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Liebling des (europäischen) Kapitals, Feind der Gewerkschaften: Nun ist immer #NoDraghiDay in Italien

Italien-weiter #NoDraghiDay der Basisgewerkschaften am 4.12.21 gegen die Wirtschaftsmaßnahmen der Regierung Draghi und hohe Lebenshaltungskosten„Der italienische Regierungschef Mario Draghi hat am Donnerstag zum zweiten Mal innerhalb einer Woche seinen Rücktritt eingereicht. Diesmal hat Staatspräsident Sergio Mattarella den Rücktritt angenommen. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Europäischen Union steht damit ohne funktionsfähige Regierung da. (…) Draghis Fall ist eine Folge der scharfen Klassenspannungen und sozialen Gegensätze in Italien. Mattarella hatte den ehemaligen Chef der Europäischen Zentralbank im Februar 2021 zum Regierungschef berufen, als die erste Welle der Corona-Pandemie in Italien Zehntausende Todesopfer forderte und sich die Wirtschaft mit einem Rückgang von 8,9 Prozent im freien Fall befand. Alle Parteien – von der rechten Lega, Berlusconis Forza Italia, der Fünf-Sterne-Protestbewegung bis zu den Demokraten und ihren diversen Abspaltungen – verschanzten sich hinter Draghi, der als Vertrauensmann des internationalen Finanzkapitals dafür sorgen sollte, dass Italien die ihm zustehenden 206 Milliarden Euro aus dem Corona-Fonds der Europäischen Union erhält…“ Beitrag von Peter Schwarz vom 22. Juli 2022 bei wsws externer Link („Regierung Draghi am Ende“), siehe mehr aus dem guten Überblick:

  • Weiter im Beitrag von Peter Schwarz vom 22. Juli 2022 bei wsws externer Link („Regierung Draghi am Ende“): „… Die Europäische Kommission hatte die Vergabe dieser Gelder an die Durchführung von insgesamt 42 „Reformen“ geknüpft, die die italienische Wirtschaft „von Wachstumshemmnissen befreien“ und „wettbewerbsfähiger“ machen, den Staat „schlanker“ gestalten und die Sozialsysteme „effektiver“ machen sollten – alles Schlagworte für massive Angriffe auf die Arbeiterklasse und die unteren Schichten der Mittelklasse. Draghi wurde den in ihn gesetzten Erwartungen gerecht. (…) Draghis Politik stieß in der internationalen Finanzwelt auf Begeisterung. Die Süddeutsche Zeitung jubelte im November letzten Jahres „Bislang läuft es, so muss man sagen, prächtig. … Die Begeisterung über die ungewohnte Dynamik versetzt Italien in Hochstimmung.“ Italien befinde „sich nach vielen Jahrzehnten zum ersten Mal in der Lage, seine Wirtschaft komplett neu auszurichten“, zitierte sie die OECD-Chefökonomin Laurence Boone. „Jetzt oder nie.“ Die italienische Arbeiterklasse teilt diese Hochstimmung nicht. Unter Draghi hat sich die Polarisierung des Landes weiter verschärft. Die offizielle Arbeitslosenrate liegt bei 8,4 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit bei 24 Prozent. 3,4 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter sind prekär beschäftigt. Die Zahl der Armen ist während der Corona-Pandemie auf 5,6 Millionen gestiegen, die offizielle Inflation liegt bei 8 Prozent. Immer wieder kommt es zu Streiks gegen Arbeitsplatzabbau, niedrige Löhne und unhaltbare Arbeitsbedingungen. (…) Verantwortlich für den Aufstieg der Rechten sind die Demokraten, ihre pseudolinken Anhängsel und die mit ihnen verbündeten Gewerkschaften. Sie sorgen sich um die Stabilität der bürgerlichen Ordnung und nicht um das Schicksal der Arbeiterklasse. Sie unterdrücken deren Kämpfe und unterstützen Draghi umso entschlossener, je offensichtlicher der arbeiterfeindliche Charakter seiner Politik wird.(…)  Die sklavische Unterordnung der Gewerkschaften, der Demokraten und der Pseudolinken unter Draghi und seine arbeiterfeindliche Politik hat die Bedingungen geschaffen, unter denen Ultrarechte und Faschisten die Wut und Frustration von kleinbürgerlichen Schichten und teilweise auch von Arbeitern ausbeuten können. Die rechte Gefahr kann nur durch eine unabhängige Offensive der Arbeiterklasse bekämpft werden, die die Verteidigung von Löhnen, Arbeitsplätzen und sozialen Rechten mit dem Kampf gegen Krieg und für ein internationales sozialistisches Programm verbindet.“ Siehe auch:
  • Italiens Regierungskrise: Der Abbau der Demokratie unter Mario Draghi
    Nach dem gescheiterten „Vertrauenspakt“ nimmt Italiens Staatspräsident Draghis Rücktritt an und löst das Parlament auf. Vorgezogene Neuwahlen finden voraussichtlich am 25. September statt.
    Mit dem nun zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mario Draghi, der im Ausland als Stabilitätsgarant angesehen wurde, ist Italien einen weiteren Schritt in Richtung Postdemokratie gegangen. Auch wirtschaftlich befindet sich das Land auf dem absteigenden Ast.
    In den letzten 20 Jahren hat sich Italien zweifelsohne von einem demokratischen zu einem postdemokratischen System gewandelt. Der langsame, aber stete Übergang von einer tatsächlich repräsentativen Demokratie zu einer puren Fiktion derselben hat sich unter Draghis Regierungszeit seit Februar 2021 allerdings weiter verschärft: Das Parlament ist absolut überflüssig geworden. Draghi hat de facto unter Missachtung des Parlaments regiert, was nicht dadurch besser wird, sich das Parlament auch ganz unverhohlen hat missachten lassen. Von politischer Partizipation ist gar keine Rede mehr – und sehr oft hat Draghi während seiner Amtszeit mit seinem inneren Ministerzirkel einfach im Alleingang über alle Köpfe hinweg wichtige Beschlüsse gefasst, um das Parlament dann vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die demokratischen Formen wurden zwar gewahrt, die demokratische Substanz wurde allerdings eliminiert.  Beschlüsse, die das Parlament nur im Nachhinein absegnen durfte, waren etwa der PNRR (Nationaler Plan für Aufbau und Resilienz), der Haushaltsplan sowie das historische Abkommen mit Frankreich, das eine engere Zusammenarbeit besiegeln soll und zum Beispiel beinhaltet, dass Minister beider Länder regelmäßig an den Sitzungen der jeweils anderen Regierung teilnehmen.
    Als Postdemokrat konsequent
    Ein weiterer postdemokratischer Aspekt (es sein denn, man begnügt sich mit einer rein formal-prozeduralen Auffassung von Demokratie) ist die Ernennung Draghis zum Premierminister, die nie durch Wahlen legitimiert wurde. Draghis Desinteresse an der parlamentarischen Funktion ist also offensichtlich, doch mit der Delegitimierung des Parlaments wird auch die repräsentative Demokratie abgeschafft. (…) Bereits in seinen früheren Ämtern als Generaldirektor des Finanzministers, als Gouverneur der Banca d’Italia und als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hat Draghi volksfeindliche Entscheidungen getroffen, unter denen vor allem die finanziell schwächeren Bevölkerungsschichten zu leiden hatten. Er ließ beispielsweise Geld in der Größenordnung von Billionen Euro drucken, um Staatsanleihen zu kaufen und die Renditen unter die Nullgrenze zu drücken. Er verfolgte somit eine skrupellose Liquiditätspolitik, um die Staatsdefizite zu stützen, deren Resultat eine anhaltende Inflation und ein Absturz des Staatsanleihenmarktes waren…“ Beitrag von Jenny Perelli vom 24. Juli 2022 in Telepolis externer Link

Wir erinnern als Bsp. an:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=202957
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