hände und Füße, schlugen sie und brachten sie zur Polizei. Die Abgeordneten gaben dann Journalisten ein Interview und sagten, dass die Ölarbeiter falsch lägen und die friedliche Kundgebung nicht legal sei. Am 12. April 2023 schickten die Behörden die Ölarbeiter mit dem Zug nach Zhanaozen, ohne eines ihrer Probleme zu lösen. In #Kazakhstan gibt es keine Arbeit, diejenigen, die Gerechtigkeit und Arbeit fordern, werden verurteilt und mit einer Geldstrafe belegt. Tokajew löst keine Probleme im Land, er ist #Putin s Sklave. #Tokayev, #Nazarbayev und Beamte verstecken den Reichtum des Landes auf Offshore-Konten.“ engl. Thread von Serikbaeva Gulnaz vom 13.4. externer Link mit Fotos und Videos
    • Heute brachen in #Kazakhstan Proteste gegen die jüngsten Entlassungen von Arbeitern verschiedener Unternehmen aus. Leider verschlechterte sich die Situation, als Demonstranten festgenommen wurden. Nun, #KazakhstanProtests #workersrights“ engl. Tweet von The Workers Rights vom 12.4. externer Link mit Video
    • Berichte über weitere Festnahmen in Zhanaozen sind zutiefst besorgniserregend. Anwohner, die die inhaftierten Ölarbeiter in Astana unterstützt haben, werden festgenommen, weil sie friedlich protestiert haben. #Kazakhstan #Astana  #HumanRights #workersrights“ engl. Tweet von The Workers Rights vom 12.4. externer Link mit Video
    • Ölarbeiter aus Astana sind zurückgekehrt und setzen ihren Streik außerhalb von Ozenmunaygaz fort. Sie sind entschlossen zu bleiben, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Lasst uns mit diesen Arbeitern solidarisch sein, die für faire Behandlung und gerechte Entschädigung kämpfen. #oilworkers #strike #Kazakhstan“ engl. Tweet von The Workers Rights vom 14.4. externer Link mit Video
    • Arbeitslose Ölarbeiter haben sich erneut vor der Firma „OzenMunaiGas“ in der Stadt Zhanaozen in der Region Mangistau versammelt. Sie berichten von fehlenden Verhandlungsfortschritten, und ihre Forderungen wurden nicht erfüllt.“ engl. Tweet von Hamid Ismailov vom 14.4. externer Link
    • Protestierende Ölarbeiter aus Zhanaozen, die im Energieministerium in Astana festgenommen und mit dem Zug zurückgeschickt wurden, setzten ihren Streik fort. Sie sagen, dass sie nicht aufhören werden zu protestieren, bis alle ihre Forderungen erfüllt sind #Kasachstan“ russ. Tweet von @CurrentTimeAsia vom 14.4. externer Link mit Video
    • Ölarbeiter, die heute morgen aus Astana zurückgekehrt sind, setzen ihren Streik vor dem Ozenmunaygaz fort. Sie sagen, dass sie bleiben werden, bis ihre Forderung umgesetzt wird“ engl. Tweet von Maqpal vom 14.4. externer Link mit Video
    • PAME verurteilt die neuen Angriffe und die staatliche Unterdrückung der Arbeiter von #kazakhstan. Wir sind solidarisch mit den Arbeitern und ihren berechtigten Forderungen Finger weg von den Arbeitern! Lassen Sie alle verhafteten Militanten frei! Solidarität mit der Arbeiterklasse Kasachstans!“ engl. Tweet von PAME Greece International vom 14.4. externer Link mit Video
    • Für die früheren Kämpfe der Älarbeiter siehe unsere Rubrik Arbeitskämpfe in Kasachstan
    • Siehe auch unser Dossier: Wieder neue Angriffe der Regierung auf Gewerkschaften in Kasachstan – und eine neue Protestresolution
  • Kasachstan ein Jahr nach dem „Blutigen Januar“ 2022: Tokajew hat den Reichtum der alten Oligarchie kaum angetastet, Proteste und Widerstand sind weiterhin eingeschränkt
    „… Das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen Protestierende in Kasachstan im Januar 2022, bei dem mindestens 238 Menschen starben, ist das gewalttätigste Ereignis in der jüngeren Geschichte des zentralasiatischen Landes. Ein Jahr danach hat sich wenig geändert – trotz der weit verbreiteten Wut und Verzweiflung, die die beispiellosen Demonstrationen ausgelöst haben. Kasachstans Präsident, Kassym-Jomart Tokajew, hat die Forderungen der Bevölkerung nach einer gerechteren Gesellschaft, in der die herrschende Klasse nicht länger Reichtum und Macht monopolisiert, wie es in den 30 Jahren der Herrschaft des ehemaligen Präsidenten Nursultan Nasarbajew ungestraft der Fall war, nicht erfüllt. In der Tat haben Tokajews versprochene Reformen in dem Jahr seit dem ‚Blutigen Januar‘ (Qandy Qantar, auf Kasachisch) die Erwartungen enttäuscht und sich in einigen Fällen als kontraproduktiv erwiesen.
    Kein Platz für die Opposition
    Jahrelang riefen die Menschen in Kasachstan ‚Shal, ket!‘ (Alter Mann, geh!), als sie von Nasarbajews Herrschaft frustriert waren. Obwohl Nasarbajew 2019 offiziell zurückgetreten war, war sein Einfluss und der seiner Familie und der Clique, die ihn umgab, noch überall zu spüren. Die Unzufriedenheit spitzte sich zu Beginn des letzten Jahres zu. Am 5. Januar 2022, dem vierten Tag der landesweiten Demonstrationen, stürzten Protestierende in einer der zentralen Alleen der südlichen Stadt Taldykorgan eine Statue von Nasarbajew, die erst fünf Jahre zuvor errichtet worden war. Diese Aktion wurde zum Symbol für die regierungsfeindlichen, gegen Nasarbajew gerichteten Proteste. Nach dem „Blutigen Januar“ wies Tokajew verschleiert auf die Notwendigkeit hin, „mit dem alten Regime zu brechen“ und die sozialen und zivilen Probleme Kasachstans zu lösen. Dazu gehöre, so der Präsident, neue Formen der politischen Beteiligung zu schaffen und die sozioökonomischen Probleme anzugehen, die die Kasachen auf die Straße getrieben haben. In den kasachischen Medien kursierten Begriffe wie ‚Demonopolisierung der politischen Macht‘ und ‚Entnazarbajewisierung‘, und Tokajew versprach eine gerechtere Umverteilung des riesigen Reichtums des Landes aus seinen natürlichen Ressourcen. In seiner ersten Ansprache an die Nation nach den Protesten im März kündigte Tokajew an, die Befugnisse des Präsidenten einzuschränken und mehr Macht an das Parlament zu delegieren. Damit sollten die einfachen Bürger sowohl in den formalen Vertretungsstrukturen als auch bei Haushaltsentscheidungen gestärkt werden. Dies war der Grund für die Schaffung des Nationalen Kurultai, eines Rates, der institutionelle und basisdemokratische Politik miteinander verbindet. Vertreter:innen der Zivilgesellschaft, wie die Leiter von Nichtregierungsorganisationen oder Prominente, werden in den Rat berufen, der nur beratende Befugnisse hat. Mit seiner Einrichtung im Juni hat Tokajew ein ähnliches beratendes Gremium, den Nationalen Rat des öffentlichen Vertrauens, der 2019 eingerichtet wurde, um die Beteiligung der Öffentlichkeit zu verbessern, im Wesentlichen zurückgestuft. Im April kündigte Tokajew außerdem an, dass er aus den Reihen der Amanat, dem neuen Namen für die politische Partei Nur Otan, eine der Machtbasen Nasarbajews seit den späten 1990er Jahren, austreten werde. (Mit ihrer Pflichtmitgliedschaft für nationale und lokale Politiker und sogar für niederrangige Leiter des öffentlichen Sektors verdrängte Nur Otan die öffentliche Politik in Kasachstan.) (…)
    Tokajew behauptete auch, dass die äußerst bürokratischen Verfahren zur Registrierung neuer politischer Parteien gelockert worden seien. Aber die neuen Regeln haben immer noch eine Handvoll Parteien daran gehindert, sich registrieren zu lassen, darunter die Demokratische Partei, deren Führer jetzt vor Gericht steht, nachdem er 2022 10 Monate in Untersuchungshaft verbracht hat, weil er eine illegale Kundgebung organisiert hatte. (…)
    Um dem Volk den Anschein politischer Teilhabe zu geben, rief Tokajew im Juni ein Verfassungsreferendum und im November vorgezogene Präsidentschaftswahlen aus und plante eine Parlamentswahl für die erste Hälfte des Jahres 2023. Um den ‚Wahlzirkus‘ zu vervollständigen, eine von den kasachischen Medien oft verwendete Formulierung, kündigte er außerdem an, dass die indirekte Wahl der Hälfte der Senatoren zum ersten Mal vorzeitig stattfinden würde. Das Referendum im Juni stellte die Kasachen vor eine schwierige Wahl. Sie wurden lediglich gebeten, den von der Regierung vorgeschlagenen Verfassungsänderungen im Großen und Ganzen zuzustimmen oder sie abzulehnen. Indem man das Referendum als eine Wahl zwischen dem ’neuen‘ und dem ‚alten‘ Kasachstan bezeichnete, akzeptierten die Menschen, die mit ‚Ja‘ stimmten, einfach die neue Normalität, während diejenigen, die nicht zustimmten, sogar als ‚Pro-Nazarbajew‘ eingestuft wurden. Diese Reihe von Wahlereignissen diente dazu, Tokajew und seine Regierung zu legitimieren, anstatt einen Reformprozess einzuleiten. Indem er die Proteste der Bevölkerung unterdrückt und die Streiks der Arbeitenden niederschlägt sowie die Eliten, die für Nasarbajew sind, selektiv aus dem Weg räumt, versucht Tokajew, sich eine neue, aber vertraute, populistische Unterstützungsplattform zu schaffen. In der Tat hat die Regierung dem kasachischen Volk eine politische Wahl versprochen, aber es hat ein System erhalten, das immer noch von der alten Garde geführt wird. (…)
    Tokajews ‚Neues Kasachstan‘ sollte einen klaren Bruch mit dem alten Regime bedeuten – und der Sturz der Nasarbajew nahestehenden Eliten wurde nach dem Blutigen Januar für viele zu einem beliebten Gesprächsthema. Mehrere Mitglieder der Familie Nasarbajew und mit ihr verbundene Oligarchen sind seitdem ins Visier geraten. Gegen ein Unternehmen, das mit Aliya Nazarbayeva, Nazarbayevs jüngster Tochter, verbunden ist, wurde wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder ermittelt. Das Vermögen von Bolat Nasarbajew, dem Bruder des ehemaligen Präsidenten, geriet ins Visier der Finanzermittler. Nasarbajews Neffe, Kairat Satibaldy, wurde wegen Veruntreuung im Zusammenhang mit staatlichen Telekommunikations- und Eisenbahnunternehmen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Kairat Boranbajew, ein ehemaliger Schwiegervater von Nasarbajews Enkel, wurde ebenfalls verhaftet und steht derzeit wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder im Zusammenhang mit Erdgaslieferungen vor Gericht, was er bestreitet. (…) In einem weiteren symbolischen Schlag gegen den ehemaligen Präsidenten hat Tokajew das Parlament angewiesen, ein Gesetz zu streichen, das Familienmitgliedern, die mit Nasarbajew zusammenleben, Immunität vor Strafverfolgung gewährt und ihr Vermögen schützt. Nasarbajews persönliche Immunität vor Strafverfolgung wäre weiterhin durch die Verfassung geschützt. Nasarbajew wurde unterdessen der Vorsitz des Nationalen Sicherheitsrates Kasachstans entzogen, eine Position, die er im Jahr vor seinem Rücktritt als Präsident übernommen hatte. Tokajew hat auch seine kurz nach seinem Amtsantritt getroffene Entscheidung rückgängig gemacht, die Hauptstadt des Landes zu Ehren von Nasarbajew in ‚Nur-Sultan‘ umzubenennen. Astana, kasachisch für ‚Hauptstadt‘, wurde im September 2022 wieder als Name für die Stadt festgelegt. Aber Tokajews Maßnahmen waren selektiv. Sie betrafen nur einen Teil des Reichtums, den die Familie Nasarbajew im Laufe der Jahrzehnte angehäuft hatte, und versäumten es, einige der wichtigsten Geschäftsinteressen des Landes ins Visier zu nehmen. Das kombinierte Vermögen der 50 reichsten Personen Kasachstans auf der Forbes-Liste ist 2022 sogar um 1,2 Milliarden Dollar gestiegen. (…) Zwei der Töchter und der Enkel von Nasarbajew stehen immer noch auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen Kasachstans. Sein Neffe Nurbol wurde laut Forbes im Jahr 2022 auf Platz 41 der reichsten Menschen des Landes gewählt. (…) Auch der staatliche Reichtum in Kasachstan bleibt konzentriert. Samruk-Kazyna, der Staatsfonds des Landes, kontrolliert große Rohstoff- und Industrieunternehmen. Fast die Hälfte des kasachischen BIP befindet sich in den Händen des Fonds. Tokajew hat wie Nasarbajew vor ihm versprochen, diese Vermögenswerte zu privatisieren, aber der Prozess geht nur langsam voran. Im Jahr 2018 stimmte Samruk-Kazyna zu, 25% von KazAtomProm, dem weltweit größten Produzenten von Natururan, an einer neuen lokalen Börse zu notieren. Im Dezember gab die Regierung grünes Licht für die Notierung von mageren 3% des Öl- und Gasriesen KazMunaiGas. (…) Sporadische Proteste, die die ersten Monate von Tokajews Amtszeit kennzeichneten, haben nachgelassen und wurden von den Behörden im Gefolge des blutigen Januars unterdrückt. Wie sein Vorgänger erlaubt Tokajew den Menschen, sich nur in bestimmten ‚Protestgebieten‘ zu versammeln, und selbst dann nur nach Genehmigung durch die lokale Verwaltung. Der Präsident bezeichnete dieses System als einen Schritt in Richtung einer ‚zivilisierten Politik‘, aber es hat natürlich weiterhin die gleichen alten Hindernisse für öffentliche Versammlungen aufgeworfen, die internationale Beobachter:innen oft kritisieren. (…) Was in Tokajews Plan fehlt, sind die Menschen. Die Top-Down-Plattform des Präsidenten:in behandelt die Bürgerinnen und Bürger als externe, nicht als konstitutive Elemente der sozialen Ordnung. Sie dienen als Plebiszit, das nur insofern nützlich ist, als es die bereits hinter verschlossenen Türen getroffenen Entscheidungen bekräftigt. Anstatt die Menschen zu ermächtigen, sollen sie entpolitisiert werden. Und anstatt das oligarchische System abzuschaffen, will Tokajew die wirtschaftlichen und politischen Eliten von seinem neuen Rahmen abhängig machen. Sollte seine Strategie aufgehen, wird die neue Elite nur dann zu Reichtum kommen, wenn sie loyal ist. Im Frühjahr 2019, als Nasarbajew zurücktrat, hatte man das Gefühl, dass in Kasachstan ein Wandel in der Luft lag. Aber die Amtszeit von Tokajew hat bewiesen, dass das Regime nicht bereit ist, Basisbewegungen und politische Volksparteien gedeihen zu lassen. Indem es vorgibt, Institutionen, Parteien und Politiken „für das Volk“ zu schmieden, ähnelt Tokajews „Neues Kasachstan“ auf beunruhigende Weise dem alten.“
    Artikel von Dmitrij Mazorenko und Paolo Sorbello vom 5. Januar 2023 auf Open Democracy externer Link („Too little has changed in Kazakhstan in the year since ‘Bloody January’“)
  • Die Lage in Kasachstan ein halbes Jahr nach den Protesten: Warten auf das neue Kasachstan
    „… »Anfangs war alles fröhlich, wir haben uns alle gefreut. Menschen füllten friedlich die Straßen und alles war gut. Das hielt aber nicht lange an«, erinnert sich Gulsada Serschan, wenn sie an den 4. Januar zurückdenkt. Das war der Tag, an dem die Proteste gegen Treibstoffpreissteigerungen, die zum Neujahr in den Ölfördergebieten Westkasachstans begonnen hatten, die Großstadt Almaty erreichten. Serschan hat ein ruhiges Gemüt, ist seit Jahren politisch engagiert und eine der Gründerinnen der queerfeministischen Initiative Feminita. Die Mitgründerin heißt Schanar Sekerbajewa, eine quirlige Person, die in ihrer Freizeit eine Amateurkarriere im Powerlifting verfolgt. Für die beiden waren die anfänglichen Proteste auch ein persönliches Erfolgserlebnis. Die Protestparole »Schall, kett!«, die in jener Nacht durch die Straßen hallte, war nämlich ihre Kreation. Der Slogan lässt sich in etwa mit »Alter, hau ab!« übersetzen, die beiden Feministinnen hatten ihn während einer Demonstration 2014 eingeführt. Damals regierte noch der alternde Präsident Nursultan Nasarbajew das Land und direkte Kritik an dessen patriarchaler Herrschaft wurde nicht toleriert. »Seinen Namen durfte man nicht aussprechen, also benutzten wir stattdessen das Wort ›Alter‹, und alle, die Kasachisch können, verstanden sofort, um wen es geht. (…) Was auf die anfangs friedlichen Proteste folgte, war allerdings eine Woche der Gewalt. Präsident Toqajew rief den Ausnahmezustand aus, blockierte das Internet und berief Truppen des von Russland geführten Militärbündnisses Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) ins Land. (…) Offiziell heißt es, dass um die 200 Menschen zu Tode gekommen seien. Eine gründliche Untersuchung ist der Öffentlichkeit bisher jedoch nicht vorgelegt worden, und Kritikerinnen und Kritiker befürchten, dass die wahre Opferzahl höher sein könnte. (…) Der »blutige Januar«, wie die Unruhen genannt werden, war nicht die erste gewaltsame Niederschlagung zivilen Protests, seit Kasachstan 1991 von der So­wjetunion unabhängig geworden war. Zehn Jahre zuvor, im Dezember 2011, hatten Ordnungskräfte in der westkasachischen Stadt Schangaösen streikende Ölarbeiter erschossen. Ebendort begann auch die jüngste Protestwelle. »Schangaösen war die ganze Zeit eine offene Wunde gewesen«, sagt Serschan. »Die Verantwortlichen wurden nie bestraft, sondern befördert. Als sich im Januar Proteste von Schangaösen aus auf den Rest des Landes ausbreiteten, war es auch so, dass Menschen irgendwie Solidarität mit der Stadt zeigen wollten. Dieser Schock hätte aufgearbeitet werden müssen. Stattdessen bekamen wir ein neues Schangaösen, im ganzen Land.« (…) Die Designerin Olesja sagte, sie sei zumindest erleichtert, dass die Unruhen im Januar nicht zum Beginn einer andauernden Repressionswelle wurden, wie viele befürchtet hatten, sondern dass sich die Führung, im Gegensatz etwa zu der in Russland, zumindest um den Anschein von Fortschritt bemühe. Das Vertrauen ins Regime ist allerdings äußerst begrenzt. Die Queerfeministin Sekerbajewa hält radikalere Schritte für nötig, besonders was die Sicherheitsorgane angeht, die ihrer Meinung nach in die Kaperung der fried­lichen Proteste durch gewalttätige Provokateure verwickelt waren. »Solange Polizei und Geheimpolizei nicht aufgelöst und in einem transparenten Prozess mit öffentlicher Einsicht neu aufgebaut werden, können wir all dem nicht vertrauen«, sagt sie.“ Beitrag von Volodya Vagner vom 7. Juli 2022 aus der Jungle World 2022/27 externer Link
  • Kasachstan: Zhanaozen steht an der Spitze einer zweiten Protestwelle 
    Am Dienstag, den 15.02.2022, streikten Arbeiter:innen aus allen Abteilungen und Unterabteilungen von Ozenmunaigas in Zhanaozen und schlossen sich damit den Öl-Bohrer:innen an, die bereits am 9. Februar die Arbeit niedergelegt hatten. Die Behörden versuchen ihrerseits, die Demonstrant:innen mit verschiedenen kleinen Versprechungen zu beschwichtigen, aber die Streiks weiten sich immer weiter aus und ziehen neue Teilnehmer:innen an. (…)
    Inzwischen sind auch die Belegschaften weiterer Öl-Konzerne in den Streik getreten. Insbesondere die Beschäftigten des Transportunternehmens Kezbi-GmbH, die bereits im vergangenen Jahr mehrmals gestreikt hatten, legten am Dienstag die Arbeit nieder und forderten die Rückkehr ihres Unternehmens in den Mutterkonzern KazMunayGas. Die Weigerung des Energieministeriums, eine Verstaatlichung auch nur in Erwägung zu ziehen, hat sie buchstäblich auf die Barrikaden gebracht.
    Dies umso mehr, als frühere Forderungen ebenfalls nicht erfüllt und Versprechen nie eingehalten worden waren. Sie forderten außerdem eine Lohnerhöhung von 50 Prozent und schlossen sich dem Streik an. Am Abend versprachen die Öl-Arbeiter:innen von Aktau, von den Öl-Feldern Kalamkas und Karazhanbas, sich den streikenden Arbeiter:innen von Zhanaozen anzuschließen. Am 16. Februar wird die Zahl der Streikenden noch größer sein.
    An diesem Tag besetzten die Erwerbslosen in einer Reihe von Bezirkszentren die Rathäuser und forderten, dass Alik Aidarbayev zu ihnen kommt. In Zhanaozen selbst fand eine Massenaktion vor dem Rathaus statt, bei der die Forderungen der vergangenen Tage nach der Schaffung neuer Arbeitsplätze, auch durch den Bau neuer Betriebe, bekräftigt wurden. Gleichzeitig lehnten die Demonstrant:innen die vorgeschlagene Prioritätenliste ab.
    Das Ausmaß und die Politisierung der Proteste ließen die lokalen Behörden erschaudern, die nun versuchen, die Streiks durch künstlich geschaffene Ausschüsse zu stoppen, die aber nichts entscheiden. (…)
    Ähnliche Forderungen nach höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen wurden am 15. Februar von Arbeiter:innen der Petro Kazakhstan Kumkol Resources im Gebiet Kyzylorda und sogar von Krankenwagenfahrer:innen in Aktjubinsk, deren Betrieb an türkische Investoren verkauft wurde, erhoben. Ihre Löhne wurden seit 10 Jahren nicht mehr erhöht und die Arbeiter:innen haben sich an den türkischen Präsidenten Erdogan gewandt, dass sie zu einem Streik aufrufen werden, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Der Februar entwickelt sich also nicht weniger kämpferisch und die Klassenkämpfe sind nicht mehr aufzuhalten…“ Artikel der Sozialistischen Bewegung Kasachstans in der Übersetzung durch Christoph Wälz  – wir danken! Er wurde zuerst am 16.02.2022 auf Russisch auf der Website socialismkz.info veröffentlicht externer Link
  • Kasachstan: Zhanaozen und der Bezirk Mangistau werden weiterhin von Streiks erschüttert 
    Anfang Februar hörten die Aktionen und Streiks in Zhanaozen nicht auf. Darüber hinaus gingen auch arbeitslose Jugendliche auf die Straße, Lehrkräfte protestierten zum ersten Mal, und die Beschäftigten von Dienstleistungsunternehmen streikten erneut und forderten höhere Löhne und ein Ende des Outsourcings.
    Nachdem Ende Januar die Lehrkräfte der Schulen Nr. 2 und Nr. 6 in Zhanaozen auf die Straße gegangen waren, um zu protestieren und ein Video aufgenommen hatten, in dem sie Präsident Tokajew aufforderten, die Privatisierung von Schulen nicht durchzuführen, kamen in den ersten Februartagen die Lehrkräfte von drei weiteren Schulen hinzu, insbesondere von den Schulen Nr. 17 und Nr. 8. Dabei wurden die Lehrkräfte von Eltern unterstützt, die zum Schulgebäude kamen, um gemeinsam mit den Lehrkräften ihren Protest zum Ausdruck zu bringen…“ Artikel der Sozialistischen Bewegung Kasachstans, erschienen am 4.2.2022 auf der Website socialismkz.info in der Übersetzung durch Christoph Wälz – wir danken!
  • Der Januar-Aufstand und die Massenstreiks in Kasachstan – vorläufige Analyse der Ereignisse im Januar 2022 
    „… Bis heute wurden nach offiziellen Angaben mehr als 10.000 Menschen festgenommen, 225 Menschen starben in Almaty und einigen Städten im Süden Kasachstans. Tatsächlich gab es jedoch viel mehr Tote, da es richtige Kämpfe gegen das aufständische Volk gab. Außerdem kam es zu Erschießungen in Qysyl-Orda, Aktyubinsk, Atyrau und anderen Städten, in denen es überhaupt keine Pogrome gegeben hatte. Der Präsident nannte die Demonstrant:innen Terroristen und behauptete, dass 20.000 Bewaffnete von außen auf das Territorium Kasachstans vorgedrungen seien. Aber das ist nicht wahr! Um ein Blutvergießen zu verhindern, haben die Ölarbeiter:innen Westkasachstans sowie Metallarbeiter:innen, Kupferschmelzer:innen und Bergleute der Minen des Bezirks Karaganda am Samstag, dem 8. Januar, organisiert ihre Kundgebungen und Streiks beendet. Aber seit dem 2. Januar gelang es den Arbeiter:innen in den Industrieregionen, wo die Arbeiter:innenklasse den Kern der Proteste ausmachte, den Protestcharakter der Aktionen sicherzustellen. (…) Bisher spielen in dieser Protestbewegung oder bei Arbeiteraufständen keinerlei politische Kräfte eine Rolle, da das politische Feld im Moment vollständig gesäubert ist, alle Oppositionsparteien und -bewegungen, einschließlich der Kommunistischen Partei, wurden verboten. Alle unabhängigen Gewerkschaften wurden aufgelöst. (…) Wir glauben nicht, dass dies eine endgültige Niederlage der Arbeiter:innenbewegung ist. Im Gegenteil, Ölarbeiter:innen, Bergleute und Metallarbeiter:innen haben unschätzbare Erfahrungen in Klassenkämpfen gesammelt und zum ersten Mal gab es einen Generalstreik in der Bergbauindustrie. Die Behörden haben es nicht geschafft, die Proteste und Streiks der Arbeiter:innen im Westen und im Zentrum Kasachstans niederzuschlagen, wo die Arbeiter:innen die Proteste organisiert beendeten. Das bedeutet, dass der Generalstreik erneut begonnen werden kann, allerdings mit bereits konkreteren Forderungen und einer entwickelten Kampftaktik…“ Beitrag der Sozialistischen Bewegung Kasachstans vom 24.01.2022 in der Übersetzung durch Christoph Wälz – wir danken!
  • Kasachstan: Hunderte nach Protesten in Haft [oder eher Tausende?] 
    Nach den gewaltsamen Massenprotesten Anfang Januar in Kasachstan sitzen in der früheren Sowjetrepublik laut Behörden Hunderte Menschen wegen Terrorismusvorwürfen im Gefängnis. Insgesamt fast 1.000 Inhaftierte nach Protesten: Gegen 464 Verdächtige werde wegen Terrorismus und Massenaufruhrs ermittelt, sagte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft am Samstag. Insgesamt sitzen demnach 970 Menschen im Zusammenhang mit den Protesten in Haft, unter anderem werde ihnen Diebstahl, Waffenbesitz und Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen. 73 Verdächtige hätten Verletzungen erlitten, sagte der Vertreter der Ermittlungsbehörden, davon 29 Schussverletzungen…“ Meldung vom 22.01.2022 beim ZDF externer Link – siehe dazu:

    • Es ist herzzerreißend, aber der Aufstand in #Kazakhstan wurde komplett gescheitert. Mit sich entfaltenden Repressionen und Tausenden, die wegen Teilnahme an #protests inhaftiert wurden. Thread mit den neuesten Updates…“ (engl.) Thread von Integration Nightmares vom 21.1.2022 externer Link
  • Internationale Online-Veranstaltung am Samstag, 22. Januar 2022: Aufstand in Kasachstan / Uprising in Kazakstan 
    Since January 2, the uprising in Kazakhstan has offered an inspiring chapter in the global revolt against oppression, endemic poverty, and yawning wealth inequality. We are excited to hear from Ainur Kurmanov from the Socialist Movement Kazakhstan about the background to this uprising, recent developments, and the fight for working-class power. While different factions of the old regime are trying to exploit the anger and unrest, the striking oil workers and miners provided a glimpse of working-class power. We stand in solidarity with all the people arrested, protesting the hundreds of killings that reportedly took place at the hands of an armed Russian intervention and brutal state repression.“

    • Veranstaltung mit Ainur Kumarow von der Sozialistischem Bewegung Kasachstan am Samstag, 22. Januar 2022, 19 Uhr auf Russisch und Englisch
    • Bitte hier anmelden: https://tinyurl.com/uprising2022 externer Link
  • Kasachstan nach dem Aufstand: Einschätzungen und Berichte von Anarchist*innen aus Russland und Almaty 
    Denjenigen, die Verschwörungstheorien darüber verbreiten, dass die USA versuchen, eine »Farbenrevolution« in Kasachstan zu inszenieren, sei gesagt, dass die Proteste als Reaktion auf die Streichung der Subventionen für Gas durch die Regierung begannen, das in Kasachstan im Rahmen eines profitablen Staatsmonopols gefördert wird. Diejenigen, die die Regierungen Kasachstans und Russlands verteidigen, verteidigen die repressiven Kräfte, die den Arbeiter*innen neoliberale Sparmaßnahmen aufzwingen. Das soll nicht heißen, dass die Zusammenstöße in Kasachstan einen einheitlichen antikapitalistischen Kampf darstellen. In den glaubwürdigsten Berichten über die Zusammensetzung der Proteste wird eingeräumt, dass es ein breites Spektrum an Teilnehmer*innen gab, die unterschiedliche Taktiken einsetzten, um unterschiedliche Ziele zu erreichen. Eine Krise wie der Aufstand in Kasachstan legt alle Verwerfungen innerhalb einer Gesellschaft offen. Jeder bestehende Konflikt wird auf die Spitze getrieben: ethnische und religiöse Spannungen, Rivalitäten zwischen den herrschenden Eliten, geopolitische Kämpfe um Einfluss und Macht. In Kasachstan wird wegen der verfestigten autoritären Machtstruktur zudem jeder Kampf sofort zu einem Alles-oder-Nichts-Unterfangen.
    Was am 1. Januar als Protest gegen die steigenden Lebenshaltungskosten begann, eskalierte daher schnell zu einem landesweiten Aufstand, der mit einer Kombination aus in- und ausländischer Militärgewalt brutal niedergeschlagen wurde. Den Demonstrant*innen gelang es zwischenzeitlich, der Polizei Waffen abzunehmen und sich zu wehren, Geschäfte zu plündern und städtische Gebäude niederzubrennen oder zu besetzen. (…)
    Es gibt in der kasachischen Gesellschaft also grundsätzlich organisierte Gruppen, die zu aktivem bewaffneten Widerstand fähig sind. Es ist wahrscheinlich, dass es sich bei den Personen, die sich auf eine direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften einließen, zum Teil um Angehörige solcher Gruppen und zum Teil um spontane, selbst organisierte Demonstranten handelte. Es besteht eine Analogie zum Maidan 2014 in Kiew, wo die Verteidigung sowohl spontan von der Menge als auch unter Beteiligung radikaler Gruppen, die sich anschlossen, organisiert wurde.« Die Gerüchte über Konflikte innerhalb des Machtblocks in Kasachstan und die Spekulationen über geopolitische Pläne, die beim Aufstand im Spiel sind, könnten alle wahr sein. Aber diese Gerüchte und Spekulationen in den Mittelpunkt der Erzählung über die Geschehnisse zu stellen, ist eine Entscheidung, den zahllosen einfachen Menschen, die aus ihren eigenen Gründen am Aufstand teilgenommen haben, ihre Handlungsfähigkeit abzusprechen. (…)
    Keiner der Menschen, die wir auf dem Platz sahen, wirkte wie ein »Plünderer«. Sie wollten den Rücktritt der Regierung. Niemand hatte den Befehl dazu erteilt. Dies war ein landesweiter Arbeiter*innenaufstand. Niemand hatte Angst zu sterben, aber wir sahen auch keine Wut. Sie zeigten uns Verletzungen durch Gummigeschosse und warnten uns, dass es bald zu Schießereien kommen würde und dass es besser wäre, wenn wir gehen würden. Geräusche von Explosionen und Schüssen kam immer näher, also gingen wir. Ein Mann nahm uns in seinem Auto mit. An diesen Tagen zeigten sich die Menschen untereinander sehr solidarisch. (…)
    Vier Tage waren wir isoliert; wir konnten nur noch telefonieren, und auch das funktionierte nicht gut. In dieser Nacht verließen alle öffentlichen Dienste die Stadt, einschließlich der Feuerwehr und der medizinischen Versorgungsdienste. Freiwillige löschten die Brände. Außerdem versuchten einige Demonstrierende, »Räuber« zu stoppen. (…)
    Das Erschreckende an ist, dass Zehntausende Menschen beteiligt waren und ihre guten Absichten, die sozialen und politischen Verhältnisse zum Wohle aller zu verändern, nun von einigen wenigen dazu benutzt werden, die Ressourcen des Landes neu unter sich aufzuteilen. Wir können jetzt nichts mit Sicherheit sagen, außer einer Sache: Dieser Protest hatte keinen öffentlichen Anführer, und die Straßenunruhen und Besetzungen von Verwaltungsgebäuden hatten keine klaren Forderungen. Aber es gab Morde und viele Opfer in der Bevölkerung, erst in den Kämpfen mit der Polizei, dann, als die Polizei abgezogen war, untereinander auf den Straßen und schließlich durch die Erschießung von Zivilist*innen durch die Streitkräfte Kasachstans und der OVKS. (…)
    Meine Freund*innen und viele andere Menschen berichten, dass auch ihre Verwandten und Freund*innen vermisst werden. Die Behörden haben bereits den Tod hunderter Menschen bestätigt, darunter zweier Kinder. Gewerkschafter*innen werden vermisst, darunter Kuspan Kosshigulov, Takhir Erdanov und Amin Eleusinov und seine Angehörigen. In Almaty wurde auf Journalisten des Kanals Dozhdʼ, die versuchten, in der städtischen Leichenhalle zu filmen, geschossen (sie wurden nicht verletzt). Am 6. Januar waren auf dem Platz einige Aktivisten, die ein Transparent trugen mit der Aufschrift »Wir sind keine Terroristen«. Die Polizei schoss auf sie und tötete mindestens einen. (…)
    Vielleicht wird es bald mehr Repressionen geben, und einige Aktive werden Hilfe benötigen, um das Land zu verlassen. Aber das wichtigste ist die Informationsarbeit. Nach den Präsidentschaftswahlen 2019 wurden wir alle bei den Kundgebungen verhaftet, und die einzigen, die darüber berichteten, waren ausländische Medien und unabhängige kasachische Medien – von denen es nur sehr wenige gibt. Jetzt ist es sehr wichtig, dass der blutige Januar in Kasachstan nicht nur ein schönes revolutionäres Bild war, wie viele linke Publikationen schreiben, sondern auch, dass er nicht als ein terroristischer Akt von außen in Erinnerung bleibt, wie offizielle Stellen aus diversen Ländern Glauben machen wollen.“ Artikel und Interview von CrimethInc. am 18. Januar 2022 beim ak online externer Link (aus dem ak 678) – deutsche Übersetzung von Auszügen aus dem (engl.) Interview mit zwei anonymen Anarcha-Feministinnen aus Almaty am 12. Januar 2022 bei CrimethInc. externer Link – in Gänze lesenswert!
  • Internationale Solidarität mit dem Aufstand in Kasachstan 
    „Wir, Sozialist:innen, Gewerkschafter:innen, Menschenrechtsaktivist:innen, Antikriegsaktivist:innen und -organisationen, haben den Aufstand in Kasachstan seit dem 2. Januar mit einem Gefühl tiefer Solidarität für die arbeitenden Menschen verfolgt. Die streikenden Ölarbeiter:innen, Bergleute und Demonstrant:innen sind unglaublicher Repression ausgesetzt. Polizei und Armee sind mit aller Härte gegen sie vorgegangen und hatten den Befehl, „ohne Vorwarnung zu schießen, um zu töten“. Über 160 Demonstrant:innen wurden bisher getötet und mehr als 8.000 verhaftet. Wir weisen die Propaganda der Diktatur zurück, dass dieser Aufstand ein Produkt „radikaler Islamisten“ oder der Intervention des US-Imperialismus sei. Dafür gibt es keinerlei Beweise. Es ist der übliche Reflex eines unpopulären Regimes, „externe“ Aufwiegler zu beschuldigen. Stattdessen war der Auslöser der Proteste der Anstieg der Kraftstoffpreise. (…) Die US-Regierung hat „sowohl die Behörden als auch die Demonstranten zur Zurückhaltung aufgerufen“. Die EU rief die Demonstrant:innen ebenfalls dazu auf, „jegliche Aufstachelung zur Gewalt zu vermeiden“, und forderte die Behörden auf, „das grundsätzliche Recht auf friedlichen Protest zu respektieren und die Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung von Gewalt zu beachten, wenn sie ihre legitimen Sicherheitsinteressen verteidigen“! Es überrascht nicht, dass sie alle der „Stabilität“ für ihre Ölkonzerne Vorrang einräumen, die von der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der kasachischen Arbeiter:innen profitieren. Auf die Klassensolidarität der kapitalistischen Regime antworten wir mit der Solidarität der Arbeiter:innenklasse und verpflichten uns, die folgenden Forderungen in unseren Gewerkschaften, Parlamenten und Organisationen zu erheben: Solidarität mit denjenigen, die sich gegen die Diktatur in Kasachstan erheben! Schluss mit der Repression gegen die Proteste! Freilassung aller inhaftierten Demonstrant:innen und politischen Gefangenen! Nein zur Intervention durch Russland und der OVKS: sofortiger Abzug der Truppen! Nein zur Heuchelei der EU und der USA, die den Aufstand der Massen mit der brutalen Gewalt des Regimes gleichsetzen! Nieder mit der Diktatur! Unterstützt die Forderung der Ölarbeiter:innen nach Verstaatlichung des Ölreichtums und der Großindustrie unter Arbeiter:innenkontrolle! Unterstützt den Aufbau einer unabhängigen Gewerkschaftsbewegung und einer sozialistischen Bewegung in Kasachstan!“ Internationale Solidaritätserklärung bei Klasse gegen Klasse vom 13. Januar 2022 externer Link von mehr als 200 Organisationen und prominenten Persönlichkeiten in dt. Übersetzung – siehe deren Original:

    • Internationale Solidarität mit dem Aufstand in Kasachstan wurde am 12. Januar erstmalig auf der Homepage von RISE veröffentlicht externer Link („revolutionary Marxist organization and network of People Before Profit“)
    • Solidarity with the uprising in Kazakhstan
      We are republishing this international solidarity statement with the protests in Kazakhstan. It was written by socialist TD Paul Murphy of Ireland…“ Solidaritätserklärung am 12.1.2022 bei Left Voice externer Link samt den weltweiten Unterzeichnenden
  • 160 Tote bei Aufständen in Kasachstan
    In Kasachstan löste die Erhöhung der Gaspreise eine Revolte aus, woraufhin brutale Repression gegen die Demonstrant:innen, inmitten eines totalen Internet-Blackouts im Land, eingesetzt wurde. Der Aufstand sorgt für Unruhe in Russland, geht aber auch gegen die Interessen der westlichen Mächte, da er sich gegen die “Transformation” des Kapitalismus in dem zentralasiatischen Land richtet. (…) Es ist nicht möglich, mit Sicherheit zu sagen, wie weit dieser Aufstand gehen wird. Viele Hypothesen über die Motivationen der Rebellion überschwemmen die Zeitungen: westliche Verschwörung, interner Kampf zwischen Fraktionen der Oligarchie… Doch abgesehen von den Überlegungen, wer von der Situation profitieren könnte, ist eins klar: Diese Bewegung ist Ausdruck der Frustrationen über die tiefen Missstände in der Gesellschaft, die sich in den letzten Jahrzehnten, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre als „Transformation“ bezeichnet werden, angesammelt haben.
    Eine Revolte gegen das kapitalistische „Transformations“-Regime
    Aynur Kurmanov von der Sozialistischen Bewegung Kasachstans erklärt: “Die Arbeiter von Schangaösen waren die ersten, die sich erhoben. Die Gaspreiserhöhung diente nur als Auslöser für die Massenmobiliserungen, schließlich türmte sich der Berg an sozialen Problemen seit Jahren auf. Im vergangenen Herbst wurde Kasachstan von einer Inflationswelle heimgesucht. Zu bedenken ist, dass Waren die in die Region Mangghystau importiert werden dort immer 2-3 mal teurer waren. Doch mit einer Welle von Preiserhöhungen Ende 2021 sind die Kosten für Lebensmittel noch wesentlich stärker gestiegen. Außerdem ist zu beachten, dass der Westen des Landes die Arbeitslosigkeit hoch ist. Im Zuge der neoliberalen Reformen und Privatisierungen wurden die meisten Unternehmen dort geschlossen. Der einzige hier noch tätige Sektor sind die Ölproduzenten, diese sind zum größten Teil in den Händen von ausländischem Kapital. Bis zu 70 Prozent des kasachischen Öls wird in westliche Märkte exportiert und auch der größte Teil der Gewinne geht an ausländische Eigentümer“. Ein von The Guardian befragter Demonstrant nannte auch andere Gründe für die Rebelion als die Gaspreiserhöhung, darunter Korruption, Vetternwirtschaft und soziale Ungleichheit…“ Beitrag aus La Izquierda Diario in der Übersetzung durch Jan Beere am 11.1.2022 bei Klasse Gegen Klasse externer Link
  • In Solidarität mit den Menschen in Kasachstan und den Kämpfen der ArbeiterInnen! Russische Truppen raus aus Kasachstan! 
    Der Volksaufstand in Kasachstan beunruhigt uns. Obwohl der entscheidende Faktor die Erhöhung der Kraftstoffpreise war, ist die Revolte Teil eines größeren Zusammenhangs. Die Bewegung ist in den Betrieben entstanden und gereift, und die ArbeiterInnen selbst haben ihre Forderungen und Aktionsmethoden definiert und bereichert.
    Am 3. Januar war die gesamte Region Mangistau von einem Generalstreik betroffen, der sich auch auf die Nachbarregion Atyrau ausweitete. Am 4. Januar streikten die ÖlarbeiterInnen von Tengizchevroil. Im Dezember waren Zehntausende von ArbeiterInnen an diesem Standort entlassen worden, und weitere Entlassungen wurden angekündigt. Die Bewegung breitete sich auf die Regionen Aktobe, Westkasachstan und Kyzylorda aus. Bergleute von Arcelor-Mittal-Temirtau, Kupferhütten und Bergwerken des kasachischen Konzerns schlossen sich der Bewegung an und weiteten sie aus. Im Mittelpunkt dieser Kämpfe stehen Forderungen nach Löhnen, einer Herabsetzung des Rentenalters, dem Recht auf freie Gewerkschaftsbildung und dem Streikrecht.
    Die direkten Aktionen der ArbeiterInnen, die den Ursprung der Bewegung bildeten, wurden mit Kundgebungen in vielen anderen Städten fortgesetzt. In der Nacht vom 4. auf den 5. kam es zu schweren Zusammenstößen mit den Repressionskräften. Der Ausnahmezustand wurde ausgerufen, wie so oft gegen „ausländische Elemente“, gegen „Terroristen“. In der Tat ist dies eine der Antworten der Behörden auf die revoltierende ArbeiterInnenklasse.
    Der Versuch, die Regierung durch die Ankündigung einer lokalen Senkung des Benzinpreises zu spalten, ist gescheitert. Die Entlassungen und Umbesetzungen an der Spitze des Staates entsprechen nicht den Forderungen der Bewegung: Diejenigen, die kämpfen, tun dies für soziale und politische Forderungen, die den Interessen unserer sozialen Klasse entsprechen, nicht um zu wissen, wer sie führen wird!
    Ab dem 5. Mai finden im ganzen Land Massenkundgebungen statt. Die Forderung nach der Freilassung aller politischen Gefangenen und die Wiederherstellung der Verfassung von 1993 wurden beispielsweise zu den Forderungen hinzugefügt. Die Bewegungen in verschiedenen Städten und Regionen versuchten, sich zu koordinieren.
    Die Tötung von DemonstrantInnen begann in der Nacht vom 5. auf den 6. Die Armee spielte ihre Rolle: Sie diente der herrschenden Macht und setzte ihre Ordnung durch Unterdrückung, Erschießen und Töten durch. Der russische Imperialismus kam als Verstärkung, um die Repression zu erleichtern und zu unterstützen. Die repressiven Kräfte des Staates haben offiziell das Recht, ohne Vorwarnung zu schießen. Die Zahl der Todesopfer steigt.
    Die Mitgliedsorganisationen des International Labor Network of Solidarity and Struggle würdigen die Entschlossenheit und den Mut der Menschen in Kasachstan. Wir solidarisieren uns mit ihrem Kampf und unterstützen ihre Forderungen, die sich sowohl auf den direkten Ausdruck der kapitalistischen Ausbeutung beziehen (Löhne, Arbeitszeiten, Renten usw.) als auch auf das Recht, sich frei zu organisieren, zu streiken usw.
    Die Mitgliedsorganisationen des International Labor Network of Solidarity and Struggle schließen sich den Solidaritätsaktionen mit dem kasachischen Volk an und verurteilen die Unterdrückung durch die herrschende Macht, die von der russischen Regierung unterstützt wird. Solidarität mit dem Kampf des Volkes von Kasachstan! Russische Truppen raus aus Kasachstan!“ Maschinenübersetzung der (engl.) Solidaritätserklärung vom 8.1.2022 von und bei  International Labor Network of Solidarity and Struggle externer Link (dem auch LabourNet Germany angehört), dort in mehreren Sprachen verfügbar
  • Tweet von Syinat Sultanalieva vom 8.1.2022 externer Link: „Dies ist sehr besorgniserregend – mehrere führende Unternehmen des Kraftstoff- und Energiesektors #unions in #Kazakhstan sind unter unklaren Umständen verschwunden. Angehörige können ihren Aufenthaltsort nicht ermitteln“
  • Siehe auf Twitter (m.E.) glaubwürdige Meldungen bei Integration Nightmares externer Link, Peter Leonard externer Link und Paolo Sorbello externer Link sowie viele aktuelle Meldungen und Videos unter #Kasachstan und #KazakhstanProtests
  • Forderungen der Volkskomitees Kasachstan
    1. Senkung der Lebensmittelpreise
    2. Senkung der Kraftstoffpreise
    3. Herabsetzung des Rentenalters auf 58/60 Jahre
    4. Vollständiger Rücktritt der Regierung
    5. Freilassung aller während der Demonstrationen verhafteten Gefangenen
    6. Lohnerhöhung für die einfachen Leute
    7. Abschaffung aller Tochterunternehmen staatlicher Gesellschaften
    8. (Keine kor. Übersetzung möglich)
    9. Abschaffung der Mautstraßen für kasachische Fahrzeuge
    10. Erhöhung der Mindestrente
    11. Erhöhung des Kindergeldes
    12. Treffen mit Präsident Qassym-Schomart Toqajew, politische Forderungen.

    Liste mit Forderungen der Proteste in Kazahkstan aus Atyrau dokumentiert vom Autonomie Magazin am 5.1.22 auf Twitter externer LinkIntegration Nightmares meldet am 5.1. externer Link: „Teile der Metallindustrie und Ölarbeiter kündigten den Beginn des Generalstreiks in #Kazakhstan #Strike #Protests an

  • Volksaufstand und Klassenkampf in Kasachstan
    Im Folgenden dokumentieren wir zwei Artikel der Sozialistischen Bewegung Kasachstans zum derzeitigen Volksaufstand, der maßgeblich von der Arbeiterklasse initiert wurde. Einer allgemeinen Erklärung zum Aufstand der SBK folgt ein Bericht über Streiks und Demonstrationen, beide gebe Einblick in den Hintergrund und die Beweggründe der Proteste in Kasachstan. Zur Orientierung haben wir eine Karte Kasachstans mit den Regionen und Städten eingefügt. Wie der Westen versucht die Proteste geopolitisch für sich zu nutzen ist noch unklar, die OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit) hat russische Truppen zur „Friedenssicherung“ entsandt. Russland hat Angst um den Machtverlust seiner Verbündenten in Kasachstan, gleichzeitig sind Teile des kasachischen Militärs und der Polizei offen solidarisch mit den Protesten…“ Vorspann der Redaktion des Autonomie Magazins vom 6. Januar 2022 externer Link zur Übersetzung der Erklärung der Sozialistischen Bewegung Kasachstans zur Lage im Land sowie der Forderungen der Sozialistischen Bewegung von Kasachstan – und darunter weiteren Informationen

  • Schön ist das Video im Tweet von Integration Nightmares externer Link das zeigt, wie in Aktobe auf dem lokalen Markt kostenlos Lebensmittelpakete für die Demonstranten gepackt werden
  • Kazakhstan unrest: Dozens killed in crackdown (Unruhen in Kasachstan: Dutzende Tote bei Niederschlagung)
    Meldet BBC am 6.1.2022 externer Link samt einem Video im Text, siehe dazu den

    • Thread von Julian Röpcke vom 05.01.2022 externer Link: „Offenbar begann kurz nach der Internet-Abschaltung das große Töten. Video zeigt Demonstranten, die von Kugeln getroffen werden. Bilder erinnern an schlimme Szenen auf dem Maidan in Kiew. Berichte sprechen von mindestens vier Toten in Almaty seit dem Nachmittag. Das Regime hat den landesweiter Ausnahmezustand ausgerufen, zudem gilt eine nächtliche Ausgangssperre. Flagge von Russland Medien berichten, dass die russische Minderheit im Norden von #Kasachstan eine „Selbstverteidigungsmiliz“ einrichtet. Eine solche gibt es auch seit 2014 im Donbass…“
  • Integration Nightmares meldet am 6.1. externer Link: „Kundgebungen ohne große Polizeirepressionen finden überall #Kazakhstan trotz russischer Invasion und militärischem Angriff auf #AlmatyundBerichte über Zusammenstöße zwischen Demonstranten in #Aktau – denen, die den Protest stoppen und dem Diktator Tokaev vertrauen wollen, und denen, die die Revolution fortsetzen wollen.“
  • Revolutionäre Suppe“: Ausnahmezustand in Kasachstan. Teils militante Gaspreis-Proteste haben in der früheren Sowjetrepublik zum Rücktritt der Regierung geführt
    Auslöser von Massenprotesten seit dem Jahreswechsel in zahlreichen Städten Kasachstans waren massive Preiserhöhungen für Flüssiggas. Doch darum geht es nun kaum noch. Die Regierung ist zurückgetreten, in drei Regionen wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Gewalt und politische Forderungen bestimmen das Bild auf der Straße. (…) Das kasachische Durchschnittseinkommen und der Lebensstandard sind jedoch ebenfalls wesentlich niedriger (durchschnittlich 510 Euro pro Monat), die Größe des mittelasiatischen Flächenstaates erfordert häufig lange Autofahrten. Dass es nicht nur wegen Kraftstoffpreisen in der kasachischen Bevölkerung brodelte, zeigte sich im Rahmen der Krise schnell. Nach den ersten Massenprotesten in mehreren Großstädten und Metropolen mit je bis zu 16.000 Teilnehmern ruderte die Regierung sofort zurück, was die Preiserhöhung anging. Als das nicht fruchtete, kam es sogar zum kollektiven Rücktritt der Regierung von Premier Asqar Mamin.
    Der Präsident des Landes, Kassym-Schomart Tokajew, forderte per Twitter zur Beendigung der Proteste auf. Doch die Gemüter der Demonstranten beruhigten sich nicht. Die Regionalverwaltungen der Protesthochburg Aktau und der Millionenmetropole Almaty wurden von Protestierenden gestürmt. Die russische Zeitung Kommersant berichtet, Fenster und Türen wurden eingeschlagen. Sicherheitskräfte, die die Verwaltung geschützt hatten, mussten fliehen. Aus der Innenstadt von Almaty waren laut Kommersant-Korrespondenten vor Ort Schüsse zu hören (hier eine Sammlung von Videos externer Link der Proteste). Medien berichten auch von Plünderungen in der Stadt und berufen sich auf den örtlichen Polizeichef. (…)  Dass der Zorn von Demonstranten ausgerechnet Nasarbajews ehemalige Residenz traf, ist wohl kein Zufall. Nasarbajew trat zwar 2019 nach Jahrzehnten an der Macht zurück und bekleidet seitdem offiziell nur noch die Funktion des Vorsitzenden des Staatsrates. Er gilt jedoch weiterhin als „graue Eminenz“ der halbautokratischen Regierung des Landes. Sprechchöre bei Protesten fordern auch seinen kompletten Rückzug aus der Politik schreibt die Onlinezeitung Lenta.ru. Die Parole dazu lautet „Geh weg, alter Mann“. (…) Die Regierung spricht in Verlautbarungen von „extremistischen Gruppen“, die Gewalttaten verübten. Tatsächlich nahmen laut gazeta.ru Gruppen von Demonstranten in Aktau auch Sicherheitskräfte gefangen und entwaffneten sie sowie beschlagnahmten einen Militär-Lkw. Das Medienportal RBK berichtet auch davon, dass in Einzelfällen Polizisten oder Mitglieder von Spezialeinheiten zu den Demonstranten übergelaufen seien und sich an Protesten beteiligten. Als Quelle beruft es sich auf mehrere kasachische Telegram-Kanäle, die entsprechende Aufnahmen zeigen. Von anderen Orten werden heftige Straßenschlachten gemeldet, wo die Polizei die Demonstranten abzuwehren versucht. (…)  Aus den Gaspreis-Protesten sei in der Zwischenzeit eine „revolutionäre Suppe“ entstanden. Dubnow sieht vor allem in der Ölförderregion im Westen des Landes große Unzufriedenheit, da dort die Haupteinnahmen Kasachstans generiert würden, aber die Leute keine entsprechenden Investitionen in ihre Region sähen. Er sieht ein bisher noch politisch führungsloses Aufbegehren der Bevölkerung, das sich aber nun politisiert habe. Es zeige eine Kluft zwischen der politischen Führung des Landes und der Bevölkerung. Der Rückzug der Regierung sei zu spät erfolgt, um die protestierenden Massen zu beruhigen. Nun rechnet er mit weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen in den nächsten Tagen…“ Artikel von Bernhard Gulka vom 06. Januar 2022 in Telepolis externer Link
  • Der alte Mann muss gehen. Explosionen, Schießereien, Wasserwerfer: Kasachstan erlebt die größten Unruhen seit der Unabhängigkeit
    Die Berichte, dihe am Mittwoch aus Kasachstan drangen, überschlugen sich im Minutentakt. Am Morgen lieferten sich Protestierende in der früheren Hauptstadt Almaty Straßenkämpfe mit Polizisten, anschließend wurde die Gebietsverwaltung gestürmt, nachts brachten Demonstrierende den Flugplatz der Stadt unter ihre Kontrolle. Begonnen hatte die Unruhen am vergangenen Sonntag im westkasachischen Schangaösen. In der Wüstenstadt, in welcher 2011 Dutzende Erdölarbeiter bei der Niederschlagung eines Streiks getötet worden waren, demonstrierten Hunderte gegen eine Verdoppelung der Preise für Flüssiggas, mit dem viele Kasachen ihre Autos betanken. Zwar reagierten die Behörden rasch auf die Proteste und senkten die Preise wieder. Doch es war zu spät. Denn die Gründe für die Proteste liegen tiefer: Die Preiserhöhung war nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Viele Kasachen sind frustriert über die ungerechte Verteilung des immensen Reichtums, der mit dem Verkauf von Öl und Gas aus Westkasachstan erwirtschaftet wird. Von den Einnahmen profitierten nur eine kleine Elite und der Clan des früheren Präsidenten Nursultan Nasarbajew, finden viele. Die Einkommen einfacher Kasachen stagnierten dagegen, während die Ausgaben für Nahrungsmittel und Miete in die Höhe schnellen. Dazu kommt die Covid-19-Pandemie, welche die Wirtschaft des Schwellenlandes im vergangenen Jahr um fast drei Prozent schrumpfen ließ. (…) Tokajew rang sich zu einem Zugeständnis durch und entließ die Regierung. Außerdem fror er für ein halbes Jahr die Preise für Grundnahrungsmittel, Strom und Treibstoff ein. Am Nachmittag schlug er vorgezogene Parlamentswahlen vor. Die Proteste stoppte das nicht. Am späten Nachmittag wurde die Gebietsverwaltung in Almaty gestürmt. Tokajew wandte sich in einer zweiten TV-Ansprache an die Nation – und kündigte die Absetzung von Nursultan Nasarbajew als Vorsitzenden des nationalen Sicherheitsrates an. Außerdem erklärte er, dass bei Zusammenstößen Polizeibeamte getötet worden seien. Die Behörden würden nun mit »maximaler Härte« vorgehen…“ Artikel von Birger Schütz  vom 05.01.2022 im ND online externer Link
  • Kasachstan: Regierung tritt zurück – Proteste halten an – Internet abgeschaltet
    In der kasachischen Stadt Almaty haben heute Demonstrant:innen das Büro des Bürgermeisters gestürmt. Ein Teil des Gebäudes stand offenbar in Flammen. Auch in mehreren anderen Städten sind Proteste ausgebrochen, bei denen Polizeieinheiten Tränengas und Blendgranaten einsetzen. Der Präsident des Landes Kassym-Jomart Tokayev kündigte zunächst eine harte Reaktion an und bezeichnete die Proteste als „schwarz Periode“ in der Geschichte des Landes. Er beschwor die Menschen im Land, Aufrufen, staatliche Stellen zu besetzen nicht zu folgen, da dies „illegale Handlungen“ seien. Außerdem verhängte der Präsident einen zunächst zweiwöchigen Ausnahmezustand. Auch verschiedene Internetseiten sind Berichten zufolge schon seit Dienstag nicht mehr zu erreichen. Ab heute findet sich das Land nun in einem „Internet-Blackout“, da der Präsident das Internet im ganzen Land hat abschalten lassen. Die Regierung gab unterdessen geschlossen ihren Rücktritt bekannt, momentan werden die Amtsgeschäfte vom stellvertretenden Regierungschef weiter geführt. Auch heute hatten sich trotz des Ausnahmezustands tausende Protestierende in großen Städten des Landes wie der Hauptstadt Nur-Sultan, Almaty und in der Provinz Mangistau versammelt. In Almaty stürmten und besetzten sie auch das Büro des Bürgermeisters. In Berichten ist nun von hunderten Verletzen, hauptsächlich Polizist:innen die Rede. An einzelnen Orten sollen sich die Sicherheitskräfte aber auch auf die Seite der Protestierenden gestellt haben und ihre Waffen demonstrativ niedergelegt haben…“ Beitrag von und bei Perspektive Online vom 5. Januar 2022 externer Link, siehe dazu:

    • Tweet von ibu‘ibu vom 5.1.2022 externer Link: „In #Kasachstan werden mittlerweile Bullen entwaffnet, Militärfahrzeuge übernommen und erste Soldat*innen schließen sich dem Widerstand an.“
    • Thread von Blxck Flames Fox vom 5.1.2022 externer Link: „Auch Heute kommt es in #Almaty/#Kasachstan zu massiven Konflikten zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Wohl mehrere Behördengebäude wurden angezündet, Soldaten von Demonstranten „festgenommen“, Polizeifahrzeuge brennen. Auch in anderen Teilen des Landes, wie hier in #Aktobe, kommt es zu massiven Konflikten und Angriffe auf Behördengebäude.“
  • Proteste gegen Gaspreise Kasachische Regierung tritt zurück
    Die Regierung Kasachstans ist nach Protesten gegen eine Erhöhung der Gaspreise zurückgetreten. Zuvor wurde in dem Land der Ausnahmezustand ausgerufen. In Almaty ging die Polizei gegen Tausende Demonstranten vor. (…) Zuvor war die Polizei mit Blendgranaten und Tränengas gegen tausende Demonstranten in Almaty vorgegangen. AFP-Journalisten zählten am Dienstag mindestens 5000 Teilnehmer bei den Protesten in Almaty. Demonstranten griffen Fahrzeuge an, darunter ein Feuerwehrauto. Mehrere Demonstranten und Polizisten wurden mit offenbar leichten Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Nachrichten-Apps wie Telegram, Signal oder Whatsapp funktionierten nicht mehr. Zwei unabhängige Nachrichtenseiten im Internet waren blockiert…“ Meldung vom 05.01.2022 bei tagesschau.de externer Link
  • Thread von Edda Schlager vom 4.1.2022 externer Link: „Natürlich geht es in #Kasachstan nicht um erhöhte Brennstoffpreise. Die Wut, die sich jetzt entlädt, hat sich seit Jahren angestaut. Ich hatte diese Proteste bereits zum 30. Jahrestag der Unabhängigkeit am 16.12. des letzten Jahres erwartet. Am dem Tag jährten sich auch der Aufstand von 1986 und das Massaker von Zhanaozen 2011. Die Regierung hatte aber Versammlungen und Feierlichkeiten untersagt – wegen Corona. Dieser Ausbruch jetzt kommt nicht unerwartet. Schon der freiwillige, überraschende Rücktritt von Ex-Präsident Nursultan Nasarbajew im März 2019 wollte genau solchen Protesten vorgreifen und sie verhindern. Das hat geklappt, bis jetzt. Die wirtschaftlichen Probleme durch die Corona-Pandemie haben die Verzweiflung der Menschen über eine autokratische Führung, die jeglichen Protest unterbindet und eine echte Opposition seit Jahren ausgeschaltet hat, sich aber immer wieder mit geschickten Schachzügen einen pseudodemokratischen Anstrich gibt, nur noch verstärkt. Dass diese zu landesweiten Protesten führen würde, haben viele in #Kasachstan seit langem befürchtet
  • Vor zehn Jahren wurden die Ölarbeiter-Proteste im Westen #Kasachstan|s blutig niedergeschlagen. Die Region ist reich an Öl und Gas, doch der Gewinn fliest an Unternehmen, Astana und Almaty. Nun haben genau dort wieder Proteste begonnen, die sich auch auf andere Städte ausbreiten. Seit Beginn der Corona-Pandemie fällt der Wert des Tenge, die Preise steigen – insbesondere für Lebensmittel. Die Menschen sind unzufrieden. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen, Ausgangssperren, blockiert die sozialen Netzwerke und schickt Militärfahrzeuge, um die Lage zu beruhigen. Es ist fast halb fünf Uhr morgens und noch immer sind hunderte Demonstranten unterwegsThread von Othmara Glas vom 4.1.2022 externer Link
  • Proteste gegen Gaspreise in Kasachstan
    Weil der Gaspreis sich zum Jahreswechsel verdoppelt hat, gehen Tausende Kasachen auf die Straße. Inzwischen werden auch politische Forderungen laut. Die Führung ist alarmiert. Seit Tagen gehen im Westen Kasachstans Tausende Menschen auf die Straße. Sie protestieren gegen eine Gaspreiserhöhung, die sie nach den harten Pandemiemonaten doppelt trifft. Kostete der Liter Flüssiggas bisher um die 60 Tenge – umgerechnet zwölf Cent -, stieg der Preis kurz vor Weihnachten rapide an: Erst seien es 80 Tenge gewesen, dann knapp 90 – und nach Neujahr dann 120, erklärt einer der Demonstranten dem Reporter von Radio Azattyk. (…) Längst gehe es bei dem Protest um mehr als nur um den reinen Preis fürs Tanken und Heizen, meint die Journalistin Gulnara Baschkenowa mit Blick auf die 16.000 Menschen, die sich allein in der Stadt Aktau versammelt haben. Es gehe einmal mehr auch um das soziale Gefälle im Land, um niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Auch Forderungen nach mehr Mitspracherechten in der Politik wurden inzwischen laut…“ Bericht von Christina Nagel, ARD-Studio Moskau, vom 04.01.2022 bei tagesschau.de externer Link

Siehe unser Dossier von 2015 zu den Streiks der Ölarbeiter in Kasachstan und zum Hintergrund die Jahre lange und umfangreiche Berichterstattung im LabourNet Archiv

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=196663
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