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Der Politikwechsel in Italien: In Zeiten der Epidemie ist die Hauptsache Gehorsam

Streikaufruf für Betriebsschliessungen wegen Corona in Italien„… Das Risiko besteht darin, dass in den Unternehmen Bedingungen stillschweigend akzeptiert werden, die schädlich sind für die Gesundheit der Arbeiter*innen. Die Repressions- und Erpressungsmöglichkeiten der Unternehmen haben sich vervielfacht: die Drohung der Betriebsschließung oder der Verringerung des Arbeitsvolumens, der Verlust von Marktanteilen, die Verwendung einer selektiven Kurzarbeit, die sogenannten „Störenfrieden“ oder den als nicht funktional definierten Arbeiter*innen auferlegt werden; die Verweigerung von smart working aus nicht objektiven Gründen, sondern als „Strafe“; und nicht zuletzt die Androhung von Entlassungen, sobald den Unternehmen das Recht dazu wieder eingeräumt wird (im Dekret „Cura Italia“ wurde ein Kündigungsverbot bis Mitte Mai verabschiedet, das im April-Dekret bis zum Ende der Pandemie verlängert werden soll). Es ist also von wesentlicher Bedeutung, dass im April-Dekret das Kündigungsverbot erneuert und die staatliche Unterstützung von Unternehmen an Bedingungen geknüpft wird. Ansonsten werden sie – wie schon so oft – neue finanzielle Unterstützungsleistungen dazu nutzen, um zu einem späteren Zeitpunkt Kündigungen auszusprechen oder „Restrukturierungen“ vorzunehmen…“ – aus dem Beitrag „Was bedeutet die „Phase 2“ in Italien für die Arbeitswelt?“ von Giuiano Granato am 07. Mai 2020 im re:volt Magazine externer Link, worin eine Art Gesamt-Zwischenbilanz versucht wird, beginnend mit den spontanen Streiks in der ersten Phase bis hin zu den erweiterten Möglichkeiten unternehmerischer Repression in der Gegenwart. Siehe zur aktuellen Entwicklung in Italien zwei weitere Beiträge:

  • „‘Krieg gegen Corona’: Explosion von Autoritarismus und Arbeitskämpfen in Italien“ von Niccolò Cuppini am 14. April 2020 in der Berliner Gazette online externer Link – sind die Antworten auf die Fragen der Redaktion, worin nach einer ausführlichen Zwischenbilanz abschließend festgehalten wurde: „… Auch wenn die Verbindung zwischen Logistik und Krieg unzweifelhaft ist, entscheide ich mich für einen heterogeneren Satz genealogischer Bahnen der zeitgenössischen Logistik. Mit anderen Worten, ich denke, dass die ausschließliche Konzentration auf die Kommando- und Kontrollseite der logistischen Entwicklung viele Geschichten von Kämpfen, Rebellionen und auch Bewegungen – so wie den darin enthaltenen Freiheitswillen – ausblendet. Doch all das sollte ebenfalls berücksichtigt werden, wenn wir die zeitgenössische Logistik diskutieren. In diesem Sinne denke ich, dass der Blickwinkel, unter dem es produktiver ist, die Politik des Ausnahmezustands hier zu betrachten, nicht auf die Ausnahme selbst gerichtet ist, sondern eher auf “das Licht der Normalität”, das außergewöhnliche Zeiten “einschalten”. In diesem Sinne wird vermutlich eine Reihe von logistischen Prozessen sichtbarer und schwieriger werden: von der Umsetzung der Initiative der „Chinese Belt and Road initiative“ in Italien bis zur logistischen Steuerung der Migration im Mittelmeerraum; von der Energieversorgung über transnationale Korridore, die von Russland verwaltet werden, bis zu großen europäischen Projekten der infrastrukturellen Anbindung; von der Territorialisierung multinationaler Logistikunternehmen wie Amazon bis zur Umsetzung einer Logik von “Sonderwirtschaftszonen” in einigen Häfen des Nordens oder in einigen landwirtschaftlichen Gebieten im Süden; und so weiter und so fort. Aber ich glaube nicht, dass die Politik des Ausnahmezustands an sich all diese Prozesse, die Krieg und Handel im Namen der Logistik verbinden, radikal verändern wird. Es ist der gesamte Rahmen der Reproduktion des Kapitals, der sich verändern wird. Wiederum nicht wegen einer bestimmten Politik, sondern aufgrund einer Reihe latenter Widersprüche, die während der “Corona-Krise” explodiert sind. Der gegenwärtige “Ausnahmezustand” wurde nicht als Akt der Macht deklariert, sondern als Reaktion auf eine Bedingung, für deren Bewältigung keine Macht ausgestattet war. Wie Carl Schmitt bekanntlich feststellte, ist der Souverän derjenige, der in der Lage ist, über den Ausnahmezustand zu entscheiden und nicht innerhalb des Ausnahmezustands. Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten, aber ich denke, dass die Entwicklung völlig offen ist. Die Dinge können sich in viele verschiedene Richtungen bewegen“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=172224
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