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Repression gegen Arbeitskämpfe in Zeiten der Corona-Krise – z.B. Texprint in Prato (Toskana)
Dossier
„Ein Jahr nach Ausbruch der globalen Corona-Pandemie vertiefen sich die sozialen Widersprüche in der Arbeit weiter. Vor allem Beschäftige in den prekärsten Sektoren haben in den letzten Wochen radikalere Kampfformen angewendet, um gegen ausbeuterische Verhältnisse und für die Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards zu protestieren. Der Staat reagiert mit Gewalt und Repression. Ein Beispiel: Texprint in Prato (Toskana): Seit über einem Monat mobilisieren sich rund 30 pakistanische und bengalesische Arbeiter*innen des chinesischen Unternehmens Texptrin in Prato für die Eihaltung der vom nationalen Tarifvertrag vorgesehenen Arbeitszeiten (8-Stunden-Tag, 5-Tage-Woche). Die Arbeiter*innen haben eine permanente Blockade des Betriebs aufgebaut, um ihre hyper-ausbeuterischen Situation zu denunzieren; ihre Arbeitstage dauern meist über 12 Stunden und Wochenenden gibt es kaum für sie. Gestern intervenierte jedoch erneut die Polizei, um die friedliche Sitzblockade zu durchbrechen. Dabei wurden mindestens zehn Arbeiter*innen verletzt, zwei davon mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Diese repressive Antwort des Staates auf die Proteste der Arbeiter*innen kommt genau in dem Moment, in dem die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung gegen Texprint eingeleitet hat wegen Verbindungen des Unternehmens zu kriminellen Organisatzionen. Die Basisgewerkschaft Si Cobas, die die kämpfenden Arbeiter*innen unterstützt, fodert die sofortige Kündigung der öffentlichen Aufträge mit Texprint: Im Jahr 2020 wurden öffentliche Aufträge in der Höhe von 354.000 Euro an Texprint vergeben.“ Info von Maurizio C. vom 11.3.2021 – wir danken! Siehe dazu:
- Italien: Repression gegen Arbeitskämpfe – Polizeiüberfall auf die Sitzblockade bei Texprint
„… In Prato, in der Region Toskana, mobilisieren sich seit über einem Monat schon rund 30 pakistanische und bengalische Arbeiter*innen der chinesischen Druckerei Texprint. Sie fordern die Einhaltung der vom nationalen Tarifvertrag vorgesehenen Arbeitszeiten (8-Stunden-Tag, 5-Tage-Woche, Respekt der vorgesehenen Urlaubstage). Die Arbeiter*innen haben eine permanente Blockade des Wareneingangs und -ausgangs aufgebaut, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen: Arbeitstage von über 12 Stunden, keine Wochenenden und fehlende Arbeitsverträge. Am 10. März 2021 intervenierte jedoch die Polizei, um die friedliche Sitzblockade zu durchbrechen. Dabei wurden mindestens zehn Arbeiter*innen verletzt, zwei davon mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Die repressive Antwort des Staates auf die Proteste der Arbeiter*innen geschah just in dem Moment, in dem die Präfektur eine Untersuchung gegen Texprint wegen Verbindungen des Unternehmens zu kriminellen Organisationen einleitete: Es konnte eine direkte Verbindung zwischen einem Manager der Druckerei zur ’ndrangheta, der kalabrischen Mafia, nachgewiesen werden. Das Unternehmen weist diese Vorwürfe zurück. Es behauptet, es handle sich bei der Person um einen einfachen Mitarbeiter, so dass nicht das ganze Unternehmen zu haften hätte. Die Präfektur verordnete trotzdem den Ausschluss des Unternehmens aus dem Wettbewerb um öffentliche Aufträge. Tatsächlich hatte Texprint im letzten Herbst einen Auftrag im Wert von 354.000 Euro für die Produktion von Anti-Corona-Masken an Land gezogen. Gleichzeitig wurde aber für die Arbeiter*innen, die bei der Basisgewerkschaft Si Cobas (Sindacato intercategoriale – Comitati di base, eine alternative, branchenübergreifende Basisgewerkschaft) Mitglieder sind, Kurzarbeit mit der Begründung „Covid-19“ beantragt. Dass das Unternehmen seine Profite durch unrechtmäßige Geschäfte erzielt, war im letzten Januar auch schon dem regionalen Arbeitsinspektorat aufgefallen. Bei einer Kontrolle im Betrieb hatte es die ausbeuterischen Bedingungen protokolliert und notiert, dass die Arbeiter*innen das Ende des illegitimen Gebrauchs von Lehrverträgen fordern; ein Mechanismus, den die Betriebe nutzen, um weniger Lohn zu zahlen und die prekären Bedingungen beizubehalten…“ Artikel von Maurizio Coppola vom 19. März 2021 im revoltmag - Moderne Sklaverei in Corona-Zeiten. Seit Wochen streikt ein Teil der Belegschaft des Textilunternehmens Texprint im toskanischen Prato
„Seit Langem heißt es in der Toskana: Mode wird in Florenz gemacht, aber in Prato genäht. Die schicken Modelle, die in der Metropole am Arno entworfen wurden, verwandelten die Hände vieler fleißiger italienischer Familien in Kleider und Anzüge. Doch mit der Textilkrise wurde die Produktion – wie in vielen anderen Industriebereichen auch – nach Asien ausgelagert. Seit der Jahrtausendwende hat sich das Bild erneut geändert – in Prato wird wieder genäht, doch diesmal nicht von italienischen Schneidereien, sondern von chinesischen, teilweise auch illegalen. Die meisten von ihnen beschäftigen Landsleute als Arbeitskräfte, etliche auch Bengalen und Pakistani. So auch die Textildruckerei Texprint. Der chinesische Eigentümer Aichun Zhang lässt seine bengalischen und pakistanischen Arbeitskräfte sieben Tage die Woche zwölf Stunden lang schuften. Unwürdige Unterkünfte, Arbeits- und Lohnbedingungen begleiten diese moderne Sklaverei. Dagegen wehrt sich seit Wochen ein Teil der Belegschaft…“ Artikel von Wolf H. Wagner, Florenz, am 17.03.2021 im ND online - [Video] Repressionswelle gegen Streikende in Italien
„Am 10. März 2021 hat die Polizei versucht, den Streikposten vor der Textilfabrik Texprint in Prato aufzulösen. Dort kämpfen die Arbeiter_innen seit 40 Tagen für normale Bedingungen und korrekte Verträge. Sie arbeiten mit falschen Ausbildungsverträgen, 12 Stunden Schichten, an sieben Tagen die Woche. Sechs Arbeiter wurden ins Krankenhaus gebracht, es gab viele Verletzte. Am selben Tag wurden in Piacenza 21 Wohnungen von Fedex-TNT Arbeitern und Si Cobas Aktivisten durchsucht, Handys und PCs beschlagnahmt. Zwei SI Cobas Gewerkschafter wurden unter Hausarrest gestellt. Fünf Arbeiter erhielten ein „foglio di via“: ihnen wird damit untersagt, sich in der Gemeinde Piacenza aufzuhalten. Vorausgegangen war ein erfolgreicher Streik im Logistikzentrum von Fedex-TNT in Piacenza. Die Polizei hatte den Streikposten angegriffen und hatte dabei Tränengas direkt auf die Streikenden abgefeuert. Arbeiter_innen aus umliegenden Warenlagern waren herbeigeeilt, um die Streikenden zu unterstützen und den Streikposten zu halten. Die Arbeiter hatten nach 13tägigem Streik im Februar alle ihre Forderungen durchsetzen können…“ Video bei labounet.tv (italienisch mit dt. UT | 4 min | 2021) - „Prato, i lavoratori in sciopero da 34 giorni: “Non siamo stanchi”, avanti fino alla vittoria“ am 23. Februar 2021 bei SI Cobas war ein Streikbericht nach knapp über einem Monat Streik, der Ende Januar begonnen hatte, worin nochmals unterstrichen wurde, dass es den Streikenden darum gehe, Arbeitszeiten entsprechend dem gültigen nationalen Branchentarifvertrag zu haben, also 5 Tagewoche und 8 Stundentag.
- „Solidarietà con i lavoratori Textprint! Presidio sotto la Regione Toscana“ am 10. März 2021 bei Potere al Popolo war einer der verschiedenen Solidaritäts-Aufrufe mit den Streikenden bei Texprint, hier am Abend des 10. März auf einem zentralen Platz und zwar gegen den neuen Polizeiüberfall. Eine Aktion, zu der unter anderem auch Studenti di sinistra, Potere al Popolo, Si Cobas, Rifondazione Comunista, Firenze Città Aperta und weitere soziale und linke Gruppierungen aufriefen.
- „Ancora botte agli operai Texprint in sciopero“ von Riccardo Chiari am 11. März 2021 bei Il Manifesto ist ein ausführlicher Bericht über diesen ganzen Kampf und seine Ursachen sowie Verlauf. Dabei geht es – unter anderem – auch darum, dass SI Cobas vor allem die Einmischung der Mafia in das Geschäftsgebaren von Texprint kritisiert – und die Polizeiaktion gegen die Streikenden im Rahmen einer angeblichen Anti-Mafia-Aktion stattgefunden habe.
- „Violenza inaudita della polizia contro gli operai Texprint in sciopero a Prato. La lotta continua, inizia campagna contro Dixie“ am 10. März 2021 bei SI Cobas berichtet nicht nur davon, dass der Streik auch nach dem Polizeiüberfall fortgesetzt wird, sondern auch, dass die Streikversammlung dauerhaft vor den Toren des örtlichen Gefängnisses stattfindet, solange dort noch Kollegen festgehalten werden.
- Siehe im LabourNet auch unser Dossier: Corona-Krise in Italien: Auch eine soziale Krise