Die Ausgangssperre in Italien bleibt: Es sei denn, man heißt Fiat. Oder man wohnt in der Lombardei, wo Salvinis Rechtsradikale regieren – da soll malocht werden, koste es, was es wolle

„… Die italienische Regierung verlängert die wegen der Coronavirus-Pandemie verhängte Ausgangssperre um drei Wochen bis zum 3. Mai. Die Maßnahmen gelten seit dem 10. März und waren bislang bis zum Ostermontag angeordnet. Ministerpräsident Giuseppe Conte sprach in einer TV-Rede von einer schwierigen, aber notwendigen Entscheidung, „für die ich die volle politische Verantwortung übernehme“. Ansonsten riskiere Italien, seine ersten Erfolge im Kampf gegen die neuartige Lungenkrankheit COVID-19 wieder einzubüßen. Wirtschaftsverbände hatten zuvor einen Kurswechsel gefordert und vor den ökonomischen Folgen des Stillstands im Land gewarnt. (…) Ein Großteil der Unternehmen ist seit Wochen geschlossen. Die Wirtschaft des hoch verschuldeten Landes befürchtet deswegen eine heftige Rezession. Viele Bürger beschweren sich zunehmend, dass sie es zu Hause kaum noch aushielten...“ so wird es in der Meldung „Italien verlängert Ausgangssperre um drei Wochen“ am 10. April 2020 bei der Deutschen Welle dargestellt, ganz ohne Interessensgegensatz zwischen den ach so furchtsamen Unternehmen und den Menschen, die sie zur Arbeit zwingen wollen… Zum Abkommen bei Fiat und dem besonders tödlichen Wirken rechtsradikaler Provinzregierungen (inklusive aktueller Krankenhausschließungen) und den mit ihnen zusammen „wirkenden“ Unternehmerverbänden siehe sechs weitere aktuelle Beiträge, darunter auch die Übersetzung einer ausführlichen Erklärung von SI Cobas:

„Fca, accordo con i sindacati (Fiom compresa) per la ripartenza“ am 09. April 2020 bei Repubblica meldet, dass die Gewerkschaften Fim, Fiom, Uilm, Fismic, Uglm und Agcf mit der Unternehmensleitung von FCA (Fiat) ein Abkommen geschlossen haben zur Wiederaufnahme der Produktion mit weitgehenden Sicherheitsvorschriften in den Werken unter Mitwirkung der betrieblichen Sicherheitsbeauftragten. (Dass auch die im Rahmen des größten Gewerkschaftsbundes CGIL eher zum linkeren Flügel gehörende Metallgewerkschaft FIOM dies unterzeichnet hat, war den Redakteuren eine Extra-Erwähnung wert, hatten doch einige deren regionale Gliederungen, etwa in der Lombardei, Ende März nicht auf die Verhandlungen der Föderationen „geachtet“, sondern einen Streik organisiert, der einige Verbesserungen erwirkte).

„Populismus tötet“ von Markus Feldenkirchen am 10. April 2020 beim Spiegel online behandelt das Verhalten einiger internationaler Fratzen, hebt aber insbesondere zur rechtsradikal regierten Region Lombardei hervor: „… Die größten Corona-Versager kommen aber von der italienischen Lega, der Partei von Matteo Salvini. Sie führt die Regierung in der Lombardei, wo das Virus am ärgsten wüten konnte. Rund die Hälfte aller Corona-Toten Italiens stammt aus dieser Region. Noch am 8. März entschied dort die Lega-Regierung, „leicht erkrankte“ Corona-Patienten in Seniorenwohnheimen unterzubringen. Ein tödlicher Fehler, durch den unzählige alte Menschen infiziert wurden und starben. „Wer sich dem widersetzt hätte, hätte die Förderung verloren, also hielten alle den Mund“, erklärte jetzt ein Leiter von 400 Seniorenresidenzen. Der Tod von 70 Bewohnern einer Mailänder Seniorenresidenz soll vertuscht worden sein. Ein Mitarbeiter im Haus, der dem Pflegepersonal früh Mundschutz und strenge Hygiene vorschreiben wollte, wurde zeitnah gekündigt. Man wolle keine Panik entstehen lassen, hieß es. Die Lega schwächte zudem die öffentlichen Krankenhäuser und förderte Privatkliniken. Dummerweise stellen die Privaten aber nur acht Prozent der so wichtigen Intensivbetten…“

„La Lombardia chiude un pronto soccorso. USB: ma che follia è?“ am 09. April 2020 bei Contropiano dokumentiert, ist eine Protestnote der regionalen Gliederung Lombardei der Basisgewerkschaft USB – gegen den Beschluss der rechtsradikalen Regionalregierung, die Notaufnahmestelle in Vaprio d’Adda zu schließen – Epidemie hin oder her, diese Bande zieht ihren „Sparkurs“ durch.

„Sciopero dell’industria in Piemonte, Lombardia, Veneto ed Emilia Romagna contro l’editto criminale della Confindustria del Nord“ am 09. April 2020 bei der USB teilt mit, dass an mehreren Tagen – als nächstes am 14. April – ein Proteststreik in mehreren Regionen des italienischen Nordens stattfinden wird. Grund: Der Bezirk Nord des Unternehmerverbandes Confindustria hatte (offensichtlich befeuert durch das Wirken seiner Wunschbehörden, in erster Linie eben die Lega-Regierung der Lombardei) einen extrem unverschämten und provokativen Vorstoß unternommen, mit einer öffentlichen Erklärung, die unbedingt die Wiederaufnahme der „wirtschaftlichen Tätigkeit“ verlangte…

„Con questa Confindustria non si discute. Si sciopera!“ am 10. April 2020 bei Il sindicato è un’altra cosa ist die Stellungnahme der organisierten Opposition im Gewerkschaftsbund CGIL zu einer Erklärung der Föderation, die in einem umfangreichen Dokument ihre Ziele und Bedingungen bei Gesprächen mit dem Unternehmerverband verbreitet hatte. Die oppositionelle GewerkschafterInnen unterstreichen dagegen, dass – gerade auch wegen mehrerer aktueller Provokationen der Unternehmen – mit diesem Verband nicht diskutiert werden solle und könne, sondern gegen seine Absichten zum Streik für die Gesundheit mobilisiert werden müsse…

„Angesichts der Coronavirus-Kapitalismus-Epidemie in Italien“ von SI Cobas am 03. April 2020 war eine Erklärung der Basisgewerkschaft, die nun in deutscher Übersetzung bei der Rote Fahne News veröffentlicht wurde und worin es – neben einer Skizze der Entwicklung der Epidemie und der Reaktionen von Regierung, Behörden, Unternehmen und der drei großen Gewerkschaftsverbände – zur Situation des Logistiksektors in der Lombardei unter anderem heißt: „… und während sogar Dutzende von Bürgermeistern aus der Lombardei die Institutionen auffordern, alle unnötigen Aktivitäten einzustellen und die Katastrophe zu bremsen, sind die durch das Verhalten der italienischen Regierung und der Bosse verursachten Katastrophen bereits für alle sichtbar: Nach einem Monat vermehren sich die Ansteckungen unerbittlich weiter! Und die Zahl der Toten markiert jeden Tag einen neuen Höchststand (der leider auch in anderen Gebieten des Südens noch zunehmen wird). Leider unterscheidet sich auch das neue Dekret nicht wesentlich von den vorhergehenden …. und verschiebt somit eine substantielle Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus. Es ist daher unerlässlich, die Mobilisierung fortzusetzen, um eine wirkliche Quarantäne aller nicht lebensnotwendigen Produktionen zu erreichen und eine echte und rechtzeitige Konsultation mit denjenigen zu eröffnen, die die Bedürfnisse und Probleme der Mehrheitder Arbeiter in einem wichtigen Vertriebssektor (Transport und Logistik) vertreten. Die Hauptrouten des italienischen Logistiksektors erstrecken sich in die Regionen Emilia Romagna und Lombardei, wo sich die größten Cluster von Lagerhäusern befinden, von wo aus die Hauptwege der nationalen Verteilung ausstrahlen und wo täglich Hunderttausende von Arbeitern konzentriert sind. Es sind die gleichen Regionen, mit Veneto, die die größten Epidemieausbrüche erleben und den Kern der gegenwärtigen Notlage darstellen.Aus einer ersten Lesung der neuen Regierungsbestimmungen ist noch nicht klar, was die unverzichtbaren und wesentlichen Aktivitäten sind. […] Es ist daher klar, dass der neue Erlass keine großen Ergebnisse gewährleisten wird, undes ist daher von grundlegender Bedeutung, dass wir an den Arbeitsplätzen und in der Logistik dafür sorgen, dass die Produktion und die Verteilung aller Güter, die wirklich wichtig sind, beibehalten und gleichzeitig die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften striktdurchgesetzt wird.Was uns betrifft, so stehen wir sofort zur Verfügung, um mit der Arbeitgeberseite und den Institutionen eine Absichtserklärung zu besprechen, um die gegenwärtigen Mängel, die in den wesentlichen Sektoren auftreten können, zu überwinden, wobei bestimmte Regeln garantiert werden, um eine Verbreitung des Virus innerhalb der Lagerhäuser undan die gesamte Bevölkerung zu vermeiden, und um eine angemessene Nutzung der sozialen Sicherheitsnetze für die gegenwärtige Phase und bei der Überwindung dieser Epidemie zu gewährleisten.Gleichzeitig werden wir nicht zulassen, dass die Kämpfe der Arbeiter als Vorwand benutzt werden, um die schwerwiegende Verantwortung der Regierung, der Arbeitgeber und der offiziellen Gewerkschaften zu decken, um sich den Forderungen der Arbeiter gegen die öffentliche Gesundheit zu widersetzen und/oder um jegliche repressive Maßnahmen zu legitimieren. Eine echte und zeitgemäße Auseinandersetzung mit denen, die die Bedürfnisse und Forderungen der Mehrheit der Beschäftigten im Güterverkehr und in der Logistik vertreten...“

• Siehe dazu zuletzt die Materialsammlung am 08. April 2020: Nach ihrer Niederlage durch die Streikbewegung Ende März mobilisieren Italiens Unternehmerverbände alles, um doch alle Produktion und Dienstleistung wieder aufzunehmen – und stoßen auf wachsenden Widerstand