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Rund ein Jahr nach dem erfolgreichen Streik im Bildungswesen wird die Gewerkschaft der jordanischen LehrerInnen für zwei Jahre verboten – Funktionäre und Mitglieder auf der Straße verhaftet
Am vergangenen Samstag, 25. Juli 2020 marschierte die jordanische Polizei vor der Zentrale der Gewerkschaft der LehrerInnen auf – die Büros wurden besetzt und geschlossen, führende Funktionäre festgenommen – darunter alle 13 Mitglieder des Vorstandes. Und die Tätigkeit der Gewerkschaft für zwei Jahre untersagt – das ganze selbstverständlich ohne irgendeinen Anschein eines legalen juristischen Prozesses, sondern als bloßer Akt reaktionärer Willkür. Die ausführenden Staatsanwälte gaben als Grund an, dass der Gewerkschaftsvorsitzende Nasser Nawasreh in einer Rede wenige Tage zuvor die Regierung des Landes (also auch seiner sogenannten Majestät) kritisiert hatte. Was für diese Leute offensichtlich ein Verbrechen ist. Um das Vorgehen vielleicht ein bisschen populärer zu machen, wurde auch noch ein Verdacht auf Korruption in die Welt gesetzt, der natürlich niemals ein Grund für ein Organisationsverbot sein könnte (sonst gäbe es ja schon keine Regierung des Königs, dessen Vorfahr bekanntermaßen Cash vom CIA versorgt wurde). In der Meldung „Jordan arrests leaders of teachers‘ union in opposition crackdown“ am 25. Juli 2020 bei Al Jazeera wird auch noch darüber informiert, dass am selben und am folgenden Tag die Polizei Lehrerinnen und Lehrer, die sich an verschiedenen Orten des Landes zu Protesten versammelten, ebenfalls festnahm… Siehe dazu auch eine weitere, ausführlichere Meldung, einen Videobericht vom Polizeiüberfall auf das Gewerkschaftsbüro, einen Bericht über ein Solidaritäts-Treffen verschiedener jordanischer Organisationen und einen Hintergrundbeitrag über die Rolle der Bildungsgewerkschaft in Jordanien – sowie den Hinweis auf unseren letzten Beitrag zum Ende des Streiks im Herbst 2019:
„Jordan: Teachers’ Syndicate Closed; Leaders Arrested“ am 30. Juli 2020 bei Human Rights Watch berichtet einmal umfangreicher und genauer über das ganze Ausmaß der Repression quer durch Jordanien – und über die Anordnung des Generalstaatsanwaltes, Berichte über das Vorgehen und über die Repression von Solidaritätsaktionen zu verhindern. Dabei wird unterstrichen, dass nach jordanischem Gesetz die faktische Anordnung der Auflösung einer Organisation nur durch gerichtliche Verfügung vollzogen werden kann – aber auch in Jordanien ist der wenig feine Herr Staatsanwalt kein Richter.
„الأردنية نت auf Twitter: „أعضاء النقابة لضابط الأمن: أين أمر الاعتقال. الضابط: أنا الأمر!!“ am 25. Juli 2020 im Twitter-Kanal Al Urdunnya ist ein Video vom Polizeiüberfall auf das Gewerkschaftsbüro – wobei auf die Frage, wo die gerichtliche Verfügung für das Vorgehen sei, der Täter in Uniform keift, er sei die Verfügung…
„Azzam Somadi“ berichtet auf seinem Facebook-Account über eine Versammlung am 27. Juli 2020 auf der die Vertreter verschiedener sozialer und politischer Organisationen Jordaniens zusammen trafen, um über Solidaritätsaktionen mit der faktisch verbotenen Gewerkschaft zu beraten und beschließen. Dabei war die gemeinsame Bewertung des Vorgehens die Grundlage, die das Vorgehen der Polizei einen Überfall nannte und als völlig illegal bewertete.
„Der Streik der Lehrer*innen in Jordanien 2019“ von Hanna Al-Taher am 07. Mai 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung skizziert zum einen die gesamte Geschichte der Gewerkschaft der LehrerInnen in Jordanien und dann auch die aktuellen Entwicklungen, die zu dieser Willkür-Maßnahme führten: „… Die Beziehung des Berufsstandes der Lehrer*innen zum jordanischen Regime ist konfliktreich. Die erste Gewerkschaft für Lehrer*innen in Jordanien war in der ersten Dekade formeller haschemitisch-jordanischer Unabhängigkeit aktiv. Bereits 1956 streikten jordanische Lehrer*innen für höhere Löhne. Mit dem Verbot politischer Parteien 1956 wurde auch die Gewerkschaft der Lehrer*innen aufgelöst und anders als viele andere Gewerkschaften erst 2011 neu gegründet. Das Logo der jetzigen Gewerkschaft zeigt das Wort Iqraa (Lies!) wobei das Alef als brennende Fackel abgebildet ist. Die Gewerkschaft hat aktuell 140.000 registrierte Mitglieder. Eine Lehrer*innenversammlung in Amman im März 2010 gilt als Gründungstreffen, auf dem die versammelten Lehrer*innen das Ziel «Wir wollen eine Gewerkschaft» offiziell festhielten. Schon damals organisierten die Lehrer*innen in mehreren Städten Proteste und Streiks und trafen sich zu weiteren informellen Treffen. Im Laufe des Jahres 2010 streikten und protestierten die Lehrer*innen immer wieder vor allem in kleineren jordanischen Städten und ab Anfang Juni auch in Amman. Im Oktober 2010, etwa einen Monat vor den jordanischen Parlamentswahlen – die Regierung wird im Gegensatz zum Parlament nicht gewählt, sondern ernannt –, traf sich eine Delegation der Lehrer*innen mit dem Bildungsminister zu weiteren Verhandlungen, um die Zulassung der Gewerkschaft zu fordern. Anfang 2011 stimmte die Regierung der Gründung der Gewerkschaft schließlich zu und erkannte sie (wieder) als verfassungskonform an. Dies war möglicherweise ein Versuch, weiteren Protesten der Lehrer*innen zuvorzukommen, wobei die Sorge vor einem weitflächigen Übergreifen der beginnenden Proteste in der Region 2011 eine Rolle gespielt haben dürfte. Die aktuellen Proteste können somit an vorausgehende gewerkschaftliche Aktivität anknüpfen. (…) Nach über vier Wochen erzielte die Gewerkschaft eine Vereinbarung mit der Regierung und beendete den Streik. Zwar wurden ihre Forderungen in Bezug auf Lohnprämien nur teilweise erfüllt, und auch die zweite Hauptforderung, eine Entschuldigung für das Vorgehen am Protesttag, fiel eher schwach aus. Allerdings erreichte die Gewerkschaft Mitspracherecht bei den Lehrplänen und Einsicht in den Rentenfonds. Die hohe Beteiligung am Streik spricht nicht nur für den hohen Druck aufgrund der Steigerung der Lebenshaltungskosten in Jordanien, sondern auch dafür, dass die Lehrer*innen der Gewerkschaft zutrauten, für ihre Rechte und Forderungen einzustehen. Die Tatsache, dass der Streik über mehrere Wochen die öffentliche Debatte bestimmte und großen Zuspruch fand, verdeutlicht, dass es um mehr als das Einkommen von Lehrpersonal an staatlichen Schulen ging und geht. Vielmehr haben Gewerkschaft und streikende Lehrer*innen soziale Gerechtigkeit und Verteilungsfragen auf die politische Tagesordnung geschrieben. In den Wochen des Streiks haben Intellektuelle, Bürger*innen und Aktivist*innen viel über die Würde des Menschen diskutiert und den Streik so in den Kontext von Forderungen nach einem menschenwürdigen Leben für alle gestellt. Fragen also, die spätestens seit den Revolten ab 2011 in der Region immer wieder aufkommen. Die Gewerkschaft will sich in Zukunft mit mehr Selbstbewusstsein in tagespolitische Themen einmischen, was nicht nur auf Zustimmung stoßen wird. Der Streik der Lehrer*innen hat wichtige strukturelle und politische Fragen beleuchtet, und die Gewerkschaft ist gestärkt aus dem Protest hervorgegangen, vor allem weil das Gewicht von über einer Million betroffener Schüler*innen und deren Familien nicht irrelevant ist…“
- Siehe dazu auch: „Nach beinahe vier Wochen Streik an 4.000 öffentlichen Schulen Jordaniens gibt die Regierung nach: Wesentliche Forderungen erfüllt“ am 07. Oktober 2019 im LabourNet Germany – der letzte Beitrag über den Streik im Herbst 2019 (mit Verweisen auf vorherige Beiträge) – wobei damals bereits die Frage auftauchte, wie die Reaktion der Regierung auf diesen – zwar nur teilweise, aber dennoch eminent wichtigen – erfolgreichen Streik sein würde…