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(Italienische) Abschottung mit System: Ermittlungen gegen Crewmitglieder von Jugend Rettet e.V. (iuventa)

Dossier

Stoppt das Sterben, nicht die Rettung! #freeiuventaNachdem das Seenotrettungsschiff IUVENTA von Jugend Rettet e.V. seit vergangenem August unter dem Vorwand einer präventiven Beschlagnahme festgesetzt wurde, erweitert die italienische Staatsanwaltschaft nun ihre Ermittlungen gegen einzelne Crewmitglieder der Organisation. Die Kriminalisierung von Seenotrettung mit dem Ziel der vollständigen Abschottung Europas zeigt ein weiteres Mal ihr grausames und abschreckendes Gesicht…“ Pressemitteilung vom 10.07.2018 von und bei Jugend Rettet externer Link (Siehe die Vorgeschichte weiter unten und auch Jugend rettet. Der Film »Iuventa« ist ein ergreifendes Porträt der Seenotrettung unter extremen politischen Bedingungen sowie die Kampagne „we are iuventa10“ externer Link) und hier zur Verfolgung:

  • Entgegen aller rechtspopulistischen Hetze und Stimmungsmache: Freispruch der IUVENTA-Crew in allen Anklagepunkten New
    „Nach 7 Jahren endet das Gerichtsverfahren gegen die Crewmitglieder des Seenotrettungsschiffs IUVENTA mit einem Freispruch in allen Anklagepunkten – nun halten sie endlich auch die Abschlussdokumente des Gerichtsverfahrens in den Händen. „Wir sind froh, erleichtert und freuen uns für die IUVENTA-Crew und die anderen angeklagten Seenotretter*innen von Ärzte ohne Grenzen & Save the Children, dass der Alptraum dieses nerven- und ressourcenzehrenden Prozesses nun endlich ein Ende findet“, kommentiert Matthias Maier von der Seebrücke Frankfurt. Die IUVENTA war im August 2017 von italienischen Behörden beschlagnahmt und die Crew auf die Anklagebank gesetzt worden, unter anderem mit dem Vorwurf der „Beihilfe zur unerlaubten Einreise“. Das Gericht sah in seinem Urteil vom April 2024 nicht nur keinen der Anklagepunkte als haltbar an, sondern erkannte die Rechtmäßigkeit der Flucht aus libyschen Haftlagern an und kam zu der Schlussfolgerung, dass Fluchthilfe „in der Tat notwendig“ sei. (…) Dass sich in Italien unter Melonis post-faschistischer Regierung ein Gericht seine Unabhängigkeit bewahrt, auch entgegen aller rechtspopulistischen Hetze und Stimmungsmache gegen People on the Move und ihre Unterstützer*innen, ist für uns als Seebrücke Frankfurt am Main in diesen düsteren Zeiten, in denen Demokratie und das Prinzip der Gewaltenteilung vielerorts bedroht sind, ein Hoffnungsschimmer und ein wichtiges, mutmachendes Signal an alle Seenotretter*innen. Dennoch ist der Fall der IUVENTA ein Armutszeugnis und ein weiterer Beleg für die menschenverachtende Europäische Migrationspolitik: Italien scheute bei der Kriminalisierung von Seenotrettung keine Kosten und Mühen und setzte sogar verdeckte Ermittler*innen gegen Seenotrettungsorganisationen ein. Es bedurfte erst eines Gerichtsverfahrens, um diesem Kampf gegen Menschen auf der Flucht zumindest punktuell Einhalt zu gebieten. Wenn auch das Verfahren für die Crew selbst ein erleichterndes Ende gefunden hat: Die IUVENTA hätte unzählige Leben retten können, wenn sie nicht 2017 unrechtmäßig an die Kette gelegt worden wäre. (…) Und wir schließen uns dem Gericht an: Fluchthilfe ist notwendig! Asyl-Ersuchen ist Menschenrecht!…“ Presseinformation der Seebrücke Frankfurt am Main vom 17. Oktober 2024 (per e-mail)

  • Nach sieben Jahren endet der Prozess gegen Crewmitglieder des Seenotretters „Iuventa“ mit der Einstellung aller Verfahren durch italienisches Gericht
    • Gericht lässt Anklage gegen alle Angeklagten im IUVENTA-Verfahren fallen
      Heute hat das Gericht seine bahnbrechende Entscheidung getroffen und alle Angeklagten nach einer siebenjährigen Odyssee freigesprochen. Dieser Fall ist das längste, teuerste und umfangreichste Verfahren gegen SAR-NGOs, das zwei Jahre Vorverhandlungen mit über 40 Anhörungen umfasste. Er ist ein ergreifendes Zeugnis für die umfangreichen Bemühungen der Behörden um die Kriminalisierung der Migration. Das iuventa-Team begrüßt den Ausgang des Verfahrens, ist jedoch zutiefst besorgt über den irreparablen Schaden, der durch die Ermittlungen und den Prozess entstanden ist…“ engl. Meldung von und bei IUVENTA externer Link
    • IUVENTA-Verfahren abgebrochen
      Nach zwei Jahren und 40 Anhörungen wurde heute das Vorverfahren in der umfangreichsten und umstrittensten Untersuchung gegen vier Besatzungsmitglieder der Iuventa und 17 weitere Personen aus zivilen Seenotrettungsorganisationen eingestellt und alle Angeklagten freigesprochen…“ engl. Meldung vom 19.4.23 von ECCHR externer Link
    • Verfahren gegen „Iuventa“-Crew eingestellt
      Nach sieben Jahren endet der Prozess gegen Crewmitglieder des Seenotretters „Iuventa“ mit der Einstellung aller Verfahren. Italienische Behörden hatten ihnen Schlepperei vorgeworfen.
      Wie die Berliner NGO „Solidarity at Sea“ am Freitagmittag bekannt gab, hat das Gericht in der italienischen Hafenstadt Trapani die Einstellung der Verfahren gegen die vier Seenotretter:innen der „Iuventa“ bekanntgegeben. Auch für den Hamburger Binnenschiffer Darius Beigui geht damit ein sieben Jahre langer Prozess zu Ende. Ihnen war von den italienischen Behörden Beihilfe zur illegalen Einreise vorgeworfen worden, weil sie in den Jahren 2016 und 2017 bei zwei Einsätzen 404 Schiffbrüchige gerettet und nach Italien gebracht hatten. Das Rettungsschiff „Iuventa“ ist seitdem von den Behörden festgesetzt.
      Ende Februar hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer überraschend die Vorwürfe fallengelassen. Zur Begründung hieß es, die Hauptzeugen hätten sich als unglaubwürdig herausgestellt. „Hätte die Staatsanwaltschaft von Anfang an auf die Beweise geachtet, hätten sie die Iuventa nie beschlagnahmen dürfen und uns wären 7 Jahre Stress erspart geblieben“, hatte Crewmitglied Beigui das kommentiert. „Ein Auge weint, das andere lacht.“…“ Artikel von Benjamin Buchholz vom 19. April 2024 bei Hinz&Kunzt externer Link
    • Seenotretterin über Gerichtsprozess: „Das hat Menschenleben gekostet“
      Am Freitag entscheidet sich, ob der bisher größte Prozess gegen Seenotretter:innen eingestellt wird. Kathrin Schmidt ist eine der Angeklagten…“ Interview von Christian Jakob vom 19.4.2024 in der taz online externer Link
  • Großer Erfolg für die Crew der »Iuventa«: Italienische Staatsanwaltschaft für die Einstellung des Prozesses – nach 7 Jahren. Wird der Richter folgen?
    • [#freeIuventa] Nach 7 Jahren: Staatsanwaltschaft fordert Einstellung des Verfahrens – Die Entscheidung des Richters noch steht aus
      „… Die erste der vier abschließenden Anhörungen im Vorverfahren gegen die vier Besatzungsmitglieder der Iuventa-Crew und andere begann heute mit dem Schlussplädoyer der Staatsanwaltschaft. Zur Überraschung der Angeklagten forderte sie die Einstellung des Verfahrens und die Freigabe des Schiffes Iuventa. Das Innenministerium, das dem Verfahren als Nebenkläger beigetreten ist, erklärte, dass es die Entscheidung dem Gericht überlasse. In ihrem Plädoyer räumte die Staatsanwaltschaft ein, dass die Hauptzeug*innen nicht glaubwürdig seien und dass es keine Grundlage für ein Fehlverhalten der Angeklagten gebe. Die Staatsanwaltschaft merkte an, dass die Vorverhandlungen mehr Beweise und Informationen geliefert hätten, die sie vorher nicht hatten, was sie zu einer Änderung ihres Standpunkts veranlasst habe. Die Angeklagten sind zwar erleichtert über diesen Kurswechsel, äußerten sich jedoch schockiert über das, was sie als Inkompetenz oder böse Absichten der Staatsanwaltschaft empfinden, und was in der heutigen Anhörung deutlich wurde. Entscheidenden Hinweisen, wie Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Belastungszeug*innen, hätten während der Ermittlungsphase und nicht während der Vorverhandlungen nachgegangen werden müssen. Die Verteidigung betonte, wie wichtig es sei, vor der Anklageerhebung gründlich zu ermitteln. Francesca Cancellaro, eine der Anwält*nnen der iuventa-crew, kritisierte das Vorgehen der Staatsanwaltschaft: “Wir sind erfreut über den Sinneswandel der Staatsanwaltschaft nach 7 Jahren. Aber so funktioniert ein Rechtsstaat nicht. Eine Anklage sollte erst nach einer gründlichen Untersuchung und der Sammlung aller verfügbaren Beweise erhoben werden. Ein Verfahren ohne angemessene Vorarbeit zu beginnen, ist nicht rechtens und belastet die Angeklagten unangemessen.”…“ Pressemitteilung vom 28. Februar 2024 von Iuventa-Crew externer Link
    • Großer Erfolg für Crew der »Iuventa«: Staatsanwaltschaft für Einstellung von Prozess gegen deutsche Seenotretter
      „Nach einer fast dreijährigen Vorverhandlung haben heute die Schlussplädoyers im Prozess gegen die Crew des Rettungsschiffs »Iuventa« begonnen. Den vier im sizilianischen Trapani Angeklagten drohen wegen angeblicher »Beihilfe zu irregulärer Einwanderung« bis zu 20 Jahre Haft. Am Samstag wollen die Richter verkünden, ob in der Sache ein Hauptverfahren eröffnet wird oder die Beschuldigten freigesprochen werden. Bei der heutigen Anhörung forderte aber auch die Staatsanwaltschaft, den Prozess einzustellen, »weil die Tat kein Verbrechen darstellt«. Die Besatzung der »Iuventa« wurde der Zusammenarbeit mit libyschen Schleusern beschuldigt. Das behaupteten drei Ex-Polizisten, die als Sicherheitspersonal auf einem anderen Rettungsschiff angeheuert hatten. Weil sie mit ihren Aussagen eine Rehabilitierung im Polizeidienst anstrebten, hält sie die Justiz nun für unglaubwürdig. In dem gesamten Verfahrenskomplex gegen die Seenotretter stehen an fünf Standorten 21 Personen vor Gericht. In Trapani wird gegen zehn von ihnen verhandelt, darunter auch gegen Mitglieder der Crew der »Vos Hestia« von Save the Children und der »Vos Prudence« von Ärzte ohne Grenzen. Den Angeklagten zufolge handelt es sich um den größten und teuersten Prozess gegen die zivile Seenotrettung. Zum Finale reisen deshalb zahlreiche Beobachter an, darunter aus dem Büro der UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechtsverteidiger, Mary Lawlor. Sie hält das Verfahren für einen »Schandfleck für Italien und für die Menschenrechte in der EU«…“ Kommentar von Matthias Monroy vom 28. Februar 2024 in Neues Deutschland online externer Link
  • Strafanzeige von 12 NGOs für die Untersuchung der Zerstörung des Rettungsschiffs Iuventa
    Die zivile Schifffahrtsflotte schließt sich der Iuventa-Besatzung an und reicht eine Strafanzeige ein, um die Verantwortlichen für die Zerstörung des in italienischem Gewahrsam befindlichen Iuventa-Rettungsschiffs zur Rechenschaft zu ziehen. Die 4 Mitglieder der Iuventa-Besatzung, die in Trapani wegen angeblicher „Beihilfe zur unerlaubten Einwanderung“ vor Gericht stehen, haben bereits im März 2023 Strafanzeige erstattet und eine Untersuchung der Zerstörung ihres Rettungsschiffs gefordert. Ohne Ergebnis. Nun haben 12 weitere NGOs in dieser Angelegenheit eine eigene Beschwerde eingereicht, damit die zuständige Staatsanwaltschaft in Trapani den Fall nicht weiter ignorieren kann. (…) Die heute von der Zivilflotte eingereichte gemeinsame Beschwerde ist über den Fall Iuventa hinaus von Bedeutung, da sie zu einem äußerst wichtigen Zeitpunkt erfolgt: Allein seit Anfang 2023 wurden in Italien 12 Schiffe von NGOs festgehalten. Im gleichen Zeitraum verloren mehr als 2.300 Menschen ihr Leben bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren.
    Maßnahmen, wie die Beschlagnahmung und das Festhalten sind Teil einer systematischen Praxis in Italien, um zivile Such- und Rettungsaktionen zu behindern. Diese Praxis hat sich seit der Beschlagnahmung der Iuventa verstärkt und wurde durch das Urteil von Piantedosi noch verschärft. Jeder Angriff auf ein Rettungsschiff hat Auswirkungen auf die gesamte zivile Flotte und letztlich auf das Leben und die Sicherheit der Menschen, die auf sich dem Meer befinden.
    Der gemeinsame Einsatz der NGOs verdeutlicht, wie wichtig es ist, staatliche Akteure für ihre Handlungen bei der Beschlagnahmung und Zerstörung lebensrettender Güter zur Rechenschaft zu ziehen. Die Unterstützung von Sea Watch, borderline-europe, SOS Humanity, Mediterranea, Louise Michel, United4Rescue, Mission Lifeline, Mare-GO, Sea Punks, Alarm Phone, R42-sailtraining UG und ResQ sind ein starkes Zeichen der Solidarität innerhalb der Zivilflotte.“ Meldung der Iuventa crew vom 28.11.23 externer Link
  • ver.di Mitglied Dariush Beigui ist wegen Seenotrettung angeklagt. ver.di unterstüzt seinen Aufruf um Solidarität und Finanzspenden für die horrenden Prozesskosten 
    Der Schiffsführer Dariush Beigui ist seit 2016 als ziviler Seenotretter unterwegs und hat Tausenden von Menschen das Leben gerettet. Als Crewmitglied der „Iuventa10“ wurde das ver.di Mitglied von Amnesty International dafür mit dem Menschenrechtspreis 2020 ausgezeichnet. Doch in Italien ist er angeklagt wegen Beihilfe zur illegalen Einreise. Höchststrafe: 20 Jahre. Die Prozesskosten sind horrende. Auf dem ver.di Bundeskongress Ende September bat Dariush deshalb die Delegierten in einer Videobotschaft um Solidarität und Finanzspenden für ihn und die Crewmitglieder. Und darum, die Seenotretter zu unterstützen und selber aktiv zu weden. Das auf dem Kongress gesammelte Geld wurde nun vom ver.di Bundesvorstand auf 6.000 Ero aufgestockt und an die NGO Borderline Europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V. geschickt. Natürlich bedarf es noch mehr, denn die Prozesskosten werden sich auf voraussichtlich rund eine Million Euro belaufen. ver.di ruft deshalb seine Mitglieder auf, Dariush und seine Crew mit Spenden weiter zu unterstützen.“ ver.di-Meldung vom 10.10.2023 externer Link („„Eine bessere Welt ist möglich““) mit dem Video seines Spendenaufrufs

    • Konto: IBAN DE97 4306 0967 4005 7941 04
      BIC GENODEM1GLS
      Bank: GLS Bank
      Account: Holder Borderline Europe e.V.
      Reference: „Solidarity at sea“
      oder die Spendenseite von iuventa externer Link
  • »Dieser Prozess ist eine Farce« – Kathrin Schmidt über die Repression gegen die Crew des Seenotrettungsschiffs »Iuventa« und Sexismus im Alltag 
    „Frau Schmidt, Ihnen drohen 20 Jahre Haft. Wie fühlt sich das an?“ – fragt Leo Ruhland im Interview am 17. März 2023 in Neues Deutschland online externer Link Kathrin Schmidt: „Das ist eine schwierige Frage. Es macht mich unglaublich wütend, dass wir uns schon seit über fünf Jahren mit diesem Verfahren rumschlagen müssen. Das Ausmaß dessen, was Europa auf sich nimmt, um Migration zu verhindern – diese systematische Kriminalisierung – ist unglaublich. Wir sind in diesem Prozess ja noch die privilegierten europäischen Seenotrettenden. Dieses Verfahren hat mich stark darauf aufmerksam gemacht, dass Hunderte, wenn nicht Tausende auf der Flucht bereits in Knästen sitzen – ohne faires Verfahren. (…) Die Gerichtsverfahren müssen für uns auf Deutsch übersetzt werden. Das Transkript einer letzten Anhörung wurde von einem zertifizierten Übersetzer geprüft. Das Ergebnis war eindeutig: Es war nicht möglich, den Inhalt und den Zusammenhang von dem, was übersetzt wurde, zu verstehen. Obwohl er das selbst in Auftrag gegeben hatte, ignorierte der italienische Richter dies schließlich und ging lediglich von Unregelmäßigkeiten aus. Diese Übersetzung hindert uns daran, effektiv an unserer Verteidigung teilzunehmen. Mit solchen Situationen schrumpft das Vertrauen in das Justizsystem. Wir lassen uns davon nicht einschüchtern, aber es ist erschreckend. Während wir uns wehren können, gibt es so viele Menschen, die das nicht können und von einem System betroffen sind, das nicht in der Lage ist, Übersetzungen bereitzustellen. (…) Uns wird gesagt, die Gewaltenteilung in Italien sei noch intakt. Aber gleichzeitig denke ich mir, wenn das so wäre, dann stünden wir nicht vor Gericht. Allein die Tatsache, dass Seenotrettende, die auf einem Schiff Menschen in Seenot geholfen haben, jetzt vorm Gericht stehen – das ist eine reine Farce! Dieser ganze Prozess ist politisch motiviert und soll ein Exempel an Seenotrettung statuieren. (…) Ich kann nichts daran ändern, dass ich in diesem Verfahren stecke. Hätte ich etwas anders gemacht, wenn ich von dieser Konsequenz gewusst hätte? Nein. Einerseits ist das eine Bürde, andererseits ist es eine Möglichkeit, diesen Prozess als Plattform zu sehen, politischen Kontext sichtbar zu machen, der für viel mehr steht als das, was da im Gericht passiert. Das macht handlungsfähig. Ich finde, sie schießen sich mit dem Prozess auch ein Eigentor, weil es diese politische Kriminalisierung so stumpf offenlegt. Also, wie Migration und Bewegungsfreiheit dadurch delegitimiert werden sollen und Menschen illegalisiert werden, weil sie die vermeintlich falsche Nationalität haben. Und das korreliert mit jenem Globalen Süden, den Deutschland und andere Industrienationen über Jahrhunderte systematisch unterdrückt und ausgenutzt haben. Wenn wir mal drei Schritte zurückgehen, ist das Ganze ja ein neokolonialer, rassistischer Kontext und Konsequenz dessen, dass Europa Menschen ihrer Lebensgrundlage beraubt hat. Wir tragen Verantwortung für das, was global passiert. (…) Nichts davon geschieht außerhalb dieser patriarchalen Strukturen. Deshalb passiert es ganz oft, dass sie fortgeführt und reproduziert werden. Ich bin müde von diesem doppelten Kampf. (…) Das sind meist alltägliche Umgangsformen, mit denen wir ständig konfrontiert werden: Wie oft werde ich unterbrochen? Wie ernst werde ich genommen? Wie oft werden mir Sachen von meinen männlichen Mitstreitern erklärt, um die ich nicht gebeten habe oder sogar schon weiß? Wie viel Wertschätzung wird wem entgegengebracht? Es geht immer wieder darum zu kämpfen, gesehen, gehört und ernst genommen zu werden. Und natürlich diese subtilen Sexismen – die objektivieren, die sexualisieren und die kaum noch auffallen, weil sie so normal sind. Das sollte aber nicht normal sein. Das sind Dinge, die frustrieren, die enttäuschen und verletzen. Natürlich hängt da auch viel miteinander zusammen. Das Grenzregime und die Grenzgewalt sind patriarchale Gewalt, und die Problematiken, auf die wir gucken, sind nie isoliert. Ganz oft verlieren wir das aus dem Blickfeld. Dann kommt dieser berühmte Nebenwiderspruch: »Gerade ist was anderes wichtiger.« So funktioniert’s aber nicht, wir müssen Dinge gleichzeitig ansprechen. Wir müssen verstehen, dass das Problem Machtausübung ist…“
  • Ausgerechnet die italienische Regierung tritt im Prozess gegen die Iuventa-Retter wegen „Beihilfe zur unerlaubten Einwanderung“ als Kläger (!) auf 
    Im Prozess gegen die Besatzungsmitglieder des zivilen Rettungsschiffs iuventa, denen wegen „Beihilfe zur unerlaubten Einwanderung“ bis zu 20 Jahre Haft drohen und deren Schiff seit 5 Jahren im Hafen von Trapani beschlagnahmt ist, wurden heute entscheidende Schritte unternommen. Sowohl das Innenministerium als auch das Büro des Premierministers haben heute beantragt, als Nebenkläger in dem Prozess zugelassen zu werden. Erklärtes Ziel ist es, Schadenersatz von denjenigen zu fordern, die zur Rettung von Menschen in Seenot beigetragen haben. Nach Ansicht der Regierung ist dem italienischen Staat ein erheblicher „finanzieller und moralischer Schaden“ entstanden – und zwar deshalb, weil Menschen vor dem Tod auf See gerettet und an einen sicheren Ort gebracht wurden, womit nicht nur das Völkerrecht, sondern auch grundlegende moralische Verpflichtungen erfüllt wurden. (…) Während sich das Gericht nun in den kommenden Anhörungen mit diesem Antrag der italienischen Regierung befassen muss, hat es in der heutigen Anhörung einige wegweisende Entscheidungen zu den Streitigkeiten der letzten Monate getroffen: Was bedeutet der Begriff „faires Verfahren“ in Italien? Das Gericht stimmte in dieser Frage nicht mit dem Chefankläger überein, sondern folgte den Anträgen der Verteidigung und übernahm damit die Kontrolle über entscheidende Elemente eines fairen Prozesses. Erstens entschied das Gericht, dass den iuventa-Angeklagten während der Verhandlung weitere sprachliche Unterstützung, z. B. ein zusätzlicher Dolmetscher, zur Verfügung gestellt werden muss, um, wie das Gericht erklärte, „eine wirksame Teilnahme am Prozess zu gewährleisten“. Darüber hinaus erlaubte der Richter der Verteidigung, entscheidendes Material als Beweismittel vorzulegen. Dabei handelte es sich um Tonaufnahmen, die die Verteidigung vorsichtshalber während der Befragung eines der Angeklagten gemacht hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte vor Gericht einen unglaublichen Einwand gegen die Zulassung der Vernehmungs-Tondatei vor Gericht erhoben, wurde aber durch einen Gerichtsbeschluss überstimmt…“ engl. Meldung vom 19. Dezember 2022 bei iuventa externer Link („Italian government to intervene in trial of iuventa rescuers as plaintiff“, maschinenübersetzt), siehe dazu:

    • Wir freuen uns, den Gerichtssaal mit der italienischen Regierung zu teilen. Überraschenderweise sind wir die Angeklagten, nicht sie. Diese Welt steht auf dem Kopf down. Hier eine kurze Zusammenfassung ihrer täglichen Verbrechen gegen Menschen in Bewegung. Seit dem Italien-Libyen-Deal (2017) finanziert Italien aktiv (über 30 Millionen € ), die Ausrüstung und Ausbildung der sogenannten libyschen Küstenwache (SCLC), mit dem Ziel, die Ausreise von Menschen zu verhindern Land. Libyen ist ein vom Krieg zerrüttetes Land. Protokolle von SCLC-Abhörungen zeigten, dass Italien zum Zeitpunkt des Deals bereits wussten, dass Libyen nicht in der Lage/nicht bereit war, Menschen auf See zu retten. Dies führte sofort zu Todesfällen auf See. Die iuventa wurde beschlagnahmt. Die Verbindung zwischen dem SCLC und Menschenschmugglern ist offensichtlich. Ein ehemaliger hochrangiger Polizist des libyschen Innenministeriums bestätigte: „Die libysche Küstenwache und die Schmuggler sind eins“. (…) Aber die italienischen Behörden haben die Zusammenarbeit mit Libyen verstärkt, um Menschen an der Flucht zu hindern, und sich direkt an Abfangen beteiligt, indem sie Informationen über den Standort von Booten in Seenot bereitgestellt haben. Dies führt zu Todesfällen und Missbrauch…“ engl. Thread von iuventa-crew vom 20. Dez. 2022 externer Link
    • Siehe auch unser Dossier: Italienische Flüchtlingspolitik und auch das Dossier: [Libyen-Deal] Absurde EU-Politik im Mittelmeer: Rettungsmissionen sollen von libyschen Schleusern koordiniert werden
  • Nach dem Abbruch der Vernehmung des Angeklagten wegen unzureichender Verdolmetschung im Prozess gegen Juventa startet sie die Kampagne #NoTranslationNoJustice 
    5 Jahre nach der Beschlagnahmung des iuventa-Schiffes wurde der Prozess am vergangenen Samstag, 29. Oktober 2022, zum zweiten Mal vertagt, erneut aufgrund von Fehlern der Staatsanwaltschaft. Eine anschließende freiwillige Befragung eines der iuventa-Angeklagten durch die Polizei musste nach wenigen Minuten wegen unzureichender Verdolmetschung abgebrochen werden. Die iuventa-Angeklagten haben am Samstag darum gebeten, von ihrem Recht auf freiwillige Vernehmung durch die Behörden Gebrauch zu machen. Zu diesem Zweck waren zwei hochrangige Beamte der Küstenwache von Rom nach Trapani gereist.
    Dariush Beigui, iuventa-Besatzung: „Wir gehen das Risiko einer freiwilligen Befragung ein, die am Ende gegen uns verwendet werden könnte, um in diesem Fall endlich voranzukommen. Wir glauben, dass Seenotrettung und Flucht keine Verbrechen sind und wir daher nichts zu verbergen haben.“
    Die Vernehmung konnte jedoch nicht einmal auf den Sachverhalt eingehen und musste nach wenigen Minuten abgebrochen werden. Die Qualität der Verdolmetschung war völlig unzureichend, um wesentliche Fragen in einem Strafverfahren zu klären, das mit bis zu 20 Jahren Haft und Geldstrafen in Millionenhöhe enden kann. Der Dolmetscher war zwar offiziell registriert, verfügte aber nicht einmal über ein juristisches Grundvokabular.
    Nicola Canestrini, Anwalt der Verteidigung, betont, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt: „Die Unfähigkeit, ein grundlegendes Recht auf ein faires Verfahren wie das des Dolmetschens zu gewähren, ist ein systemischer Fehler im italienischen Rechtssystem, der alle ausländischen Angeklagten betrifft. Da dieser Fehler nicht einmal auf EU-Ebene anerkannt wird, werden wir das Gericht in Trapani bitten, den Fall an den Europäischen Gerichtshof zu verweisen.“
    Laut EULITA, dem Europäischen Verband der Gerichtsdolmetscher und -übersetzer, ist dies sogar ein europaweites Problem: „Die lächerliche Vergütung hält qualifizierte Dolmetscher von den Gerichtssälen fern, mit der Folge, dass Anhörungen unterbrochen werden müssen, Zeit verloren geht und die Kosten in die Höhe schnellen. Es ist nicht hinnehmbar, dass sich die Mitgliedstaaten nicht an die Bestimmungen zur Ausbildung und Qualität von Gerichtsdolmetschern und Übersetzern und letztlich an das Recht von Verdächtigen und Angeklagten halten, die Sprache des Strafverfahrens zu verstehen und verstanden zu werden.
    Die Verteidigung hatte bereits in der Verhandlung am Vortag die Qualität der Übersetzung kritisiert, worauf der Richter geantwortet hatte: „Wir haben überall gesucht, aber niemanden gefunden, der diese Arbeit machen will, die Bezahlung ist einfach zu schlecht“.
    Während sich die iuventa-Beschuldigten in einer privilegierten Position befinden, die ihnen eine starke juristische Unterstützung und die notwendigen Mittel garantiert, um diese Fehler öffentlich zu machen, ist dies bei der Mehrheit der ausländischen Beschuldigten nicht der Fall. Wenn für eine EU-Sprache wie Deutsch kein qualifizierter Dolmetscher gefunden werden kann, ist die Situation in Fällen, in denen der Angeklagte eine außereuropäische Sprache spricht, noch schlimmer.
    Vor allem Migranten wurden in den letzten Jahren in Italien zu Tausenden wegen „Beihilfe zur unerlaubten Einreise“ verurteilt, basierend auf Zeugenaussagen, unterschriebenen Dokumenten und Gerichtsverhandlungen, bei denen systematisch keine angemessenen Übersetzungen und Dolmetscher zur Verfügung gestellt wurden.
    Sascha Girke, iuventa: „Das kann man nicht faire Prozesse nennen! Wir verstehen das systematische Versäumnis, für angemessene Übersetzungen zu sorgen, als eine weitere Facette der Festung Europa, an der die Menschen scheitern sollen. Wir starten heute eine Kampagne und rufen andere auf, ihre Erfahrungen unter dem Hashtag #NoTranslationNoJustice zu teilen, um das Ausmaß und die vielfältigen Auswirkungen aufzuzeigen!„“ Maschinenübersetzung der engl. Mitteilung vom 31. Oktober 2022 bei Juventa externer Link („Trial of civil sea rescuers in Italy facing 20 years imprisonment riddled with errors: questioning of defendant aborted due to disastrous interpretation“) – siehe #NoTranslationNoJustice externer Link auf Twitter und den Thread der iuventa-crew externer Link dazu
  • Erste Anhörung im Prozess gegen Seenotretter der Juventa und Aktionstag gegen Kriminalisierung von Flucht und Seenotrettung am Samstag, 21.05.2022
    • Iuventa Crew droht 20 Jahre Haft: Erste Anhörung im Prozess gegen Seenotretter
      Am 21. Mai 2022 findet im sizilianischen Trapani die erste Anhörung im Prozess gegen die Crew des Seenotrettungsschiffes Iuventa statt. Vier Crewmitgliedern drohen im Fall einer Verurteilung 20 Jahre Haft. (…) Am Samstag beginnt die Anhörung im Prozess gegen die Iuventa Crew und 17 weitere Angeklagte von Médecins sans frontières und Saving Children. Durch ihren Einsatz auf See waren die Crewmitglieder an der Rettung von über 14.000 Menschen aus Seenot im Mittelmeer beteiligt. Jetzt wird ihnen vorgeworfen, durch die Zusammenarbeit mit libyschen Schleppern die illegale Einreise von Flüchtenden nach Italien ermöglicht zu haben. Kathrin Schmidt, Dariush Beigui, Sascha Girke und Uli Tröder sind die vier angeklagten Crewmitglieder der Iuventa. Im Zuge der Anhörung, die mehrere Monate dauern kann, entscheidet der Richter, ob es überhaupt zu einer Hauptverhandlung kommen wird. Im Fall einer Verurteilung drohen den Retter:innen bis zu 20 Jahre Haft. Nur ein paar Hundert Meter vom Gerichtsgebäude in Trapani entfernt, liegt die ‚Iuventa‘, das Rettungsschiff, im Hafen und verrostet langsam. Allein die Beschlagnahmung des Schiffes, so werfen die Crewmitglieder der zuständigen Staatsanwaltschaft vor, koste jeden Tag Menschenleben, solange die Seenotrettung nicht staatlich organisiert werde. (…) In ganz Europa solidarisieren sich Menschen mit den Angeklagten und fordern, die Kriminalisierung von Migration und Solidarität zu beenden. Richard Braude von ARCI, einer der unterstützenden Organisationen vor Ort, erklärt, warum das notwendig ist: „Der Prozess ist politisiert, denn er dient der Kriminalisierung von Migration, die bis heute weitergeht, aber er ist auch ein Angriff auf demokratische Prinzipien.““ Beitrag von Sarah Spasiano vom 18.05.2022 beim Migazin externer Link
    • Aktionstag am 21.05.2022: Stoppt die Kriminalisierung von Flucht und Seenotrettung!
      An den europäischen Außengrenzen sterben seit Jahrzehnten Menschen. Die rigorose Abschottungspolitik der Europäischen Union führt zu immer gefährlicheren Fluchtrouten und steigenden Todeszahlen auf dem Mittelmeer und entlang der Grenzverläufe. Trotzdem blockiert die EU seit Jahren eine eigene Seenotrettungsmission und überträgt die Verantwortung, Menschen zu retten, auf private Initiativen und Aktivist*innen. (…) Nun sollen erneut Aktivist*innen in Italien vor Gericht gestellt werden. Fünf Jahre nach dem Beginn strafrechtlicher Ermittlungen findet am 21.05.22 der erste Tag der Vorverhandlungen gegen 21 Seenotretter*innen der Iuventa-Crew und weiterer Organisationen in Trapani statt. Hier soll entschieden werden, ob es tatsächlich zu einem Hauptverfahren vor Gericht kommt. Der Vorwurf: Beihilfe zur illegalen Migration. Bei Verurteilung droht eine Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren sowie eine Geldstrafe von 15.000€ pro geretteter Person. Doch sie sind nicht die Einzigen, gegen die europäische Behörden aktuell ermitteln. Die meisten Menschen, die wegen „Beihilfe zur illegalen Migration“ angeklagt werden, sind selbst Menschen auf der Flucht. Seit 2013 wurden alleine in Italien über 2500 fliehende Menschen mit dieser Anklage inhaftiert. Dies passiert oft ohne eine große Öffentlichkeit und ist ein weiterer Teil der europäischen Abschottungspolitik, die Flucht immer und immer mehr kriminalisiert…“ Seebrücke-Aufruf zum Aktiostag externer Link und:
    • Aktionstag zur Eröffnung des Vorverfahrens im Iuventa-Prozess am 21.05.2022, 12:00, Platz der Republik, Berlin
      „Nach fast fünf Jahren strafrechtlicher Ermittlung beginnt am 21. Mai 2022 das Vorverfahren gegen die Seenotretter_innen der Iuventa-Crew in Trapani, Italien. Den vier deutschen Crewmitgliedern drohen in Italien bis zu 20 Jahre Gefängnis, weil sie dabei geholfen haben, mehr als 14.000 Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten. Die Iuventa-Crew kann ihre wichtige Arbeit im Mittelmeer nicht fortsetzen, seitdem ihr Rettungsschiff im August 2017 beschlagnahmt wurde. Vier ehrenamtliche Crewmitglieder stehen jetzt in Italien für ihren Einsatz vor Gericht. Der Vorwurf: Beihilfe zur illegalen Migration. Bei der Vorverhandlung am 21. Mai soll entschieden werden, ob ein möglicherweise jahrelanger Prozess gegen die Seenotretter_innen eingeleitet wird. Anstatt Menschen in Not zu helfen, schottet sich Europa immer mehr ab. Kinder, Frauen und Männer stranden an den Grenzen Europas oder ertrinken auf dem Weg dorthin. Es wird immer schwieriger für geflüchtete Menschen Schutz zu finden. Und wer sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migrant_innen einsetzt, gerät schnell ins Fadenkreuz der Ermittler_innen. Die Iuventa-Crew steht für all die freiwilligen Helferinnen und Helfer, die sich für das Überleben von Schutzsuchenden einsetzen. Wir stehen solidarisch an der Seite der angeklagten Seenotretter_innen und aller Menschen, die für ihre Flucht kriminalisiert werden. Flucht ist ein Menschenrecht, Seenotrettung ist eine völkerrechtliche Pflicht! Lasst uns am 21.05.2022 ein deutliches Zeichen setzen und gemeinsam fordern: Stoppt die Anklage gegen die Iuventa-Crew! Stoppt die Kriminalisierung von Flucht und Seenotrettung!“ Aufruf von Amnesty International Deutschland vom 18. Mai 2022 externer Link
  • Seenotrettung: »Man ist froh und stolz über jedes gerettete Leben« 
    Zoe Katharina über ihr Engagement auf dem Flüchtlingsrettungsschiff »Iuventa«“ im Interview von Karlen Vesper vom 11. Juli 2020 in ND online externer Link: „Was hat Sie, Zoe, bewogen, sich unmittelbar nach dem Abitur bei »Jugend rettet« zu melden? Statt, wie andere Ihrer Generation, ein Studium zu beginnen? [Zoe:] Weil ich es unerträglich fand, dass Menschen vor unseren Grenzen sterben, die auf der Flucht vor Krieg, Folter und Armut sind. Ich bin vermutlich durch mein Elternhaus sozial sensibilisiert. Die Bilder im Fernsehen und die Berichte in den Zeitungen über im Mittelmeer ertrinkende Menschen haben mich empört. Das Leid, die Not der Menschen, die sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen, ihre Familien und Freunde zurückzulassen, erschüttern mich. Niemanden sollte dieses Elend unberührt lassen. (…) Jene, die den Flüchtlingen die kalte Schulter zeigen, sollten sich mal in deren Lage versetzen. Es ist ein purer Zufall, dass sie in einer Wohlstandsgesellschaft geboren und aufgewachsen sind und nicht irgendwo in Afrika oder Asien ohne Perspektive auf ein glückliches, erfülltes Leben, ohne die Chance, ihre Träume erfüllen zu können. (…) Ich finde das Geschacher und Gezänk um Flüchtlingszahlen unerhört, unwürdig. Das macht mich wütend. Es geht um Menschen, nicht um irgendwelchen Ballast. Und ich finde, Deutschland sollte voranschreiten, ein Vorbild sein. Wir sind ein großes, reiches Land und zieren uns. Oder klopfen uns stolz auf die Schulter, wenn wir mal 50 unbegleitete, kranke Flüchtlingskinder aus einem griechischen Camp aufnehmen. Ich glaube auch, der Ausbruch der Pandemie kam einigen hier gerade recht, um die Aufnahme weiterer Migranten abzuwehren. Bundesinnenminister Horst Seehofer spricht von »flexibler Flüchtlingspolitik«. Was soll man darunter verstehen? Die Sache ist doch eindeutig: Es gibt die UN-Menschenrechtskonvention, die Genfer Flüchtlingskonvention, das Seenotrecht, von Gelehrten und Politiker aus aller Welt verfasst und verabschiedet, von vielen Staaten unterzeichnet. Soll das nicht mehr gelten?…“
  • [Juventa] Auszeichnung und Anklage: Preis für Rettung von Flüchtlingen und Beihilfe zur illegalen Einwanderung? 
    „… Die Crew des Seenotrettungsschiffs Iuventa wird am Freitag im schweizerischen St. Gallen mit dem Menschenrechtspreis der Paul Grüninger Stiftung ausgezeichnet. Den mit 50.000 Schweizer Franken (knapp 44.000 Euro) dotierten Preis erhalten die zehn Crewmitglieder für die Rettung von mehr als 14.000 Menschen aus Seenot im Mittelmeer, wie Stiftung und Rettungsinitiative am Montag in Berlin mitteilten. Damit solle ein Zeichen gegen die Kriminalisierung von Fluchthilfe gesetzt werden. Gegen die zehn freiwilligen Seenotretter – auch Iuventa10 genannt – sowie weitere Personen ermittelt die italienische Staatsanwaltschaft in Trapani wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Ihr Schiff Iuventa wurde nach rund einem Jahr im Einsatz am 2. August 2017 im Hafen von Lampedusa beschlagnahmt. (…) Iuventa-Einsatzleiter Sascha Girke verteidigte in Berlin den Einsatz der Iuventa. Die Rettungen hätten unter Einhaltung von Seerecht und internationalem Recht und auf Anweisung der zuständigen Rettungsleitstelle, des Maritime Rescue Coordination Centre (MRCC) in Rom, stattgefunden. Für die Behauptung, die Iuventa habe mit Schleppern kooperiert, gebe es keine Beweise, sagte Girke weiter. Die Crew verweist dabei auf eine Untersuchung der Goldsmith University London. Die Wissenschaftler hätten die Vorwürfe der Polizei, die auch verdeckte Ermittler und Überwachungstechnik auf der Iuventa eingesetzt haben soll, mit allen verfügbaren Daten, meteorologischen Messwerten, Logbüchern und Aufnahmen verglichen. Die Studie komme zu dem Schluss: „Die Behauptungen sind falsch.“…“ Beitrag vom 9. Mai 2019 von und bei MiGazin externer Link, siehe dazu:

    • Die Strafe Salvinis
      Sie kamen, um Menschen in Seenot zu retten. Nun droht Kathrin Schmidt und anderen Mitgliedern der „Iuventa“-Crew eine Anklage aus Italien wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“ (…) Bis zu 20 Jahren Haft sind dafür als Strafmaß vorgesehen, dazu drohen bis zu 15.000 Euro Geldbuße pro nach Italien gebrachte Person. Insgesamt haben die AktivistInnen auf der „Iuventa“ etwas mehr als 14.000 Menschen aus dem Wasser geholt. Sechzehnmal ist sie dafür ausgelaufen. Bei sieben dieser Missionen war Schmidt an Bord. (…) In Italien sind Angeklagte nicht verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen. Es kann ohne Weiteres in ihrer Abwesenheit verhandelt werden. Aber Canestrini will, dass mindestens einer der zehn immer anwesend ist. „Ich brauche Informationen aus erster Hand.“ Die Abhörprotokolle hat Canestrini bis heute nicht. (…) Für die Aktivistin Kathrin Schmidt ist klar, dass die Justiz ein Exempel statuieren will. „Es gibt ein großes politisches Inte­resse daran, dass es keine ZeugInnen mehr für das geben soll, was auf dem Meer passiert.“ Artikel von Christian Jakob und Michael Braun vom 9.5.2019 bei der taz online externer Link – eine umfangreiche Dokumentation des Falls
    • Salvinis Spion auf dem Mittelmeer
      Ein italienischer Sicherheitsmann bespitzelt private Seenotretter und löst Ermittlungen gegen die Crew eines deutschen Schiffes aus. Doch jetzt fühlt er sich verraten…“ Artikel von Bartholomäus von Laffert, Rom, vom 8. Mai 2019 bei der Zeit online externer Link
    • Festung Europa: Salvinis Spion
      „Eigentlich war es Pietro Gallos Job, auf einem Seenotrettungsschiff für Sicherheit zu sorgen. Dann machte er eine merkwürdige Beobachtung und informierte den heutigen Innenminister. Nun drohen zehn SeenotretterInnen zwanzig Jahre Haft. (…) In den frühen Morgenstunden des 2. August, so wird Gallo später erfahren, wurde im Hafen von Lampedusa die «Iuventa», das Seenotrettungsschiff der deutschen NGO Jugend rettet, von den italienischen Behörden festgesetzt. Als Begründung wurde der Crew eine 551 Seiten lange Akte vorgelegt, die die ErmittlerInnen in Italien über Monate hinweg erstellt hatten. Der Verdacht: Beihilfe zur illegalen Migration nach Italien. Angeführt werden in der Akte drei Verdachtsmomente, der erste datiert vom 10. September 2016. Die vermeintlichen Belege: Zeugenaussagen, Berichte verdeckter ErmittlerInnen, abgehörte Telefongespräche. Ein Name, der immer wieder auftaucht: Pietro Gallo. Eineinhalb Jahre später, im Frühjahr 2019, in einem fensterlosen Büro im römischen Viertel San Giovanni. Pietro Gallo trägt einen blauen Pullover über einem blau karierten Hemd, hat die dünnen grauen Haare nach oben gegelt. Er hat sich zu diesem Treffen bereit erklärt, um seinen Fehler zu erläutern. Einen Fehler, in dessen Anschluss Gallo mit dem Tod bedroht wird und Matteo Salvini italienischer Innenminister ist, während kein einziges Rettungsboot mehr auf dem Mittelmeer kreuzt und zehn ehemaligen Mitgliedern der «Iuventa»-Crew in Italien bis zu zwanzig Jahre Haft drohen. (…) «Ich dachte, dass Salvini seine Möglichkeiten als EU-Parlamentarier nutzt, um auf europäischer Ebene eine humanitäre Lösung zu finden, damit weniger Menschen ertrinken», sagt Gallo. «Jetzt bin ich mir sicher: Er würde nicht davor zurückschrecken, Flüchtlinge an die Wand zu stellen.»… „ Beitrag von Bartholomäus von Laffert vom 9. Mai 2019 aus der WOZ Nr. 19/2019 externer Link
  • In der Schweiz geehrt, in Italien kriminalisiert: Iuventa Crew erhält Menschenrechtspreis
    Die Iuventa rettete 14.000 Ertrinkende aus dem Mittelmeer, Italiens Staatsanwaltschaft hat deshalb Ermittlungen gegen zehn Crewmitglieder eingeleitet. Der Vorwurf: Menschenhandel. Den Freiwilligen drohen 20 Jahre Haft. Eine schweizerische Stiftung verleiht der Iuventa-Crew jetzt einen Preis über 50.000 Franken – die Seenotretter gäben den Menschen in Europa Mut. „Das Preisgeld können wir für die Anwaltskosten gut brauchen. Aber lieber wäre ich auf See, als auf einer Gala in St. Gallen“, sagt Kapitän DARIUSH. (…) Das Preisgeld von 50.000 Schweizer Franken solle auch einen substantiellen Beitrag zur Verteidigung der Retterinnen und Retter leisten. Die Prozesskosten für den Fall werden in der ersten Instanz auf mindestens 500.000 Euro geschätzt. Die Anwälte gehen davon aus, dass im Sommer der Prozess beginnt und Anklage gegen die zehn Crewmitglieder erhoben wird. Es ist ein Präzedenzfall für Europa, sagt Hauptanwalt NICOLA CANESTRINI aus Südtirol: „Dieses Verfahren wird zeigen, ob Europa in der Welt weiterhin für Grundrechte und Solidarität stehen kann.“...“ Pressemitteilung vom 30.04.2019 externer Link
  • Kein Pardon für Menschenretter: Weil er Geflüchtete im Mittelmeer vor dem Ertrinken rettete, wird gegen den Bremer Hendrik Simon in Italien ermittelt. Ihm drohen 20 Jahre Haft. 
    „Als er anfing, Menschen zu retten, machte sich Hendrik Simon keine Gedanken darüber, ob das strafbar sein könnte. Zwischen September 2016 und Mai 2018 ist der Bremer auf drei verschiedenen Schiffen auf hohe See gefahren, um Flüchtende vor dem Ertrinken zu retten. Sechsmal war er im Einsatz, jeweils zwei bis drei Wochen steuerte er das Beiboot, verteilte Schwimmwesten und kümmerte sich um die Computertechnik an Bord. Allein die „Iuventa“ hat auf diese Weise in einem Jahr mehr als 14.000 Menschen das Leben gerettet. (…) Den Seenotrettern mangelt es aber nicht nur an geeigneten Schiffen; vor allem raten ihnen ihre Anwälte ab: Im Juli 2018 wurde Simon und neun weiteren Mitgliedern der Iuventa-Crew mitgeteilt, dass mittlerweile auch gegen sie persönlich ermittelt wird. „Beihilfe zur illegalen Einreise“ heißt der Vorwurf. Als Wiederholungstäter könnte Simon sofort in U-Haft kommen – also bleibt er lieber an Land. „Dass ermittelt wurde, weil wir Menschen geholfen haben, war ein Schock“, erinnert sich Simon. Ein weiterer Schock: Das mögliche Strafmaß. In einem besonders schwerwiegendem Fall wie seinem stehen auf die Beihilfe zur illegalen Einreise in Italien bis zu 20 Jahre Haft. (…) Mit der Höchststrafe muss die Crew wohl kaum rechnen. Tatsächlich wurden bisher alle Helfer, die wegen ähnlicher Vergehen auf See angeklagt wurden, nicht verurteilt. Schließlich geht es bei der Rettung aus Seenot meist um einen Notstand. „Selbst wenn man da Gesetze brechen sollte, wird man eigentlich frei gesprochen, weil es eben wichtiger ist, Menschenleben zu retten“, erklärt Simon. (…) Bei aller Zuversicht, dass ein Prozess gut ausgehen würde – „20 Jahre Haft“, das bleibt eine schwerwiegende Drohung. Würde er, mit diesem Wissen von heute, noch einmal auf See fahren? Lange überlegen muss der Informatiker nicht: „Also ehrlich gesagt: Dass Menschen retten strafbar sein soll, das ist absurd. Und wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der das so ist, dann nehme ich diese Strafe in Kauf.“ Beitrag von Lotta Drügemöller vom 4. März 2019 bei der taz online externer Link
  • Schiff verwanzt, Telefone abgehört, Spitzel auf Schiff und Sea-Watch-Kapitänin Pia Klemp angeklagt: »Die Vorwürfe sind knüppelhart« 
    Pia Klemp hat mehr als 1000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. In Italien wird nun gegen sie wegen Verdachts auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung ermittelt. (…) Die Ermittlungen laufen wegen des Verdachts auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung. In Kürze wird es eine Anhörung geben, bei der entschieden wird, ob Laptops und Handys, die im August 2018 von unserem Schiff beschlagnahmt worden sind, ausgelesen werden dürfen. (…) Wir haben durch die italienische Presse davon erfahren. Woher die ihre Informationen hatte, wissen wir nicht. Vermutlich haben italienische Beamten die Daten durchgestochen. Besonders gruselig daran ist, dass vollständige Namen, Geburtsdaten und Wohnadressen weitergereicht worden sind. (…) Im Zuge der Ermittlungen ist dann herausgekommen, dass Ihr Schiff über mehrere Monate verwanzt worden ist. Ja, das war ziemlich beklemmend, schließlich haben wir auf dem Schiff nicht nur gearbeitet, wir haben dort gelebt. Als wir dann erfahren haben, dass das Schiff mehrere Monate verwanzt war, dass Telefone abgehört worden sind, dass vier verschiedene Ermittlungsbehörden, darunter der italienische Geheimdienst, gegen uns gearbeitet haben, dass es Spitzel auf anderen Schiffen gab – das war schockierend, mit welchem Riesenapparat und welchem Aufwand da gegen die Seenotrettung vorgegangen worden ist...” Interview von Fabian Hillebrand vom 02.02.2019 im ND online externer Link – – siehe zum Hintergrund das Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
  • Kapitänin Pia Klemp [und weitere]: Schuldig der Solidarität – dafür drohen der Seenotretterin in Italien jetzt 20 Jahre Haft. Straftatbestand: „Beihilfe zur illegalen Einreise“. Unterstützt “ SOLIDARITY AT SEA“!
    Über 6.000 Seemeilen weit hat Pia Klemp Schiffe durchs Mittelmeer gesteuert, um Ausschau nach Schiffbrüchigen zu halten. Mit ihren Crews hat sie tausenden Menschen das Leben gerettet. Dafür drohen der Seenotretterin jetzt 20 Jahre Haft. Straftatbestand: „Beihilfe zur illegalen Einreise“. Die italienische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen zehn Freiwillige der Organisation Jugend Rettet eingeleitet, eine von ihnen ist Pia Klemp. Sie war es, die im August 2017 die IUVENTA in den Hafen von Lampedusa steuerte, bevor das Rettungsschiff von den italienischen Behörden festgesetzt wurde. In der Untersuchungsakte heißt es, abgehörte Telefonate und Fotos von verdeckten Ermittlern lieferten Beweise dafür, dass die Seenotretter*innen mit Schleusernetzwerken aus Libyen zusammenarbeiteten. Die Rechtsgrundlage für die Beschlagnahmung der IUVENTA sei lückenhaft, sagen Wissenschaftler. Ein Team der Goldsmiths University in London hat die Vorwürfe mit allen verfügbaren Daten abgeglichen und kam zum Schluss: Die Behauptungen sind falsch. Trotzdem muss sich Pia Klemp auf ein langes Verfahren einstellen. Mit den anderen Betroffenen hat sie deshalb das Kollektiv Solidarity at Sea externer Link gegründet: um Spenden für die Prozesskosten zu sammeln, um sich mit anderen Kriminalisierten zu vernetzen, um geschlossen aufzutreten, wenn die Anklage im Frühjahr kommt…“ Artikel von Theresa Leisgang vom 20. Dezember 2018 bei Mosaik externer Link, siehe auch:

    • Er steht bald in Italien vor Gericht: Potsdamer Seenotretter droht lange Gefängnisstrafe
      Ein Notfallsanitäter aus Potsdam soll sich in Italien wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung verantworten. Ihm droht eine lange Haftstrafe und eine empfindliche Geldstrafe. Sascha Girke ist übernächtigt, wütend und hat Angst. Dem 39 Jahre alten Potsdamer drohen bis zu 20 Jahre Haft wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Der gelernte Rettungsassistent war bis Mitte 2017 Einsatzleiter bei einer Seenotrettungsmission, die im Mittelmeer tausende Flüchtlinge rettete. Dafür müssen sich er und andere Helfer vermutlich im kommenden Jahr vor einem italienischen Gericht nun verantworten. Vor wenigen Wochen war Girke bereits bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dort wurde ihm die Anklage der italienischen Behörde ausgehändigt, wie er jetzt den PNN erzählte. Die Vorwürfe gehen auf sein Engagement bei diversen Hilfseinsätzen zur Bergung von Flüchtlingen zurück. Unter anderem war er 2016 und 2017 auf dem Rettungsschiff „Iuventa“ der Berliner Hilfsorganisation „Jugend Rettet“ im Einsatz, die nach seinen Worten mehr als 14.000 Menschen aus Seenot rettete – bis die italienische Polizei das Schiff, ein mittels Spenden umgebauter Fischkutter, im August 2017 auf Lampedusa durchsuchte und beschlagnahmte. (…) Genaueres ist noch unklar, eine umfassende Akteneinsicht habe man noch nicht nehmen können. Bekannt sei allerdings schon, dass das Schiff vor der Beschlagnahmung mindestens drei Monate lang verwanzt war, ferner Telefone der Helfer abgehört wurden. „Das macht einem alles Angst.“ Sollte die Anklage wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung in eine Verurteilung münden, drohen Girke bis zu 20 Jahre Haft und eine Geldbuße von 15.000 Euro pro nach Italien gebrachter Person. Der Potsdamer Seenotretter und etwa zehn Mitstreiter bereiten nun ihre Verteidigung vor, Tag und Nacht. Dabei gehe es nicht nur um die lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse, sondern dazu gehöre auch die Spendenakquise. Denn die Gerichtskosten in Italien seien hoch, schon allein Kopien der Akten seien teuer. „Unsere Anwälte rechnen mit einer sechstelligen Gesamtsumme“, sagt Girke. Um das alles zu stemmen, gibt es inzwischen eine Internetseite namens „Solidarity at Sea“, auf der zu Spenden für die „Iuventa“-Crew aufgerufen wird…“ Artikel von Henri Kramer vom 20.12.2018 bei PNN externer Link
    • siehe dazu im LabourNet u.a. auch: Jugend rettet. Der Film »Iuventa« ist ein ergreifendes Porträt der Seenotrettung unter extremen politischen Bedingungen
  • Italien ermittelt gegen Flüchtlingsretter 
    Betroffen sind deutsche Crewmitglieder der „Iuventa“ des Berliner Vereins „Jugend rettet“ sowie Helfer der internationalen Organisationen „Ärzte ohne Grenzen“ und „Save the Children“. Die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Trapani hat Ermittlungen gegen mehr als 20 Helfer wegen des Verdachts der Unterstützung illegaler Migration nach Italien aufgenommen. (…) Außerdem waren zehn der Beschuldigten Crewmitglieder des Rettungsschiffs „Iuventa“ des Berliner Vereins „Jugend rettet“. Dieses war bereits vor knapp einem Jahr von den italienischen Behörden auf Grundlage zweifelhafter Belege beschlagnahmt worden…“ Artikel von Martin Knobbe und Andreas Wassermann vom 28.7.2018 beim Spiegel online externer Link
  • Schiff von Jugend Rettet bleibt beschlagnahmt: Kriminalisierung ziviler Seenotrettung 
    „Die Teltower Flüchtlingshelfer von Jugend Rettet e.V. scheiterten am Dienstag, 24. April, in Rom mit der Klage auf die Rückgabe ihres Schiffs. Der Sprecher der Organisation Julian Pahlke erklärte, man werde weiterhin Menschenleben retten, solange Menschen im Mittelmeer sterben. Die Kriminalisierung ziviler Seenotrettung sei ein Skandal, so Michel Brandt von der Linken, der beobachtend zum Prozess nach Rom reiste. Er fordert die Bundesregierung zum Handeln auf. Den italienischen Ermittlungsbehörden konstatiert Brandt eine „politische Willkür“ gegenüber der deutschen Hilfsorganisation. Gegen Jugend Rettet wird seit 2017 wegen Beihilfe zur illegalen Migration ermittelt. (…) Die zivilen Rettungsorganisationen sollen von der zentralen Mittelmeerroute verschwinden, erklärte Julian Pahlke von Jugend Rettet. Die Helfer befürchten als Konsequenz aus dem Vorgehen der Behörden eine steigende Zahl an Toten im Mittelmeer. Trotz der Entscheidung des Kassationsgerichts kündigen die Helfer an, sich trotz der Entscheidung über die „Iuventa“ weiter engagieren zu wollen. „Denn solange Menschen im Mittelmeer sterben, werden wir weitermachen“, so Pahlke weiter…“ Beitrag vom 25. April 2018 von und bei Beobachter News externer Link (Vorgeschichte siehe weiter unten)
  • Lebensretter werden zu Kriminellen erklärt
    Italien beschlagnahmt deutsches Hilfsschiff. Der Kampf der Europäischen Union gegen die unabhängigen Seenotrettungsorganisationen eskaliert
    Mit der Beschlagnahme des deutschen Rettungsschiffes „Iuventa“ durch italienische Behörden Anfang August wurde ein neuer Höhepunkt in der seit Monaten anhaltenden Kampagne europäischer Regierungen gegen die privaten Seenotretter erreicht. Nach zahllosen verbalen Angriffen nun ein erster handfester Übergriff auf die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die im Mittelmeer jeden Tag Männer, Frauen und Kinder aus Afrika vor dem Ertrinken retten. Als Beihilfe zur ungesetzlichen Einreise wird das denunziert. Flüchtlinge werden illegalisiert und Helfer kriminalisiert…“ Artikel von Thomas Moser vom 07. August 2017 bei telepolis externer Link

    • Bundesregierung muss tätig werden: Free Iuventa!
      Das Auswärtige Amt muss sich dafür einsetzen, das von Italien beschlagnahmte Schiff der Organisation Jugend Rettet e.V. herauszugeben. Der Brandenburger Verein wird zum Spielball einer europäischen Migrationspolitik, die über Leichen geht. Rettungskapazitäten von EU-Mitgliedstaaten vor der libyschen Küste werden heruntergefahren, während die kriminellen libyschen Küstenwachen technisch und logistisch unterstützt werden“, kritisiert der europapolitische Sprecher Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Andrej Hunko. Die italienische Staatsanwaltschaft ließ das Rettungsschiff „Iuventa“ am Mittwoch vor Lampedusa beschlagnahmen. Als angebliche Beweise gegen die RetterInnen dienen abgehörte Gespräche, Fotos vom Diebstahl eines Außenbordmotors durch Schleuser und Aussagen eines Spitzels, der womöglich Verbindungen zu den rechtsradikalen „Identitären“ hat. Gegen weitere Rettungsorganisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen, wird ebenfalls ermittelt…“ Pressemitteilung von und bei Andrej Hunko vom 07. August 2017 externer Link
    • Beweise gegen „Iuventa“ gefälscht?
      Wenige Tage nach der Beschlagnahme des Schiffes Iuventa der Teltower Organisation Jugend Rettet werden Zweifel an der Version der Staatsanwaltschaft Trapani laut. Sie beziehen sich auf die in den meisten Medien verbreiteten Fotos und Videos der italienischen Staatspolizei. Der Fotograf und Reporter Eric Marquardt, der selbst an Bord von Rettungsschiffen war und Missionen dokumentiert hat, ist sich sicher: Beweise einer Kollusion zwischen Schleppern und der Crew der Iuventa liefern sie nicht. (…) Das Bild zeige keine „Schmuggler“, sondern gewaltbereite Diebe, die die Gelegenheit nutzen, um den Außenbordmotor des Flüchtlingsbootes abzuziehen. „Solche Situationen sind leider alltäglich“, schreibt Marquardt: „Oft können die NGOs, die nicht bewaffnet sind, nicht gegen diese Engine-Fisher vorgehen und sind ihnen selbst schutzlos ausgeliefert.“ Tatsächlich habe er bei seiner Fahrt auf der Seefuchs der Regensburger Organisation Sea-Eye festgestellt: Es gebe „zahlreiche Nachweise für die Zusammenarbeit von libyscher Küstenwache mit Schleppern oder Engine-Fishern“. (…) Marquardts Fazit: Die Zusammenarbeit zwischen libyscher Küstenwache und Schleppern wird von Italien und der EU „offenbar in Kauf genommen, weil die Milizen die ‚Drecksarbeit‘ vor der libyschen Küsten machen“. Von seltsamen Zufällen ist aber auch bei Famiglia Cristiana die Rede. Das italienische Magazin hat in einem am Freitag online veröffentlichten Dossier auf eine interessante Verbindung aufmerksam gemacht: Zwischen den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Trapani gegen Jugend Rettet und Defend Europe, einer von der rechtsradikalen sogenannten Identitären Bewegung ins Leben gerufenen Organisation…“ Beitrag von Marian Schraube vom 05.08.2017 im Blog der Freitag-Community externer Link
  • Siehe https://iuventa-crew.org/en/ externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=148511
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