»
Israel »
»
»
Israel »
»
»
Palästinensische Gebiete - Westbank und Gaza
»
Palästinensische Gebiete - Westbank und Gaza »
»

Nahostkonflikt Folge 2023: Israelische und palästinensische Zivilbevölkerung erneut Opfer fundamentalistischer Hamas und rechtsradikaler israelischer Regierung

Dossier

israelisch-arabische Freundschaft„… Wir dachten, wir würden weiterhin nach Gaza gehen, ein paar Brosamen in Form von Zehntausenden von israelischen Arbeitserlaubnissen verteilen – immer unter der Bedingung, dass sie sich gut benehmen – und sie trotzdem im Gefängnis halten. (…) Wir dachten, wir würden weiterhin jeden Versuch einer diplomatischen Lösung arrogant zurückweisen, nur weil wir uns mit all dem nicht befassen wollen, und alles würde für immer so weitergehen. (…) Ein paar hundert Menschen haben bewiesen, dass es unmöglich ist, 2 Millionen Menschen für immer einzusperren, ohne einen grausamen Preis zu zahlen…“ So der israelische Haaretz-Redakteur Gideon Levy am 9. Oktober 2023 in globalbridge.ch externer Link anlässlich der jüngsten Hamas-Gräueltaten an (pazifistischen) ZivilistInnen in Israel. Die Redaktion des LabourNet Germany saß beim Nahostkonflikt schon immer zwischen den Stühlen und kritisierte sowohl die Hamas als auch die israelische Regierung. Die Solidarität mit den Menschen, die sich von beiden nicht vertreten fühlen, bestimmte die Auswahl der Beiträge für dieses Dossier, geordnet nach den Kategorien Stimmen der Betroffenen , humanitäre Organisationen, emanzipatorische linke Positionen und Gewerkschaften international 

Stimmen der Betroffenen (IsraelInnen und PalästinenserInnen in aller Welt)

  • Mehr als 2.000 israelische BürgerInnen fordern weltweiten Druck auf Israel, um „uns vor uns selbst zu retten“ – während die Rechtsregierung das Hilfswerk UNRWA verbietet New

    • Offener Brief: Wir, Israelis, fordern weltweiten Druck auf Israel, um einen sofortigen Waffenstillstand zu erzwingen
      Mehr als 2.000 Israelis haben diesen in 11 Sprachen veröffentlichten Brief unterschrieben, in dem sie die internationale Gemeinschaft auffordern, „jede mögliche Sanktion“ anzuwenden, um „uns vor uns selbst zu retten“.
      Wir, die in Israel und im Ausland lebenden israelischen Bürger, rufen die internationale Gemeinschaft – die Vereinten Nationen und ihre Institutionen, die Vereinigten Staaten, die Europäische Union, die Liga der Arabischen Staaten und alle Staaten der Welt – auf, unverzüglich zu intervenieren und alle möglichen Sanktionen zu ergreifen, um einen sofortigen Waffenstillstand zwischen Israel und seinen Nachbarn zu erreichen, für die Zukunft der beiden Völker in Israel und Palästina und der Völker der Region und für ihre Rechte auf Sicherheit und Leben.
      Viele von uns sind altgediente Aktivisten gegen die Besatzung, für Frieden und ein gemeinsames Leben in diesem Land. Unsere Liebe zu diesem Land und seinen Bewohnern treibt uns an, und wir sind besorgt um ihre Zukunft. Wir sind entsetzt über die Kriegsverbrechen, die von der Hamas und anderen Organisationen am 7. Oktober begangen wurden, und wir sind entsetzt über die zahllosen Kriegsverbrechen, die von Israel begangen werden. Leider unterstützt die Mehrheit der Israelis die Fortsetzung des Krieges und der Massaker, und ein Wandel von innen ist derzeit nicht möglich. Der Staat Israel befindet sich auf einem selbstmörderischen Weg und sät Zerstörung und Verwüstung, die von Tag zu Tag zunehmen.
      Die israelische Regierung hat ihre Bürger, die Geiseln sind, im Stich gelassen (und einige von ihnen getötet), sie hat die Bewohner des Südens und des Nordens Israels vernachlässigt, und sie hat das Schicksal und die Zukunft aller ihrer Bürger im Stich gelassen. Die palästinensischen Bürger Israels werden von den staatlichen Behörden und von der breiten Öffentlichkeit verfolgt und zum Schweigen gebracht. Wir sind der Meinung, dass Repression, Einschüchterung und politische Verfolgung viele, die unsere Ansichten teilen, davon abhalten, sich diesem Aufruf anzuschließen
      …“ engl. Offener Brief dokumentiert am 24.10.2024 in The Guardian externer Link (maschinenübersetzt)
    • UN-Palästinenserhilfswerk: UNRWA-Verbot in Israel sorgt international für Kritik
      Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA muss ab 2025 seine Arbeit in Israel einstellen. Steffen Seibert zeigt sich „sehr besorgt“, die Türkei spricht von Völkerrechtsverstoß. (…) Das israelische Parlament billigte am Montag einen Gesetzentwurf, nach dem das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA ab dem kommenden Jahr nicht mehr auf israelischem Staatsgebiet arbeiten darf.
      Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg, forderte Israel dazu auf, dem UNRWA weiterhin die Ausführung seines Mandats möglich zu machen. „Wenn die Gesetze in dieser Form von der israelischen Regierung umgesetzt würden, würde das die Arbeit von UNRWA in Gaza, im Westjordanland und in Ostjerusalem faktisch unmöglich machen“, teilte Amtsberg in einer Erklärung des Auswärtigen Amtes mit. (…) „Es ist empörend, dass ein Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen daran arbeitet, eine UN-Behörde zu zerlegen, die zufällig auch der größte Helfer bei dem humanitären Einsatz im Gazastreifen ist“, sagte zudem UNRWA-Sprecherin Juliette Touma der Nachrichtenagentur AFP
      .“ Agenturmeldung vom 29. Oktober 2024 in der Zeit online externer Link
    • Rechtsregierung in Israel: Gegen Justiz, UNRWA und Demokratie
      Israels Regierung wartet zur neuen Sitzungsperiode mit kontroversen Gesetzes­vorschlägen auf. So soll etwa das UN-Palästinenserhilfswerk blockiert werden. Ein Jahr nach dem Überfall der Hamas auf Israel zerbricht der Burgfrieden innerhalb der israelischen Gesellschaft zusehends. Zum Auftakt der Winter-Sitzungsperiode im israelischen Parlament warteten rechte Parteien mit einer Reihe von Gesetzesvorschlägen auf: Sie sollen die Unabhängigkeit der Justiz schwächen, die Medienfreiheit beschränken und die Arbeit des UN-Palästina Hilfswerks UNRWA erschweren.
      Nach dem 7. Oktober waren die politischen Auseinandersetzungen um den Umbau der israelischen Justiz zunächst gestoppt worden. Aufgegeben aber hatte die zumindest teilweise rechtsextreme Regierungskoalition um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ihre Pläne aber nie. Mitte August hielt das Israeli Democracy Institute fest, dass sie mit anderen Mitteln während des vergangenen Jahres daran weitergearbeitet hatte. Dazu zählt die Weigerung von Justizminister Jariv Levin, einen neuen Präsidenten für den Obersten Gerichtshof zu benennen, ebenso wie die Missachtung von Anordnungen der Generalstaatsanwältin Gali Baharav Miara. In der neuen Sitzungsperiode liegen nun wieder Gesetzesvorhaben auf dem Tisch, die die Zusammensetzung des Obersten Gerichts betreffen (…) Das Gesetz zur Schließung von Medien, die die nationale Sicherheit gefährdeten und anhand dessen im Mai der Sender Al Jazeera in Israel verboten wurde, galt bisher nur temporär. Nun soll es gemäß einem Vorschlag aus dem Likud dauerhaft gelten und zudem ermöglichen, dass auch Webseiten geschlossen werden, schreibt die Zeitung Haaretz. (…) International am meisten Aufsehen erregt die geplante Verabschiedung von zwei Gesetzen gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA. Die finale Abstimmung war bereits für Montagabend angesetzt. Israel wirft der Organisation, die mit mehr als 12.000 Mitarbeitern im Gazastreifen maßgeblich die humanitäre Hilfe dort organisiert, vor, der Hamas nahezustehen. Sie soll als Terrororganisation eingestuft werden, Behörden in Israel wäre dann der Kontakt zur UNRWA verboten. Die Außenminister mehrerer westlicher Staaten, darunter Deutschland, forderten Israel auf, auf Einschränkungen der Organisation zu verzichten
      …“ Artikel von Felix Wellisch vom 28.10.2024 in der taz online externer Link
  • Nach der Nachricht der sechs getöteten Geiseln größte Massenproteste gegen die Regierung seit Beginn des Gaza-Kriegs und ein verbotener (überraschender und breit befolgter) Generalstreik in Israel
    • Der Vorsitzende Arnon Bar-David erklärte: „Wir leben in einem Rechtsstaat und wir respektieren die Entscheidung des Gerichts.
      Nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts in Tel Aviv erklärte der Histadrut-Vorsitzende Arnon Bar-David: „Wir leben in einem Rechtsstaat und wir respektieren die Entscheidung des Gerichts. Deshalb weise ich alle an, um 14.30 Uhr zur Arbeit zurückzukehren. Ich muss betonen, dass der Solidaritätsstreik ein wichtiger Schritt war, und ich stehe dazu. Trotz der Versuche, diesen Akt der Solidarität in politischen Farben zu malen, haben Hunderttausende von Bürgern mit den Füßen abgestimmt. Ich möchte jedem einzelnen von Ihnen danken – den Arbeitnehmern, den Gewerkschaften, den regionalen Betriebsräten, dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft. Wir haben bewiesen, dass das Schicksal der Geiseln weder rechts noch links ist; es geht um Leben und Tod, und wir werden nicht zulassen, dass Leben aufgegeben werden. Mein ganzes Leben lang war ich ein Soldat für den Staat Israel, und ich werde auch weiterhin für unsere gemeinsamen Werte kämpfen – die jüdischen Werte der gegenseitigen Verantwortung und der Erlösung der Gefangenen. Diese Werte sind größer als jede Partei oder Politik – sie sind der Kitt, der das Volk Israel zusammenhält. Ich verspreche den Familien der Geiseln, dass die Histadrut weiterhin eine führende und zentrale Rolle bei den Bemühungen spielen wird, unsere Söhne und Töchter nach Hause zu bringen.“ engl. Meldung vom 2.9.2024 bei Histadrut externer Link (maschinenübersetzt) – schon der Streik gegen die Regierung kam für ihre Verhältnisse sehr überraschend… (siehe den Aufruf unten)
    • Israels Regierung unterbindet Generalstreik: Größte Massenproteste gegen die Regierung seit Beginn des Gaza-Kriegs
      „Ab 8 Uhr morgens wurde der Flughafen Ben Gurion, Israels wichtigstes Luftverkehrskreuz, durch eine zweistündige Arbeitsniederlegung lahm gelegt. Der israelische Industrieverband erklärte, er unterstütze den Streik und beschuldigte die Regierung, ihrer »moralischen Pflicht«, die Gefangenen lebend zurückzubringen, nicht nachzukommen. Laut dem Gewerkschafts-Dachverband Histadrut schlossen sich Banken, Einkaufszentren, Regierungsbüros und öffentliche Verkehrsmittel dem Streik an. Auch einige Kommunen, darunter Tel Aviv, beteiligten sich, Jerusalem jedoch nicht. (…) Der eigentlich auf 24 Stunden angelegte Generalstreik dauerte jedoch nur wenige Stunden, denn ein Arbeitsgericht ordnete dessen unverzügliches Ende an. »Wir erlassen eine landesweite Anordnung, um den begonnenen Streik zu verbieten«, hieß es am Montagmittag in dem von der Nachrichtenagentur AFP eingesehenen Gerichtsentscheid. Die Richterin Hadas Jahalom hat israelischen Medien zufolge als Begründung angeführt, es handele sich um einen »politischen Streik« und forderte ein Ende bis 14:30 Uhr Ortszeit. Die Anordnung folgte auf einen Antrag des rechtsextremen Finanzministers Bezalel Smotrich, der argumentiert hatte, der Streik sei politisch motiviert und habe nichts mit einem Tarifkonflikt zu tun. Der Gewerkschafts-Dachverband Histadrut hatte am Sonntag zum Generalstreik aufgerufen, um die Regierung zu einem Abkommen mit der islamistischen Hamas zu zwingen für eine Waffenruhe und die Befreiung der Geiseln. Der Gewerkschaftsvorsitzende Arnon Bar David sagte laut der Nachrichtenwebseite ynet: »Wir können nicht weiter zuschauen. Dass Juden in den Tunneln von Gaza ermordet werden, ist inakzeptabel. Wir müssen einen Deal abschließen, ein Deal ist wichtiger als alles andere.« (…) Nach der Bergung von sechs getöteten Geiseln am Wochenende im Gazastreifen am Samstag in einem Tunnel bei Rafah kam es zu den größten Massenprotesten seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast elf Monaten. Die Demonstranten forderten am Sonntagabend ein sofortiges Abkommen. In Tel Aviv und anderen Städten kam es in der Nacht zu Zusammenstößen mit der Polizei. Laut Polizei wurden 29 Menschen festgenommen. »Wir werden sie nicht im Stich lassen«, skandierten Demonstranten in Tel Aviv mit Blick auf die noch festgehaltenen Geiseln in Gewalt der Islamisten.“ Artikel von Cyrus Salimi-Asl vom 2. September 2024 in Neues Deutschland online externer Link
    • Proteste in Israel: Vielleicht die letzte Chance: Nach der Nachricht der getöteten Geiseln gehen die Menschen in Israel auf die Straße
      „… Die Nachricht von den sechs getöteten Geiseln hat ein Erdbeben in Israel ausgelöst. Wie düster der vergangene Sonntag für viele Israelis war, ist von außen kaum nachzufühlen. Sechs Geiseln, von denen einige in einem Deal als Erste hätten freigelassen werden sollen, wurden stattdessen von der Hamas hingerichtet. Schon lange zweifelte ein Großteil des Landes an Netanjahus Argumentation, militärischer Druck würde die Geiseln heimbringen. Nun ist es offiziell: Statt sie zu retten, trägt der militärische Druck Mitschuld an ihrem Tod. Sie wurden ermordet, bevor das nah gerückte Militär sie erreichen konnte. Netanjahu bleibt bei seiner Blockadehaltung in Bezug auf einen Deal. Doch wird die Erschütterung politisch den Wendepunkt bringen, wenn dies auch für Hersh Goldberg-Polin, Carmel Gat und viel zu viele andere Geiseln zu spät käme? Wird dies das Ende Netanjahus sein? Möglichkeiten dafür gibt es: Die Protestbewegung muss lahmlegen, was lahmzulegen ist, zum Beispiel mit dem Generalstreik am Montag. Das Arbeitsgericht in Bat Yam ordnete am selben Tag zwar an, dass der Streik – er sei ein politischer Streik und kein Arbeitsstreik – bereits mittags enden müsse. Es bräuchte mehr von der Attitüde des Direktors eines liberalen Gymnasiums in Tel Aviv: Keine Rückkehr zum normalen Lernen in der Schule, sagte er, bis die Geiseln zurück sind. Auf parlamentarischer Ebene müssen diejenigen Likud-Abgeordneten, die noch ein Gewissen haben (man vermutet, dass es davon tatsächlich noch eine Handvoll gibt) endlich der Regierung ihre Mehrheit entziehen. (…) Wenn das Land nicht von Netanjahu und seinen rechtsextremen Partnern in den Abgrund gezogen werden will, dann hat es jetzt noch eine Chance. Vielleicht ist es die letzte.“ Kommentar von Judith Poppe vom 2. September 2024 in der taz online externer Link
    • Generalstreik in Israel: Eingriff in Gewerkschaftsvorrechte
      „… Endlich reihen sich auch die israelischen Gewerkschaften in den Protest gegen die Regierung ein. (…) Die Regierung argumentiert, es handele sich um einen »politischen Streik«. Ja, natürlich: Israel befindet sich im Krieg und dagegen ist politischer Widerstand nicht nur erlaubt, sondern geboten, denn unter den Folgen leiden die Menschen, auch Soldaten und Geiselangehörige. Wie alle Kriege wird auch der Gaza-Krieg auf dem Rücken der Arbeiterinnen und Arbeiter ausgetragen, die das Land am Laufen halten oder in der Waffenproduktion mit dafür sorgen, dass der Krieg weitergehen kann. Dagegen können, ja müssen Werktätige sich auflehnen, wenn sie den Krieg ablehnen. Ebenso die Soldatinnen und Soldaten, die gegen ihre Überzeugung zum Kriegsdienst gepresst werden. Der Streik ist mithin legitim, wenn auch formaljuristisch nicht legal, weil, wir wissen es nur zu gut, das Streikrecht in kapitalistischen Gesellschaften von den Herrschenden in ganz enge Grenzen gezwungen und so stumpf gemacht wird. Der Eingriff in gewerkschaftliche Prärogative ist ein Warnsignal für die israelische Gesellschaft und zeigt erneut, dass diese Regierung keinen Frieden will.“ Kommentar von Cyrus Salimi-Asl vom 2. September 2024 in Neues Deutschland online externer Link
    • Streik ohne Biss: Gewerkschaft beugt sich Gerichtsbeschluss und beendet Mobilmachung zur Rettung der Geiseln. Angehörige wollen weitermachen
      „Wenigstens für ein paar Stunden standen Teile des Landes still: In ganz Israel blieben am Montag viele Banken und Geschäfte geschlossen, Busse und Züge fuhren nicht, und auch Flugzeuge am Ben-Gurion-Airport in Tel Aviv blieben am Boden, nachdem die größte Gewerkschaft, Histadrut, ihre Hunderttausenden Mitglieder zum Generalstreik aufgerufen hatte. Bereits am Sonntag war es in mehreren Städten des Landes zu Massenprotesten gekommen, bei denen Berichten zufolge eine halbe Million Menschen die extrem rechte Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aufforderte, endlich einer Vereinbarung mit der Hamas über einen Waffenstillstand und die Freilassung der mutmaßlich noch 101 im Gazastreifen verbliebenen Geiseln zuzustimmen. (…) Die Reaktionen der ultrarechten Regierung auf den Generalstreik waren erwartbar. Anstatt in Kriegszeiten der israelischen Wirtschaft unter die Arme zu greifen, würde der Histadrut-Vorsitzende Arnon Bar-David »in Wirklichkeit den Traum von (Hamas-Führer Jahja, jW) Sinwar erfüllen«, behauptete der extrem rechte Finanzminister Bezalel Smotrich laut Times of Israel auf einer Pressekonferenz am Sonntag; Bar-David vertrete »die Interessen der Hamas«. Minister Jitzhak Wasserlauf forderte indes Gesetzesänderungen, die es ermöglichten, den Gewerkschaftsführer persönlich zu verfolgen und Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend zu machen. (…) Unterdessen ruft das Forum der Geiseln und vermissten Familien, das sich nach dem 7. Oktober gegründet hatte, auf, die Protestaktionen fortzusetzen. Es gehe nicht um einen Streik, »sondern um die Rettung der 101 Geiseln, die von Netanjahu im Stich gelassen wurden«. Für den Abend hatte das Forum landesweit erneut eine Vielzahl von Protestaktionen angekündigt, auch vor dem Wohnhaus von Netanjahu…“ Artikel von Jakob Reimann in der jungen Welt vom 3. September 2024 externer Link
    • Proteststreik gegen Netanjahu: Gewerkschafts-Dachverband erhöht nach Geiselfund Verhandlungsdruck auf israelische Regierung
      „… Der Mord an den Geiseln hat unter den Angehörigen der 105 noch in Gaza vermuteten Geiseln für lautstarke Empörung gesorgt. Am Samstag gingen in Tel Aviv und Jerusalem wieder tausende Demonstranten für ein Abkommen mit der Hamas auf Straße, in dem neben dem Schweigen der Waffen auch die Freilassung der Geiseln geregelt werden soll. Gewerkschaftsführer und die Geiselangehörigen diskutierten am Sonntag die Details eines für nächste Woche geplanten Generalstreiks. Inzwischen steht fest, dass am Montag ein eintägiger Proteststreik stattfinden wird. Die Maßnahme solle um 6.00 Uhr Ortszeit in Kraft treten, berichteten israelische Medien. Von 8.00 Uhr Ortszeit solle auch der internationale Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv bestreikt werden. Landungen und Abflüge sollten dann gestoppt werden. (…) Mit den am Sonntag gestarteten landesweiten Kundgebungen wollen die Opposition und Zivilgesellschaft in Tel Aviv nun den Druck auf den Premierminister und seine Koalitionspartner noch einmal erhöhen. »Mit den sechs Toten von Rafah ist der Beweis erbracht, dass Netanjahu die Geiseln im Stich gelassen hat«, heißt es in der Erklärung der Familien der Geiseln. »Wir werden das Land zum Beben bringen und einen Stillstand erzwingen.«. Auf der Ayalon Straße in Tel Aviv gab es am Samstagabend bereits einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden Auseinandersetzungen zwischen Regierungskritikern und ultrarechten Anhängern von Netanjahus Koalitionspartnern. Als ein Protestzug mit Fotos der Geiseln von dem »Platz der Geiseln« in die Stadt aufbrach, stellten sich zunächst Polizisten und dann auch rechtsgerichtete Siedler und Nationalisten in den Weg. Sie setzten Pfefferspray gegen die unbewaffnete Zivilgesellschaft ein. Ex-Premierminister Ehud Olmert hatte schon vor Wochen gewarnt, dass die in Tel Aviv tonangebenden moderaten Aktivisten bald von den seit dem Gaza-Krieg stärker werdenden Radikalen verdrängt werden könnten. »Waffen, die im Westjordanland zur Zeit auf die Palästinenser gerichtet sind, könnten bald auf uns zielen«, so Olmert in einer TV-Diskussion…“ Artikel von Mirco Keilberth, Jerusalem, vom 01.09.2024 in ND online externer Link
    • Arnon Bar-David: Morgen Generalstreik, um die Geiseln zurückzubringen
      Morgen wird die ganze Nation zum Stillstand kommen und sich in einem gemeinsamen Schrei vereinen, um die Geiseln zurückzubringen“, sagte der Histadrut-Vorsitzende Arnon Bar-David heute Abend (Sonntag) in seiner Rede vor den Hunderttausenden von Israelis, die sich zu der Kundgebung in Tel Aviv versammelt hatten. „Jeder, der versucht, den Streik mit politischen Farben zu färben, sollte sich daran erinnern, für wen wir morgen alles stoppen werden.“
      Bar-Davids Äußerungen kommen nach der erschütternden Nachricht über die Ermordung der sechs Geiseln und angesichts der Ankündigung eines Generalstreiks für morgen (Montag), mit dem der Protest für die Geiseln verstärkt und eine Einigung zur Rettung der Geiseln gefördert werden soll
      …“ engl. Aufruf vom 1.9.2024 bei Histadrut externer Link (maschinenübersetzt)
    • The Israeli Public’s Moment of Truth (Der Moment der Wahrheit für die israelische Öffentlichkeit)
      „Am Sonntagmorgen gab die Armee bekannt, dass sie die Leichen von sechs Geiseln – Almog Sarusi, Alex Lobanov, Carmel Gat, Eden Yerushalmi, Ori Danino und Hersh Goldberg-Polin – aus einem Tunnel in Rafah geborgen hat. Alle sechs wurden lebend nach Gaza entführt und haben die Hölle der Gefangenschaft mehr als 10 Monate lang überlebt, wurden aber in den letzten Tagen teilweise in den Kopf geschossen.
      Nach der in den letzten Monaten diskutierten Vereinbarung zur Befreiung der Geiseln sollten Goldberg-Polin, Yerushalmi und Gat in der ersten „humanitären“ Phase befreit werden. Das heißt, sie wären lebend nach Hause gekommen. Doch die Regierung mit Benjamin Netanjahu an der Spitze zog es vor, die Truppen im Philadelphi-Korridor entlang der Grenze zwischen Gaza und Ägypten zu belassen, anstatt das Leben der Geiseln zu retten.
      Es waren Hamas-Terroristen, die den Abzug drückten, aber es war Netanjahu, der ihr Schicksal besiegelte. Der Premierminister sieht sich selbst gern als Mr. Sicherheit, aber er wird in die Geschichte eingehen als Mr. Tod und Mr. Aufgabe, geschrieben mit dem Blut der Geiseln. Nach langen Monaten der Vernachlässigung und Verzögerung, nachdem eine Abmachung nach der anderen torpediert wurde, stimmte das Sicherheitskabinett am Donnerstagabend dafür, jede Hoffnung auf eine lebendige Rückkehr der Geiseln zunichte zu machen, indem es eine Resolution verabschiedete, die besagt, dass Israel den Philadelphi-Korridor nicht verlassen wird. (…) Dies geschah zum Teil aufgrund von Netanjahus Politik des Teilens und Eroberns, die er sogar bei den Geiseln und ihren Familien anwandte, ohne einen Funken Scham. Die Geiseln wurden als von der Öffentlichkeit entfernt und nicht als Teil von ihr dargestellt, als ob es eine Wahl zwischen ihrem und unserem Leben gäbe oder geben könnte. Netanjahu schuf ein falsches Bild, in dem es entweder um die Geiseln oder um das Land ging. Und es hat funktioniert. Die verängstigten Massen blieben zu Hause. (…) Als die Öffentlichkeit die Überarbeitung des Justizwesens blockieren wollte, war sie erfolgreich. Als die Öffentlichkeit die Entlassung des Verteidigungsministers verhindern wollte, gelang ihr dies. Und auch dieses Mal hätte es eine Einigung gegeben, wenn die Öffentlichkeit sie gewollt hätte
      …“ engl. Haaretz Editorial vom 1.9.2024 externer Link (maschinenübersetzt)
  • Gil Shohat von der israelisch-palästinensische Linken: »Die Realität ist binational«
    Die israelisch-palästinensische Linke hat keine Verbündeten, aber eine große Stärke, sagt Gil Shohat, der Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv, im Interview von Jan Ole Arps in ak 706 vom 20. August 2024 externer Link. Weitere Themen waren die Gefahr eines Bürgerkrieges in Israel und die deutschen Wahrnehmungsbarrieren. Gil Shohat: „… Grundsätzlich ist die Stimmung sehr patriotisch, trotz der lauten Forderungen nach einem Geiseldeal. In der letzten Woche ist diese Stimmung gekippt in eine große Angst vor dem, was nun passieren wird. (…) Es gibt eine Mehrheit für einen Geiseldeal, gleichzeitig aber keine Mehrheit gegen den Krieg. Israel ist innenpolitisch gespalten wie nie. Das macht sich an der Geiselfrage fest, auch an der Frage, wie die im Jahr 2023 begonnene Justizreform weiter vorangetrieben wird durch die in Teilen rechtsradikale Regierung. (…) Kürzlich kam in der Hauptnachrichtensendung von Channel 13, einem größeren israelischen Fernsehsender, ein Beitrag über die Zustände in den Gefängnissen, basierend auf einem Bericht der Menschenrechtsorganisation B’Tselem, die mit 55 Insassen gesprochen hat. Davon sind 50 ohne Anklage wieder frei gekommen, teilweise Bürger*innen Israels, die im Oktober, November an Demonstrationen teilgenommen oder auf Facebook gegen den Krieg gepostet hatten. Sie beschreiben unglaubliche Szenen in den Gefängnissen: Folter, Erniedrigung, Misshandlung, mehrmals mit Todesfolge – eine vollkommene Enthemmung der Gewalt. Dass dieser Bericht in den Hauptnachrichten kam, ist neu. Das ist erstmal eine gute Entwicklung. Gleichzeitig betonte der Bericht, die Gefangenen seien keine Hamas-Terroristen, also keine Beteiligten am 7. Oktober gewesen – unabhängig davon, dass in einem Rechtsstaat mit niemandem so umgegangen werden sollte. (…) Die Ereignisse vor den Haftanstalten sind eine Zäsur, weil kein Halt mehr gemacht wird vor den heiligen Kühen des israelischen Staatsapparats, also der Armee. Die Angreifer sind völlig frei rumgelaufen, ohne dass Sicherheitskräfte ernsthaft versucht hätten, das zu unterbinden. Das spricht dafür, dass diese antidemokratische, menschenverachtende Sicht auch in Teilen der Armee Rückhalt gewonnen hat. In großen Teilen der Gesellschaft hat sie sich durchgesetzt. Wenn eine Mehrheit in Israel irgendwann sagt, »Wir können nicht immer weiter auf eine militärische Lösung setzen«, sehe ich eine große Gefahr, dass diese Kräfte einen bewaffneten Kampf auch innerhalb Israels starten. Sie haben sich über Jahre in die Machtzentren vorgearbeitet, sie werden die Macht nicht so einfach aus der Hand geben. (…) Eine Demokratie, die ein anderes Volk über Jahrzehnte besetzt und beherrscht, kann keine vollwertige Demokratie sein. (…) Die Toleranz für Stimmen gegen die Besatzung und den Krieg ist kleiner geworden, die Repression gegen Antikriegsproteste hat massiv zugenommen. Trotzdem gibt es Menschen, die nicht nur für eine Waffenruhe nach dem Motto »Wir müssen die Geiseln befreien, danach kann es weitergehen« demonstrieren, sondern die dezidiert sagen, wir sind gegen Krieg, gegen Besatzung, für eine politische Lösung. Zu solchen Demonstrationen kommen im besten Fall 2.000, vielleicht 3.000 Menschen. Parallel zu diesen eigenständigen Demonstrationen des Antikriegsblocks gibt es Versuche, die großen Proteste für einen Geiseldeal zu beeinflussen und dort die strukturellen Ursachen für die Politik dieser Regierung in den Fokus zu rücken. (…) Die palästinensische Bevölkerung Israels erlebt seit dem 7. Oktober heftigste Repression. Die Verhaftungen und Folterungen sind nur die Spitze. Viele haben ihre Jobs oder Studienplätze verloren wegen Äußerungen in den sozialen Netzwerken gegen den Krieg. Es herrscht große Angst, sich überhaupt zu äußern. Das macht die Situation für sie, die in Israel leben, israelische Staatsbürger*innen sind, oft gleichzeitig Familie in Gaza haben, unerträglich. Ihre Verzweiflung wird in der israelischen Mehrheitsgesellschaft überhaupt nicht wahrgenommen. (…) Ich glaube, wenn es in der deutschen Linken Einigkeit gäbe, dass die Solidarität mit den Menschen in Israel und Palästina im Vordergrund steht und nicht Vorstellungen von Staaten oder Entitäten, die nicht den Realitäten entsprechen, wären wir schon einen Schritt weiter. Eine universalistische Haltung, die natürlich die Machtungleichheit benennt, sich an die Seite der Unterdrückten stellt, aber sich nicht an nationalistische Vorstellungen klammert, die Solidarität nicht nur mit einer Gruppe, sondern mit allen übt, die sich vor Ort für ein gerechtes Leben einsetzen – das würde ich mir wünschen. Ich halte es gar nicht für so schwer, ehrlich gesagt. Es würde schon reichen, denjenigen mehr zuzuhören, die vor Ort die Kämpfe führen…“
  • Organisation »Combatants for Peace«: Teilen statt teilen
    Rotem Levin und Osama Iliwat von der Organisation Combatants for Peace treten dafür ein, dass Araber und Juden im Nahen Osten gemeinsam leben…“ Interview von Alieren Renkliöz vom 13.08.2024 in ND online externer Link
  • Eskalation im Nahen Osten: Das egomanische Spiel Netanjahus
    „Am Dienstag stürzte ein Schwarm von Angriffsdrohnen auf den Norden Israels herab. Doch das sei noch nicht der Vergeltungsschlag, den Israel erwarte, beeilte sich die vom Iran gelenkte Hisbollah zu erklären, die die Drohnen losgeschickt hatte. Eine knappe Woche nachdem in kurz aufeinanderfolgenden Schlägen erst der Hisbollah-Kommandeur Fouad Schukr in Beirut und dann der Hamas-Politbürochef Ismail Hanija in Teheran gezielt getötet wurden, hält der Nahe Osten also weiter den Atem an – und mit ihm die ganze Welt. Fluggesellschaften stellen Flüge ein, die Aussenministerien vieler Länder bereiten sich auf Evakuierungen ihrer Staatsbürger:innen aus der Region vor. Die Protestbewegung auf den israelischen Strassen gleicht einem Kassandraruf. Die extrem rechte Netanjahu-Regierung ignoriert sie. Die Strategie, die der opportunistische Regierungschef Israels verfolgt, läuft auf eine Verschärfung der Situation hinaus: Einen palästinensischen Staat will er nach wie vor mit aller Macht verhindern; die Verhandlungen über einen Waffenstillstand und die Freilassung der israelischen Geiseln hat er immer wieder erschwert, selbst als die Hamas relevante Zugeständnisse machte. Auch israelische Geheimdienstchefs werfen ihm nun vor, die Verhandlungen hinauszuzögern. Um sich vor einem drohenden Gefängnisaufenthalt wegen Korruption zu retten, nimmt Netanjahu die Zerstörung der Demokratie genauso in Kauf, wie er die Sicherheit des Landes gefährdet und die überlebenswichtige Allianz mit den USA aufs Spiel setzt. Joe Biden hält zwar immer noch schützend die Hand über Israel. Doch zuletzt soll er «Verarsch mich nicht!» in den Telefonhörer gezischt haben, als Netanjahu ihm weismachen wollte, es gebe Fortschritte in den Verhandlungen mit der Hamas. Die gezielten Tötungen sind in erster Linie als Machtdemonstration zu deuten. Die Hamas und die Hisbollah dürften dadurch nicht geschwächt, sondern weiter radikalisiert werden. Das verdeutlicht die Wahl des Hardliners Jahja Sinwar zum Nachfolger von Ismail Hanija am Dienstag. Würde Netanjahu auch nur einen Funken seiner gedanklichen Energie den Geiseln widmen – einen schlechteren Zeitpunkt für die Tötungen hätte er nicht wählen können, zumal Hanija im Hamas-Politbüro diejenigen vertrat, die auf eine Einigung drängten. (…) Für Israel wäre es wichtig, seine bereits existierenden Partnerschaften im Nahen Osten, wie die mit Jordanien und Ägypten, zu stärken, statt sie zu gefährden, und möglichen neuen Friedensabkommen den Weg zu bereiten, statt sie zu sabotieren, allen voran mit Saudi-Arabien. Mit seinem egomanischen Spiel treibt Benjamin Netanjahu stattdessen Israel noch näher an den Abgrund.“ Leitartikel von Judith Poppe in der WOZ vom 8. August 2024 externer Link – allen Ernstes völlig unkritisch wird in der deutschen Politik der Bundeswehreinsatz zur militärischen Verteidigung Israels diskutiert… Siehe auch:

    • Internationale Kritik: Israels Finanzminister Smotrich entsetzt mit Äußerungen zum Aushungern von Palästinensern
      Die Bundesregierung hat Äußerungen des israelischen Finanzministers Smotrich zum Aushungern der Palästinenser im Gazastreifen verurteilt.
      Sie seien inakzeptabel und empörend, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag werde das aufmerksam verfolgen. Dort werde derzeit über Fragen von Völkermordabsichten beraten. Der deutsche Botschafter in Israel, Seibert, erklärte, es sei ein Grundsatz des Völkerrechts und der Menschlichkeit, Zivilisten in einem Krieg zu schützen und ihnen Zugang zu Wasser und Nahrung zu verschaffen. Frankreichs Außenministerium sprach von „skandalösen Äußerungen“ Smotrichs. Wie unter anderem Haaretz berichtet externer Link, hatte sich Israels Finanzminister Anfang der Woche zu den rund zwei Millionen palästinensischen Bewohnern des Gazastreifens geäußert. Demnach sagte er, es wäre moralisch und richtig, sie zu Tode hungern zu lassen, bis die von der Terrororganisation Hamas verschleppten Geiseln freigelassen würden. Allerdings werde die Welt Israel das nicht tun lassen
      .“ Meldung vom 08.08.2024 im Deutschlandfunk externer Link
  • Die Erben der Gewalt
    Seit Jahrzehnten erfahren Palästinenserinnen und Israelis Angst, Terror und Tod. Traumata gehen von einer Generation zur nächsten über. Wie soll so Frieden möglich werden? (…) Israel und Palästina, verbunden und getrennt durch die gemeinsame Geschichte, die seit Jahrzehnten zu viele Menschen­leben kostet und über die wieder so heftig debattiert wird wie vielleicht über keine andere auf dieser Welt. Mit historischen Fakten und heiligen Schriften wird Anspruch erhoben auf dieses winzige Stück Land, doch in einem Konflikt wie diesem überzeugen Argumente die Gegenseite selten. Denn über den historischen Anspruch auf das Land schichten sich vergangener und gegen­wärtiger Schmerz, nie aufgearbeitet, der die Wahrnehmungen der Menschen in Israel und Palästina prägt: Holocaust, Nakba, Kriege, gewaltvolle Besetzung und gewaltvoller Widerstand dagegen.
    Die Traumata der Verluste und Attentate und der Unter­drückung wurden von den Grosseltern an die Eltern und von diesen an die Kinder übertragen, die ihrerseits eigene traumatische Erfahrungen machten und seit dem 7. Oktober gerade wieder machen. Dieses Geflecht aus historischen, kollektiven und individuellen Traumata schürt Misstrauen und ermächtigt extreme Stimmen, die die Ängste der Menschen ausnutzen. Auch weil sich beide Seiten selbst in ruhigeren Zeiten unendlich schwergetan haben, das Leid der anderen anzuerkennen.
    Seit Jahrzehnten dreht sich so die Spirale der Gewalt weiter, in den vergangenen zehn Monaten mit einer ganz besonderen Grausamkeit. Eine Reise in beide Welten, oft blind füreinander, zeigt, wie sie sich für Hoffnung auf Frieden gegenseitig sehen und wahrnehmen müssten
    …“ Artikel von Karin A. Wenger vom 03.08.2024 in republik.ch externer Link
  • Trotz der tiefen Krise haben wir Hoffnung. Palästina/Israel: „Standing Together“
    Seit dem letzten Oktober haben in unserer von Gegensätzen zerrissenen Welt im Windschatten der Grossmächte Hamas, Israel und Iran die „Vorkriegszeit“ weiter vorangebracht. Wir wollen hier statt auf diese Bedrohungen einen Blick auf ein Gegenstück, eine israelisch-palästinensische Bewegung gegen den Krieg, werfen, die sich im Land und in der Diaspora rührt und sich international „STANDING TOGETHER“ nennt. Wir zitieren aus ihrem „About us“.
    Die aktuelle gesellschaftliche Realität ist unerträglich. Die endlose Besetzung nährt Gewalt, Angst und Hass zwischen Israelis und den diskriminierten Palästinensern. Die wirtschaftliche Ungleichheit weitet sich aus, die Armut vertieft sich. Frauen, Einwanderer, die LGBTQ+-Gemeinschaft, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen werden sozial, wirtschaftlich und politisch ausgegrenzt. Arbeitende müssen immer länger mit stagnierenden Löhnen arbeiten, während die Lebenshaltungskosten weiter steigen. Unsere politischen Führer schüren Angst und Rassismus, um uns zu spalten. Sie sind zunehmend abgehoben und korrupt, liefern endlose Kriege, achten nur auf die Reichen.
    Trotz der tiefen Krise haben wir Hoffnung: Gewerkschaften, Kampagne gegen die Besatzung, Umweltbewegung und vieles mehr. Solange sie jedoch getrennt bleiben, ist ihre Macht eng begrenzt. Für Frieden, Gleichheit und ein lebbares Klima brauchen wir eine Massenbewegung. NGOs und linke Parteien können nicht mehr weite Teile der Bevölkerung mobilisieren.
    Viele Menschen wollen Frieden und ein Ende der Besatzung, unterstützen Gleichheit und stehen gegen Rassismus, widersetzen sich der Herrschaft durch Reichtum. Sie brauchen eine Bewegung, die sie vereint, zum Handeln inspiriert und ihre Solidarität in eine mächtige Kraft verwandelt
    …“ Beitrag von Standing Together Vienna vom 29. Juli 2024 in untergrund-blättle.ch externer Link, siehe dazu:

    • Zu viele unschuldige Leben sind verloren gegangen. Zehntausende hier in #TelAviv fordern immer wieder, dass die Regierung #Israel den Geiseldeal annimmt und diesen Krieg beendet. Für eine sofortige Freilassung der Geiseln, einen Waffenstillstand und den Rücktritt #Netanjahu|sTweet von Ardor vom 27. Juli 2024 externer Link zu
    • 295 Tage. Zehntausende hier in Tel Aviv fordern immer wieder, dass unsere Regierung den Geiseldeal annimmt und diesen Krieg beendet. Zu viele unschuldige Leben sind verloren gegangen.“ engl. Tweet von We Are All Hostages vom 27. Juli 2024 externer Link mit Video der Demo und
    • „#TelAviv gerade jetzt: Tausende Israelis sind heute Abend wieder auf der Straße und fordern eine sofortige Freilassung der Geiseln, einen Waffenstillstand und den Sturz Netanjahus (der mit seiner Familie in Florida Urlaub macht).“ engl. Tweet von Yonatan Touval vom 27. Juli 2024 externer Link mit Fotos
  • Israels Reservisten protestieren: „Was wir in Gaza tun, ist unmoralisch“
    Der Protest gegen die Regierung Netanyahu reicht bis in Israels Armee. Reservisten mischen sich unter Demonstranten und kritisieren mangelnden Einsatz für die Geiseln. Und sie wehren sich gegen die Kriegsführung – aus eigenem Erleben.
    „Alle!“, schreit Michael Ofer Ziv. „Sofort!“, antwortet die Menge. Ofer Ziv hat ein Megafon in der Hand. Zusammen mit tausenden anderen steht er auf einer Kreuzung in Tel Aviv und fordert, dass die israelische Regierung sofort alle Geiseln der Hamas aus dem Gaza-Streifen nach Hause holt. Was Ofer Ziv von den meisten anderen hier unterscheidet: Er war selbst im Einsatz gegen die Terrororganisation – und spricht jetzt öffentlich darüber. Denn aus seiner Sicht läuft dabei einiges falsch. „Von den Leuten, die ich getroffen habe, sagt niemand: ‚Ich will so viele Menschen in Gaza töten, wie möglich.‘ Aber es fühlt sich definitiv so an, dass sich niemand für die palästinensischen Zivilisten interessiert“, so Ziv ein paar Tage nach der Demonstration. (…) Wie der 29-Jährige erklärt, gibt es für Luftangriffe klare Regeln und Abläufe. Für Angriffe an sogenannten „humanitären Korridoren“, an Krankenhäusern und Schulen brauche es speziellen Freigaben. Aber die habe es fast immer gegeben. (…) Je mehr Einsätze der Offizier am Bildschirm des Hauptquartiers verfolgt, um so mehr hinterfragt er sie. Er frage sich zum Beispiel, ob bei einzelnen Angriffen immer rein militärische Motive eine Rolle spielen? „Wollten die Leute sich auch rächen und die Schule zerstören? Weil sie einfach die Palästinenser hassen oder die Bewohner von Gaza oder was auch immer?“ (…) Mehr als 40 Reservisten haben einen Brief unterschrieben, in dem sie erklären, dass sie weitere Einsätze verweigern wollen. Michael Ofer Ziv ist einer von ihnen. (…) Der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wirft er vor, zu wenig für die Freilassung der Geiseln zu tun. Bisher konnte die Armee sieben Geiseln aus der Gewalt der Hamas befreien. Mehr als hundert wurden über ein Abkommen mit der Terrororganisation freigelassen. Ofer Ziv will seinen Beitrag leisten, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Deshalb erzählt er von seinen Erlebnissen im Gaza-Krieg: „Ich kann der Regierung nicht vertrauen. Ich glaube, dass das, was wir in Gaza tun, unmoralisch ist. Es ist sehr, sehr, sehr problematisch.“ Der Weg an die Öffentlichkeit könnte für ihn selbst zu einem Problem werden. In den nächsten Tagen schon könnte die Armee den Reservisten wieder zum Dienst einberufen. Eine Verweigerung kann mit Gefängnis bestraft werden. Der 29-Jährige will sich davon aber nicht einschüchtern lassen: „Das macht mir Sorgen. Aber im Moment habe ich mehr Angst davor, das zu tun, was sie von uns in Gaza wollen, als davor, ins Gefängnis zu gehen.“
    Beitrag von Björn Dake vom 17. Juli 2024 in tagesschau.de externer Link
  • Die Proteste in Israel gegen die Regierung und den Krieg werden immer massiver, während israelische Soldaten Menschenrechtsverletzungen in Gaza enthüllen und zunehmend den Dienst verweigern

    • Wahrscheinlich der größte Protest in #TelAviv gegen die Regierung in #Israel seit dem 7.10.  Aufruf zur Beendigung des Krieges und zum Abschluss eines Deals zur Freilassung der Geiseln.“ Tweet von @brulla_micha vom 13. Juli 2024 externer Link
    • Tel Aviv, Geiselplatz – Andrey Kozlov, der 8 Monate lang in Gaza als Geisel festgehalten wurde und kürzlich bei einer IDF-Operation befreit wurde, spricht auf Englisch und fordert den Premierminister auf, alle sofort nach Hause zu bringen. Er weiß genau, was sie durchmachen. „Glauben Sie mir, jeder Tag zählt, jede Minute und sogar jede Sekunde.“
      281 Tage sind vergangen, seit sie alle von Hamas-Terroristen brutal nach Gaza verschleppt wurden
      .“ engl. Tweet von Or-ly Barlev in English vom 13.7.2024 externer Link mit Video der Rede
    • Jerusalem: Aktivisten gegen das Massaker in Gaza haben bei der Demonstration für einen Geiselnahme-Deal einen Antikriegsblock gebildet. Sie fordern sofortigen Waffenstillstand.“ engl. Tweet von Voices Against War vom 13.7.2024 externer Link mit Video
    • „Wir wollten sie stürzen“. Hamza Howidy hat gegen die Hamas demonstriert. Der internationalen Pro-Palästina-Bewegung wirft er Verherrlichung der Islamisten vor.
      Im Interview von Konstantin Nowotny in der taz online am 13. Juli 2024 externer Link berichtet Hamza Howidy von seinen Erfahrungen in Gaza: „… Ich sollte 2019 mein Studium abschließen, also habe ich meine Zukunft zu planen begonnen und mich für Jobs beworben. Aber die wirtschaftlichen Bedingungen waren wirklich schlecht, und die Hamas verfolgte eine Politik, die nur Hamas-Mitglieder im öffentlichen Dienst vorsah, nicht Leute wie mich – ganz zu schweigen von der massiven Korruption. Die Menschen wollten die Hamas stürzen, aber wir waren nicht mutig genug, das öffentlich zu sagen, also versteckten wir uns hinter dem Slogan „Wir wollen leben“. Wir forderten angemessene Lebensbedingungen, mehr Arbeitsplätze – und Wahlen. Denn Wahlen gab es in Palästina nur ein einziges Mal, im Jahr 2006. Wir gingen auf die Straße, aber nach 20, 30 Minuten wurden wir von Hamas-Milizen angegriffen. Ich wurde von einem Hamas-Mann direkt neben mir festgehalten, der undercover unterwegs war. Wir wurden verhaftet und nach Dschabalia im nördlichen Gazastreifen gebracht. Ich war drei Wochen dort und wurde gefoltert, meine Familie konnte das Bestechungsgeld zahlen. Wer das Geld nicht hatte, blieb monatelang dort. (…) Nachdem ich zum zweiten Mal an den „We want to live“-Demonstrationen teilgenommen hatte, wurde ich erneut verhaftet und gefoltert. Es gab wieder keinerlei Medienberichterstattung oder gar einen Aufruf zur Freilassung. Also bewarb ich mich um ein türkisches Visum, verließ Gaza durch den Übergang in Rafah nach Ägypten, kam dann von Ägypten in die Türkei, von der Türkei mit einem Flüchtlingsschiff nach Griechenland und von Griechenland nach Deutschland. (…) Als die israelische Regierung gewählt wurde, hieß es, es sei die am weitesten rechts stehende israelische Regierung, die es je gegeben habe. Als wir dann die Reaktion Israels auf die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober sahen, waren wir entsetzt. Wir waren Militäroperationen gewöhnt, wir hatten mindestens alle zwei oder drei Jahre eine. Da beschränkte sich die Reaktion der is­rae­lischen Armee auf die Einrichtungen der Hamas und ihre Mitglieder. Aber in diesem Krieg war die Reaktion massiv, und ich persönlich glaube nicht, dass die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) die richtigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben, um die Zahl der zivilen Opfer zu minimieren. (…) Eigentlich bin ich nicht hier, um Israel zu verteidigen, aber wenn die Protestierenden sagen, dass Israel schlimmere Verbrechen begeht als die Hamas, sollten sie sich die Frage stellen: Was wäre, wenn die Hamas über die militärischen Kapazitäten der IDF verfügen würde? Ich glaube, es wäre ein Albtraum für alle. Ich denke, dass die Aktivist*innen Angst haben, als Alibi benutzt zu werden, um zu rechtfertigen, was mit den Zivilist*innen in Gaza und im Westjordanland geschieht. Andererseits zeigen die Menschen gerne mit dem Finger auf Israel und machen es für alles verantwortlich. Das ist nicht nur auf den Nahen Osten oder die arabische Welt beschränkt, sondern geschieht auch im Westen. Also ja, Israel verdient einige Kritik und trägt einige Schuld; aber nein, nicht die alleinige. (…) Ich glaube, dass die Forderung nach einem Waffenstillstand allein, ohne Entwaffnung der Hamas, ohne Sturz der Hamas, ohne sofortige Freilassung der Geiseln, niemandem etwas bringt, weder Palästinensern noch Israelis. (…) Ich habe die Nachrichten verfolgt und bin schockiert, dass die israelische Regierung die Siedlungen im Westjordanland ausbaut und in alle Städte eindringt, die sie eigentlich nicht betreten darf. Wenn die derzeitige israelische Regierung nicht ersetzt wird, wird im Westjordanland etwas passieren. Man kann nicht erwarten, dass die Menschen dort tatenlos zusehen, wie die israelische Armee jeden Tag kommt, wie die Siedlungen expandieren und die Gewalt der Siedler zunimmt…“
    • Genau so sieht Völkermord aus: Wer Israels Vorgehen in Gaza als Genozid einstuft, verbreitet kein antisemitisches Narrativ, sondern stellt sich der Realität
      So der renommierte israelische Holocaust-Forscher Amos Goldberg: „Wie er zu dieser Folgerung kommt und warum Deutschland die falschen Lehren aus seiner Geschichte zieht“, erklärt Amos Goldberg, der am Institut für jüdische Geschichte und zeitgenössisches Judentum an der Hebräischen Universität Jerusalem lehrt, im Gespräch mit Elias Feroz in Jacobin.de am 10. Juli 2024 externer Link:“Ich habe in meinen Artikel geschrieben: »Ja, es ist ein Völkermord«. Ich bin mir bewusst, dass es sich hierbei um einen schwerwiegenden Vorwurf handelt, und ich nehme ihn nicht auf die leichte Schulter. Es fiel mir sehr schwer, diesen Beitrag zu verfassen, da es auch um mein Volk und meine Gesellschaft geht. Als Teil dieser Gesellschaft trage auch ich eine Verantwortung für das, was geschieht. Das Ausmaß der Gräueltaten und Zerstörungen in Israel am 7. Oktober war beispiellos. Es dauerte einige Zeit, bis ich das Geschehen verdaut hatte und artikulieren konnte, was sich vor meinen Augen abspielte. Aber sobald man sieht, was passiert, kann man nicht mehr schweigen. Auch wenn es für mich, meine Leser oder die israelische Gesellschaft qualvoll und schmerzhaft ist, muss die Debatte irgendwo beginnen. Es gibt verschiedene Definitionen von Völkermord, aber nur eine wird weltweit akzeptiert, und zwar die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, auch Völkermordkonvention genannt, die im Dezember 1948 von den Vereinten Nationen angenommen wurde. Es handelt sich dabei um eine rechtliche Definition, die jedoch vage ist und offen für Interpretationen, weshalb sie auch kritisiert wurde und wird. Diese Konvention beschreibt Völkermord als ein Verbrechen, das mit der Absicht begangen wird, »eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören«. Die Absicht zur Vernichtung ist entscheidend – allerdings muss dabei nicht zwingend eine vollständige Vernichtung intendiert sein, auch eine »teilweise« Vernichtung fällt in den Rahmen dieser Definition. Die Kritik an dieser Definition zielt unter anderem darauf ab, dass sie einige Kategorien unerwähnt lässt, wie etwa politische Gruppen, die in der Sowjetunion verfolgt wurden. Auch der »kulturelle Völkermord« findet in der Konvention keine Erwähnung, weil die USA befürchteten, man könne sie beschuldigen, Völkermord an ihrer eigenen indigenen Bevölkerung begangen zu haben. Die Einbeziehung kultureller Aspekte in die Konventionen war dem polnisch-jüdischen Anwalt Raphael Lemkin, der den Begriff »Genozid« prägte und sich bei den Vereinten Nationen dafür einsetzte, sehr wichtig. Er musste jedoch Kompromisse eingehen, um die Konvention genehmigen zu lassen. (…) Wenn man als Historiker das Gesamtbild betrachtet, erkennt man alle Elemente eines Genozids. Es gibt eine klare Absicht: Der Präsident, der Premierminister, der Verteidigungsminister und viele hochrangige Militäroffiziere haben dies sehr offen zum Ausdruck gebracht. Unzählige Male wurde dazu aufgefordert, Gaza in Schutt und Asche zu legen. Es wurde behauptet, dass es dort keine unschuldigen Menschen gäbe. Offene Appelle zur Zerstörung Gazas sind aus sämtlichen Schichten der Bevölkerung und der politischen Führung zu vernehmen. Innerhalb der israelischen Gesellschaft herrscht eine radikale Atmosphäre der Entmenschlichung der Palästinenserinnen und Palästinenser. In diesem Ausmaß habe ich das in den 58 Jahren, die ich hier lebe, so nicht erlebt. (…) Wie zu erwarten war, hat das dazu geführt, dass Zehntausende unschuldige Kinder, Frauen und Männer getötet oder verletzt wurden, die Infrastruktur beinahe vollständig zerstört wurde, die Bevölkerung vorsätzlich ausgehungert wird und die humanitäre Hilfe blockiert wird. Es gibt Massenvertreibungen und Massengräber, von denen wir immer noch nicht wissen, wie viele Menschen dort begraben liegen. Es gibt auch verlässliche Zeugenaussagen über Massenhinrichtungen, ganz zu schweigen von den zahlreichen Bombenanschlägen auf Zivilisten in sogenannten Sicherheitszonen. (…) Ich gebe zu, dass ich gezögert habe, Israels Vorgehen in Gaza als Völkermord zu bezeichnen. Ich habe nach Hinweisen gesucht, um mich davon zu überzeugen, dass es sich hier nicht um Genozid handelt. Niemand möchte Teil einer genozidalen Gesellschaft sein. Aber es gab eine explizite Absicht, ein systematisches Muster und ein genozidales Ergebnis – also kam ich zu dem Schluss, dass genau so ein Genozid aussieht. Und wenn man das begriffen hat, darf man nicht mehr schweigen…“
    • Krieg in Gaza: Hinrichtungen von Zivilisten, willkürliche Gewalt – Zeugenaussagen israelischer Soldaten enthüllen gravierende Menschenrechtsverletzungen in Gaza
      „In einem neuen Bericht beschreibt der Journalist Oren Ziv im Magazin »+972« abermals schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen durch israelische Soldaten im Gazastreifen. So seien Schießbefehle gegen Zivilisten gelockert und diese »standrechtlich« erschossen worden. Auch Häuser seien systematisch und »aus Langeweile« von den Besatzungstruppen zerstört worden. Israelische Soldaten hätten mitunter auch nur mit Panzern, Mörsern oder Artillerie geschossen, um ihre Präsenz zu demonstrieren. Die am Montag veröffentlichten Enthüllungen von »+972« basieren auf Aussagen mehrerer Soldaten, die von der israelischen Menschenrechtsorganisation Breaking the Silence gesammelt wurden. Das in Israel erscheinende Magazin will mit dem Bericht darüber die dringende Notwendigkeit internationaler Intervention und einer umfassenden Überprüfung der militärischen Praktiken deutlich machen. Als Quellen dienen auch Videos, die von dem in Katar ansässigen Sender Al Jazeera veröffentlicht wurden. Sie zeigen die Erschießung Unbewaffneter durch israelische Soldaten. Sechs israelische Soldaten hätten »+972« bestätigt, dass sie praktisch ohne Einschränkungen auf Palästinenser schießen dürfen. Zivile Opfer würden als »Terroristen« gezählt, um die Statistiken zu verbessern. Einer der Zeugen belegt dies mit mitgehörten Funksprüchen, wonach Soldaten eine palästinensische Familie erschossen. »Zuerst hieß es ›vier Personen‹. Daraus wurden dann zwei Kinder und zwei Erwachsene, und am Ende waren es ein Mann, eine Frau und zwei Kinder.« Viele Soldaten behandelten die Häuser laut dem Bericht »wie einen Souvenirladen« und plünderten alles, was die Bewohner nicht mitnehmen konnten. Beträchtlich viele bewohnte Häuser würden systematisch niedergebrannt. Dies habe zu großflächigen Zerstörungen und Obdachlosigkeit unter der palästinensischen Bevölkerung geführt. Zerstörungen erfolgten aber auch aus purer Lust: Einer der Zeugen beschreibt dazu einen Vorfall während des jüdischen Chanukka-Festes im Dezember, wonach »das ganze Bataillon zusammen das Feuer eröffnete, wie ein Feuerwerk, einschließlich Leuchtspurmunition. Es gab eine verrückte Farbe, die den Himmel erleuchtete, und da Chanukka das ›Fest der Lichter‹ ist, war das ein Symbol dafür.« Die Soldaten berichteten zudem von zahlreichen zivilen Opfern, darunter auch Kinder, die in sogenannten No-go-Zonen getötet werden. Diese Zonen sind oft nicht klar gekennzeichnet, sodass Zivilisten darin unwissentlich in Gefahr geraten können. Leichen oder Körper von Schwerverletzten blieben häufig unbeachtet liegen und würden von streunenden Tieren gefressen, schreibt Oren Ziv. Vor der Ankunft internationaler Hilfskonvois würden Tote und mitunter auch Lebende mithilfe von Bulldozern verscharrt, um den Eindruck einer humanitären Krise zu vermeiden. Der Bericht schildert auch die Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid der palästinensischen Bevölkerung. In militärischen Einsatzzentralen tönten demnach »Jubelschreie«, wenn Drohnen Aufnahmen der Zerstörung von Gebäuden übertragen. Einige Soldaten hätten aber auch moralische Bedenken bezüglich der Entmenschlichung von Palästinensern geäußert, insbesondere wegen der wahllosen Tötung von Zivilisten und der Zerstörung von Wohnhäusern. »+972« zitiert in dem Bericht auch die israelische Organisation Yesh Din, die in den Einsätzen Kriegsverbrechen sieht. Dass es keine angemessene Untersuchung dieser Vorfälle durch israelische Behörden gegeben habe, verweise auf eine systematische Straffreiheit. (…) Seit Beginn des Gaza-Krieges veröffentlicht das Magazin »+972« kontinuierlich kritische Berichte über die israelische Besatzungspolitik und Menschenrechtsverletzungen. Oren Ziv schrieb dazu unter anderem über die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Israel. (…) Auch ein aktueller Bericht in der israelischen Zeitung »Haaretz« legt nahe, dass das Militär am 7. Oktober und im anschließenden Gaza-Krieg Menschenrechtsverletzungen beging und sogar vorsätzlich eigene Staatsangehörige tötete…“ Artikel von Matthias Monroy vom 10. Juli 2024 in Neues Deutschland online externer Link
    • “The vibe is ‚You can fire wherever you want“: 42 israel|ische Reservisten, die seit dem 7. Oktober im Kampf in Gaza waren, haben einen Brief unterschrieben, in dem sie ihren weiteren Dienst verweigern.
      • Drei Reservisten der israelischen Armee erklären, warum sie sich weigern, weiter in Gaza zu dienen
        Yuval musste zwei Wohnhäuser abfackeln; Michael erkannte, wie viele Zivilisten bei jedem Bombardement, das er beobachtete, wahrscheinlich getötet wurden; und Tal brach zusammen, als Israel in Rafah einmarschierte. Sie sind bereit, den Preis für ihre Weigerung, in Gaza zu dienen, zu zahlen…“ engl. Artikel von Liza Rozovsky vom 27.6.24 in haaretz externer Link
      • Siehe Infos in https://www.breakingthesilence.org.il/externer Link
  • Demonstrationen in Israel: Mehr als 100.000 protestieren gegen Regierung
    „In Israel hat es eine der größten Protestaktionen gegen die Regierung seit dem 7. Oktober gegeben. Nach Medienberichten gingen in Tel Aviv rund 150.000 Menschen auf die Straße. Sie fordern Neuwahlen und die Freilassung der Geiseln. In Israel hat es nach Medienberichten die größten Massenproteste seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 gegeben. Die Organisatoren sprachen von rund 150.000 Teilnehmern, die allein in Tel Aviv auf die Straße gegangen sind. Auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheba und anderen Orten gab es Massenproteste. Die Menschen fordern ein Ende der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und die Freilassung der im umkämpften Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. „Lebendig, lebendig – und nicht in Leichensäcken“, skandierten Demonstranten. (…) Bei den Massenprotesten gegen Netanjahus Regierung in Tel Aviv kam es laut Medienberichten zu Rangeleien mit der Polizei, mehrere Personen seien festgenommen worden. Polizeiminister ist der rechtsextreme Politiker Itamar Ben-Gvir. Berittene Beamte hätten versucht, mit ihren Pferden einige der Demonstranten auseinanderzutreiben. Die Gewalt der Polizei bei den Demonstrationen habe „alle Grenzen überschritten“, schrieb der neue Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, der frühere Vize-Generalstabschef Jair Golan, auf X. Die Polizei dürfe nicht „zu einem Werkzeug in den Händen der korrupten und gescheiterten Regierung“ werden, meinte er.“ Meldung vom 23.06.2024 in tagesschau.de externer Link – siehe dazu:

    • 260 Tage nach dem 7. Oktober demonstrieren israelische Aktivisten in Jerusalem, fordern einen sofortigen Waffenstillstand und einen Geiseldeal und skandieren:  „Bibi, Bibi, du kannst die in Rafah begangenen Verbrechen nicht verbergen„“ engl. Tweet von Voices Against War vom 22.6. externer Link mit Video
    • „#TelAviv Bei den größten Massendemonstrationen seit dem 7. Oktober sind heute Abend erneut Zehntausende auf die Straße in #Israel gegangen und fordern den sofortigen Sturz #Netanjahu|s, einen Waffenstillstand, einen Geiseldeal und Neuwahlen.“ Tweet von Ardor vom 22.6. externer Link mit Retweets zu Videos und Fotos
    • Heute in Jerusalem: Israelische Aktivisten protestierten gegen den Völkermord in Gaza. Sie skandierten: „1,2,3,4 Stoppt diesen völkermörderischen Krieg! 5,6,7,8 Israel ist ein Apartheidstaat!“ engl. Tweet von Voices Against War vom 21.6. externer Link mit Video
  • Die nächste Regierungskrise. Der Rechtsruck in Israel steht einem Frieden im Gazakrieg entgegen, meint der Historiker Yair Wallach
    Die Forderungen nach einem Waffenstillstand werden international immer lauter. Yair Wallach spricht im Interview über die aufkommenden Konflikte in der israelischen Gesellschaft, warum eine Regierungskrise unter Benjamin Netanjahu unausweichlich ist und welche Bedingungen für einen nachhaltigen Frieden erfüllt sein müssen. (…) Einige Personen aus dem Militär und den Nachrichtendiensten sprachen sich sofort gegen die Militäraktion in Gaza aus und waren der Meinung, dass die Befreiung der Geiseln Vorrang haben sollte. Aber die militärischen Befehlshaber wollten sich beweisen und das retten, was von ihrer Glaubwürdigkeit noch übrig war. Sie drängten zum Handeln. Sie gingen auch davon aus, dass die Regierung eine Art diplomatischen und politischen Plan vorlegen würde, was aber nicht geschah. Jetzt will zumindest das Oberkommando ein Ende des Krieges. (…) Ein Waffenstillstand würde den Rücktritt der Regierung und vorgezogene Wahlen bedeuten. Es ist eine Art Henne-Ei-Situation, denn die israelische Öffentlichkeit, die den Rücktritt der Regierung wünscht, wartet auf das Ende des Krieges, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Es gibt immer wieder Proteste, aber die meisten Menschen halten es für falsch, gegen die Regierung zu protestieren, während das Militär noch kämpft. Die andere Möglichkeit ist eine Art politische Krise innerhalb Israels, die zum Rücktritt der Regierung führt. (…)
    [Nach dem 7. Oktober sind die Proteste der Regierungsgegner*innen offenbar verschwunden. Jetzt sind sie wieder da.]
    Einige dieser Menschen sind offensichtlich wieder auf die Straße gegangen. Viele gingen davon aus, dass die Proteste wieder aufflammen würden, aber das ist nicht geschehen. Zum einen, weil die Menschen, solange die Zentrist*innen an der Regierung beteiligt waren, dachten, dass sie die Dinge vielleicht in die richtige Richtung treiben würden. Zum anderen ist Protest während eines Krieges eine sehr schwierige Sache. Im Gazastreifen geschehen Gräueltaten, und in Israel ist man nicht bereit, dies als moralisches Problem zu thematisieren, was sehr traurig ist. Der letzte Grund für das Schweigen der Protestbewegung ist der Schock vom 7. Oktober. Die israelische Gesellschaft lebt noch immer in diesem Tag. Und solange die Geiseln in Gaza sind, geht dieser Albtraum weiter. (…) Auf der anderen Seite erleben wir eine schreckliche Zensur. Der Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hat die Polizei in eine rechtsgerichtete Miliz verwandelt. Sie geht vor allem gegen jüdische Demonstrierende vor, die gegen die Regierung sind, aber auch gegen palästinensische, und zwar sehr gewalttätig und politisch. Wir können davon ausgehen, dass Ben-Gvir bei der nächsten Wahl noch stärker wird. Vieles wird von den US-Wahlen abhängen. Trump könnte die Rechten dazu bringen, in Israel selbstbewusster aufzutreten, und das, was von den israelischen demokratischen Institutionen innerhalb Israels und den Gerichten übrig ist, zu demontieren. (…)
    [In Jerusalem gibt es ein Protestcamp an der Kunsthochschule. Sind sie mit der globalen Bewegung verbunden?]
    Es handelt sich um eine örtliche Gruppe der Standing-Together-Bewegung, die binational ist, d.h. eine jüdisch-israelische und palästinensische Bewegung innerhalb Israels. Die Forderungen sind die Beendigung des Krieges und ein Geiseldeal. Es ist interessant, dass sie sich entschieden haben, den Protest nach Israel zu tragen. Standing Together wurde vor einigen Monaten von der BDS-Bewegung verurteilt und die Aktivist*innen wurden als »Normalisierer« und »Zionist*innen« bezeichnet. Es gibt eine sehr klare ideologische Spaltung in der globalen Bewegung. Aber Standing Together will etwas bewirken. Unmittelbar nach dem 7. Oktober organisierten sie Bürger*innenwehren, um einem Bürgerkrieg in Israel entgegenzuwirken. Als es Angriffe auf die Hilfskonvois nach Gaza gab, bekämpften sie die Leute, die die Lastwagen angriffen, sie fungierten als eine Art menschlichesr Schutzschild. Damit sind sie recht erfolgreich. (…)
    In den letzten acht Monaten haben wir Bewegung in Bezug auf Sanktionen gegen Israel erlebt, wie wir sie in den letzten 20 Jahren nicht erlebt haben. Wir werden Urteile des Internationalen Strafgerichtshofs und des Internationalen Gerichtshofs sehen, die die Besatzung für illegal erklären – es bahnt sich ein Schneeballeffekt an. Wenn das so weitergeht, werden sich Wege für Frieden und Kompromisse öffnen. Das zweite Element ist die jüdische linke Mitte in Israel. Sie muss ein Bündnis mit den palästinensischen Bürger*innen Israels eingehen. Das ist eine Voraussetzung für eine Bewegung in Richtung Gleichheit und Gerechtigkeit. Der Ausschluss der Palästinenser*innen aus dem politischen Prozess bedeutet, dass man in exklusiven ethnozentrischen Begriffen denkt. Ihre Einbeziehung und der politische Prozess sind notwendig. Und das Prinzip des Binationalismus muss akzeptiert werden. Das kann zu zwei Staaten führen oder zu einer Föderation. Als Letztes möchte ich sagen, dass das koloniale Ethos der Expansion, der Landnahme und der Vertreibung der Palästinenser*innen in diesem Prozess ein Ende haben muss. Bevor das nicht endet, ist kein Frieden möglichInterview von Johannes Tesfai in ak 705 vom 18. Juni 2024 externer Link
  • Großdemos in Israel: Zehntausende fordern Geisel-Abkommen
    In Tel Aviv und anderen israelischen Städten haben erneut Zehntausende Menschen für eine Vereinbarung mit der Hamas zur Freilassung der seit fast acht Monaten verschleppten Geiseln demonstriert. Auch Neuwahlen wurden wieder gefordert. Nach Bekanntwerden von Details eines von Israel akzeptierten [???] Vorschlags für ein Geisel-Abkommen haben in Israel wieder Zehntausende für einen solchen Deal mit der Terrororganisation Hamas demonstriert. Die Demonstrationen richteten sich aber auch gegen die israelische Regierung. Auf Plakaten bei der Kundgebung in Tel Aviv war unter anderem zu lesen, US-Präsident Joe Biden interessiere sich mehr für die Geiseln als Israels Premier Benjamin Netanyahu. Einige Demonstranten hatten US-Flaggen dabei. Auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheva und weiteren Orten demonstrierten Menschen für die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.
    Laut Medien bis zu 120.000 Menschen in Tel Aviv
    Im Zentrum der Küstenmetropole Tel Aviv forderten die Demonstranten lautstark Neuwahlen. Sie skandierten, die Zeit der rechts-religiösen Koalition sei vorbei. Viele Demonstranten werfen der israelischen Führung unter anderem vor, nicht genug für die Freilassung der Geiseln zu tun. Die israelische Zeitung Times of Israel berichtete unter Berufung auf die Organisatoren, dass allein zur Kundgebung in Tel Aviv 120.000 Menschen gekommen seien. Es sei der größte Protest seit dem 7. Oktober. In Tel Aviv kam es zu Zusammenstößen einiger Demonstranten mit der Polizei. Einsatzkräfte nahmen laut Medienberichten mehrere Menschen fest
    …“ Meldung vom 02.06.2024 in tagesschau.de externer Link – eine Meldung von vielen, siehe dazu ebenfalls nur beispielhaft:

    • Die Polizei vertreibt uns gewaltsam von der Kaplan-Kreuzung in Tel Aviv, in der Nähe des Verteidigungsministeriums. Wir werden nicht aufgeben und weiterhin gemeinsam mit der Mehrheit der Bevölkerung in Israel jetzt ein Abkommen fordern, das die Entführten lebend zurückgibt und den Krieg beendet.“ isr. Tweet von Standing Together vom 1. Juni 2024 externer Link mit Video
    • Die Zukunft für uns alle in #Israel-#Palästina muss auf einer arabisch-jüdischen Partnerschaft basieren. Es leben hier 7 Millionen Palästinenser und 7 Millionen Juden; keiner von uns wird irgendwohin gehen. Unser Schicksal ist miteinander verbunden & wir teilen unsere Zukunft.“ engl. Tweet von  Standing Together vom 30.5.24 externer Link zum Video der Kundgebung
  • Israel-Gaza-Krieg: Regierungsgegner stoßen mit der Polizei in Tel Aviv zusammen und fordern einen Geiselhandel. Die Demonstranten forderten auch den Rücktritt des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu und Neuwahlen
    In Tel Aviv ist es zu Zusammenstößen zwischen der israelischen Polizei und Demonstranten gekommen, nachdem Tausende gegen die Regierung demonstriert und sie aufgefordert hatten, die von der Hamas in Gaza festgehaltenen Geiseln zurückzubringen. (…) Einige Demonstranten in Tel Aviv trugen Fotos der Soldatinnen, die Anfang der Woche in einem Video zu sehen waren, das sie kurz nach ihrer Entführung während des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober zeigt. Einige trugen Transparente mit der Aufschrift „Stoppt den Krieg“ und „Hilfe“. Sie forderten die Regierung auf, eine Vereinbarung zur Freilassung der Dutzenden von Geiseln zu treffen, die sich noch in Gefangenschaft befinden.
    Die Demonstranten forderten auch den Rücktritt des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu und verlangten Neuwahlen. (…) Wie die israelische Zeitung Haaretz berichtete externer Link, wurden bei den Protesten am späten Samstag sieben Personen verhaftet und mindestens eine Person verletzt. Auch in anderen Teilen des Landes fanden Proteste statt, unter anderem in der Hafenstadt Haifa, schrieb die Zeitung
    …“ redaktioneller Beitrag vom 26.5.2024 im Guardian online externer Link (maschinenübersetzt), siehe auch:

    • Wir sind gespalten“: Einigkeit in Israel schwindet, während sich der Krieg in Gaza dem neunten Monat nähert
      „… In Israels stark polarisierter Gesellschaft, die entlang ethnischer, religiöser und politischer Linien gespalten ist, soll das Militär „die Armee des Volkes“ sein, ein unpolitischer Schmelztiegel, der das Land zusammenführt. Doch während sich der Krieg gegen die Hamas seinem neunten Monat nähert, ist die nationale Einheit, die nach dem Angriff der militanten palästinensischen Gruppe am 7. Oktober zu sehen war, verblasst. „Wir sind eine politisch gespaltene Gesellschaft, und ich glaube, dass wir leider in den wichtigsten Fragen gespalten sind“, sagte Simcha, 45, der an einem heißen Tag in der vergangenen Woche Jerusalems Erholungsviertel First Station besuchte. „Wenn es um den Krieg und die Probleme im Nahen Osten geht, sind wir uneins darüber, wie wir sie lösen sollen … Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine Lösung gibt.“ (…) Je länger sich der Krieg hinzieht, ohne dass es einen konkreten Plan für den Tag danach gibt, desto mehr sinkt die Moral. Die Gespräche über die Befreiung der etwa 100 verbliebenen israelischen Geiseln sind wiederholt gescheitert, während die Hamas und die libanesische Hisbollah das tägliche Leben weiterhin mit Raketenangriffen stören. Während laut einer Umfrage vom Oktober 70 % der Israelis der Meinung waren, dass das Land kämpfen sollte, bis die Hamas „eliminiert“ ist, ergab eine Umfrage des Midgam-Instituts, eines Markt- und Meinungsforschungsunternehmens mit Sitz in Bnei Brak, östlich von Tel Aviv, vom Mai, dass 62 % der Befragten einen „totalen Sieg“ im Gazastreifen für unmöglich halten. Am Samstagabend fanden in ganz Israel Demonstrationen statt, bei denen die Demonstranten ein sofortiges Geiseldiplom und vorgezogene Wahlen forderten. In Tel Aviv wurden sieben Personen verhaftet, nachdem sie an einer wichtigen Autobahnkreuzung ein Lagerfeuer entzündet hatten…“ engl. Artikel von Bethan McKernan und Quique Kierszenbaum vom 27.5.2024 im Guardian online externer Link (maschinenübersetzt)
    • Netanjahu sieht sich mit interner Opposition in seiner Koalition und auf der Straße konfrontiert
      Der israelische Oppositionsführer Benny Gantz hat damit gedroht, die Regierungskoalition zu verlassen, falls der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu keinen Plan für die Zeit nach dem Krieg im Gazastreifen entwickelt. Die Proteste in Israel gehen weiter und fordern einen Waffenstillstand und die Freilassung aller in Gaza festgehaltenen Geiseln – tot oder lebendig.“ engl. Meldung vom 20.5.2024 in Democracy Now! externer Link
  • »Die Palästinenser brauchen jetzt unsere Solidarität«
    Der israelische Menschenrechtsaktivist Guy Shalev fordert im Interview von Raul Zelik vom 10. Mai 2024 in Neues Deutschland online externer Link mehr politischen Druck auf die Regierung Netanjahu: „Der Angriff im Oktober war sehr schmerzvoll und hat viele politische Perspektiven zerstört. Zweifelsohne hat er auch das Gefühl vieler Israelis erschüttert, von der Regierung beschützt zu werden. Aber die Angst, dass jetzt die Jüd*innen ausgelöscht werden sollen, war meiner Ansicht nach nicht sehr verbreitet. Meine größte Furcht war schon damals, welche Folgen der Angriff für die israelische Gesellschaft haben würde. Wenn ich ehrlich bin, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es so schlimm kommen würde. Ich dachte, die internationale Gemeinschaft würde Israel sehr viel früher stoppen. Wir sind extrem enttäuscht, dass der Krieg der israelischen Regierung auf keinerlei Widerstand der westlichen Staaten gestoßen ist. (…) Selbst wenn es jetzt noch zu einem Waffenstillstand käme, wüsste ich nicht, wie es weitergehen soll. Die israelische Armee und die Regierung haben fürchterliche Verbrechen begangen, und die große Mehrzahl der jüdischen Israelis haben diese Vergehen unterstützt … Ich weiß nicht, wie ich weiter mit Menschen zusammenleben soll, die derartige Gewalttaten gerechtfertigt haben. Vor uns tut sich ein moralischer Abgrund auf. (…) Wir, die wir mit der Realität in Gaza konfrontiert sind, sind eher wieder zusammen gerückt. In der israelischen Gesellschaft sieht das ganz anders aus. In den Medien wird kaum abgebildet, was im Gazastreifen los ist. Und auch die Berichterstattung über die internationalen Proteste ist völlig vom Narrativ der Rechten geprägt. Man erzählt den Menschen, dass die Uni-Besetzungen in den USA Ausdruck einer antisemitischen Hasswelle sind. Die israelische Regierung, die rechteste in der Geschichte des Landes, setzt das sehr gezielt ein. Israel wird als einzig sicherer Ort für die Jüd*innen verkauft. (…) Die Lage in den Gefängnissen beweist, dass es eine institutionelle, strukturelle Missachtung palästinensischen Lebens in Israel gibt. Bei den Kämpfen in Gaza kann sich die Armee damit herausreden, dass Kombattant*innen und Zivilist*innen oft nur schwer zu unterscheiden sind. Aber dafür, dass in einem einzigen Internierungslager im Süden Israels seit Oktober 43 Häftlinge gestorben sind, gibt es keine Entschuldigung. Der Einsatz der Folter zeigt die Logik des israelischen Gefängnissystems. Menschen werden in Käfigen gehalten, viele Inhaftierte haben Gliedmaßen verloren, weil ihnen die Handschellen zu eng angelegt worden sind. Wir konnten in den vergangenen Monaten an Autopsien palästinensischer Häftlinge teilnehmen und verfügen deshalb über Informationen aus erster Hand. Gefangene sind gestorben, weil der israelische Staat ihnen bewusst die medizinische Versorgung verwehrt hat. In anderen Fällen war der Tod auf die Gewalt der Gefängniswärter zurückzuführen. Damit Sie einen Vergleich haben: In Guantánamo starben in über 20 Jahren neun Personen. In den israelischen Gefängnissen waren es seit Oktober mehr als 60. (…) Als zivilgesellschaftliche Organisation haben wir alle Arten von Drohungen erhalten. Und wir glauben, dass die Regierung Netanjahu – wenn sie den versprochenen Sieg nicht erringen kann – gegen diejenigen vorgehen wird, die ihrer Meinung nach diesen Erfolg verhindert haben. Menschenrechtsorganisationen sind in Israel schon seit Jahren das Ziel politischer Angriffe. Das wird sich vermutlich weiter zuspitzen. In Russland und der Türkei haben wir gesehen, wie so eine Entwicklung laufen kann. (…) Ich glaube tatsächlich, dass Siedlerkolonialismus, Apartheid und Besatzung Bestandteile des israelischen Staatsprojekts sind. (…) Es ist mein ureigenstes Interesse, andere Menschen als Gleiche zu behandeln. Es gibt Wege, wie das geschehen könnte, und es würde für Gerechtigkeit und dann auch für Frieden sorgen. Wenn wir hingegen die Augen vor den Tatsachen verschließen, wird das die bestehenden Herrschaftsverhältnisse bekräftigen. Hätten wir die Oslo-Verträge umgesetzt und den Vertriebenen eine Möglichkeit auf Rückkehr eröffnet, wären wir heute nicht in dieser schrecklichen, aussichtslosen Situation.“
  • Israelis fordern von Regierung Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens – und werden von der Polizei angegriffen
    Israelis haben in Westjerusalem und der Hauptstadt Tel Aviv demonstriert und die Regierung aufgefordert, das von der Hamas akzeptierte Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen. Die Polizei griff in die Demonstration in Westjerusalem ein.
    Nach der Ankündigung, dass die Hamas ein Abkommen über einen Waffenstillstand und einen Gefangenenaustausch im Gazastreifen akzeptiert hat, protestierten Israelis an mehreren Orten und forderten, dass die Regierung das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet.
    Am Abend versammelten sich Angehörige von israelischen Gefangenen im Gazastreifen und ihre Unterstützer in der Menahem-Begin-Straße vor dem Gebäude des Verteidigungsministeriums in Tel Aviv, um gegen den Angriff der israelischen Armee auf die Stadt Rafah zu protestieren. Die etwa 200 Israelis trugen Transparente, Plakate, Poster, Spruchbänder und Bilder von israelischen Gefangenen im Gazastreifen mit der Aufschrift „Es liegt ein Abkommen auf dem Tisch, unterschreibt es“, „Kein Preis ist zu hoch für Gefangene“, „Genug ist genug“, „Angriff auf Rafah = Tötung von Gefangenen“. Israelis skandierten: „Bringt sie alle“, „Jetzt verhandeln“, „Unterschreibt ein Abkommen auf dem Tisch“. Demonstranten zündeten einen Sarg an, der israelische Gefangene im Gazastreifen repräsentierte. (…) Israelische Aktivisten marschierten von der Jaffa-Straße in West-Jerusalem zum Pariser Platz in der Nähe des Büros des Premierministers. Die israelische Polizei blockierte die Straßen, die zu Netanjahus Haus führen, mit Eisenbarrieren und Sicherheitsfahrzeugen. Hunderte von Menschen trugen Transparente, Plakate und Schilder mit der Aufschrift „Auch palästinensisches Leben zählt“, „Genug Tod, stoppt den Krieg“, „Angriff auf Rafah = Tote Gefangene“. Es kam zu einer Schlägerei, da die israelische Polizei von Zeit zu Zeit in die Demonstranten eingriff. Die Polizei nahm zwei Personen fest. Darüber hinaus fanden in Beerscheba im Süden und in Kfar Saba im Zentrum Demonstrationen und Märsche statt, bei denen ein Waffenstillstandsabkommen zur Rückführung israelischer Gefangener aus dem Gazastreifen gefordert wurde
    …“ türk. Artikel vom 8.5.2024 in Evrensel externer Link (maschinenübersetzt) mit Fotos, siehe auch:

    • Wir schließen uns den Tausenden Israelis an, die jetzt in Tel Aviv, Jerusalem und im ganzen Land protestieren und fordern, dass die israelische Regierung das Abkommen über einen Waffenstillstand und die Freilassung der Entführten akzeptiert.
      In diesen Momenten ist es wichtig, dass die internationale Gemeinschaft nicht tatenlos zusieht, sondern vielmehr handelt, um sicherzustellen, dass der Premierminister das sich abzeichnende Abkommen nicht torpedieren kann.
      #CeasefireNOW #BringThemAllHome
      “ hebr. Tweet von B’Tselem vom 6. Mai 2024 externer Link, siehe dazu
      Eine der wichtigsten israelischen Menschenrechtsorganisationen appelliert an die internationale Gemeinschaft die in diesen Minuten stattfindenden Demonstrationen zur Rettung der Geiseln zu unterstützen. Weiter: Es gehe um Druck auf Netanyahu ein Abkommen nicht zu „torpedieren„.“ Tweet von Martin Glasenapp vom 6. Mai 2024 externer Link
    • Seit Beginn des Krieges in #Gaza haben wir vor den Gefahren gewarnt, denen Palästinenser in israelischem Gewahrsam ausgesetzt sind, und gleichzeitig die systematische Verletzung ihrer Rechte aufgedeckt und dokumentiert. Zu Israels Vorgehen gegen palästinensische #Gefangene und Häftlinge gehören das gewaltsame Verschwindenlassen, Gewalt und Folter, medizinische Vernachlässigung und Unterernährung bis hin zum Hungertod.
      Trotz unserer beharrlichen Bemühungen ist es uns nicht gelungen, die Gräueltaten an Palästinensern in israelischen Haftanstalten zu verhindern. Diese Gräueltaten wurden diese Woche durch die Nachricht vom Tod von Dr. Adnan al-Bursh erneut ans Licht gebracht. Al-Bursh, Leiter der orthopädischen Abteilung des al-Shifa-Krankenhauses in Gaza und Vater von sechs Kindern, wurde im Dezember letzten Jahres im nördlichen Gazastreifen festgenommen. Seitdem liegen keine Informationen über seinen Verbleib vor. Anfang Dezember 2023 wurde al-Bursh gebeten, dem medizinischen Personal des Al-Awda-Krankenhauses in Jabalia zu helfen, wo er zusammen mit Dutzenden anderer medizinischer Mitarbeiter festgenommen wurde. Kollegen, die zusammen mit ihm inhaftiert waren und später freigelassen wurden, berichteten, dass sie ihn in mehreren israelischen Hafteinrichtungen angetroffen haben. Sie bemerkten seinen Erschöpfungszustand und Anzeichen von Gewalt an seinem Körper, wobei sie feststellten, dass er jederzeit gefesselt war. Die Todesnachricht enthielt keine Informationen über die Umstände oder den Ort seines Todes, und es bleibt unklar, wo sein Leichnam aufbewahrt wird. Die Verhaftung, das Verschwinden und der Tod von Hunderten von medizinischem Personal im Gazastreifen seit Beginn des Krieges sowie der Tod von al-Bursh in der Haft und Berichte über andere Ärzte, denen ein ähnliches Schicksal widerfahren ist, zeigen deutlich Israels vorsätzlichen und systematischen Angriff auf das Gesundheitssystem des Gazastreifens. Das gewaltsame Verschwindenlassen und die Folter, die Israel seit Beginn des Krieges verübt hat, stellen eine weitere Eskalation der Verletzung der Rechte palästinensischer Gefangener dar. Wir bekräftigen unsere Forderung nach der Freilassung aller seit Kriegsbeginn willkürlich inhaftierten Palästinenser, nach einem Ende der Misshandlungen und Folterungen in israelischen Gefängnissen und nach einer gründlichen Untersuchung des Todes von Dr. al-Bursh und aller anderen palästinensischen Gefangenen
      .“ engl. Thread von Physicians for Human Rights Israel (PHRI) vom 7. Mai 2024 externer Link
    • Die Polizei von Haifa verhält sich wieder einmal wie die Polizei von Ben Gvir, indem sie Stand Together-Aktivisten gewaltsam festnimmt und Schilder beschlagnahmt.
      Die Autofahrer, die in ihren Autos auf der blockierten Straße warten, hupen tatsächlich, um die Demonstration zu unterstützen! Die Regierung und ihre Polizei verstehen noch nicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung jetzt einen Deal will
      .“ hebr. Tweet von Standing Together vom 4. Mai 2024 externer Link mit Video
    • „#TelAviv live:  Während Berichte eintreffen, dass die Hamas den letzten von den USA und Ägypten vermittelten Deal (Geiselfreilassung // Waffenstillstand) akzeptiert hat, sind Tausende auf der Straße, um ihr Misstrauen gegenüber @Netanyahu auszudrücken, da erste Anzeichen bereits darauf hindeuten, dass er darauf aus ist, den Deal zunichte zu machen. #GazaKrieg“ engl. Tweet von Yonatan Touval vom 4. Mai 2024 externer Link mit Video
    • Eine solide Mehrheit in Israel unterstützt ein Waffenstillstandsabkommen, das die Rückkehr der Geiseln ermöglicht, statt einer Invasion in Rafah. Wir schließen uns Tausenden vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv an – blockieren den Verkehr, entzünden Feuer – und fordern unsere Regierung auf, sich auf die Seite des Volkes zu stellen.“ engl Tweet von Standing Together vom 29. Apr. 2024 externer Link mit einem Video aus Tel Aviv (Jewish-Arab Movement for Peace, Equality & Social Justice in Israel)
  • Rabbinerin Alissa Wise und die in Israel geborene Schriftstellerin Ayelet Waldman bei dem Versuch verhaftet, Lebensmittel nach Gaza zu bringen
    Die israelische Polizei hat am Freitag an der Grenze zum Gazastreifen sieben Rabbiner und israelische Aktivisten festgenommen, die Israel vorwarfen, den Hunger als Kriegswaffe gegen die Palästinenser einzusetzen. Die Delegation von Rabbis for Ceasefire trug Säcke mit Lebensmitteln zum Erez-Grenzübergang zwischen Israel und dem nördlichen Gazastreifen, während Berichten zufolge mehr als 1 Million Palästinenser im Gazastreifen kurz vor einer Hungersnot stehen. „Es ist unglaublich wichtig, dass diejenigen von uns, die ein Privileg haben, dieses Privileg nutzen, um auf diese anhaltende Katastrophe aufmerksam zu machen“, sagt Ayelet Waldman, eine der sieben am Freitag verhafteten Personen. Waldman betont, dass ihre „leicht unangenehme“ Verhaftung im Vergleich zu der Gewalt und Repression, der palästinensische Gefangene täglich ausgesetzt sind, verblasst…“ engl. Meldung vom 29.4.2024 von Democracy Now! externer Link (maschinenübersetzt) samt einem Interview von AMY GOODMAN
  • „Es ist wichtig, die Kriegslogik zu durchbrechen“. Radio Graswurzelrevolution im Gespräch mit Swetlana Nowoshenowa (Palestinians and Jews for Peace)
    Die deutsche Debatte um den Israel-Palästina-Krieg ist polarisiert. „Pro-palästinensische“ und „pro-israelische“ Positionen scheinen einander unvereinbar gegenüberzustehen, Antisemitismus, anti-palästinensischer und anti-arabischer Rassismus werden gegeneinander ausgespielt. „Wie können wir mit Blick auf Israel und Palästina eine gemeinsame Perspektive und gegenseitige Solidarität entwickeln? Wie können wir die verhärteten Fronten in der deutschen Debatte einander annähern und gegenseitige Solidarität fördern?“ Das fragt sich Swetlana Nowoshenowa von den Palestinians and Jews for Peace. „Wir brauchen eine gewaltfreie Lösung, die darauf basiert, dass Menschen gleiche Rechte haben, dann kann es Frieden geben“, so die Soziologin im Gespräch mit Dr. Bernd Drücke und Nika Hackenreiter von Radio Graswurzelrevolution.“ Interview vom 19. April 2024 beim medienforum münster externer Link Audio Datei
  • Raum für Unerwartbarkeit. Die neu aufgeflammten Massenproteste in Israel sind ein Empathietest für die globale Linke
    „… Demonstrationen gegen den Krieg in Gaza gab es von seinem ersten Tag an. Sie waren klein, und sie waren auch nur jüdisch. Jüdische Demonstrant*innen müssen in Israel mit Festnahmen rechnen, Palästinenser*innen manchmal auch mit dem Tod. Unter dem Vorwand der Kriegsgesetze bekam der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, ein Rechtsextremist, der mehrfach wegen Hetze und Hassverbrechen Polizeizellen von innen gesehen hat und jetzt selbst für die Polizei verantwortlich ist, mehr Macht. Er hat nach eigenen Angaben bis Februar schon 100.000 Waffenscheine an Zivillist*innen verteilt, eigene Gruppen (eine sogenannte Nationalgarde) außerhalb der Polizei aufgebaut und trainiert und das Demonstrationsrecht immer weiter eingeschränkt. Die Polizeigewalt hat seitdem stark zugenommen.
    Dessen ungeachtet sind seit Ende März auch die am 7. Oktober abgebrochenen Demonstrationen wieder aufgeflammt. Der offizielle Anlass für die jetzigen Proteste ist dabei zweifellos die Tatsache, dass 133 israelische Geiseln noch immer in Gaza in den Händen der Hamas sind. Eine Minderheit der Familien der Geiseln unterstützt eine weitere Militäroperation auch in Rafah. Netanjahu verspricht ihnen, dass dies ihre Angehörigen, Partner*innen, Eltern und Kinder nach Hause bringen wird. Die große Mehrheit der Familien der Geiseln sieht das anders: Ende November wurden 100 Geiseln durch einen Deal freigelassen; ohne Deal, durch Militäroperationen, konnten dagegen bisher nur drei Geiseln befreit werden. Mehrere sind durch diese Operationen wahrscheinlich ums Leben gekommen, sicher weiß man dies von dreien. Vor diesem Hintergrund haben die Familien begonnen, für einen Deal und gegen die Fortführung des Kriegs in Gaza zu demonstrieren. Auch dadurch wurden die Bewegungen, die vor dem 7. Oktober demonstrierten, aus ihrem Schlummer geweckt.
    Auch in diesen Demonstrationen, die die inoffiziellen Nachfolger des Protests gegen die Justizreform sind, gibt es große Unterschiede, erneut kommen viele verschiedene Organisationen mit unterschiedlichen politischen Ansichten zusammen. Auf dem rechten Rand sind Bewegungen wie die Waffenbrüder, die vornehmlich gegen Netanjahu demonstrieren. Sie sind hauptsächlich Reservist*innen, die die Militarisierung der israelischen Zivilgesellschaft so verinnerlicht haben, dass es für sie das wichtigste ist, einen Premierminister zu haben, dem die Soldat*innen vertrauen können.
    Doch auch der Block gegen die Besatzung ist wieder dabei, mit den verschiedenen Gruppen, die ihn ausmachen. Aktivist*innen von Standing Together zum Beispiel sehen nur durch jüdisch-palästinensische Zusammenarbeit eine Zukunft für das Land. Man erkennt sie an ihren typischen lila-farbigen T-Shirts und daran, dass ihre Schilder immer zweisprachig, Hebräisch und Arabisch, sind. Die kommunistische Partei, Hadash, ist auch dabei, ebenso Looking the Occupation in the Eye oder die Pink Front.
    Diese Zusammenkunft verschiedener Gruppierungen ist in linken Kreisen, in denen man sich schon an die immer weiter fortschreitende Zersplitterung gewöhnt hat, erfrischend. Für viele bringt sie die Hoffnung mit sich, endlich mal die Kleinlichkeiten beiseitelegen und die allgemeine Stimmung, dass Netanjahu und seine Regierung weg müssen, als Anknüpfungspunkt für einen Massenprotest nutzen zu können. (…)
    Die Linke ist langsam verschwunden, alle Parteien links der Mitte sind immer kleiner, ihre Meinungen immer randständiger geworden. Jetzt plötzlich sind sie doch ein Teil des Gesprächs. Jetzt schicken auch sie Sprecher*innen, die auf der Bühne vor Zehntausenden Menschen reden dürfen.
    Das wird weltweit oft kritisch gesehen. Für viele Linke sind bei den Demonstrationen zu viele israelische Fahnen zu sehen. Außerhalb Israels gibt es das Gefühl, nicht wirklich zu verstehen, unter welchen Bedingungen dort gerade demonstriert wird.
    Der Unterschied zwischen den Demos gegen die Justizreform vor dem 7. Oktober und den neuen Protesten, sagte mir meine Mutter vor einigen Tagen, sei die Wut: »Es gibt eine Wut auf der Straße, wie ich sie in Israel nie gesehen habe.« Und so wie große Demonstrationen einen Raum für ein alternatives politisches Gespräch eröffnen, so öffnet Wut den Raum für Unerwartbarkeit. Die Wut, die mit einem großen Misstrauen vieler Israelis ihrer Regierung gegenüber einhergeht, führt bereits zu Selbstaufklärung: zuerst durch Gespräche mit Mitdemonstrant*innen, dann mit anderen Mitteln. Die Ablehnung der Propaganda ist ein erster Schritt, momentan kann man schwer mehr erwarten
    …“ Artikel von Tomer Dotan-Dreyfus am 16. April 2024 im ak 703 externer Link
  • Tausende Israelis demonstrieren gegen Netanjahu
    Tausende Israelis haben gegen die Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu demonstriert. In Tel Aviv forderten heute Abend Demonstrantinnen und Demonstranten Medienberichten zufolge eine vorgezogene Neuwahl sowie die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas. Auch in anderen Städten, darunter Jerusalem und Haifa, kam es zu Protesten. In Tel Aviv kam es nach Polizeiangaben zu Ausschreitungen, nach Medienberichten wurden daraufhin 16 Menschen festgenommen. In Jerusalem durchbrachen Hunderte Teilnehmer eines Protests den Angaben zufolge eine Sperre nahe dem Amtssitz Netanyahus. (…) Ein ehemaliger Chef des Militärgeheimdienstes, Amos Malka, forderte Netanjahu nach Angaben der Nachrichtenseite Ynet zum Rücktritt auf. „Die Regierung opfert die Geiseln, isoliert Israel und stärkt die Hamas“, sagte er demnach bei einer Demonstration in Caesarea, wo Netanjahu eine private Villa hat. Ab morgen planen Regierungsgegner Großkundgebungen in Jerusalem, die mehrere Tage lang andauern sollen. Auch dort soll ein Rücktritt der Regierung gefordert werden.“ Meldung vom 30.3.24  in orf.at externer Link und dazu:

    • Israel: Neuer Protest gegen angeschlagenen Netanyahu
      Zehntausende Menschen haben in Israel erneut gegen Regierungschef Netanyahu demonstriert. Sie fordern Neuwahlen – denn sie glauben nicht an eine militärische Befreiung der Geiseln im Gazastreifen. (…) Die israelischen Nachrichten N12 News berichteten von der größten Demonstration seit Kriegsbeginn. Schon am Samstagabend hatten Tausende in Tel Aviv demonstriert. Die geplanten Großdemonstrationen sollen vier Tage dauern. Oppositionsführer Jair Lapid kritisierte Netanyahu scharf. Der Regierungschef zerstöre Israels Beziehungen zu den USA und überlasse die Hamas-Geiseln ihrem Schicksal, sagte er. „Alles für die Politik, nichts für das Land…“ Meldung vom 31.03.2024 in tagesschau.de externer Link
    • Warum protestieren in Israel Tausende gegen die Regierung Netanjahu?
      Israelische Bürger sind auf die Straße gegangen und haben einen Waffenstillstand für den Gazastreifen und die Freilassung israelischer Gefangener gefordert.
      Tausende von Demonstranten haben sich vor Regierungsgebäuden in ganz Israel versammelt, fast sechs Monate nach dem Krieg gegen den Gazastreifen, in dem mehr als 32 000 Palästinenser getötet wurden. Die Demonstranten fordern unter anderem den Rücktritt von Premierminister Benjamin Netanjahu. Die israelische Polizei hat versucht, die Menge in Jerusalem mit Wasserwerfern zu zerstreuen, und ist sowohl in Jerusalem als auch in Tel Aviv physisch gegen die Demonstranten vorgegangen.
      Am Sonntag versammelten sich Zehntausende von Menschen vor der Knesset in Jerusalem, wo am Sonntag zu einem viertägigen Protest aufgerufen wurde. Während es seit Beginn des Gaza-Krieges sporadisch zu Protesten gekommen ist, dürfte dies die größte Anti-Regierungs-Demonstration seit Beginn des Krieges sein. Die Demonstranten versprachen, die Proteste mehrere Tage lang fortzusetzen, wobei Tausende am Samstag und Sonntag die Straßen von Tel Aviv überfluteten. Auch in anderen Städten Israels nahmen die Proteste zu. So wurden am Samstag Demonstrationen unter anderem in Haifa, Be’er Sheva und Caesarea gemeldet.
      Was fordern die Demonstranten?
      Die Forderungen der Demonstranten haben sich während des Krieges gegen den Gazastreifen geändert, da die Unzufriedenheit mit Netanjahus Regierung gewachsen ist. Salhut von Al Jazeera sagte, dass die Demonstranten zunächst die Freilassung israelischer Gefangener forderten. Dann, „fast vier Monate nach Beginn des Krieges“, gab es Proteste, die besagten, dass die Regierung einfach nicht genug tue. „Jetzt gibt es regelrechte Anti-Regierungs-Demonstrationen“, so Salhut. Die Demonstranten fordern seit Ende Januar vorgezogene Wahlen und die Absetzung Netanjahus. Die Demonstranten fordern von der Regierung eine sofortige Waffenstillstandsvereinbarung für den Gazastreifen, um die Rückkehr der von der Hamas entführten israelischen Gefangenen zu ermöglichen, sowie vorgezogene Wahlen und den Rücktritt von Netanjahu. (…)
      Wie bedeutend sind diese Proteste?
      Die Proteste erhöhen den lokalen und globalen Druck auf Netanjahu, der weiterhin behauptet, dass eine Militäraktion im Gazastreifen die einzige Möglichkeit ist, die Gefangenen freizulassen, anstatt in Verhandlungen einen Kompromiss zu erzielen
      …“ engl. Artikel vom 2.4.2024 in Al Jazeera externer Link (maschinenübersetzt)
    • Vor dem israelischen Parlament erklären Demonstranten, warum sie glauben, dass Netanjahu gehen muss
      „Ein Zeltlager ist ein vorübergehendes Zuhause für einige der Tausenden von Israelis, die während eines viertägigen Protestes vorgezogene Neuwahlen fordern, um den israelischen Premierminister zu stürzen.
      Hunderte von kleinen silbernen Zelten standen am Montag auf dem Bürgersteig vor dem israelischen Parlament in Jerusalem und erstreckten sich über mindestens einen Häuserblock. Viele hatten israelische Flaggen auf ihren Dächern, zusammen mit Aufklebern mit Slogans. „Es gibt keine größere Mitzwa als die Befreiung von Gefangenen“, steht auf einem. Ein anderer bringt es auf den Punkt: „WÄHLEN“.
      Die Zelte sind vorübergehende Unterkünfte für einige der Tausenden von Israelis, die in der Nacht zum Sonntag einen viertägigen Protest begonnen haben, in dem sie vorgezogene Wahlen fordern, um Premierminister Benjamin Netanjahu zu stürzen. Viele von ihnen sind der Meinung, dass Netanjahu sein politisches Überleben über die allgemeinen Interessen des israelischen Volkes gestellt hat. (…)
      Die Proteste am Sonntagabend gehörten zu den größten seit Beginn des Krieges, schienen aber kleiner zu sein als die Demonstrationen auf dem Höhepunkt einer Welle von Anti-Regierungs-Demonstrationen im vergangenen Jahr, eine Welle, die Netanjahus Koalition überstand. Am Montagnachmittag hockte Lee Nevo, 45, mit einem Pinsel über einem langen weißen Transparent, das auf dem Boden ausgebreitet war. In hebräischen Blasenbuchstaben stand „IMAGINING PEACE“, und sie füllte einen Buchstaben mit lila Farbe aus. Sie sagte, sie sei von der Menschenmenge am Sonntagabend inspiriert worden
      .“…“ engl. Artikel von Cassandra Vinograd vom 1.4.2024 in der NYT externer Link (maschinenübersetzt)
    • Verwandte einiger Geiseln an Netanjahu: Sie sind das Hindernis für eine Einigung; wir werden Sie jagen, bis Sie abgesetzt werden
      Zwanzig Familien von Geiseln, die von Hamas-Terroristen im Gazastreifen festgehalten werden, machen Premierminister Benjamin Netanjahu für das Scheitern der Gespräche über die Rückgabe ihrer Angehörigen verantwortlich, drängen auf seinen Rücktritt und versprechen, ihn so lange zu verfolgen, bis er von der Macht entfernt ist.
      Zu den Angehörigen gehören Ayala Metzger, deren Schwiegervater Yoram Metzger gefangen gehalten wird, und Einav Zangauker, Mutter von Matan Zangauker, der ebenfalls in Gaza festgehalten wird.
      Auf einer Demonstration in Tel Aviv sagten die Angehörigen der Presse, Netanjahu habe Angebote zur Freilassung der Geiseln abgelehnt und die israelische Position in den Verhandlungen mit der Hamas verhärtet.
      „Er ist das Hindernis für eine Einigung“, sagen sie. Der Premierminister treffe Entscheidungen, ohne das Kabinett zu konsultieren, und diene nur seinen eigenen Interessen
      ….“ engl. Beitrag vom 30.3.24 in The Times of Israel externer Link (maschinenübersetzt)
    • „Am 4. Januar 2023 hat Premierminister Netanjahu den Israelis den Krieg erklärt. Sieht so aus, als hätten sie heute Abend beschlossen, zurückzuschlagen. Tel Aviv ist heute Abend ein Chaos. Morgen wird die Hauptbühne des Protests nach Jerusalem verlegt. “ engl. Tweet von Noga Tarnopolsky vom 30.3.24 externer Link mit Fotos
  • Frieden heißt Verrat. Israel nach dem 7. Oktober.
    Auf den ersten Blick ist im Zentrum Israels, in Tel Aviv oder Haifa, wieder Normalität eingekehrt. Seit Jahresbeginn hat der Raketenbeschuss aus Gaza erheblich nachgelassen. Geschäfte, Schulen und Universitäten sind wieder geöffnet. Busse und Bahnen fahren regulär. Auf Baustellen herrscht reger Betrieb. Doch bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass nichts ist, wie es war: An fast jeder Straßenecke erinnern Plakate an die am 7. Oktober 2023 von der Hamas nach Gaza verschleppten Geiseln; an Schaufenstern und Häuserwänden prangen Israelfahnen und Schilder mit der Forderung „Bring them home“; viel häufiger als zuvor begegnet man Männern in Zivil mit Sturmgewehr über der Schulter. An Supermarktkassen, auf Bussen und an Autobahnbrücken prangen Wimpel oder Banner mit Durchhalteparolen wie „Zusammen werden wir siegen“; und manche der Baustellen dienen dem Bau von „Mamads“. Das sind Luftschutzräume, die seit einigen Jahren bei Neubauten verpflichtend sind und die nun bei manchen älteren Gebäuden nachgerüstet werden. (…) Nichts ist vorbei, nichts ist normal. In diesem kleinen Land kennen fast alle jemanden, die oder der Opfer des Massakers und der Geiselnahmen vom 7. Oktober geworden ist. Viele haben Soldat:innen in der Familie, die in Gaza im Einsatz sind, oder kennen Menschen, die wegen des Krieges ihre Wohnungen verlassen mussten. Und einige haben Freund:innen und Familienangehörige, die in Gaza oder im Westjordanland um ihr Leben fürchten. Auf gut vernetzte linke Aktivist:innen, die seit Jahren für ein Ende der Besatzung eintreten, trifft häufig alles gleichzeitig zu.
    Hinzu kommt die Repression, die nach dem 7. Oktober massiv zugenommen hat. Wer sich der Kriegspropaganda mit ihren allgegenwärtigen Durchhalteparolen entzieht und für ein Ende der Bombardierung Gazas sowie der entfesselten Siedlergewalt im Westjordanland eintritt, muss damit rechnen, den Arbeitsplatz zu verlieren, bedroht, attackiert oder inhaftiert zu werden. Insbesondere die palästinensische Minderheit in Israel ist davon massiv betroffen. Ein harmloser Post auf Social Media zum falschen Zeitpunkt oder die Teilnahme an einer Friedensdemonstration genügen. Für Palästinser:innen können darauf Monate Gefängnis folgen. (…)
    Einschüchterung, Suspendierung, Inhaftierung
    Nicht nur die Polizei sorgt dafür, das Recht auf freie Meinungsäußerungen derart einzuschränken. Auch an Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen wird Palästinenser:innen sowie linken Jüdinnen und Juden Nähe zur Hamas unterstellt. Aus meist fadenscheinigen Gründen werden Disziplinarverfahren eingeleitet. Insgesamt 120 Studierende von 34 verschiedenen israelischen Universitäten und Colleges hätten sich deswegen in den letzten Wochen an Adalah gewandt, so Remez. Auch Dozent:innen seien betroffen. „Wer beispielsweise unmittelbar nach dem 7. Oktober das Foto eines Geburtstagskuchens postete, den Koran zitierte oder Aussagen ähnlich denen von UN-Generalsekretär Guterres veröffentlichte, lief Gefahr, der Hetze beschuldigt zu werden. Die Folge waren Einschüchterungsversuche, Suspendierungen und Inhaftierungen.“ (…)
    „Derzeit sind so viele Menschen in Israel in Administrativhaft wie nie zuvor“, berichtet Sahar Francis von der palästinensischen Prisoners Support and Human Rights Association Addameer in Ramallah. Bei Administrativhaft unterliegen die Prozessakten meist der Geheimhaltung und die Inhaftierten wissen nicht, was ihnen vorgeworfen wird und wie lange ihre Haft dauert. In Israel sind vor allem Palästinenser:innen davon betroffen. Addameer macht seit langem auf die katastrophalen Bedingungen für palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen aufmerksam. (…) Und nicht nur das: „Seit dem 7. Oktober haben sich die Gefängnisse in Schauplätze verschärfter Grausamkeit verwandelt. Sie dienen nicht mehr nur der Unterdrückung, sondern auch der Folter palästinensischer Gefangener, an denen mit verschiedenen Mitteln Rache geübt wird“, heißt es in dem Bericht von Addameer
    …“ Beitrag von Ramona Lenz vom  15. Februar 2024 bei medico externer Link, siehe auch:

  • In der Kriegsblase: Das politische Klima in Israel könnte kaum nationalistischer sein – doch es gibt auch andere Stimmen
    „…  Ganz selten bekommen die Zuschauer*innen dieser Dauersendungen Stimmen zu hören, die sich diesem Krieg und seinen unvorstellbaren Konsequenzen für die Palästinenser*innen im Gazastreifen entgegenstellen. Auch palästinensische Staatsbürger*innen Israels, die seit dem 7. Oktober mit erhöhter Repression und einer Einschüchterungskampagne konfrontiert sind, kommen fast nicht zu Wort. Hinzu kommt, dass linke palästinensische Knessetabgeordnete wie Ayman Odeh oder Ahmad Tibi aufgrund dieser Berichterstattung und des daraus resultierenden Klimas keine Einladungen in Fernsehstudios mehr annehmen. Wenn sich dann Kriegs- und Besatzungsgegner wie der Haaretz-Kolumnist Gideon Levy ins Studio wagen, dann bekommen sie in aller Regel weniger Redezeit als die anderen Gäste. Nicht selten greifen die Moderator*innen auch ein, wenn ihre Aussagen zu sehr an der Einigkeit der Kriegsbefürworter*innen kratzen.
    Einsamer Kampf der Linken für Gegenöffentlichkeit
    Die parlamentarisch wie außerparlamentarisch ohnehin marginalisierte israelische Linke und das sich zu ihr zählende Antikriegs- und Friedenslager führen in diesen Wochen mehr denn je einen einsamen Kampf für eine progressive, auf Frieden und egalitärer Partnerschaft basierende Gegenöffentlichkeit. Sie sehen sich konfrontiert mit einer überwältigenden kriegsbefürwortenden öffentlichen Meinung, einem sich weiter entmenschlichenden öffentlichen Diskurs gegenüber Palästinenser*innen und Kriegsgegner*innen und verstärkter polizeilicher Repression und Schikanen gegen geplante Antikriegsdemonstrationen und Kundgebungen. Aktivist*innen, die sich gegen den aktuellen Krieg, für einen Waffenstillstand oder für eine jüdisch-palästinensische Partnerschaft auf Augenhöhe innerhalb Israels einsetzen, werden in den sozialen Medien massiv angefeindet und müssen sich genau überlegen, welche Statements sie abgeben und welche nicht. Sie agieren in dem nationalistischsten Klima und unter der rechtsradikalsten Regierung, die es jemals im Land gab.
    Nichtsdestotrotz gibt es auch und gerade in diesen düsteren Zeiten Solidaritätsinitiativen und Bündnisse, die zeigen, dass noch genügend Akteur*innen an eine gemeinsame, sozial gerechte und egalitäre Zukunft für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan glauben. So gibt es seit einigen Wochenenden wieder jeden Samstagabend in den Großstädten Jerusalem, Tel Aviv und Haifa Demonstrationen gegen den andauernden Kriegseinsatz Israels in Gaza, die Eskalation der Siedlergewalt im Westjordanland, für eine sofortige Freilassung der israelischen Geiseln (auch durch einen Gefangenenaustausch) und für eine politische Lösung des Konflikts mit den Palästinenser*innen. Diese Demonstrationen werden von Bündnissen aus der israelischen Zivilgesellschaft getragen, die kürzlich auch ein Statement externer Link mit der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand veröffentlichten. Anfang Februar fand zudem in Haifa eine Konferenz der jüdisch-palästinensischen Graswurzelbewegung »Standing Together« statt, auf der mehr als 1.000 Menschen ins Kongresszentrum kamen, um gemeinsam Strategien für den Aufbau einer jüdisch-palästinensischen Massenbewegung in Israel zu diskutieren, die auf den Prinzipien der sozialen und Klimagerechtigkeit basiert.
    Diese Initiativen, deren Ursprung bereits auf die Zeit vor dem 7. Oktober zurückgeht, könnten in Kürze auch auf der praktischen, tagespolitischen Ebene Wirkung zeigen. So bieten die wegen des Krieges mehrfach verschobenen Kommunalwahlen am 27. Februar eine Plattform für jüdisch-palästinensische Wahllisten, die sich aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parteien zusammensetzen. In Tel Aviv-Jaffa tritt etwa mit Amir Badran erstmals ein palästinensischer Staatsbürger Israels für das Amt des Oberbürgermeisters an – als Teil einer linken Wahlliste, bestehend aus der linkssozialistischen Chadasch und der auf soziale Gerechtigkeit und jüdisch-palästinensischen Partnerschaft begründeten Initiative »Ir Sgula« (Lila Stadt) sowie der dortigen Grünen Liste.
    Organisierung und Solidarität
    Trotz der immensen Bedeutung der lokalen Organisierung und Vergrößerung der unterschiedlichen Bewegungen vor Ort ist die israelische politische und zivilgesellschaftliche Linke fundamental auf politische Unterstützung und praktische Solidarität aus der internationalen Linken angewiesen – vorausgesetzt, diese erkennt die internen Herausforderungen dieser Akteur*innen an und sucht aktiv die Zusammenarbeit mit denjenigen, die die dramatische Lage im Land von innen heraus verändern wollen…“ Artikel von Gil Shohat im ak 701 vom 20. Februar 2024 externer Link – Gil Shohat ist als Sohn israelischer Eltern in Bonn aufgewachsen. Er ist Historiker und leitet derzeit das Israel-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv.

    • Im größten Protest seit dem 7. Oktober gingen am 17.2.in Tel Aviv Tausende Israelis wieder auf die Straße und forderten den sofortigen Sturz von Netanyahu, eine Vereinbarung zur Freilassung von Geiseln, einen Waffenstillstand und Neuwahlen – siehe z.B. den Beitrag vom 18.02.2024 in tagesschau.de externer Link 
  • Aufruf zu Respekt, Freiheit und Sicherheit für alle ist nicht antisemitisch
    Meine Verpflichtung, den israelischen Staat zu kritisieren, kommt aus meiner eigenen jüdischen Tradition, einer Tradition, die sich gegen echten Antisemitismus verteidigen musste…“ engl. Artikel von Marshall Ganz vom 1. Februar 2024 in The Nation externer Link („Calling for Respect, Freedom, and Security for All Is Not Antisemitic“)
  • Veranstaltung mit „Combatants for Peace – Gewaltfrei für Frieden und Gerechtigkeit in Israel und Palästina“ am 6. Februar 24 in Hamburg
    Veranstaltung mit den „Combatants for Peace“ am Dienstag, 6.2.24 um 19:00 im Centro Sociale

    • siehe mehr Infos externer Link
    • Über „Combatants for Peace“: „Combatants for Peace (CfP) ist eine gemeinsame palästinensisch-israelische Gemeinschaft, die solidarisch für das Ende der Besatzung, Diskriminierung und Unterdrückung aller Menschen, die auf diesem Land leben, arbeitet. Orientiert an den Werten des gewaltfreien Widerstandes, zeigen wir der Welt, dass ein anderer Weg zur Verfügung steht“. CfP ist mit zwei Personen aus Israel und Palästina in Hamburg, einem ehemaligen Intifadakämpfer und einem ehemaligen IDF-Soldaten. Die Graswurzelbewegung „Combatants for Peace“ arbeitet für ihr gemeinsames Ziel, die Besetzung zu beenden, in ihrem Land Frieden, Gleichheit und Würde herzustellen und setzt sich aus ehemaligen Kämpfern, Israelis und Palästinenser:innen, zusammen. Für weitere Informationen siehe https://cfpeace.org/ externer Link
  • Heute ist es in Gaza erneut zu spontanen Protesten gekommen.
    Die Demonstranten riefen zwei Dinge: „Wir wollen Frieden. Wir wollen Frieden.“ „Wir wollen einen Waffenstillstand, wir wollen Frieden.“ Es wäre an der Zeit, dass auch die deutsche Medienlandschaft diese Bilder mehr zeigt
    …“ Tweet von Zeev Rosenberg vom 27.1. mit Video externer Link
  • Palästinenser in Gaza fordern heute die Freilassung der israelischen Geiseln 
    Ein IDF-Sprecher berichtet, dass bei palästinensischen Protesten in der Nähe eines Krankenhauses in Deir al-Balah im Zentrum von Gaza Männer, Frauen und Kinder ihre Wut über die Situation zum Ausdruck brachten, die die Hamas und insbesondere Sinwar in Gaza verursacht haben. Fordern Sie, dass Sie die entführten Israelis in ihre Häuser zurückbringen, damit der Krieg endet und sie nach Hause zurückkehren können.“ Die Israelis wollen, dass dieser Krieg endet. Die Palästinenser wollen, dass dieser Krieg endet. Die einzigen, die wollen, dass es so weitergeht, sind die Monster, die davon profitieren: Hamas
    .“ engl. Tweet von Hen Mazzig vom 24. Jan. 2024 externer Link mit Video der Proteste
  • „Nur Friedhöfe werden nach Netanjahu benannt“: Tausende protestieren am 20.1.24 in ganz Israel gegen Netanjahus Regierung 
    • Nahost-Krieg: Tausende demonstrieren gegen Regierung
      „… Tausende Menschen haben in Israel gegen die Regierung von Premierminister Netanyahu demonstriert. In der Küstenmetropole Tel Aviv verlangten die Teilnehmer einer Kundgebung das sofortige Ende des Gaza-Krieges, um die noch mehr als 100 Geiseln in der Gewalt von Hamas-Terroristen im Gazastreifen freizubekommen. „Stellt die Kämpfe ein, bezahlt den Preis!“, zitierten israelische Medien einen der Redner, dessen Cousin unter den Geiseln ist. (…)  In der nördlichen Hafenstadt Haifa verlangten am Samstag mehrere Hundert Anhänger der linksorientierten Chadasch-Partei den Rücktritt des Regierungschefs. Auch in Jerusalem gingen mehrere Hundert Menschen gegen die Netanyahu-Regierung auf die Straße. Vor Netanyahus Wohnhaus im Küstenort Caesarea, 50 Kilometer nördlich von Tel Aviv, hatten Angehörige der Geiseln und Sympathisanten bereits am Freitagabend einen Dauerprotest gestartet…“ Aus dem Liveblog vom 20.01.2024 bei tagesschau.de externer Link
    • „Nur Friedhöfe werden nach Netanjahu benannt“. Tausende protestieren in ganz Israel gegen Netanjahus Regierung
      Tausende nahmen an Demonstrationen in Tel Aviv, Haifa, Jerusalem und vor Netanjahus Wohnsitz in Caesarea teil. Hinterbliebene Schwester: „Die Werte, auf denen dieses Land aufgebaut war, wurden durch politisches Überleben, Gezänk und Aufwiegelung ersetzt…“ engl. Bericht  vom 20.01.2024 in Haaretz externer Link (paywall)
    • TelAviv: Tausende fordern den Sturz von Netanyahu. Zu den Gesängen gehört: „Jetzt nieder mit dem Tyrannen.“ engl. Tweet von Yonatan Touval  vom 20.1. externer Link mit Video, siehe weitere auf dem Twitter-Acc von Standing Together externer Link
  • Israelische Persönlichkeiten unterzeichnen Brief gegen die „Entmenschlichung von Palästinensern und Israelis“
    Die „Pro-Human-Camp-Koalition“ wendet sich gegen die „am 7. Oktober begangenen Gräueltaten“ und lehnt es ab, alle Bewohner des Gazastreifens mit der Hamas zu identifizieren, „die sie benutzt, um wahlloses Töten und die Verweigerung humanitärer Hilfe zu rechtfertigen“. Eine Organisation, die sich „Pro-Human-Camp-Koalition“ nennt, hat am Donnerstag ein öffentliches Schreiben veröffentlicht, das von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Künstlern und Akademikern unterzeichnet wurde und in dem sie sich zum Kampf gegen die Entmenschlichung der Menschen im Gazastreifen, der Palästinenser und der Muslime sowie gegen die Entmenschlichung von Israelis und Juden im Allgemeinen verpflichten. „Als Verfechter der Menschenrechte“, heißt es in dem Schreiben, „müssen wir Apartheid und Unterdrückung bekämpfen. Dies darf jedoch nicht die Dämonisierung von Zivilisten beinhalten, die mit der stärkeren Seite verbunden sind, und ein solcher Kampf darf das Massaker und die Gräueltaten, die am 7. Oktober an israelischen Zivilisten und anderen Staatsangehörigen begangen wurden, keinesfalls gutheißen.“ „Gleichzeitig geben die weit verbreitete Unterstützung der israelischen Öffentlichkeit für die Art der israelischen Vergeltungsmaßnahmen im Gazastreifen sowie die Aufrufe prominenter Persönlichkeiten (wie auch von Teilen der israelischen Öffentlichkeit) zu ethnischen Säuberungen und Bevölkerungstransfers Anlass zu großer Sorge“, heißt es in dem Schreiben…“ engl. Meldung vom 4.1.2024 in Haaretz externer Link („Israeli Public Figures Sign Letter Against ‘The Dehumanization of Palestinians and Israelis’“, maschinenübersetzt, dokumentiert in Portside) und der engl. Wortlaut als Petition bei Amnesty Israel externer Link:

    • Resist the dehumanization of Palestinians and Israelis
      Wir, die Unterzeichnenden, verpflichten uns, gegen die Entmenschlichung der Menschen im Gazastreifen, der Palästinenser und der Muslime sowie gegen die Entmenschlichung von Israelis und Juden im Allgemeinen zu kämpfen. Als Verfechter der Menschenrechte müssen wir Apartheid und Unterdrückung bekämpfen. Dieser Kampf darf jedoch nicht die Dämonisierung von Zivilisten beinhalten, die auf der Seite des Stärkeren stehen, und schon gar nicht darf er das Massaker und die Gräueltaten gegen israelische Zivilisten und andere Staatsangehörige am 7. Oktober gutheißen. Gleichzeitig gibt die weit verbreitete Unterstützung der israelischen Öffentlichkeit für die Art der israelischen Vergeltungsmaßnahmen im Gazastreifen – eine Vergeltungsmaßnahme, die selbst zu einem schrecklichen Ausmaß an Tötung und Leid geführt hat – zusammen mit den Aufrufen prominenter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (wie auch von Teilen der israelischen Öffentlichkeit) zu ethnischen Säuberungen und Bevölkerungstransfers Anlass zu großer Sorge. Im Westen hat sich bei einigen jungen Menschen ein beunruhigender Trend zur Entmenschlichung von Israelis und manchmal auch von Juden entwickelt. Dies dient dazu, ihre Tötung oder die Verletzung ihrer Rechte zu rechtfertigen, indem sie sie zu Stellvertretern der israelischen Unterdrückung machen. Dies zeigt sich unter anderem in der gleichgültigen oder verzerrten Haltung dieser Kreise gegenüber der Geiselnahme in Gaza. Umgekehrt ist in Israel und in weiten israelfreundlichen Kreisen weltweit eine Entmenschlichung der Palästinenser im Allgemeinen und der Gazaner im Besonderen üblich, die sich vor allem darin äußert, dass alle Gazaner mit der Hamas assoziiert werden. Diese Assoziation wird von ihnen benutzt, um wahlloses Töten und die Verweigerung humanitärer Hilfe zu rechtfertigen. Darüber hinaus ist die wachsende Welle der Islamophobie im Westen, die Muslime pauschal als Terroristen darstellt, sowohl verwerflich als auch alarmierend. Die Entmenschlichung von Israelis und Juden, aber auch von Palästinensern und Muslimen ist inakzeptabel. Ein Mensch ist nicht nur eine Repräsentation einer kollektiven Identität, einer Geschichte, von Ereignissen oder einer politischen Ausrichtung. Ein konsequenter humanistischer Ansatz muss sich mit all diesen inakzeptablen Entwicklungen auseinandersetzen. Darüber hinaus muss eine entscheidende Unterscheidung zwischen pro-palästinensischen Protesten und der Unterstützung von Verbrechen gegen Israelis getroffen werden. Der Raum für pro-palästinensische Proteste darf nicht eingeengt werden, wie dies in jüngster Zeit in vielen Fällen geschehen ist. Gleichzeitig müssen wir uns jeder Rationalisierung von Verbrechen gegen Zivilisten widersetzen, unabhängig von ihrer Identität oder ihrem Aufenthaltsort. Wir, die Unterzeichnenden, verpflichten uns daher, eine klare Stimme gegen die Entmenschlichung von Palästinensern, Muslimen, Israelis und Juden zu erheben.“
  • Wenn Juden und Palästinenser in Israel gemeinsam auftreten. Die NGO «Standing Together» erhält seit dem 7. Oktober Zulauf. Doch die Verantwortlichen ernten Beleidigungen und Folterwünsche.
    „Während sich zwischen Israelis und Palästinensern Hass und Wut verbreiten, gibt es unter der Zivilgesellschaft Israels auch Initiativen der Hoffnung. Eine davon entwickelt sich seit dem Massaker der Hamas besonders stark: Die 2015 gegründete Organisation «Standing Together», in der sich jüdische und palästinensische Bürgerinnen und Bürger von Israel zusammen für Gleicheit, Frieden, Gerechtigkeit und Sozialismus einsetzen, gewinnt seit dem 7. Oktober massiv an Zulauf. Laut einem am 5. Januar in der linksliberalen Zeitung Haaretz veröffentlichten Artikel könnte sich diese «Grassroot»-Bewegung in nicht allzu ferner Zeit zu einem Gegengewicht zur grassierenden Kriegshetze entwickeln, die sich auch in Israel verbreite: «Die meisten der neuen Mitglieder sind junge Menschen, Araber und Juden, so die Leiter der Bewegung. Seit dem 7. Oktober wurden im ganzen Land ein Dutzend gemeinsamer arabisch-jüdischer Gruppen, die so genannten ‹Solidaritätswachen›, gegründet, die zu den acht bereits aktiven Zweigen hinzukommen. Zusätzlich zu den neun bereits bestehenden Gruppen wurden auch elf Studentengruppen gegründet.» Das Rezept ist einfach: Jüdische und palästinensische Israelis treffen sich, hören einander zu und sprechen offen über ihre Befürchtungen, Ängste – und ja, auch über ihre Aggressionen. Gerade für in Israel lebende Palästinenserinnen könne die Erfahrung befreiend sein. (…) Der jüdische Israeli Green zahlt einen hohen Preis für seinen Wunsch nach Frieden. Als Co-Direktor von «Standing Together» arbeite er fast rund um die Uhr, bekomme kaum Schlaf und kämpfe an mehreren Fronten gleichzeitig. Er erhalte viele Anrufen und Textnachrichten mit Beleidigungen, Flüchen, Wünschen für seine Folter und seinen Tod und dem klassischen «Go to Gaza». Der Veranstaltungsort für eine Konferenz von «Standing Together» in Haifa am 4. November, an der 700 Personen teilnahmen, musste nach Drohungen von rechts kurzfristig verlegt werden…“ Ein von Max Feurer bearbeiteter Beitrag vom 13. Januar 2024 bei infosperber externer Link
  • „Israelis für Frieden“ protestieren vor dem Auswärtigen Amt in Berlin gegen die israelischen Angriffe auf Gaza – und deren kritiklose deutsche Unterstützung
    „Ceasefire now!“, ruft der Mann in das kleine Mikrofon, gut 50 Demonstrant*innen wiederholen die Parole im Chor. Eine kleine, aber lautstarke Minderheit der israelischen Gesellschaft hat sich am Freitagnachmittag vor dem Auswärtigen Amt versammelt. Die kleine Kundgebung ist die zweite der Initiative „Israelis für Frieden“, die sich erst vor einem Monat zusammengefunden hat. Fast alle Demonstrant*innen tragen ein kleines laminiertes Schild mit mehrsprachigen Forderungen wie: „Menschenrechte für alle“, „Zwei Staaten jetzt“, „Stoppt das Massaker in Gaza“, „Gerechtigkeit für Palästina“ – und immer wieder: „Waffenstillstand jetzt“ (…) Wir haben schon viel zu lange gewartet: Dieser Krieg muss beendet werden. Jetzt.“ So beginnt Alon Sahar, ein Mitglied der Initiative, seinen auf Englisch gehaltenen Redebeitrag, der freilich kaum zu verstehen ist. Seine Gruppe habe einen Monat lang über die angemessenen Worte diskutiert, „während Palästinenser*innen in Gaza durch Hunger und Bomben sterben, und durch Siedlergewalt in der Westbank“. „Wenn wir noch länger warten, könnte uns eine noch größere Katastrophe bevorstehen“, so Sahar. Er meint die Pläne der israelischen Rechten, in Gaza einen „Schutzkorridor“ und wieder israelische Siedlungen zu errichten. Doch nicht die Siedlungen würden Israel beschützen, sondern die Armee – auf Kosten der Palästinenser*innen. Das dürfe nicht wieder geschehen: „Wir müssen über eine Vision für ein freies, sicheres und nachhaltiges Leben sowohl für Palästinenser*innen als auch Israelis nachdenken“, endet Sahar seine Rede. (…) Die deutsche Regierung stehe offiziell für Menschenrechte und eine Zwei-Staaten-Lösung, „aber in der Praxis gewährt es Israel uneingeschränkte Unterstützung bei dessen Politik“, kritisiert Nimrod Flaschenberg, einer der Organisator*innen der Kundgebung. (…) Damit meint er die israelischen Siedlungen, die Gewalt gegen Palästinenser*innen und die Besetzung palästinensischer Gebiete. Seit Kriegsbeginn unterstütze Deutschland uneingeschränkt „die abscheulichen Kriegsverbrechen, die Israel in Gaza verübt“. Deutschland solle sich stattdessen für ein Ende des Krieges einsetzen. Die Hamas, so Flaschenberg, könne nicht durch militärische Aktionen vernichtet werden. „Die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober sind furchtbar, und ich kenne Leute, die dabei gestorben sind. Aber ich denke, der einzige Weg, die Hamas zu bekämpfen, ist, die Teile der palästinensischen Community zu stärken, die sich für Frieden einsetzen. Die Hamas kann nur besiegt werden, indem man den Palästinenser*innen eine Perspektive der Hoffnung und der Freiheit bietet. Denn die Hamas ist wie die israelische Rechte: Sie profitiert vom Konflikt und vom Blutvergießen.“ Die israelische Gesellschaft sei diverser, als sie in den deutschen Medien dargestellt werde, sagt eine Teilnehmerin der Kundgebung. (…) Die „Israelis für Frieden“ planen weitere Kundgebungen. Sie hoffen, so den Menschen eine Stimme zu verschaffen, die bisher in diesem Konflikt zu wenig gehört wurden: linke Israelis, die nicht der kriegerischen Rhetorik ihrer Regierung folgen, sondern sich für Frieden und eine humane Zukunft für Israelis und Palästinenser*innen einsetzen.“ Artikel von Darius Ossami vom 6. Januar 2024 in der taz online externer Link („Demo von Israelis in Berlin: Ein wenig Diversität“)
  • Hummus für den Frieden: Über Menschen, die sich für Versöhnung in Nahost einsetzen
    Der Krieg in Nahost bringt unendliches Leid und viele Tote auf israelischer und palästinensischer Seite. Ist Versöhnung unmöglich?...“ Video des Beitrags in der ZDF-Sendung Aspekte am 08.12.2023 externer Link
  • »Die Protestbewegung wird zurückkehren«. Der linke Fotojournalist Oren Ziv über die gesellschaftliche Stimmung und Perspektive der Linken in Israel
    Oren Ziv erlebte das Massaker der Hamas aus nächster Nähe. Im Gespräch mit ak berichtet er von dem Schock in der israelischen Linken über den 7. Oktober und eine Rechte, die in die Offensive geht. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu setzt weiter auf Krieg. Ziv plädiert für eine nachhaltige Lösung des Konflikts und fragt sich, wann die regierungskritischen Demonstrationen wieder beginnen…“ Interview von Johannes Tesfai am 12. Dezember 2023 beim ak online externer Link
  • Inmitten des zunehmenden Verstummens der Stimmen gegen den Krieg in Gaza protestierten israelische Aktivisten in Tel Aviv.  Sie blockierten Straßen und riefen: „Wir wollen einen Waffenstillstand, wir sind für die Kinder da, der Krieg hat keine Gewinner“.“ engl. Tweet von Voices Against War vom 9.10.23 externer Link mit Video des Protestes – nur beispielhaft
  • Palästinenserin und Jude über den Krieg: „Frieden ist möglich und nötig“
    Gibt es einen Ausweg aus dem Nahostkrieg? Ja, sagen die Palästinenserin Rula Daood und der Jude Alon-Lee Green von der Bewegung Standing Together. (…)
    Wir bringen die zusammen, die einen anderen Weg gehen wollen. Die verstehen, dass man die Hamas nicht zerstören kann, indem man Gaza in Grund und Boden bombt. Wir haben Kundgebungen organisiert, auf der Menschen ihrer Angst und ihrem Schmerz Raum geben konnten, Juden wie Palästinenser. Wir wollen zeigen, dass man Dinge zusammen erreichen kann. Wir haben zum Beispiel in gemischten Teams öffentliche Luftschutzräume aufgeräumt und ausgestattet, und wir haben eine Hotline eingerichtet für Menschen, die Rechtsberatung brauchen. Denn dieser Tage verlieren Menschen ihren Job oder werden verhaftet, wenn sie lediglich das Leid der Menschen in Gaza benennen. (…)
    Green: Natürlich werden wir auch angefeindet. Für die israelische Rechte ist es schon Verrat, über Frieden nur laut zu sprechen. Aber wir stehen hier an einem Scheideweg. Und mein Gefühl ist: Immer mehr Menschen in Israel verstehen gerade, dass wir nicht weitermachen können wie bisher. Es ist auch eine Chance.
    Daood: Standing Together hat so viel Zulauf wie noch nie. Die Zahl unserer Aktivisten hat sich seit dem 7. Oktober verdoppelt. Vor allem junge Palästinenser kommen gerade neu zur Bewegung. (…)
    Wir wollen, dass die Menschen im West­jor­dan­land frei sind von Besatzung und Gaza nicht mehr militärisch abgeriegelt wird. Wir wollen, dass palästinensische Staatsbürger Israels die gleichen Rechte haben wie jüdische. Und deswegen finden wir gut, dass hier in Deutschland und überall Menschen dafür auf die Straße gehen. Wir wollen aber auch Sicherheit für die jüdischen Menschen in Israel. Deswegen bitte, wenn ihr hier eure Stimme erhebt: Erhebt sie für uns alle. Wir alle, Juden und Palästinenser, verdienen ein Leben in Freiheit und Sicherheit
    .“ Interview von Dinah Riese vom 9.12.2023 in der taz online externer Link, siehe auch:

    • [Video] Den anderen Weg suchen: «Standing together» aus Israel zu Gast in Berlin 
      „Seit dem 7. Oktober 2023, dem Tag des brutalen Massakers der Hamas in israelischen Kibbuzim, Ortschaften und einem Musikfestival sowie der Entführung von über 200 Geiseln, und den seitdem andauernden brutalen Angriffen der israelischen Armee im Gazastreifen mit vielen tausend zivilen Opfern, erleben wir eine nahezu unbegreifliche Eskalation der Gewalt in Israel und Palästina. Diese Gewalt verursacht unendliches Leid, Zerstörung und Schmerz. Die Folgen für die Menschen und die Region sind noch gar nicht absehbar. Innerhalb von Israel ist die Lage für die gesellschaftliche Linke desolat. Die extrem rechte Regierung verbietet Demonstrationen und geht massiv gegen Kritiker der Kriegspolitik vor. Ein Großteil der israelisch-jüdischen Bevölkerung unterstützt die «Politik der Stärke» und weitere Angriffe auf Gaza sowie die Aufrüstung der Zivilbevölkerung mit Kriegswaffen. Auch in Israel kam es zu Angriffen auf palästinensische Israelis. Für die zivilgesellschaftliche Gruppe «Standing Together» ist jedoch klar: Die Sicherheit der Menschen in Israel kann nicht durch Krieg und Gewalt hergestellt werden. Schon seit 2016 setzt sich die in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel gegründete Graswurzelbewegung aus jüdischen und palästinensischen Aktivist*innen in Israel für Frieden und soziale Gerechtigkeit ein. In den Tagen nach dem 7. Oktober, in denen linke Aktivist*innen als Verräter*innen gelten und die palästinensische Bevölkerung in Israel einer Welle der Repression ausgesetzt ist, hat ihre Arbeit noch an Bedeutung zugewonnen. Wir freuen uns daher, Rula Daood und Alon-Lee Green, Co-Vorsitzende von «Standing together» zu einer Podiumsdiskussion in der Rosa-Luxemburg-Stiftung begrüßen zu können. Gil Shohat, Leiter des Israel-Büros der RLS, spricht mit ihnen unter anderem über die aktuellen Herausforderungen ihrer Friedensarbeit in Zeiten des Krieges, die unterschiedlichen Realitäten für jüdische und palästinensische Aktivist*innen in Israel, die Diskrepanz zwischen den globalen linken Debatten zu Israel und Palästina und der Realität für progressive Aktivist*innen vor Ort, sowie ihre Forderungen an die deutsche und europäische Politik, um einer gerechten Lösung der scheinbar ausweglosen Gewaltspirale zwischen Palästinenser*innen und Israelis näher zu kommen…“ Video der Rosa-Luxemburg-Stiftung vom 8. Dezember 2023 externer Link (Videolänge: 1:58:52)
    • https://www.standing-together.org/en externer Link
  • Schriftsteller Dreyfus – „Israel ist zur Zeit alles andere als geschlossen“
    Der israelische Schriftsteller Tomer Dotan-Dreyfus über die von Netanjahu attackierte und seit dem 7. Oktober erst recht gefährdete Demokratie im Land – und die Haltung Deutschlands, die er merkwürdig findet. (…)
    Sehr viele Palästinenser in israelischen Gefängnissen sind ja keine Verbrecher, Hunderte von ihnen sind in sogenannter Administrativhaft – ihnen wurde gar nicht gesagt, wessen man sie beschuldigt und sie haben auch keinen Richter gesehen. (…)
    [Doch nach wie vor will Netanjahu die Vernichtung der Hamas „mit voller Kraft verwirklichen“. Glaubt die Bevölkerung das?]
    Leider. Auch weil die Geschichte von allen Expertinnen und Experten, in allen Medien wiederholt wird. Inzwischen darf man in Israel öffentlich auch nichts anderes mehr sagen. Leute werden festgenommen, weil sie Facebook-Posts gegen den Krieg schreiben. Dabei ist die Zerstörung der Hamas völlig unrealistisch. Dieser Krieg wird irgendwann vorbei sein, aber die Hamas wird er nicht besiegen. Ob sie sich also jetzt oder nach Kriegsende neu aufbaut und ausrüstet, ist letztlich egal. (…) Klar, die Hamas muss weg. Das ist auch bei der israelischen Linken Konsens. Keinen Konsens aber gibt es bei der Frage, ob die Maßnahmen der israelischen Regierung dafür die richtigen sind. Ich habe in meinem Leben mehrere Bombardierungen des Gazastreifens mitbekommen und danach wurde die Hamas nur noch stärker. Jedes Kind im Gaza, das seine Familie bei israelischen Angriffen verloren hat, wird sich bereitwillig von der Hamas rekrutieren lassen. Die Liebe zu Israel wächst durch die Bomben ganz sicher nicht. (…) Zum Teil hat die Hamas Lücken geschlossen, die wegen der israelischen Besatzung entstanden sind. Zum Beispiel für Medikamente, Lebensmittel und Benzin gesorgt. Oder ermöglicht, dass junge Palästinenser im Ausland studieren. Angeblich wurden viele der Tunnel, die die Hamas jetzt für ihre Kriegsführung nutzt, ursprünglich gebaut, um überlebensnotwendige Sachen nach Gaza zu schmuggeln, deren Einfuhr Israel verboten hat.
    [Aber die Hamas terrorisiert auch die eigenen Leute.]
    Dennoch ist sie für viele Palästinenser wichtig. Allerdings bin ich überzeugt: Sobald die palästinensische Bevölkerung nicht mehr auf die Hamas angewiesen ist, wird sie sie nicht mehr unterstützen. Die Menschen sehen ja, welchen Schaden die Hamas anrichtet. (…) Hamas ist eine Idee. Man kann eine Idee nicht mit Bomben kaputt machen. Eine Idee lässt sich nur zerstören, wenn sie irrelevant geworden ist. Wenn Gaza nicht mehr besetzt ist, wenn die Bewohner dort nicht mehr erschossen werden, weil sie fischen gehen, wenn sogar der internationale Flughafen wieder existieren sollte – wenn man in Gaza also wieder halbwegs leben kann, werden sich die Palästinenser von der Hamas abwenden. Von der Idee der Hamas! Und das ist viel radikaler, als wenn die Hamas militärisch besiegt würde. (…)
    Seit dem 7. Oktober würde man gern ein einheitliches Bild von Israel zeigen, so als wären wir seitdem alle solidarisch. Zum Teil ist das auch wahr, denn die Solidarität ist nötig. Es gibt zum Beispiel Leute, die Essen an Soldaten schicken oder Familien aufnehmen, die aus dem Süden evakuiert wurden. Sie tun das aber auch, weil der Staat sich nicht kümmert. Die Netanjahu-Regierung war über die ganzen Jahre auch ökonomisch rechts, unter ihr wurde der Staat völlig privatisiert. Mit dem Ergebnis, dass er kaum noch existiert, wenn die Bürger ihn brauchen. So müssen die Evakuierten aus den südlichen Kibbuzim für ihre Hotels selbst zahlen. (…)Ich glaube, viele Menschen merken erst jetzt, wer Netanjahu ist, und machen ihn für vieles verantwortlich. Er versucht, die Schuld abzuschieben, aber das wird von einem großen Teil der Gesellschaft nicht mehr ernst genommen. Und jeder weiß, dass das Bild eines vereinten Israels, das er gern zeichnet, die realen Verhältnisse nicht widerspiegelt. Inzwischen gibt es Demonstrationen gegen den Krieg, bei denen die Teilnehmer von Gegendemonstranten gewalttätig angegriffen werden. Und die Familien der Geiseln sind in zwei Lager gespalten: Die einen glauben, dass man einen sofortigen Waffenstillstand braucht, um ihre Angehörigen freizubekommen; die anderen glauben das Gegenteil. Israel ist zur Zeit alles andere als geschlossen
    …“ Interview von Bascha Mika vom 04.12.2023 in der FR online externer Link
  • Offener Brief zum Missbrauch des Holocaust-Gedenkens: Im Ringen um ein Verständnis für die Ursachen der Gewalt in Israel und Palästina ist die Berufung auf den Holocaust gefährlich falsch.
    Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Briefes, sind Holocaust- und Antisemitismusforscher aus unterschiedlichen Institutionen. Wir schreiben dies, weil wir unsere Bestürzung und unsere Enttäuschung darüber zum Ausdruck bringen möchten, dass führende Politiker und bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sich auf die Erinnerung an den Holocaust berufen, um die aktuelle Krise in Gaza und Israel zu erklären. (…)In der Tat nimmt der Antisemitismus häufig zu, wenn sich die Krise in Israel und Palästina verschärft – das Gleiche gilt aber auch für Islamophobie und den anti-arabischen Rassismus. Die unerhörte Gewalt der Anschläge vom 7. Oktober, die anhaltenden Luftangriffe und die Invasion des Gazastreifens sind verheerend und verursachen Leid und Angst in jüdischen und palästinensischen Communitys auf der ganzen Welt. Wir bekräftigen, dass jeder und jede das Recht haben muss, sich sicher zu fühlen, wo immer er oder sie lebt, und dass wir dem Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Islamophobie Vorrang einräumen müssen. Es ist nur verständlich, dass viele in der jüdischen Community an den Holocaust und frühere Pogrome denken müssen, wenn sie zu begreifen versuchen, was am 7. Oktober geschehen ist. Die Massaker und die Bilder, die danach veröffentlicht wurden, haben die tief im kollektiven Gedächtnis verwurzelte Erinnerung an den genozidiären Antisemitismus getroffen, von dem die jüngste jüdische Geschichte geprägt ist. Die Berufung auf die Erinnerung an den Holocaust verstellt jedoch den Blick auf den Antisemitismus, dem Juden heute ausgesetzt sind, und sie verzerrt in gefährlicher Weise die Ursachen für die Gewalt in Israel und Palästina. (…) Darauf zu pochen, dass »die Hamas die neuen Nazis sind« – während man die Palästinenser kollektiv für die Handlungen der Hamas verantwortlich macht –, unterstellt jenen, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzen, tiefsitzende antisemitische Motive. Es impliziert zugleich, dass der gegenwärtige Angriff auf Gaza alternativlos sei, und stellt den Schutz des jüdischen Volkes gegen die Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts. Und die Berufung auf den Holocaust bei der Verurteilung jener Demonstranten, die ein »freies Palästina« fordern, schürt die Repression gegen die palästinensische Menschenrechtsbewegung genauso, wie sie der Vermischung von Antisemitismus mit der Kritik an Israel Vorschub leistet…“ Offener Brief von Omer Bartov, Christopher R. Browning, Jane Caplan, Debórah Dwork, Michael Rothberg et al. dokumentiert in tagebuch.at externer Link – dieser offene Brief erschien ursprünglich in der New York Review of Books externer Link, übersetzt und veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Autorinnen und Autoren.
  • Zitat der Woche:
    Israel zu kritisieren ist NICHT antisemitisch.
    Die Gleichsetzung von Israel mit dem Judentum IST antisemitisch
    .“ Tweet von  Jüdischer antifaschistischer Bund vom 21. Nov. 2023 externer Link
  • Im Vorwurf des Rassismus überlebt der Rassegedanke
    Jeder weiß heute, was Antisemitismus bedeutet und ist oft bereit, das Wort zu benutzen. Unsere Autorin fragt: Weiß auch jeder, was Semitismus bedeutet? Ein Essay. (Teil 1)(…)
    Wenn all die weltweiten Proteste und Appelle gegen Fremdenfeindlichkeit und Hass den Radikalismus seither hier wie dort nur verschlimmert haben, wenn Präventionsprogramme genauso erfolglos waren wie staatliche Antisemitismus-Beauftragte oder harte Gerichtsurteile, sind wir offenbar auf einem falschen Pfad. Deshalb eine Überlegung, tastend, unsicher, wie alles derzeit. (…)
    Wenn Ablehnern von Maßnahmen israelischer Politiker reflexartig rassistische Motive unterstellt werden, wird rationale Verständigung verunmöglicht. Im Vorwurf des Rassismus überlebt der Rassegedanke. Heute weiß jeder, was Antisemitismus ist, aber niemand, was Semitismus. Denn auch dieser Begriff ist fremdenfeindlich bis rassistisch aufgeladen. Es macht also wenig Sinn, ihn als Bezugspunkt für sein Anti zu nehmen. Das war nicht immer so. Ursprünglich kam Semitismus aus der Sprachwissenschaft, so wie Anglizismus. Er bezeichnet ganz neutral Ausdrucksweisen in Hebräisch, Arabisch und Aramäisch. Später wurde auch die Gesamtheit orientalischer Kultur so definiert. Araber sind also genauso Semiten, wie Juden. (…)
    Wie beschämend für uns Neuzeitliche, dass das Denken in den Kategorien von Rassen oder Ethnien schon in der Antike als widerlegt galt. Beschämend, wie viele sich widerspruchslos der Verpflichtung zum absurden Ariernachweis gebeugt haben. Auch mein Großonkel, der einen katholischen Priester in Polen bestochen hat für den Nachweis, dass er ein unehelicher Sohn sei und so seinen „jüdischen Anteil“ reduzieren konnte. Lächerlich, unwürdig. Aber es hat geholfen. Unwürdiges darf nie hilfreich sein. In bester Absicht, den nicht zu bestreitenden Hass abzubauen, darf nicht Verwirrung gestiftet werden. Wäre es hilfreicher, weil erhellender, statt von Antisemitismus von Judenfeindlichkeit zu sprechen? Alles so Fragen…“ Beitrag von Daniela Dahn vom 20. November 2023 in Telepolis externer Link (Teil 1) und:

    • Jüdische Identität verstehen: Ein Wegweiser abseits von Vorurteilen
      Wer ist Jude, wer nicht? Und was hat diese Frage mit dem aktuellen Krieg in Israel zu tun? Warum man nicht in Stereotypen denken sollte. Ein Essay. (Teil 2 und Schluss)
      Vielen Juden tut man keinen Gefallen, wenn jede politische oder religiöse Gegnerschaft als antisemitisch diagnostiziert wird (…) Um rassistische Inhalte zu kaschieren, würde vornehm von Kultur gesprochen, behaupten wiederum die Anhänger der Theorie vom „Rassismus ohne Rassen“. Es sei aber rassistische Praxis, wenn Mehrheiten die Macht besäßen, Minderheiten als „anders“ oder „schädlich“ zu definieren und sie deshalb zu benachteiligen, wenn nicht zu verfolgen. Demnach wäre die Ausgrenzung von Dissidenten, Kommunisten, Armen, Homosexuellen, Ungläubigen, Ungeimpften auch Rassismus? Da wird analytische Schärfe der Beliebigkeit geopfert. Oder zweckentfremdet zu Disziplinierung. Jetzt macht man sich schon durch ein Aber verdächtig. Inzwischen ist bald jede Abweichung vom Trampelpfad der öffentlich beglaubigten Einseitigkeit dem Vorwurf ausgesetzt, empathielos, rechtsoffen oder eben antisemitisch zu sein. Das ist nicht ohne Grund der schlimmste K.-o.-Tropfen, der einem hierzulande auf offener Bühne verabreicht werden kann. Wie gerade wieder auf skandalöse Weise Jeremy Corbyn durch die Berliner Volksbühne. Der Ausgrenzungsfetischismus erfasst inzwischen Juden und Nichtjuden, Freund und Feind. Der verschwurbelte Antisemitismus-Vorwurf wirkt wie ein Verdikt, nicht rational über die eigentlichen Ursachen zu reden: Machtpolitik und Religion. Und man kann sich des Eindrucks schwer erwehren, das sei gewollt…“ Beitrag von Daniela Dahn vom 21. November 2023 in Telepolis externer Link (Teil 2)
  • „Freiheit für Palästina bedeutet Freiheit für uns alle“. Mehr als 1.000 jüdische Demonstranten und Unterstützer protestieren in Hollywood für Waffenstillstand
    Beitrag von Kimie Saito, Joshua Rodriguez und Jacob Crosse am 20. November 2023 in wsws externer Link
  • Projektionen im Krieg: «Ich will meine Linke wieder zurück»
    Worüber reden wir, wenn wir über Israel und Palästina reden? Ein Gespräch mit Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, über mangelndes Mitgefühl und universelle Positionen, Antisemitismus und allzu schnelle Urteile in den sozialen Medien…“ Interview von Anna Jikhareva in der WoZ vom 16. November 2023 externer Link
  • Einschätzungen israelischer Linker zu den Geschehnissen seit dem 7. Oktober 2023, ihren Ursachen und Perspektiven 
    Das Gewerkschaftsforum Hannover hat dankenswerterweise vier Interviews übersetzt:
    1) Das erste Interview wurde von der linken italienischen Tageszeitung „il manifesto“ mit Orly Noy geführt. Die 53jährige Literatur-Übersetzerin aus dem Farsi und Journalistin der linksalternativen, binationalen Online-Medien „Local Call“ und „+972 Magazine“ ist Vorstandsmitglied der 1989 gegründeten Menschenrechtsorganisation B‘Tselem sowie Aktivistin der 1995 entstandenen linkssozialdemokratischen und arabisch-nationalistischen israelischen Balad-Partei.
    2) Das zweite Interview führte das französische Online-Magazin „Mediapart“ mit dem 74jährigen, in Straßburg geborenen, revolutionären Sozialisten und Friedensaktivisten Michel „Mikado“ Warschawski. Er lebt in Jerusalem, ist mit der bekannten Rechtsanwältin und Menschenrechtsaktivistin Lea Tsemel verheiratet und war Mitbegründer des am Weltsozialforum beteiligten Alternativ Information Center (AIC).
    3) Das dritte Interview wurde mit dem 1964 in Haifa geborenen und seit 1985 überwiegend in Frankreich lebenden Filmemacher, Professor, Publizisten und Aktivisten Eyal Sivan und
    4) das vierte Gespräch mit dem 1949 in Haifa geborenen emeritierten Professor für Geschichte + Philosophie und Soziologen Moshe Zuckermann geführt. Diese Interviews erschienen in der linkien italienischen Tageszeitung „il manifesto“ vom 7. bzw. 8. November 2023. Siehe die 4 übersetzten Interviews in 2 Lieferungen vom 8. und 11.11. jeweils mit deren Vorwort versehen
  • In Israel versuchen gemeinsame jüdisch-palästinensische Bemühungen, die Vision einer gemeinsamen Gesellschaft zu retten
    Wir befinden uns mitten im Krieg… aber wir treffen uns, um die Zukunft zu planen.
    Unmittelbar nach dem tödlichen Angriff der Hamas im Süden Israels am 7. Oktober, als das israelische Militär begann, den Gazastreifen zu bombardieren und zu belagern, waren jüdische und arabische Aktivisten in Israel, die sich seit langem gemeinsam für eine gerechtere, gemeinsame Gesellschaft einsetzen, wie gelähmt. Die palästinensischen Bürger Israels, die etwas mehr als 20 % der rund 9,3 Millionen Einwohner des Landes ausmachen, fürchteten, als Terroristen abgestempelt zu werden, nur weil sie Araber sind, und rechneten mit Vergeltungsmaßnahmen durch extremistische jüdische Bürgerwehren, die von rechtsextremen Mitgliedern der israelischen Regierung ermutigt wurden. Das Massaker der Hamas an der Zivilbevölkerung berührte grundlegende jüdische Ängste, die aus dem Trauma von Generationen der Verfolgung herrühren, und rief kollektive Erinnerungen an die Geschichte der Pogrome in Europa und des Holocaust hervor. (…) Etwas mehr als einen Monat nach Beginn der Feindseligkeiten ist die befürchtete Gewalt zwischen den Gemeinden in Israel noch nicht eingetreten. Bei einem kürzlichen Besuch in mehreren Gemeinden im Norden Israels berichteten Dutzende von Aktivisten, mit denen The New Humanitarian gesprochen hat, dass sie immer noch ein Gefühl des Schreckens verspüren. Aber sie mobilisierten sich erneut, um zu versuchen, die Vision einer gerechteren und inklusiveren israelischen Gesellschaft für Juden und Palästinenser zu retten und Raum dafür zu schaffen.  Zu diesem Zweck versammelten sich am 6. November fast 400 Juden und Palästinenser in einer Veranstaltungshalle in Baqa al-Gharbiyye, einer arabischen Stadt im Norden Israels, die an das Westjordanland grenzt und in der rund 30 000 Menschen leben. „Wir sind mit einer einfachen Botschaft hier: Wir sind entschlossen, zusammenzuarbeiten, Juden und Araber, auch – oder gerade – in dieser Zeit“, erklärte Alon-Lee Green, Gründungsdirektor von Standing Together, einer arabisch-jüdischen Interessenvertretung und Aktivistengruppe, von der Bühne aus, während die Menge klatschte. Die Menge klatschte und jubelte weiter, als jeder der fünf jüdischen und arabischen Redner die Rückkehr aller von der Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln, den Schutz unschuldiger Zivilisten und die Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit für die Gleichberechtigung von Arabern und Juden in Israel forderte. Mehrere der Redner forderten auch ein Ende des israelischen Krieges im Gazastreifen, eine im derzeitigen politischen Klima Israels höchst umstrittene Position, die jedoch auf breite Zustimmung bei der Versammlung stieß. Der Abend war eines von etwa einem Dutzend ähnlicher Treffen zwischen Arabern und Juden, die in den vergangenen zwei Wochen in ganz Israel organisiert wurden, vor allem durch die Bemühungen von Standing Together…“ engl. Artikel von Eetta Prince-Gibson vom 9.11.2023 in The New Humanitarian externer Link („In Israel, joint Jewish-Palestinian efforts look to salvage vision of a shared society“, maschinenübersetzt)
  • Schriftstellerin Deborah Feldman: „Wir stehen am Beginn eines Zivilisationsbruchs“
    Die jüdische Schriftstellerin Deborah Feldman über die Situation der Juden und Jüdinnen in Deutschland, den Terror der Hamas und den Krieg in Gaza. (…)
    Ich selbst stehe zu den Israelis, zu den Menschen, die gegen diese Regierung protestiert haben in den Monaten vor dem Angriff der Hamas, ich stehe zu den israelischen Freunden, die Freunde und Familienmitglieder beim Angriff der Hamas verloren haben. Ich stehe zu den Menschen, die sich Sorgen um die Geiseln machen. Es gibt verschiedene Interpretationen, was „zu Israel stehen“ bedeutet. Wenn die jetzige israelische Regierung sagt: Ihr müsst bedingungslos zu uns stehen, steckt darin die eigentliche Forderung, ihr müsst die Stimmen der Juden und Jüdinnen und der Israelis, die uns kritisieren, verdrängen. (…)
    Ich empfinde nicht, dass das Sich-einsetzen für Menschenleben in Gaza per se antisemitisch sein könnte. Warum sollte das auch so sein? Wer sich für unschuldige Kinder in Flüchtlingslagern einsetzt, wer sich einbringt für universelle Menschenrechte und damit für die Lehren, die aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen werden mussten, der ist kein Antisemit. Jede andere Behauptung ist Gaslighting. Mich erinnern solche Behauptungen an eine psychologische Manipulation, damit wir unseren moralischen Instinkten nicht mehr vertrauen können und uns komplett aus dem Diskurs zurückziehen. Es ähnelt der Art und Weise, wie ich aufgewachsen bin. (…) Der Angriff der Hamas hat Menschen getroffen, die sich für Frieden und eine Lösung des Nahost-Konflikts einsetzen. Den Politikern, die sich jetzt für den Krieg im Gazastreifen einsetzen, geht es nicht primär um diese Opfer. Sie instrumentalisieren diese Opfer, um Dinge zu rechtfertigen, die vorher nicht möglich waren. Ich ringe mit meinen Worten. Aufgrund dieser Erfahrungen muss ich Ihnen sagen, dass ich verzweifelt bin. (…)
    Wir stehen am Beginn eines Zivilisationsbruchs. Die Folge wird eine ungeheure Wut sein, die wir zu spüren bekommen werden. Wir konnten uns nicht darüber einigen, dass die Rechte aller Menschen für uns alle gleich wichtig sind. Dabei ist die einzige Lehre aus dem Holocaust, sich für die Rechte aller Menschen gleichermaßen einzusetzen – und nicht zu schweigen, wie viele Deutsche es leider tun. (…)
    [Ihre Schlussfolgerung aus dem Holocaust ist das Motto Marek Edelmanns, nämlich auf der Seite der Schwachen zu stehen. Welche Konsequenz hat das für Sie, wenn sie an den Überfall der Hamas denken und die Reaktion Israels?]
    Die Familien der Opfer und der Geiseln haben größtenteils dazu aufgerufen, diesen Krieg zu stoppen oder erst gar nicht zu beginnen, liberale Israelis fordern ein Ende der Gewaltspirale, endlich einen Ausweg. Für die nationalistischen rechten Israelis, die bald eine Mehrheit in dem Land bilden, für sie sind Leute wie ich oder die Familien der Opfer keine wirklichen Juden
    …“ Interview von Michael Hesse vom 05.11.2023 in der FR online externer Link
  • Ceasefire now: Urgent appeal for peace and justice / Waffenstillstand jetzt: Dringender Appell für Frieden und Gerechtigkeit
    Mein Name ist Atalya Ben Abba und ich bin israelische Staatsbürgerin. Dies ist mein dringender Appell für einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen. Ich bitte die Bürger des Westens und der Welt, unseren Aufruf zum Frieden zu unterstützen, indem sie unseren öffentlichen Appell unterzeichnen. Die Antwort auf die von der Hamas und anderen Gruppen begangenen Gräueltaten kann und darf nicht in der kollektiven Bestrafung des palästinensischen Volkes bestehen. Gegenwärtig werden entsetzliche Gräueltaten an den Palästinensern begangen. Und das ist bei weitem nicht das erste Mal. Das muss ein Ende haben. Die Besatzung muss ein Ende haben. Es gibt keine Alternative...“ engl. Offener Brief an die Regierungen externer Link des Vereinigten Königreichs, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Kanadas und der Vereinigten Staaten – Unterschriftenkampagne von European Alternatives, Refuser Solidarity Network und Foreign Policy in Focus
  • Protest in Tel Aviv am 4.11. – von Rechten angegriffen

    • Weltweit haben Hundertausende für einen Waffenstillstand demonstriert.
      Zum zweiten Mal seit Beginn des Kriegs gab es auch in Tel Aviv Proteste für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln. Dieser Protest ist ein Zeichen der Hoffnung in düsteren Zeiten!
      Tweet von Jules El-Khatib vom 4. Nov. 2023 externer Link mit Foto
    • Jetzt protestieren israelische linke Aktivisten in Tel Aviv gegen den Krieg und fordern einen WaffenstillstandTweet von Oren Ziv vom 4.11.23 externer Link mit Video
    • Der Protest, der in Tel Aviv einen Waffenstillstand fordert, wird von der Rechten angegriffenTweet von Oren Ziv vom 4.11.23 externer Link mit Video
    • In Jerusalem fordern Familien von Geiseln und linke Aktivisten den Rücktritt Netanjahus.“ Tweet von @realmarcel1 vom 4.11.2023 externer Link mit Video
  • Israels rechte Regierung duldet keinen Widerspruch
    In Israel erreicht die Repression gegen Solidaritätsbekundungen mit der palästinensischen Bevölkerung einen neuen Höchststand. Zahlreiche Menschen werden belästigt, angegriffen, entlassen oder inhaftiert, weil sie es wagen, den Kurs der Regierung zu kritisieren.
    Seit Beginn des Krieges in Gaza hat die israelische Regierung ihr Vorgehen gegen abweichende Meinungen im Land erheblich verschärft. Aktivistinnen, Akademiker, gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger sind Opfer von Doxxing, Kündigungen, Bedrohungen und Verhaftungen geworden. Besonders betroffen sind Angehörige der palästinensischen Minderheit in Israel. Repressionen sind in Kriegszeiten nicht ungewöhnlich, aber die Situation in Israel mit ihrer ohnehin schon autoritären Regierung und ihrem rechtsradikalen Personal wie Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sowie die riesige Trauer nach den Anschlägen vom 7. Oktober in der gesamten Bevölkerung haben den Boden für ein besonders hartes Vorgehen gegen Andersdenkende bereitet. Ähnlich wie einige westliche Staaten gegen palästinensische Proteste vorgehen, verbietet die israelische Polizei praktisch jeden Ausdruck von Solidarität. Nach der gewaltsamen Auflösung von propalästinensischen Demonstrationen in Haifa und Umm al-Fahm erklärte der zuständige Polizeipräsident, dass »diejenigen, die sich mit Gaza identifizieren, gerne in Bussen dorthin gebracht werden können«. Mehrere Personen, die lediglich passiv an den Veranstaltungen teilnahmen, darunter Minderjährige und ein Journalist, wurden tagelang in Gewahrsam genommen
    …“ Artikel von Yona Roseman in der Übersetzung von Tim Steins am 03. November 2023 in Jacobin.de externer Link
  • Arabische Israelis in Jerusalem: Angst und Repression
    Arabische Israelis und jüdische Aktivisten werden vermehrt verhaftet, suspendiert und angezeigt. Als Auslöser reicht oft ein Post in sozialen Medien. (…) Zwar haben sich unter den arabischen Israelis bekannte Stimmen wie der Knesset-Abgeordnete Ayman Odeh schnell und deutlich gegen den Terror der Hamas positioniert. Doch es gibt auch viele, die den Terror bisher nicht verurteilt haben. Mohammed Idkedik wollte deshalb ein Zeichen setzen: Er traute sich am 18. Oktober mit der ­arabisch-jüdischen Aktivistengruppe „Wir stehen zusammen“ auf die Straße, um in Jerusalem Plakate aufzuhängen. Der Text: „Wir stehen das zusammen durch“ – auf Hebräisch und Arabisch. Weit kamen er und sein jüdischer Mitstreiter Rimon Lavi nicht. „Nach ein paar ­hundert Metern stoppte uns die Polizei und wir mussten die Plakate abgeben“, erzählt der 79-jährige Lavi. Zudem bekamen sie eine Strafe von umgerechnet mehr als einhundert Euro. „Sie sagten, wir hätten keine Genehmigung. Dabei hängt ganz Jerusalem voller Plakate.“
    Verhaftungen, Suspendierungen und Anzeigen
    Knapp einen Monat nach dem schlimmsten Terroranschlag in der Geschichte Israels häufen sich Berichte über Verhaftungen, Suspendierungen und Anzeigen. Behörden, Arbeitgeber oder Privatpersonen gehen laut der NGO Adalah vor allem gegen arabische Israelis und Aktivisten vor. Seit dem 7. Oktober hat die NGO Ermittlungen in 170 Fällen gezählt. Polizeiangaben zufolge gab es bisher 110 Festnahmen sowie 24 Anklagen. Der überwiegende Teil steht Adalah zufolge in Verbindung mit Posts in sozialen Medien. Außerdem hätten Universitäten und andere Bildungseinrichtungen in mehr als 100 Fällen Disziplinarmaßnahmen gegen Studierende erlassen. Adalah-Sprecher Ari Remez sieht darin eine massive Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trägt das harte Vorgehen mit. Die Polizei hat dabei großen Ermessensspielraum bei der Einschätzung, was sie als Unterstützung von Terrorismus wertet
    …“ Artikel von Felix Wellisch vom 1.11.2023 in der taz online externer Link
  • Trauer um Bruder nach Hamas-Terror: „Missbraucht unseren Schmerz nicht für Krieg“
    Die Hamas-Terroristen haben den Bruder von Noy Katsmann ermordet. Das Blutvergießen muss ein Ende haben, fordert Katsman im STANDARD-Gespräch
    Für Noy Katsman aus Israel sollte zu Monatsbeginn ein spannendes Austauschsemester an der Universität Leipzig beginnen. Doch dann kam der 7. Oktober. Als erste Bilder von Hamas-Terroristen in israelischen Dörfern durchs Internet gingen, schrieb Katsman dem Bruder Hayim im südisraelischen Kibbutz Holit: „Alles ok?“ Es gehe ihm gut, antwortete dieser sogleich. „Es gibt eine Warnung, aber hier ist es ruhig.“ Das war der letzte Kontakt, den die beiden hatten. Katsman trauert im STANDARD-Interview um Hayim, findet aber, dass der tiefe Schmerz keinen für Zivilisten tödlichen Krieg rechtfertigt
    …“ Interview von Flora Mory vom 28. Oktober 2023 im Standrad.at externer Link
  • Krieg in Nahost: »In meinem Namen will ich keine Rache«
    Angehörige der Opfer der Hamas in Israel sprechen sich gegen den Militäreinsatz im Gazastreifen aus. Auch sie verdienen, gehört zu werden (…) In einer Trauerrede für ihren Bruder Hayim, einen im Kibbuz Holit ermordeten Aktivisten gegen die Besatzung, forderte Noi Katsman ihr Land auf, »unseren Tod und unseren Schmerz nicht dazu zu benutzen, den Tod und den Schmerz anderer Menschen oder anderer Familien zu verursachen. Ich fordere, dass wir den Kreislauf des Schmerzes durchbrechen und verstehen, dass der einzige Weg [vorwärts] Freiheit und gleiche Rechte sind. Frieden, Brüderlichkeit und Sicherheit für alle Menschen.«
    Ziv Stahl, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Yesh Din und Überlebender des Höllenfeuers in Kfar Aza, sprach sich in einem Artikel in »Haaretz« ebenfalls entschieden gegen Israels Angriff auf Gaza aus. »Ich habe kein Bedürfnis nach Rache, nichts wird diejenigen zurückbringen, die weg sind«, schrieb sie. »Die wahllose Bombardierung des Gazastreifens und die Tötung von Zivilisten, die an diesen schrecklichen Verbrechen unbeteiligt sind, ist keine Lösung.«
    Yotam Kipnis, dessen Vater bei dem Hamas-Anschlag ermordet wurde, sagte in seiner Trauerrede: »Schreiben Sie den Namen meines Vaters nicht auf eine [militärische] Granate. Das hätte er nicht gewollt. Sagt nicht: ›Gott wird sein Blut rächen.‹ Sagt: ›Möge sein Andenken zum Segen werden.‹«
    Michal Halev, die Mutter von Laor Abramov, der von der Hamas ermordet wurde, warnte in einem auf Facebook geposteten Video unter Tränen: »Ich flehe die Welt an: Hört auf mit all den Kriegen, hört auf, Menschen zu töten, hört auf, Babys zu töten. Krieg ist nicht die Antwort. Mit Krieg kann man keine Probleme lösen. Dieses Land, Israel, macht Horror durch … Und ich weiß, dass die Mütter in Gaza Horror durchmachen … In meinem Namen will ich keine Rache.«
    Maoz Inon, deren Eltern am 7. Oktober ermordet wurden, schrieb bei Al Jazeera: »Meine Eltern waren Menschen des Friedens … Rache wird meine Eltern nicht ins Leben zurückbringen. Sie wird auch andere getötete Israelis und Palästinenser nicht zurückbringen. Sie wird das Gegenteil bewirken … Wir müssen den Kreislauf durchbrechen.«
    Als Yonatan Ziegen, der Sohn von Vivian Silver, von einem Journalisten gefragt wurde, was seine Mutter – von der angenommen wird, dass sie entführt wurde – darüber denke, was Israel jetzt in Gaza tue, antwortete er: »Sie wäre beschämt. Denn man kann tote Babys nicht mit noch mehr toten Babys heilen. Wir brauchen Frieden. Dafür hat sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet … Schmerz ist Schmerz.«
    Eine 19-jährige Überlebende des Massakers im Kibbutz Be’eri hielt in einem Video, das inzwischen im Internet viral ging, einen bewegenden Monolog über die Vernachlässigung der Bewohner des Südens durch die Regierung, in dem sie für die Rückkehr der Geiseln plädierte: »Rückführung der Geiseln. Frieden. Anstand und Fairness … Vielleicht fällt es einigen von Ihnen schwer, diese Worte zu hören. Es fällt mir schwer, sie auszusprechen. Aber nach dem, was ich in Be’eri durchgemacht habe, seid ihr es mir schuldig.« Wir sind es ihnen schuldig. Ich höre ihnen zu und lese ihre Worte, und ich verneige mich vor ihrem Mut. Und ich denke über das seltsame Beharren so vieler, auch sogenannter Linker, darauf nach, den Grad unserer Solidarität, unseres Schmerzes oder unserer Wut daran zu messen, ob wir bereit sind, das Feuer zu unterstützen, das unsere Armee auf Gaza niederregnen lässt. Was werden Sie zu dem trauernden Vater sagen? Zu dem Überlebenden des Massakers? Brauchen diese nicht auch Solidarität? Woher kommt deren Mut zu sagen, was in jedem einzelnen unserer gebrochenen Herzen und Seelen vorgeht?
    »Ich habe meine Tochter verloren, nicht meinen Verstand«
    Ich beobachte die Vorwürfe gegen diejenigen, die um ein Ende dieses sinnlosen Gemetzels, dieses schrecklichen und bedrohlichen Kriegsverbrechens in Gaza flehen, und ich denke an den Satz von Ben Kfir, einem Mitglied des Bereaved Families Forum, der sich vor Jahren in meinem Kopf eingeprägt hat, als er über die Sinnlosigkeit von Rache sprach: »Ich habe meine Tochter verloren, nicht meinen Verstand.« Dieser Mann, der den Menschen verloren hat, der ihm am meisten am Herzen lag, und viele andere, die sich nun dem Kreis der Hinterbliebenen angeschlossen haben, verstehen, was so viele heute noch nicht verstehen wollen: dass der Weg, der uns angeboten wird, nämlich mehr Blut und mehr »Abschreckungsmaßnahmen«, genau der Weg ist, der uns schon so oft vorgegeben wurde und der uns zu den Schrecken geführt hat, die wir heute erleben…“ Artikel von Orly Noy vom 27.10.2023 in ND online externer Link
  • Beispielloser Terror in Israel: „Bitte überprüfen Sie Ihre Meinung über den Nahostkonflikt“
    Gastbeitrag von Ron Leshem vom 26.10.2023 bei ntv externer Link – sehr lesenswerter umfangreicher Artikel von einem propalästinensischen Israeli, dessen Teile seiner Familie am 7.10. ermordet wurden
  • Die Einsamkeit der israelischen Linken
    Seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober fühlen sich israelische Linke zwischen einer weltweiten linken Reaktion, die den Tod israelischer Zivilisten manchmal rechtfertigt oder herunterspielt, und der israelischen Gesellschaft selbst, die den Rachefeldzug des Staates im Gazastreifen und sein hartes Durchgreifen gegen jede Art von abweichender Meinung weitgehend unterstützt, in die Zange genommen. In dieser Folge von On the Nose spricht Chefredakteurin Arielle Angel mit Michael Sfard, einem auf internationales Menschenrechts- und Kriegsrecht spezialisierten Rechtsanwalt, mit Sally Abed, einer palästinensischen Bürgerin Israels und Mitglied der nationalen Führung der arabisch-jüdischen Basisbewegung Standing Together, und mit Yair Wallach, einem Sozial- und Kulturhistoriker des modernen Palästinas/Israels an der SOAS University of London. Sie diskutieren über die besondere Einsamkeit der israelischen Linken in diesem Moment und den wertvollen und gefährdeten Horizont für den gemeinsamen Kampf darüber hinaus…“ engl. Podcast vom 26.10.2023 externer Link Audio Datei („The Loneliness of the Israeli Left“, maschinenübersetzt)
  • „Stoppt den Krieg“: Israeli, der Eltern bei Hamas-Angriff verlor, verlangt Waffenstillstand
    Die USA und EU weigern sich weiter, von Israel einen Bombenstopp zu fordern. 100.000 protestierten dafür in London. Warum auch Maoz Inon das fordert…“ Interview von Amy Goodman in dt. Übersetzung am 23. Oktober 2023 in Telepolis externer Link
  • Zur politischen Verantwortung: Ich habe einen offenen Brief unterschrieben, der das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verteidigt und gegen Antisemitismus und Rassismus warnt. Alles, was drin steht, ist richtig. Ich habe aber mehr zu sagen. (…)
    6/ Opfer-Sein von systematischer, brutaler und langjähriger Entrechtung ist keine Ausrede nicht zu benennen, wie man sich seine Befreiung vorstellt, & wie nicht. Mit dem Massaker wurde durch Hamas ein politisches Programm deutlich präsentiert. Dazu muss sich jede*r verhalten.
    7/ Zudem, wie Netanjahu und seine rechtsextreme Regierung in vielen Hinsichten Verantwortung für das Massaker am 7. Oktober mittragen, so trägt auch die Hamas eine Verantwortung für die israelischen Verbrechen seitdem mit. Sie wussten genau, was sie damit hervorrufen.
    8/ Es ist richtig jetzt auf die Straße zu gehen, um gegen die brutale Kriegspolitik Israels, mit Unterstützung der Bundesregierung, zu demonstrieren. Es ist richtig jetzt Solidarität mit Palästinenser*innen zu zeigen und Rassismus anzuprangern. Aber es ist nicht genug
    …“ Tweet von Yossi Bartal vom 23. Okt. 2023 externer Link
  • Israel-Krieg: Ihr Deutschen habt Eure „aus dem Holocaust erwachsene Verantwortung“ verraten
    Israelische Journalistin Amira Hass an Bundeskanzler Scholz: „Ihre Aufgabe ist es, den Zerstörungsfeldzug zu stoppen„. Hier ihre komplette Nachricht auf Deutsch…“ Brief von Amira Hass am 22. Oktober 2023 in Telepolis externer Link
  • Appell aus Israel zu Angriffen auf Gaza: „Menschliche Haltung bewahren“
    Wir, die Mitglieder der unterzeichnenden Menschenrechtsorganisationen in Israel externer Link, sind in diesen furchtbaren Tagen schockiert und entsetzt. Die schrecklichen Verbrechen der Hamas gegen unschuldige Zivilisten – darunter Kinder, Frauen und ältere Menschen – haben uns alle erschüttert, und wir haben Mühe, uns von den unerträglichen Bildern und Geräuschen zu erholen. Einige von uns waren während des Angriffs in den israelischen Gemeinden an der Grenze zum Gazastreifen; viele von uns haben Familienangehörige, Freunde und Kollegen, die die erschütternden Ereignisse miterlebt haben und immer noch mit ihnen zu tun haben; und wir alle kennen Menschen, die ermordet, verletzt oder entführt wurden. Es wird einige Zeit dauern, bis wir die Tragweite und die Folgen des abscheulichen Angriffs der Hamas, für den es keine Rechtfertigung geben kann, vollständig verstehen.
    Die meisten unserer Teams bestehen aus Israelis und Palästinensern; daher haben einige von uns Verwandte und Kollegen im Gazastreifen, die derzeit unter den anhaltenden Angriffen des israelischen Militärs leben. Kinder, Frauen und ältere Menschen werden wahllos angegriffen und können sich nirgendwo verstecken. Auch jetzt – und gerade jetzt – müssen wir unsere moralische und menschliche Haltung bewahren und dürfen nicht der Verzweiflung oder dem Drang nach Rache nachgeben. Unser Glaube an den menschlichen Geist und das ihm innewohnende Gute ist wichtiger denn je. Eines ist klar: Wir werden unseren Glauben an die Menschlichkeit niemals aufgeben – auch jetzt nicht, wo dies schwieriger denn je ist. (…) Wir fordern die sofortige Freilassung aller Geiseln und ein Ende der Bombardierung von Zivilisten in Israel und in Gaza. Humanitäre Hilfe muss die Zivilbevölkerung erreichen können, medizinische Einrichtungen und Zufluchtsorte dürfen nicht beschädigt werden, und lebenswichtige Ressourcen wie Wasser und Strom dürfen nicht abgeschnitten werden. Die Tötung weiterer Zivilisten wird die verlorenen Menschen nicht zurückbringen. Wahllose Zerstörungen und eine Belagerung, bei der Unschuldige zu Schaden kommen, werden keine Erleichterung, Gerechtigkeit oder Ruhe bringen. Als Menschen, die sich für die Förderung der Menschenrechte einsetzen und an die Unantastbarkeit des Lebens glauben, fordern wir dringend ein Ende aller wahllosen Zerstörungen von Leben und Infrastruktur der Zivilbevölkerung. Wir rufen dazu auf, Verhandlungen zu führen und alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Freilassung der Geiseln herbeizuführen – wobei die von der Hamas festgehaltenen Zivilisten Vorrang haben sollten. Dies ist die einzig humane und vernünftige Maßnahme, und sie muss jetzt ergriffen werden
    .“ Aufruf israelischer Organisationen gegen den Krieg. Positionierung gegen „Verzweiflung und Drang nach Rache“ übersetzt und dokumentiert in Telepolis am 19. Oktober 2023 externer Link
  • „Wir erleben gerade, wie unsere bloße Existenz kriminalisiert wird!“
    Vier in Deutschland arbeitende jüdische und palästinensische Organisationen – Palästina Spricht, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Palästina Kampagne und Jewish Bund – kritisieren in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 17. Oktober rassistische Polizeigewalt und Repressionen gegen Palästinenser und in der Palästina-Solidarität Aktive in Berlin: In den letzten Tagen spielen sich auf den Straßen Berlins Szenen massiver Polizeigewalt ab, die von antipalästinensischem, antiarabischem und antimuslimischem Rassismus geprägt sind, ab. Am Ernst-Abbe-Gymnasium kam es zum Übergriff eines Lehrers gegen einen Schüler. Die Brutalität, mit der gegen die arabische und muslimische Bevölkerung vorgegangen wird, ist völlig maßlos. Racial Profiling und brutale Verhaftungen betreffen dabei auch Kinder und Jugendliche, es sind Fälle von mindestens acht betroffenen Minderjährigen bekannt. Das jüngste verhaftete Kind ist neun Jahre alt. Die Berliner Bildungssenatorin verbot das Tragen von traditioneller palästinensischer Kleidung an allen Schulen Berlins. In der offiziellen Erklärung werden kulturelle Symbole der palästinensischen Identität, wie die Kufiya, mit Gewaltverherrlichung und Terrorismus gleichgesetzt. Dies widerspricht dem in der UN-Kinderrechtskonvention formulierten Recht für Kinder, ihre eigene Identität in Schulen zum Ausdruck bringen zu dürfen. (…)„Wir erleben gerade, wie unsere bloße Existenz kriminalisiert wird! Befinden wir uns nicht in einer Demokratie? Wieso können Grundrechte so leicht ausgehebelt werden, wenn es migrantische Menschen betrifft? Jeder demokratisch gesinnte Mensch in diesem Land sollte alarmiert sein. Wir rufen den Berliner Senat dazu auf, die pauschale Kriminalisierung der palästinensischen kulturellen Symbole umgehend zu stoppen. Wir werden rechtliche Schritte einleiten, um diese Grundrechte einzufordern. Gegen die Verbote der angemeldeten Demonstrationen werden wir juristisch vorgehen.““ Gemeinsame Presseerklärung jüdischer und palästinensischer Organisationen zur Repression gegen Palästinenser in Berlin (Palästina Spricht, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Palästina Kampagne, Jewish Bund) dokumentiert am 19. Oktober 2023 ín der UZ online externer Link – siehe auch:

  • Das ist leider zu einer Identitätsfrage geworden“
    Judenhass sei heute geradezu Bedingung, um als Muslim akzeptiert zu werden, sagt Murat Kayman. Der Jurist über Sprachcodes, halbgare Statements und Stigmatisierungen…“ Interview von  Murat Kayman mit dem Tagesspiegel dokumentiert auf seiner Homepage am 19. Oktober 2023 externer Link
  • Bridging the divide: 12 groups working for Israel-Palestine peace
    Trotz der schrecklichen Eskalation der Gewalt setzen sich diese Basisgruppen weiterhin für Frieden ein – engl. Überblick vom 19.10.23 bei Positive.News externer Link
  • Ich bin Palästinenser. Ich fühle mich im Moment politisch so isoliert. Die meisten Palästinenser scheinen den Mut verloren zu haben. Ich sehe so viele, die den Terrorismus entschuldigen, meist mit der falschen Behauptung, Israel begehe einen Völkermord. Wo sind die Palästinenser, die Frieden mit Israel wollen?Tweet von John Aziz vom 19. Okt. 2023 externer Link
  • Ein Anarchist, Genosse und Freund aus der israelischen wie Berliner Linken hat schon vor ein paar Tagen direkt nach dem Angriff der Hamas einen Text geschrieben, den wir gerne mit euch teilen möchten: “Neben dem Chaos und dem Blutvergießen und dem tiefen Schmerz, der kein Ende nimmt, gibt es noch eine weitere, einzigartige Form des Schmerzes, der Angst und der Wut – die beunruhigende und fehlgeleitete Reaktion radikaler Linker im Ausland auf die jüngsten Ereignisse…“ Thread von @ibuibu_nk vom 19. Okt. 2023 externer Link
  • Hunderte amerikanischer Juden veranstalten einen Sitzstreik im Kongress – und wir werden nicht gehen, bis der Kongress einen Waffenstillstand in Gaza fordert. Während draußen Tausende US-Juden protestieren, sind über 350 drinnen, darunter zwei Dutzend Rabbiner, die im Gebet Widerstand leisten.
    Wir sind hier, um zu sagen: Nicht in unserem Namen und nie wieder. Und wir werden unseren zivilen Ungehorsam fortsetzen, bis der Kongress einen Waffenstillstand in Gaza fordert oder bis sie uns zwingen, den Gazastreifen zu verlassen.
    Der Waffenstillstand ist der erste Schritt, um den anhaltenden Völkermord des israelischen Militärs an den über 2 Millionen Palästinensern im belagerten Gazastreifen zu stoppen, die nicht ausreisen können.
    In der vergangenen Woche wurden über 3.000 Palästinenser, darunter 1.000 Kinder, durch israelische und US-amerikanische Bomben ermordet. Über eine Million Menschen sind vertrieben. Wir haben die Macht, diese Gewalt zu stoppen.
    Was wir aus vergangenen Gräueltaten des israelischen Staates gegen Palästinenser wissen, ist, dass die Bombenangriffe erst aufhören, wenn es einen ausreichenden Massenaufschrei der internationalen Gemeinschaft gibt. Es liegt an uns, diesen Aufschrei zu verstärken – so schnell wie möglich.
    Wir stehen für Gerechtigkeit und Würde für alle Menschen. Der einzige Weg, dies für die Palästinenser sicherzustellen, besteht darin, jetzt einen Waffenstillstand zu fordern! ENDE DEM VÖLKERMORD IN GAZA.
    “ engl. Thread von Jewish Voice for Peace 18. Okt. 2023 externer Link mit Videos und Fotos und dazu:

    • Von @jvplive angeführte Juden werden gewaltsam verhaftet, während sie in den Sälen des Kongresses einen Waffenstillstand fordern“ engl. Tweet von Stop Cop City vom 18. Okt. 2023 externer Link mit Video und zuvor:
    • Amerikanische Juden und Verbündete haben jetzt mehr als vier Türen zum Weißen Haus blockiert. Wir sind bereit, unsere Körper noch mehr abzuschlachten – wir sind bereit, hier zu bleiben, bis Biden einen Waffenstillstand erzwingt. Wir sind hier, weil wir wissen, dass eine humanitäre Katastrophe und Massengewalt gegen Gaza weder weitere Gewalt verhindern noch unseren Schmerz heilen werden. Wir sind auch hier und erheben unsere Stimme für unsere israelischen Geschwister – während wir ihre Lieben begraben und auf die Nachricht von den Entführten warten – und schreien ihre Regierung an, dass die Bomben aufhören sollen.
      – und ein weiterer Eingang blockiert.
      Wir sind hier, weil wir wissen, dass wir sowohl Sicherheit für die Menschen im Gazastreifen, denen es an Wasser und Licht mangelt, als auch Pest für die sichere Rückkehr israelischer ziviler Geiseln fordern können. Tatsächlich wissen wir, dass ihre Sicherheit damit zusammenhängt.
      Die Polizei beginnt mit Verhaftungen – die Massen singen immer noch und sind bereit zu bleiben
      …“ engl. Thread von IfNotNow vom 16. Okt. 2023 externer Link mit Fotos und Videos
  • Unsere Aktivisten, Rimon und Muhammad, werden in Jerusalem von der Polizei festgehalten, weil sie Plakate mit der Aufschrift „Juden & Araber, wir stehen das gemeinsam durch“(!) aufgehängt haben. Ihre Plakate & Shirts mit hebräischen und arabischen Aufschriften wurden beschlagnahmt. Das ist nicht nur beschämend – es ist unglaublich gefährlich. Wir geben nicht nach, wir haben nicht vor, in absehbarer Zeit damit aufzuhören, Juden und Araber für Partnerschaft, Solidarität und gegen die Besatzung zu organisieren…“ “ engl. Tweet von Standing Together vom 18. Okt. 2023 externer Link mit Fotos und Video und dem Link zur Möglichkeit ihre Arbeit zu unterstützenexterner Link, siehe auch standing-together.org externer Link
  • Erklärung im Namen der in Israel lebenden Progressiven und Friedensaktivisten zu den Debatten über die jüngsten Ereignisse in unserer Region
    Wir betonen: Es gibt keinen Widerspruch zwischen der entschiedenen Ablehnung der israelischen Unterdrückung und Besetzung der Palästinenser und der unmissverständlichen Verurteilung brutaler Gewaltakte gegen unschuldige Zivilisten. Wir, in Israel ansässige Akademiker, Vordenker und progressive Aktivisten, die sich für Frieden, Gleichheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzen, sind zutiefst erschüttert und schockiert über die jüngsten Ereignisse in unserer Region.
    Wir sind auch zutiefst besorgt über die unzureichende Reaktion bestimmter amerikanischer und europäischer progressiver Kräfte auf die Angriffe der Hamas auf israelische Zivilisten, eine Reaktion, die einen beunruhigenden Trend in der politischen Kultur der globalen Linken widerspiegelt. (…) Wie erwartet hat der Staat Israel als Reaktion auf die Aktionen der Hamas eine massive Militäroperation im Gazastreifen eingeleitet, deren Zahl der Todesopfer noch nicht abzuschätzen ist, die aber wahrscheinlich höher ist als alles, was wir bisher erlebt haben. Dieser Zyklus der Aggression untergräbt ernsthaft unseren langjährigen Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt. Unterdrückung und Gewalt und das Streben nach vollen Rechten und Gleichheit für alle Bewohner von Israel-Palästina. UntIn diesem Moment brauchen wir mehr denn je die Unterstützung und Solidarität der globalen Linken, in Form eines unmissverständlichen Aufrufs gegen wahllose Gewalt gegen Zivilisten auf beiden Seiten
    …“ engl. Erklärung vom 17.10.2023 dokumentiert bei Portside externer Link („Undersigned Israel-Based Progressives and Peace Activists“, maschinenübersetzt), siehe auch:

    • Erklärung im Namen der in Israel ansässigen Progressiven und Friedensaktivisten zu den Debatten über die jüngsten Ereignisse in unserer Region
      Erklärung, Progressive und Anti-Besatzungs-Aktivisten in Israel – engl. Erklärung als Grafik im Tweet von Alon-Lee Green vom 16. Okt. 2023 externer Link und als pdf externer Link („Statement on Behalf of Israel-based Progressives and Peace Activists Regarding Debates over Recent Events in Our Region“)
  • Trotz alledem: Stimmen für ein Ende der Gewalt und für Verständigung in Israel und Palästina
    „… Angesichts dieser Situation wollen wir Kriegsdienstverweigerern und Kriegsdienstverweigerinnen sowie weiteren kritischen Stimmen aus Israel mit Übersetzungen auch im deutschsprachigen Raum Gehör verschaffen. „Nicht in unserem Namen!“ schreibt die Gruppe der Kriegsdienstverweiger*innen in Israel, Mesarvot, auf Facebook. „Es gibt keinen Akt der Gewalt auf dieser Welt, der die Menschen, die wir verloren haben, wieder zum Leben erwecken kann. Es gibt keine Lösung, die aus dem Wunsch nach Rache und Leid erwachsen kann. Der einzige Weg zu einem sicheren Leben hier ist, die Gräueltaten des Staates Israel zu beenden und auf Frieden hinzuarbeiten. Nur Entgegenkommen wird uns aus dieser Hölle befreien.“…“ Linksammlung vom 17.10.2023 von Connection e.V. externer Link

    • Siehe auch die Spendensammlung externer Link für israelische KriegsdienstverweigerInnen
  • In Haifa und Jaffa versuchen gemeinsame jüdische und arabische Patrouillen, Gewalt auf beiden Seiten zu verhindern. Im Süden riskieren Beduinenbewohner ihr Leben, um nach Opfern des Hamas-Terrors zu suchen. Im Schatten des Krieges entstehen arabisch-jüdische Solidaritätsinitiativen“ engl. Tweet von Autonome Jüdische Gruppe Berlin vom 15. Okt. 2023 externer Link mit Link zum engl. Artikel in haaretz.com externer Link
  • Unter den von der #Hamas entführten und ermordeten Menschen sind Shoah-Überlebende, Friedensaktivist*innen, #PeaceNow-Anhänger*innen…ihre Nachbarn, Kinder, Mütter, Väter und Enkel haben Schmerz, Leid und Verlust erlitten & erleiden ihn weiter.
    Viele von ihnen rufen dieser Tage weiter zu einer Friedenslösung auf, stellen sich gegen Extremismus (wo auch immer er auftaucht) und sorgen sich um die zivilen Opfer in Gaza.
    Das ist so groß! Das ist das Gegenteil von dem was die dominierenden radikalen, ideologisch-verblendeten Lager (auch hier) im Diskurs rumgiften, nur um ihr jeweiliges Phantasie-Narrativ durchzusetzen
    .“ Thread von Autonome Jüdische Gruppe Berlin vom 15. Okt. 2023 externer Link
  • Iris Hefets jüdische Isaelin hielte heute am #Hermannplatz in #Berlin einen Plakat hoch: „Als Jüdin und Israelin: stoppt den Genozid in #Gaza“. Die Polizei forderte sie auf, den Plakat runterzunehmen und ihren alleinigen Protest einzustellen, sie lehnte ab und wurde zeitweise festgenommen.“ Tweet von Rashad Alhindi vom 14. Okt. 2023 externer Link mit dem Video dazu
  • Ein 29jähriger Israeli vermisst seine Eltern und insgesamt zehn Angehörige. Doch er will nicht, dass Unschuldige in Gaza leiden und hat eine Petition an Olaf Scholz gestartet…“ Text im Tweet von Fabio De Masi vom 14. Okt. 2023 externer Link
  • Riesige Menge jüdischer New Yorker versammelten sich, um die von den USA unterstützten israelischen Angriffe auf Gaza abzulehnen. Nicht in unserem Namen! Nein #GazaGenocide
    Folgen Sie @jvplive @jvpliveNY @IfNotNowOrg @JFREJNYC für Juden, die sich gegen die Apartheid einsetzen, und folgen Sie auch unseren palästinensischen Geschwistern @AdalahJustice @MPower_Change @USCPR_“ engl. Tweet von Rafael Shimunov vom 14. Okt. 2023 externer Link mit dem Video der Kundgebung, siehe auch die Kampagne „American Jews Say: Ceasefire Now!“ externer Link
  • Israelischer Journalist Haggai Matar: Was erwarten wir?
    Haggai Matar aus Tel Aviv warnt Israelis vor Gräueltaten in Reaktion auf Hamas-Massaker. Er erinnert an die Gewalttreiber. Und an eine fatale Dynamik. Vor dem Hintergrund des Hamas-Angriffs und der israelischen Bombardierung des Gazastreifens interviewte der US-Sender Democracy Now Haggai Matar. Matar ist ein israelischer Journalist und Geschäftsführer der Zeitschrift +972. +972 ist die Vorwahl von Israel und den besetzten Gebieten. Matar verweigert aus Gewissensgründen den Kriegsdienst und hat sich dagegen ausgesprochen, in der israelischen Armee zu dienen. Sein Artikel nach dem Hamas-Angriff trägt die Überschrift „Gazas Schockangriff hat Israelis in Angst und Schrecken versetzt. Er sollte auch den Kontext enthüllen“. Das Interview führten Amy Goodman und Juan Gonzales…“ Gastbeitrag vom 14. Oktober 2023 in Telepolis externer Link – es ist die Einleitung zur dt. Übersetzung von:

  • Naher Osten: Humanität bewahren. Stimmen linker jüdischer und palästinensischer Aktivisten durchbrechen die militaristische Logik und machen Hoffnung
    „… Auch bei der israelischen Linken ist die Fassungslosigkeit und die damit zusammenhängende Angst vor dem, was noch kommen mag, zu greifen und wird auch so schnell nicht verfliegen. Denn egal wie kritisch und vehement auch Linke in Israel, jüdisch und palästinensisch, vor den möglichen Folgen von Besatzung und Unterdrückung gewarnt haben, dieses Ausmaß an Brutalität, Zerstörung und Tötung von Zivilist*innen hatte wohl niemand erwartet.
    Es ist in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass unter den zahlreichen Opfern und Verschleppten auch einige linke Anti-Besatzungs-Aktivist*innen sind, etwa das ehemalige Vorstandsmitglied der israelischen Menschenrechtsorganisation B’tselem, Vivian Silver. Groß ist nun die Furcht vor Racheakten rechter israelischer Gruppierungen an Linken und Palästinenser*innen innerhalb Israels. Es ist ermutigend zu sehen, dass sich Menschen zusammentun, um gewaltsame Zusammenstöße wie im Mai 2021 zwischen jüdischen und palästinensischen Israelis zu verhindern.
    In der gegenwärtigen militaristischen Logik sind es gerade die Stimmen aus dem Kreis dieser jüdischen und palästinensischen Aktivist*innen und Politiker*innen, die Hoffnung machen. Stimmen, wie etwa die der Palästinenserin Sally Abed von der jüdisch-palästinensischen Graswurzelorganisation Standing Together: Sie ist in der Lage, den unfassbaren Schmerz ihrer jüdisch-israelischen Genoss*innen zu teilen, und hat bei dem Hamas-Angriff selbst Bekannte verloren, Alliierte im Kampf für gleiche Rechte für alle in der Region. Dennoch weist sie gleichzeitig auf das unhaltbare Schicksal der Menschen in Gaza und auf den Besatzungskontext hin, in dem dies alles geschieht. Oder wie die jüdisch-israelische Anti-Besatzungs-Aktivistin Sahar Vardi, deren einzige Hoffnung in der radikalen, ungeteilten Humanität im Strudel der gegenseitigen Dehumanisierung besteht.
    Es sind diese Stimmen, die die Solidarität der Linken verdienen. Es ist bezeichnend für den deutschsprachigen, auch linken Diskurs, dass diesen ambivalenztoleranten Stimmen aus Israel selbst in diesen, für alle Menschen dort schicksalhaften, beängstigenden letzten Tagen zu wenig Raum gegeben wird
    .“ Artikel von Gil Shohat vom 13.10.2023 in ND online externer Link
  • Wo immer gerade israelische Politiker*innen der rechtsextremen Regierung versuchen in der Öffentlichkeit aufzutreten, werden sie fast durchgehend von Menschen & Angehörigen der Opfer beschimpft & verjagt. Die Wut auf sie über das Geschehene, und wie es geschehen konnte, ist groß.“ Tweet von Autonome Jüdische Gruppe Berlin vom 13. Okt. 2023 externer Link
  • Revolutionäre Juden und Jüdinnen (Frankreich): Wir trauern um die Opfer der Massaker in Israel und Palästina
    „Am Samstag, den 7. Oktober, sind wir mit dem Schock des Hamas-Angriffs aufgewacht, mit erschreckenden Zeugenaussagen, für manche mit der Angst um ihre Angehörigen dort und für alle mit der Angst um die Juden hier. Ein Teil der politischen, gewerkschaftlichen, dekolonialen und antirassistischen Linken hat sich für die Unterstützung der antisemitischen Mörder entschieden und übernimmt manchmal wörtlich die Kommunikation der Hamas. (…) Wir möchten an eines erinnern: Es gibt keine Rechtfertigung für die absichtliche Tötung von Zivilisten, weder von Israelis noch von Palästinensern. (…) Man kann und sollte die Politik der israelischen Regierung und ihre Verbrechen an den Palästinensern verurteilen, ohne die Kriegsverbrechen der Hamas zu entschuldigen. Man kann die Unsichtbarmachung des palästinensischen Leidens anprangern, ohne das Leiden der zivilen israelischen Opfer auszulöschen und zu leugnen. Das ist möglich. Und es ist der einzige Weg, der für eine Linke ehrenhaft ist. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die klare Stellungnahme des LFI-Abgeordneten Rodrigo Arenas. Alle, die die Hamas verherrlichen, ohne sich für die antisemitischen Schandtaten in ihrer Charta zu interessieren, ohne ihre kriminellen Methoden, auch gegenüber der palästinensischen Bevölkerung unter ihrer Kontrolle, zu berücksichtigen, bekräftigen eher eine pseudopolitische Radikalität, als dass sie sich für den Kampf für eine Welt einsetzen, die von all ihren Unterdrückungsformen befreit ist. (…) Flüchtlinge nach der Shoah, als die meisten Länder ihre Grenzen für sie geschlossen hatten. Flüchtlinge, die nach dem Krieg von 1948 und den Vertreibungen aus Ägypten, dem Irak, Syrien, dem Libanon, dem Jemen usw. zu Staatenlosen wurden. Alle Israelis auf Siedler zu reduzieren, um ihre Ermordung zu rechtfertigen, ist eine Vereinfachung der Geschichte des Antisemitismus, der jahrtausendealten Verfolgung der Juden und ihrer Folgen. Die meisten Israelis sind heute Sabra, in Israel geboren, es ist ihr Land und sie haben kein anderes. Ja, die Gründung Israels war auch das Ergebnis kolonialer Praktiken und hatte die Nakba für die Palästinenserinnen und Palästinenser zur Folge. Ja, sie ist auch durch die Kolonisierung und die brutale Besetzung des Westjordanlandes und die Blockade des Gazastreifens gekennzeichnet, noch dazu unter der derzeitigen rechtsextremen Regierung. Aber das kann keine Rechtfertigung für eine Entmenschlichung der israelischen Bevölkerung sein. Wenn man der Verantwortlichkeit des Antisemitismus, egal woher er kommt, für die aktuelle Situation ins Auge sieht, muss man sich von vereinfachenden Schemata lösen. Der einzige Weg zur Gerechtigkeit ist es, all diesen Realitäten ins Auge zu blicken, den Unglücken, die sich addieren und nicht gegenseitig aufwiegen. Die Israelis zu entmenschlichen ist ebenso wenig akzeptabel wie die Palästinenser zu entmenschlichen. Hinter den Toten stehen Familien und Angehörige, die jeden Tag trauern. Und hinter den Parolen und eingängigen Slogans verbergen sich unerhörte Gewalttaten, die nur durch Zuhören und Demut verstanden werden können…“ Aus der Stellungnahme der Revolutionären Jüdinnen und Juden Frankreichs in deutscher Übersetzung am 12. Oktober 2023 durch und bei bonustracks externer Link
  • Die alternative israelische Gewerkschaft „MAAN Workers Association“ steht an der Seite der israelischen Protestbewegung
    Am Samstag, dem 7. Oktober, wurde im Süden Israels ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Bewaffnete Mitglieder der Hamas drangen in Häuser ein und massakrierten Familien. Auf dem Internationalen Natur- und Friedensfestival im Re’im-Wald töteten sie Hunderte. Insgesamt wurden mehr als tausend Zivilisten kaltblütig ermordet. Tausende weitere wurden verletzt. Über hundert Menschen, darunter Säuglinge, Kinder, Frauen, Behinderte und ältere Menschen, wurden als Geiseln nach Gaza verschleppt. Frauen wurden vergewaltigt. Frauen wurden auch in den Straßen von Gaza und auf Medienplattformen zur Schau gestellt. Diese grausamen Taten wurden nicht von Menschen begangen, deren Vernunft durch die anhaltende israelische Belagerung des Gazastreifens beeinträchtigt war. Es handelte sich um eine gut geplante und gut organisierte Tat, die von mehr als tausend bewaffneten Männern verübt wurde, die einer von Katar und dem iranischen Ayatollah-Regime finanzierten Terrororganisation treu ergeben sind.
    Die Hamas übernahm 2007 in einem gewaltsamen Staatsstreich gegen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) die Kontrolle über den Gazastreifen. Seitdem hat sie die Herrschaft über diesen verwüsteten Landstreifen übernommen und hält die Bewohner des Gazastreifens als Geiseln für ihre fundamentalistischen Ambitionen. Ironischerweise versuchte Israel unter Netanjahu, die Hamas zu stärken, mit der Begründung, dass dies die Palästinensische Autonomiebehörde schwächen und den Druck auf Israel für Friedensverhandlungen verringern würde.
    Im Januar 2023 wurde Netanjahus sechste Regierung gebildet, deren Schlüsselpositionen an extreme und faschistische Elemente vergeben wurden. Seit ihrer Bildung hat sie auf ein Ziel hingearbeitet: die Unabhängigkeit der Justiz zu beseitigen und damit das Hindernis für die Annexion des Westjordanlandes zu beseitigen. Parallel dazu verhandelte die Regierung mit der Hamas über wirtschaftliche Schritte und erkannte sie damit als rechtmäßige Herrscherin des Gazastreifens an.
    Gegen Netanjahus Versuch, Israel in einen diktatorischen und halachischen Staat zu verwandeln, hat sich eine beispiellose Protestbewegung gebildet, an der sich Hunderttausende beteiligen. Diese Bewegung, die die Fahne der Demokratie für alle hochhält, wendet sich gegen das von Siedlern kontrollierte Apartheidregime im Westjordanland. Der Konflikt zwischen der Protestbewegung und der Regierung Netanjahu erreichte seinen Höhepunkt, als Tausende von Reservisten, Piloten und hohen Offizieren erklärten, sie würden den Dienst in der Armee verweigern, wenn Israel zu einer Diktatur würde.
    Das Massaker, das am 7. Oktober in den südlichen Gemeinden Israels verübt wurde, entlarvte die Hamas als das, was sie ist: keine Befreiungsbewegung, keine Freiheitskämpfer, sondern eine Organisation von Fanatikern, ein Zwilling der ISIS, die Tod und Chaos verbreitet.
    Gleichzeitig wurde das Versagen der Netanjahu-Regierung in seiner ganzen Tragweite aufgedeckt. Seine rechtsgerichtete Koalition redete viel von Sicherheit, ließ aber ihre Bürger in der Stunde der Not im Stich, indem sie den Großteil der Armee zum Schutz der Siedler ins Westjordanland verlegte.
    Die MAAN Workers Association schließt sich US-Präsident Joe Biden und dem demokratischen Lager weltweit an und fordert die Beseitigung des Hamas-Regimes in Gaza und der Bedrohung, die es für Israelis und Palästinenser darstellt. Nachdem diese Aufgabe erfüllt ist, werden wir weiter mit Hunderttausenden von Israelis zusammenarbeiten, die geschworen haben, Netanjahu und seine extremistischen Partner von der politischen Bühne Israels zu entfernen. Wir und der Rest der Protestbewegung werden uns bemühen, eine neue demokratische Alternative in Israel aufzubauen, die sowohl Israelis als auch Palästinensern Hoffnung gibt und Vernunft und Frieden fördert.
    Als eine Organisation, die sowohl Israelis als auch Palästinenser in ihren Reihen hat, wendet sich MAAN gegen die Stimmen, die alle Palästinenser mit der Hamas in einen Topf werfen und die Zerstörung des Gazastreifens fordern. Es ist wichtig, zwischen der Hamas und dem palästinensischen Volk zu unterscheiden, das unter der israelischen Besatzung zu leiden hat. Der gerechte Krieg gegen die Hamas muss unter Einhaltung des Völkerrechts geführt werden, das die Schädigung von Zivilisten verbietet. Das Gebot der Stunde ist es, sowohl gegen die Hamas als auch gegen die Allianz Netanjahu-Smotrich-Ben Gvir zu kämpfen. Es ist ein Kampf gegen den religiösen Extremismus auf beiden Seiten, bei dem der Fanatismus des einen den des anderen anheizt. Keine der beiden Parteien vertritt ihr Volk, das sich in beiden Fällen nach Frieden und Sicherheit sehnt.“ engl. Erklärung der MAAN Workers Association vom 12.10.2023 externer Link („MAAN Workers Association stands with the Israeli protest movement“, maschinenübersetzt, Hervorhebungen von uns) – MAAN ist eine alternative israelische Gewerkschaft
  • Die lange Geschichte der Eskalation: «Es bleibt nur der Friedensweg»
    Im Interview von Sarah Schmalz in der WOZ vom 12. Oktober 2023 externer Link bezeichnet der israelische Historiker und Soziologe Moshe Zuckermann die Hamas als „fundamental böse. Dennoch dürfe Israel jetzt nicht zum reinen Opfer gemacht werden. (…) Das, was wir seit letztem Samstag erleben, ist präzedenzlos. Noch nie sind so viele jüdische Zivilisten auf israelischem Boden getötet worden. Präzedenzlos ist auch die Tatsache, dass die Hamas so weit eindringt, dass sie ungehindert Menschen massakrieren und entführen konnte. (…) Die Geheimdienste haben komplett versagt, aber auch die ganze operationelle Seite. (…) Die Regierung glaubte, die Hamas habe kein Interesse an einem Angriff auf Israel. (…) Die Hamas ist eine fundamental böse terroristische Vereinigung. Aber: Terror entsteht immer in einem Kontext. Israel hat sich 2005 aus dem Gazastreifen zurückgezogen, schikaniert die dort gefangene Bevölkerung aber weiter, kontrolliert etwa die Elektrizitätsversorgung. Und Israel hat den Gazastreifen nach Raketenangriffen immer wieder bombardiert, mit Tausenden zivilen Opfern. Wenn man lange genug im Kollektiv gängelt und mordet, dann befördert man den Terror. Was man auch sagen muss – und das ist eines der grössten Paradoxien: Israel war Geburtshelfer der Hamas. Rechtsgerichtete Politiker unterstützten die Organisation nach der Entstehung, auch finanziell. Denn man betrachtete die gemässigtere PLO unter ihrem charismatischen Führer Yassir Arafat als Gefahr für Israel und wollte sie schwächen. (…) Ich war Zionist, weil ich den Eindruck hatte, dass nach 1945 die Gründung eines Staates der Juden notwendig war. Aber heute kann ich kein Zionist mehr sein, denn der Zionismus hat sich als das entpuppt, was er in der Anlage immer auch gewesen ist: rassistisch und expansionistisch. Alle israelischen Regierungen haben seit 1967 mit der Besiedelung des Westjordanlands dafür gesorgt, dass der Zionismus zu einem Okkupationsregime wurde. Das Erobernde und dadurch eben auch Schikanierende ist damit zu seinem Wesenszug geworden. Und auch die Gewalt und der Terror, die die Besatzung erzeugt. Ich glaube, wenn der Zionismus den Friedensweg nicht findet, betreibt er seinen eigenen Untergang. (…) Israel hat derzeit die rechtsradikalste Regierung, die wir je hatten. Netanjahu koaliert mit den ultrazionistischen, rechtsextremistischen Kahanisten. Die beschwören die Bedrohung schon gar nicht mehr herauf, sondern sagen direkt, dass die Araber im israelischen Kernland und in den besetzten Gebieten nichts verloren hätten. Es wird offen ein Bevölkerungsaustausch gefordert, ethnische Säuberungen. Als Meir Kahane, der damalige Anführer der Kahanistenbewegung, in den achtziger Jahren Ähnliches forderte, wurde er nicht mehr zu den Wahlen zugelassen. Heute sind die Kahanisten in die Regierung eingebunden, und Netanjahu hat mit Itamar Ben-Gvir einen der grössten Extremisten zum Polizeiminister gemacht. Wenn einer wie er Polizeiminister ist, welche Sicherheit hat die Zivilgesellschaft da noch zu erwarten? Was haben die Araber in diesem Land zu erwarten? Und wie will man sich unter diesen Bedingungen, die natürlich den Frieden dauernd unterwandern, auch nur einbilden, Sicherheit generieren zu können? (…) Alle solidarisieren sich mit Israel, aber die Leute wissen gar nicht, mit was für einem extremistisch geführten Israel sie sich solidarisieren. Selbst US-Präsident Joe Biden, der Netanjahu lange auf Distanz gehalten hat, hat nun noch mehr militärische Mittel versprochen. Israel, das in letzter Zeit verstärkt kritisiert wurde, ist plötzlich wieder das Opfer, obwohl es in diesem Konflikt das genaue Gegenteil ist: Die israelische Politik generiert Opfer. Doch nun wurden israelische Bürger angegriffen. Und zwar nicht die nationalreligiösen Siedler im Westjordanland, sondern Kibbuzim. Leute, die oft sozialistisch geprägt sind und Frieden wollen. Ich fürchte, dass sich nun die Grundposition der Stagnation verfestigen könnte. Das wäre auch innerisraelisch eine grosse Katastrophe, denn wir werden von einer kriminellen Bande regiert.“
  • Der israelische Journalist Gideon Levy: Israel sollte die Belagerung aufheben und die Pläne für eine Bodeninvasion des Gazastreifens zurückziehen
    Aus Tel Aviv berichtet der preisgekrönte israelische Journalist und Autor Gideon Levy, dessen jüngste Kolumne in Haaretz die Überschrift trägt: „Israel kann nicht zwei Millionen Menschen im Gazastreifen inhaftieren, ohne einen grausamen Preis zu zahlen“. Levy erörtert die Reaktion der israelischen Gesellschaft auf den unerwarteten Angriff der Hamas und verurteilt die Regierung Netanjahu dafür, dass sie nur für weitere Kriegshandlungen mobilisiert, anstatt den Opfern wirksam zu helfen. „Niemand führt Israel an“, erklärt Levy, der auch fordert, dass Israel seine Blockade des Gazastreifens aufhebt und akzeptiert, dass seine Kampagne zur Auslöschung der Hamas „unmöglich“ ist. Nach jahrzehntelanger Unterwerfung der Palästinenser unter die israelische Herrschaft „kann man die derzeitigen Spitzenleute der Hamas töten, aber man wird nicht die Ideologie der Hamas töten“, so Levy.“ Text und Video des engl. Interviews von Amy Goodman  vom 11.10.2023 in Democracy Now! externer Link („Israeli Journalist Gideon Levy: Israel Should Lift Siege & Call Off Plans for Ground Invasion of Gaza“)
  • Stellungnahme der Jüdischen Stimme zum aktuellen Gaza-Krieg und der Gewalteskalation in Israel
    „Nach diesem Wochenende fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden. Wir sind voller Trauer um die Toten, in Gedanken bei den Trauernden und Verletzten, voller Angst um Freund:innen und Verwandte in ganz Israel-Palästina. Wir sind auch wütend, wütend auf die Unterstützer des 75jährigen israelischen Kolonialregimes und die Blockade des Gazastreifens, die zu diesen Ereignissen geführt hat. Nun ist eingetreten, wovor viele in unseren Reihen seit Jahren gewarnt haben. 16 Jahre Blockade, Mangel an sauberem Wasser, Strom, medizinischer Versorgung sowie regelmäßige Bombenangriffe haben Gaza zu einem Pulverfass gemacht. Gaza gilt laut UN seit 2020 als unbewohnbar. Was nun geschehen ist, glich einem Gefängnisausbruch, nachdem die Insassen zur lebenslangen Haft verurteilt wurden, nur weil sie Palästinener:innen sind. Die israelische Regierung hat eine Kriegserklärung abgegeben, doch der Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung dauert schon 75 Jahre. Vertreibung, Bombardements, Verhungern, Verdursten, Beschränkung von Essen, Strom, Wasser – das sind die Wurzeln der Gewalt. Viele in Deutschland zeigen sich gerade solidarisch mit Israel, mit einem Apartheidstaat, der eine rassistische Politik gegen das palästinensische Volk ausübt, die schon Zehntausende das Leben gekostet hat. Doch wer das Blutvergießen tatsächlich beenden möchte, muss sich für eine radikale Veränderung der bisherigen Politik einsetzen, damit alle Menschen in Freiheit leben können. Die deutsche Regierung hat seit Jahren keine Außenpolitik in Israel-Palästina. Die Palästinenser:innen werden in Deutschland systematisch entmenschlicht: Sie dürfen für ihre politischen Rechte und Aufforderungen nicht demonstrieren, ihre Geschichte, Identität oder Gefühle zeigen. Die deutsche Politik hat den gewaltlosen Widerstand in Form von BDS oder Demonstrationen immer wieder kriminalisiert und unterdrückt. Wir fordern die deutsche Regierung auf, ihr eigenes Grundgesetz zu respektieren: die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen Israels nicht mehr zu unterstützen, Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu sichern und sich dafür einzusetzen, dass alle Menschen zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan die gleichen Rechte bekommen.“ Stellungnahme vom 10. Oktober 2023 in Jüdische Stimme externer Link
  • Unser Lieblingszitat: „Palästinenser:innen sind nicht die Hamas. Muslime keine Terroristen. Israelis sind nicht die Israelische Regierung. Juden sind keine White Supremacists. Die Hamas ist eine Terrororganisation. Sie steht dem Frieden im Weg. Siedlungen sind schlecht und stehen dem Frieden im Weg.“ israelisch-deutscher Comedian Shahak Shapira (Quelle leider unauffindbar)
  • Siehe auch: Palästinensische ArbeiterInnen in Israel: Seit den Hamas-Angriffen am 7. Oktober 23 ohne Arbeitserlaubnis festsitzend und nun in den Gazastreifen abgeschoben

Humanitäre Organisationen und antimilitaristische/pazifistische Stimmen

  • [Kundgebung am 18.10.2024 in Berlin] Für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel: Zivilbevölkerung schützen, Waffenexporte stoppen! New
    Wir erleben eine erschütternde Eskalation an Gewalt und Leid in Palästina und Israel. Im aktuellen Krieg sind seit dem 7. Oktober 2023 bereits über 41.000 Menschen in Palästina und über 1.200 Menschen in Israel getötet worden. Etwa 100 Geiseln befinden sich noch immer in Gaza. Mindestens 95.000 Palästinenser:innen wurden verwundet und Unzählige werden vermisst. Nahezu die gesamte Bevölkerung Gazas, 1,9 der 2,1 Millionen Bewohner:innen, wurde bereits mehrfach innerhalb ihres Landes vertrieben. Etwa 100.000 Israelis sind seit letztem Oktober evakuiert.
    Es gibt keinen sicheren Ort im gesamten Gazastreifen. Das bewusste Vorenthalten von humanitärer Hilfe, von Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser und medizinischer Versorgung durch Israel bedroht akut das Leben Hunderttausender in Gaza. Und im Westjordanland sind die Menschen mehr denn je schutzlos der Gewalt von Armee und Siedler:innen ausgesetzt.
    Zu all dem wollen und können wir nicht schweigen. Wir verurteilen alle Kriegsverbrechen in diesem Krieg, sowohl die der Hamas und anderer bewaffneter palästinensischer Gruppen, als auch die der israelischen Regierung. Wir trauern um alle Opfer der Gewalt in Palästina und Israel. Wir bangen um die Tausenden, die in Israel willkürlich in Haft und oft Folter und Misshandlung ausgesetzt sind. Wir bangen um diejenigen, die als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. Wir solidarisieren uns mit allen, die sich für Frieden und gleiche Rechte für alle Menschen in der Region einsetzen. (…) Wir gehen auf die Straße, um deutlich zu machen: Eine Staatsräson, die bei den Menschenrechten und dem Völkerrecht doppelte Standards anlegt, nützt niemandem und trägt – den wiederholt vorgetragenen politischen Erklärungen zum Trotz – auch nicht zur Sicherheit Israels bei. Menschenrechte und Völkerrecht sind universell. Menschenleben dürfen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden: Palästinensisches Leben ist genauso kostbar wie israelisches Leben…“ Aufruf bei medico zur Kundgebung externer Link ab 17:00 Uhr am Washingtonplatz/Hauptbahnhof – mit vielen unterzeichnenden NGOs – siehe auch alle Infos unter https://gerechter-frieden.org/aufruf/ externer Link
  • Petition: Für einen gerechten Frieden in Gaza. Waffenexporte stoppen & Hilfsblockade beenden!
    „Wir fordern von der Bundesregierung: 1. sich entschiedener für einen sofortigen Waffenstillstand einzusetzen und den Schutz der Zivilbevölkerung einzufordern; 2. alle Genehmigungen für den Export von Rüstungsgütern zu verweigern, wenn die Gefahr besteht, dass sie völkerrechtswidrig eingesetzt werden; 3. von Israel mit deutlich mehr Druck die sofortige Beendigung der völkerrechtswidrigen Blockade und den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe einzufordern; 4. wirksame Maßnahmen zu ergreifen, damit der völkerrechtswidrige Siedlungsbau durch Israel sowie Gewaltakte von Siedler:innen beendet werden; 5. im Sinne des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs vom 19. Juli 2024 die schnellstmögliche Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung einzufordern; 6. die internationale Gerichtsbarkeit und die Untersuchungskommission der Vereinten Nationen aktiv zu unterstützen; 7. sich für die Freilassung aller Geiseln und unrechtmäßig Festgehaltenen einzusetzen; 8. das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu schützen und die Kriminalisierung von grundgesetzlich geschützten Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit Palästina/Israel zu beenden. Begründung: Im aktuellen Krieg sind über 40.000 Menschen in Palästina und über 1.200 Menschen in Israel getötet worden. Hinzu kommen mindestens 92.000 Verwundete und unzählige Vermisste sowie eine tiefe Traumatisierung. Diese Gewalteskalation muss gestoppt werden. Insbesondere die Zivilbevölkerung in Gaza leidet unter der katastrophalen Situation, verursacht durch die wiederholte Vertreibung von fast zwei Millionen Menschen in ihrem eigenen Land, die Blockade von humanitärer Hilfe, die Sperrung der Strom- und Wasserversorgung sowie ein massives Ausmaß an Zerstörung. Die UN spricht von einer Hungersnot und einem medizinischen Notstand. Die Situation in Gaza ist keine Folge einer Naturkatastrophe, sondern von willkürlicher Gewalt und gezielter Blockade. Die politische Reaktion der Bundesregierung auf diese Situation muss sich grundlegend ändern.“ Petition vom August 2024 initiiert von CARE, IPPNW, medico international, NRC Flüchtlingshilfe, Oxfam, pax christi und Weltfriedensdienst aus Berlin externer Link
  • Zwischen Windhoek und Gaza: Deutschlands Erinnerungskultur ist auf Abwegen unterwegs. Das hat fatale Konsequenzen
    „Wenn Deutschland mit dem Völkermord an Juden und Jüdinnen die Unterstützung einer Kriegsführung begründen kann, die große Teile der Welt als Genozid betrachten, ist auf wenig mehr Verlass. Die humanistische Substanz der offiziellen Erinnerungskultur erweist sich als erschreckend dünn – und damit ist auch die Annahme erschüttert, das Gedenken an die NS-Verbrechen werde helfen, künftigem Faschismus und Autoritarismus vorzubeugen. Stattdessen sind wir mit einer repressiven Staatsraison konfrontiert, die das Autoritäre ethisch verkleidet. (…) Diesem diskursiven Irrsinn kann nur die Besinnung auf universelle Prinzipien menschlicher Gleichheit trotzen. Doch wie? „Von Windhoek nach Gaza“ lautet ein Slogan auf Demonstrationen; er bringt die deutsche Täterschaft damals und die Komplizenschaft heute in eine genozidale Kontinuität. Sinnvoller scheint mir, von einer verhängnisvollen Verwandtschaft zu sprechen, nämlich des abwertenden Blicks auf die Opfer, der sie zu Menschen einer minderen Kategorie macht, zu Wesen nachrangiger Bedeutung. Die wichtigste Lehre aus dem Holocaust, jedes Leben als gleichwertig zu betrachten, ist dem offiziellen Deutschland fremd. Und daraus folgt eine Hierarchisierung: Sie macht heutige Palästinenser und Palästinenserinnen kolonial-historischen Opfern ähnlich, aber degradiert auch nicht-jüdische Opfer der NS-Vernichtungspolitik. Für den Genozid an Roma und Sinti hat die Staatsraison keinen Platz. „Müssen wir ein Land haben, in dessen Namen getötet wird, um anerkannt zu werden?“, fragte jüngst eine Romnja-Aktivistin sarkastisch. Zwei NS-Völkermorde mit oft identischen Stätten der Vernichtung und doch so gegensätzlichen erinnerungspolitischen Folgen. Den Begriff Holocaust auf beide Opfergruppen zu beziehen, wie etwa der Historiker Ari Joskovicz in seiner Studie „Rain of Ash. Roma, Jews, and the Holocaust“, ist in Deutschland verpönt. Das Klima von Aufteilung und Rangzuweisung ist so manifest, dass sich Menschen aus jüdischen, palästinensischen, Ovaherero- und Roma-Gemeinschaften jüngst, als sie über Solidarität sprechen wollten, in einem diskreten Berliner Safe Space trafen. Dieses andere, solidarische Sprechen braucht Unterstützung, um öffentlich zu werden – ausgehend von der Gewissheit, dass Verbrechen nicht gleichgemacht werden, wenn ihre Opfer mit gleichem Respekt behandelt werden. In diesem Sinne ist eine postkoloniale Sicht auf Genozide mit der Besonderheit des Holocaust durchaus vereinbar. Fünf Jahrhunderte Kolonialismus sahen eine Kette von Vernichtungshandeln gegenüber Bevölkerungen, die als überflüssig, störend oder bedrohlich erachtet wurden. Wer diese Geschichte von Massengewalt kennt, setzt „Genozid“ gerade nicht mit dem Holocaust gleich und relativiert folglich auch nicht die Vernichtung von Juden und Jüdinnen, wenn gegen Israel ein entsprechender Vorwurf erhoben wird. Weil postkoloniales Denken mehr Facetten von Gewalthandeln in den Blick nimmt, könnte es sogar zur Entschärfung der Diskurse beitragen. (…) Seit Malcolm X 1964 nach Gaza reiste, haben sich Erniedrigte und Entrechtete im Schicksal der Palästinenser wiedererkannt; ihre Lage wurde zum Spiegel ungerechter Weltverhältnisse. Der Gaza-Krieg entblößt nun im Extrem, wie der Westen mit zweierlei Maß misst, doch ist dieser dunkle Höhepunkt zugleich der Kipppunkt einer Ära. Die Causa Palästina hat eine solche Resonanz, weil sich die globalen Kräfteverhältnisse wandeln, während zugleich Israels Verbrechen die bisherigen Schutzmechanismen des jüdischen Staats torpedieren. „Wir nähern uns dem Moment, oder vielleicht ist er schon da, in dem die Erinnerung an den Holocaust die Welt nicht mehr davon abhält, Israel so zu sehen, wie es ist“, schreibt der israelische Menschenrechtler Hagai El-Ad. Die Geschichte diene nicht mehr als „Iron Dome, der uns davor schützt, zur Verantwortung gezogen zu werden.“ So ist multiple Ambivalenz das Kennzeichen einer Welt zwischen den Markern Windhoek und Gaza. Auf dem unsicheren Grund gilt es Allianzen zu schließen für einen unteilbaren Humanismus. Als die 81jährige vormalige Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul jüngst gefragt wurde, wie es kam, dass sie bereits vor 20 Jahren in Namibia um Vergebung für den Genozid bat, lautete ihre Antwort: Sie sei geprägt durch Fritz Bauer, Initiator des Frankfurter Auschwitzprozesses von 1963. „Seine Grundhaltung war: Wer anderen das Menschsein abspricht, ist auf dem Weg in den Abgrund.“ Kommentar von Charlotte Wiedemann vom 21. August 2024 bei medico externer Link
  • Staatsräson vor Völker(straf)recht? Komplementarität und die deutsche Stellungnahme im IStGH-Haftbefehlsverfahren Palästina/Israel
    „Am 20.5.2024 hat Karim A.A. Khan, der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Netanyahu und Verteidigungsminister Gallant sowie drei Hamas-Führungsfiguren in der Palästina-Situation (…) beantragt (…) In der deutschen Stellungnahme, die am 9.8.2024 veröffentlicht wurde, werden ausschließlich Komplementaritätseinwände geltend gemacht. (…) Insgesamt lässt sich sagen, dass Deutschland zwar einige interessante und bedenkenswerte Argumente vorbringt, die deutsche Stellungnahme sich auf grundsätzlicher Ebene aber auf der Linie der im Zusammenhang mit Israel allenthalben angeführten Staatsräson bewegt. So zeigt sich auch hier eine starke, fast bedingungslose Unterstützung Israels, die einem Primat der Politik über das Recht nahekommt und eine Israel meistbegünstigende Auslegung des Völker(straf)rechts zur Folge hat. (…) Im Kern argumentiert die Bundesregierung – unter Berufung auf den das Verhältnis zwischen dem IStGH und nationalen Strafjustizsystemen regelnden Komplementaritätsgrundsatz (Art. 17-19) –, dass Israel die echte Möglichkeit und mehr Zeit gegeben werden müsse, um selbst strafverfolgerisch tätig werden zu können. (…) Sicherlich kann ein (von Deutschland in Bezug genommenes) „robustes und unabhängiges Rechtssystem“ als Voraussetzung für wirksame strafrechtliche Ermittlungen angesehen werden, aber seine bloße Existenz reicht nicht aus, um den Verpflichtungen aus dem Komplementaritätsprinzip gerecht zu werden. (…) Die Anerkennung der Tatsache, dass ein bewaffneter Konflikt die Arbeit der Strafjustiz (und vieler anderer staatlicher Dienste) vor besondere Herausforderungen stellt, bedeutet nicht, dass diese Dienste gänzlich ausgesetzt sind oder werden sollten. (…) Dies bringt uns zur Pflicht des den Komplementaritätseinwand geltend machenden Staates, konkrete Informationen zu den in einer bestimmten Situation durchgeführten Ermittlungen zu liefern (…); diese Pflicht darf nicht (wie offenbar von Deutschland) mit der allgemeinen Kooperationsbereitschaft eines Staates und/oder unspezifischen Versprechen zur Ermittlung/Strafverfolgung verwechselt werden. Im Einklang mit der zweistufigen Prüfung des IStGH (…) muss die Anklagebehörde nur dann ihre Ermittlungen zugunsten nationaler Ermittlungen zurückstellen (zweite Stufe), wenn (erste Stufe) überhaupt eine Ermittlungstätigkeit seitens des jeweiligen Staates vorliegt. (…) Mit anderen Worten müsste Israel nachweisen, dass es gegen Premierminister Netanyahu und Verteidigungsminister Gallant (dieselben Personen) wegen der in den Haftbefehlsanträgen dargelegten Vorwürfe (dasselbe Verhalten) ermittelt, d.h. insbesondere wegen des Kriegsverbrechens des Aushungerns einer Zivilbevölkerung (…).Die Kernfrage ist also, ob es vorstellbar ist, dass Israel Ermittlungen wegen einer von seiner Führung ausgehenden Politik des Aushungerns in Gaza einleitet? Zwar könnte es zu solchen Ermittlungen kommen (…) doch ist dies angesichts der schlechten Erfolgsbilanz Israels bei der Ermittlung und Verfolgung von Verbrechen an Palästinensern (…) und der derzeitigen Durchsetzungsprobleme im Hinblick auf Ermittlungen wegen mutmaßlicher Folter palästinensischer Gefangener sehr unwahrscheinlich. (…) Wenn Israel aufgrund rechtsgerichteter Proteste nicht in der Lage ist, Foltervorwürfe angemessen zu untersuchen, könnte dies einem „Zusammenbruch oder der Nichtverfügbarkeit seines nationalen Justizsystems“ (…) gleichkommen. (…) Wie oben dargelegt argumentiert Deutschland, dass eine grundlegende Änderung der ursprünglichen Situation, wie sie durch den Angriff des 7. Oktober herbeigeführt worden sei, eine erneute förmliche Benachrichtigung des Anklägers an die zuständigen Staaten erforderlich mache. (…) Ist es nun möglich, den Hamas-Angriff vom 7. Oktober als neue Palästina-Situation zu klassifizieren? Stellt er „eine grundlegende Änderung der tatsächlichen Situation“ (…) dar, wie von Deutschland vorgebracht (…), und würde dies die Eröffnung einer neuen Situation rechtfertigen oder sogar erfordern? (…) Auch wenn die Art des Hamas-Angriffs in Bezug auf Umfang und Auswirkungen sicherlich anders war als frühere Angriffe, handelte es sich immer noch um einen Angriff, der sich gegen denselben Gegner (israelische Zivilisten und Kombattanten), dieselben Objekte (zivile und militärische) und dasselbe Gebiet (israelisches Kerngebiet) richtete; ebenso entspricht die israelische Reaktion strukturell, auch wenn sie viel länger und intensiver ausfällt, früheren Reaktionen auf Hamas-Raketenbeschuss. So gesehen hat sich die ursprüngliche „Situation Palästina“ nicht verändert, zumindest nicht in Bezug auf die relevante „Krisensituation“, die zu möglichen Statutsverbrechen führt. (…) Würde die Vorverfahrenskammer das Argument der „grundlegenden Änderung“ akzeptieren und deshalb die Eröffnung einer neuen „Situation“ für erforderlich halten, müsste wohl auch die „Situation Ukraine“ neu bewertet werden. Denn wenn ein Angriff eines nichtstaatlichen Akteurs wie der vom 7. Oktober eine neue Situation herbeiführt, dann erst recht eine vollwertige militärische Invasion durch einen Staat…“ Beitrag von Kai Ambos vom 19. August 2024 beim Verfassungsblog externer Link – eine rechtlich umfassende Bewertung
  • Offener Brief: 45 amerikanischer Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger, die seit dem 7.10.2023 in Gaza bei Hilfseinsätzen mitgewirkt haben
    45 amerikanische ÄrztInnen und KrankenpflegerInnen, die in Gaza bei Hilfseinsätzen seit dem 7. Oktober dabei waren, veröffentlichten gestern (25.07.2024) einen Brief an Präsident Biden, Vizepräsiden Harris und Präsident Bidens Frau Dr. Jill Biden. Sie schildern darin nicht nur Einblicke in die katastrophale Lage der Zivilbevölkerung – hierbei vor allem für Frauen und Kinder – in Gaza, sondern legen auch Beweise für Verstöße gegen sowohl amerikanisches Recht als auch humanitäres Völkerrecht vor…“ Offener Brief am 4. August 2024 dokumentiert in Forum gewerkschaftliche Linke Berlin externer Link, siehe dazu auch unser Dossier: Israel: Kriegsdienstverweigerinnen in Haft
  • Bericht von Menschenrechtsorganisation: Dutzende Opfer schildern systematische Folter in israelischen Gefängnissen
    Im Militärgefängnis Sde Teiman sollen israelische Sicherheitskräfte palästinensische Häftlinge foltern und misshandeln. Ein Bericht mit Aussagen von 55 Ex-Insassen zeigt die Systematik der Gewalt.
    Nach den Berichten über Folter und Misshandlungen im israelischen Militärgefängnis Sde Teiman hat die Menschenrechtsorganisation B’Tselem Zeugenaussagen von Insassen  veröffentlicht. Die Berichte der Häftlinge scheinen zu belegen, dass es in dem israelischen Gefängnis zu sexueller Misshandlung, Folter und anderen Formen der Gewalt und Erniedrigung gekommen ist. In dem Bericht werden systematische und institutionalisierte Menschenrechtsverletzungen durch israelische Sicherheitskräfte beschrieben. Opfer der Gewalt waren in erster Linie Palästinenser. Wie die israelische Zeitung »Haaretz« berichtet, waren zum 1. August 9881 Palästinenser in Israel inhaftiert, 3432 von ihnen ohne Verfahren und 1584 weiter unter Kriegsrecht.
    Strafanstalten wurden zu »De-facto-Foltergefängnissen« umgebaut
    In dem Bericht von B’Tselem sagten 55 palästinensische Insassen aus. 30 von ihnen leben im Westjordanland oder Jerusalem, 21 kommen aus Gaza und vier sind israelische Staatsbürger. Sie seien mittlerweile größtenteils ohne Anklage entlassen worden
    …“ Meldung vom 6.08.2024 im Spiegel online externer Link zum engl. Bericht von B’Tselem externer Link: “Welcome to Hell”
  • Rechtsgutachten des IGH zu palästinensischen Gebieten: Israel betreibt völkerrechtswidrige Annexion
    Seit fast 60 Jahren hält Israel palästinensische Gebiete besetzt und baut immer neue Siedlungen. Das sei eine völkerrechtswidrige Annexion, so der IGH. Israel solle sich „so schnell wie möglich“ zurückziehen – und Betroffene entschädigen. Israel lehnt einen palästinensischen Staat ab. Das hat es erst am Donnerstag in einer Resolution noch einmal bekräftigt. Die Gründung eines palästinensischen Staates „im Herzen des Landes Israel“ stelle „eine existenzielle Bedrohung für den Staat Israel und seine Bürger“ dar und würde „den israelisch-palästinensischen Konflikt fortsetzen und die Region destabilisieren“, heißt es in der Resolution.
    Seit dem Sechstagekrieg 1967 besetzt Israel das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen (die besetzten palästinensischen Gebiete). (…) Faktisch gibt es dort zwei Rechtssysteme: eines für die israelischen Siedler und eines für die palästinensischen Bewohner. Für die Palästinenser gilt nur das Militärrecht.
    Mit dieser Praxis betreibe Israel faktisch eine Annexion palästinensischer Gebiete, so der Internationale Gerichtshof (IGH) in einem am Freitag veröffentlichten Rechtsgutachten. Eine Besatzung sei grundsätzlich nur ein vorübergehender Zustand, Israel aber wolle dauerhaft die Hoheitsgewalt in den besetzten Gebieten ausüben. Israel verstoße nicht nur gegen das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser, sondern auch gegen das Gewaltverbot und Art. 3 der Rassendiskriminierungskonvention. Dieser verbietet rassische Segregation und Apartheid.
    Israel muss sich „so schnell wie möglich“ aus besetzten Gebieten zurückziehen
    Damit stellt der IGH fest, dass Israel ein völkerrechtliches Delikt begeht und deshalb alles tun muss, um den völkerrechtswidrigen Zustand zu beenden, erklärt der Göttinger Professor für Straf- und Völkerrecht Kai Ambos. In dieser Hinsicht ordnet der IGH an, dass Israel sich „so schnell wie möglich“ aus den besetzten palästinensischen Gebieten zurückziehen muss. Alle Staaten seien verpflichtet, diesen Zustand, der durch die „unrechtmäßige Präsenz des Staates Israel in den besetzten palästinensischen Gebieten“ entstanden ist, nicht anzuerkennen. Der Sicherheitsrat und die Generalversammlung sollen prüfen, wie man die Anwesenheit Israels in den besetzen Gebieten so schnell wie möglich beenden kann. Außerdem müsse Israel sofort alle neuen Siedlungsaktivitäten einstellen und alle Siedler aus den besetzten palästinensischen Gebieten „evakuieren“. Der IGH betont auch die Verpflichtung, betroffenen Personen sämtliche Schäden zu ersetzen, die durch die rechtswidrige Besatzung entstanden sind. (…) Lisa Wiese von der Universität Leipzig hebt auch die Äußerung des IGH zum Apartheidsvorwurf hervor. „Der IGH sieht diese eine Verletzung von Art. 3 der UN-Rassendiskriminierungskonvention als bestätigt an, ohne hier jedoch näher auf das subjektive und zentrale Element der Absicht einzugehen“, sagt Wiese. Auch der operative Teil der Entscheidung falle „mit seinen sieben konkreten Forderungen besonders stark aus“, ergänzt sie. (…)
    Das Gutachten ist zwar nicht rechtsverbindlich, aber es wird den internationalen politischen Druck auf Israel im aktuellen Gaza-Krieg weiter erhöhen. Das am Freitag vorgestellte Gutachten ist unabhängig von dem anderen Verfahren vor dem IGH
    …“ Beitrag von Dr. Franziska Kring vom 19.07.2024 bei LTO externer Link, siehe dazu:

  • Humanitäre Krise im Gazastreifen: Wasserversorgung im Gazastreifen um 94 Prozent eingebrochen: Gesundheitskatastrophe mit tödlichen Folgen
    Im Zuge der anhaltenden Kampfhandlungen im Gazastreifen ist humanitäre Hilfe weiterhin nur stark eingeschränkt möglich. Neben Nahrung und anderen lebenswichtigen Hilfsgütern mangelt es vor allem an sauberem Wasser, was eine Gesundheitskatastrophe für die Zivilbevölkerung zur Folge hat. Ein neuer Oxfam-Bericht zeigt, wie die israelische Regierung unter Bruch des humanitären Völkerrechts systematisch Wasser als Kriegswaffe einsetzt, was bereits zu zahlreichen Krankheits- und Todesfällen in der Zivilbevölkerung geführt hat. Oxfam fordert alle Seiten zu einem sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand auf, uneingeschränkten humanitären Zugang sowie die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. Der Bericht „Water War Crimes“ offenbart, dass die israelische Regierung durch das Aussetzen der externen Wasserversorgung für Gaza, die systematische Zerstörung von Wasserversorgungsanlagen und die Behinderung von Hilfslieferungen die verfügbare Wassermenge um 94 Prozent reduziert hat: Einer Person stehen pro Tag nur 4,74 Liter zur Verfügung, was knapp ein Drittel des in Notfällen empfohlenen Minimums darstellt und weniger als eine einzige Toilettenspülung ist. (…)
    Ein Viertel der Bevölkerung im Gazastreifen erkrankt schwer an vermeidbaren Krankheiten
    Der Oxfam-Bericht zeigt die verheerenden gesundheitlichen Auswirkungen, die der extreme Mangel an sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen für die Zivilbevölkerung verursacht: Mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Bevölkerung im Gazastreifen erkrankt schwer an vermeidbaren, durch schlechte Wasser- und Hygieneverhältnisse übertragene Krankheiten. Die Zerstörung der Wasser- und Strominfrastruktur und die Beschränkungen der Einfuhr von Ersatzteilen und Treibstoff (im Durchschnitt wird nur ein Fünftel der erforderlichen Menge zugelassen) führten zu einem Rückgang der Wasserversorgung im Gazastreifen um 84 Prozent. Die externe Versorgung durch Israels staatliche Wassergesellschaft Mekorot ging um 78 Prozent zurück. Israels Militär hat 70 Prozent aller Abwasserpumpen und 100 Prozent aller Kläranlagen sowie die wichtigsten Prüfstellen für Wasserqualität im Gazastreifen zerstört. Gleichzeitig schränken die Militärbehörden die Einfuhr von lebenswichtiger Ausrüstung zur Wasserversorgung aus unklaren Gründen extrem ein
    …“ Oxfam-Pressemitteilung vom 18. Juli 2024 externer Link zum engl. Oxfam-Bericht externer Link
  • Palästinenser in Israels Gefängnissen: Unrecht hinter Gittern
    Nach dem 7. Oktober nimmt Israel vermehrt Palästinenser fest. Sie berichten von unmenschlichen Bedingungen. Begegnung mit zwei Ex-Häftlingen…“ Artikel von Lisa Schneider und Sami Ziara aus Bethlehem und Gaza-Stadt am 18.7.2024 in der taz online externer Link
  • Müll – die stille Bedrohung: Die hygienische Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Besonders unter Kindern breiten sich Infektionskrankheiten aus
    „Am Strand von Deir al-Balah im zentralen Gazastreifen bereitet Fatma Muhammad eine Mahlzeit für ihre Familie, in einem rostigen Topf auf offenem Feuer. Neben ihrem Zeltlager hat sich ein Müllberg aufgetürmt. Weil der Abfall nicht abgeholt wird, wächst der Berg jeden Tag weiter in den Himmel. Dort kreist hörbar eine israelische Drohne. Der Gestank sei kaum auszuhalten, sagt Fatma Muhammad. „Mit dem Wenigen, das ich zu Verfügung habe, koche ich, und dann essen wir in dem Gestank und die Fliegen setzen sich aufs Essen“, erzählt sie. „Neben der Angst vor dem Krieg und der Angst zu sterben werden jetzt die Kinder auch noch wegen des Mülls krank“. Denkt man an Krieg, dann denkt man zunächst an Tote, Verletzte und zerstörte Häuser. Aber Krieg ist auch eine hygienische Katastrophe. Fatma Muhammad gehört zu der rund einen Million Menschen, die nach UN-Angaben wegen der israelischen Offensive im südlichen Gazastreifen aus Rafah in den mittleren Gazastreifen geflüchtet sind. Die meisten von ihnen leben am Strand in improvisierten Verschlägen und Zelten. Weil es weder Infrastruktur für so viele Menschen noch irgendwelche kommunalen Dienstleistungen gibt, herrschen furchtbare hygienische Verhältnisse. Neben den Müllbergen entstehen immer mehr Abwasser-Seen, Kinder spielen rund um stinkende Kloaken. Eine ihrer Beschäftigungen ist es, das Abwasser mit Steinwürfen zum Platschen zu bringen. Mitten durch die Zeltlager fließen offene Rinnsale. (…) Das Hilfswerk UNRWA, die UN-Organisation, die für palästinensische Flüchtlinge zuständig ist und im Gazastreifen in normalen Zeiten auch die Müllabfuhr organisiert, ist praktisch handlungsunfähig. Im Mai warnte sie vor schweren gesundheitlichen Auswirkungen für die Menschen. „Wohin man auch schaut, sieht man einen Abfallhaufen“, schrieb die Organisation auf X. „Uns wurde von israelischer Seite wiederholt der Zugang zu den Mülldeponien verwehrt“, sagt die UNRWA-Sprecherin Louise Watridge per Telefon gegenüber der taz. Watridge ist gerade nach London zurückgekehrt, bis vor wenigen Tagen war sie im Gazastreifen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Fast täglich, sagt sie, frage man bei den israelischen Behörden an, ob der Müll abgeholt und zu den entlegenen Deponien gebracht werden könne, zu denen auch israelische Checkpoints überquert werden müssten. Aber das werde immer wieder verweigert. „Dazu kommt, dass viele der Mülllaster zerstört oder beschädigt sind. Und wir bekommen keine Ersatzteile, um sie zu reparieren.“…“ Artikel von Karim El-Gawhary vom 2. Juni 2024 in der taz online externer Link (Anm.: Dieser Text basiert in Teilen auf Material eines vom Autor beauftragten Kameramanns im Gazastreifen)
  • Internationaler Gerichtshof: Den Haag bremst Israel
    „Es ist eine glasklare Anordnung des Internationalen Gerichtshofes (IGH) in Den Haag: Sofortiger Stopp der am 7. Mai gestarteten Militäroffensive Israels in Rafah! Sofortige Öffnung der Grenzen zu Rafah, um freien Zugang für die humanitäre Hilfe zu gewährleisten, um das Leid der palästinensischen Bevölkerung zu mildern. Der IGH gab dem Eilantrag Südafrikas statt, den sofortigen Rückzug des israelischen Militärs aus Rafah im Süden des Gazastreifens anzuordnen, um irreparablen Schaden und Leid von der palästinensischen Bevölkerung abzuwenden. Das haben die Richter der IGH mit großer Mehrheit entschieden – mit 13 zu zwei Stimmen. Die Anordnung ist weitergehend als diejenigen aus den Eilentscheidungen vom 26. Januar und 28. März, da sie einen sofortigen Stopp der Militäraktion fordert, statt nur auf einen verhältnismäßigeren Einsatz der militärischen Mittel zu drängen, um die Zivilbevölkerung besser zu schützen. Dass Israel dem IGH folgt, steht nicht zu erwarten, denn auch den vorangegangenen Eilentscheidungen wurde nicht in dem Maße nachgekommen, wie es der IGH angeordnet hatte. Das wurde ausdrücklich in der Entscheidung benannt. Der IGH konnte den Gaza-Krieg bisher nicht stoppen. Doch auch seine Entscheidungen tragen wie die Anerkennung Palästinas als Staat, die beantragten Haftbefehle vom Strafgerichtshof und auch die Demonstrationen in Israel, die auf Verhandlungen zu der sofortigen Freilassung der Hamas-Geiseln drängen, dazu bei, dass der Druck auf Israels rechts-ultrarechte Regierung wächst. Mehr kann der IGH nicht leisten.“ Kommentar von Martin Ling vom 24. Mai 2024 in Neues Deutschland online externer Link
  • IStGH-Ankläger: Haftbefehle gegen Netanyahu und Hamas-Anführer beantragt
    Der Ankläger am Internationalen Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen Israels Regierungschef Netanyahu und Verteidigungsminister Gallant sowie gegen drei Hamas-Anführer beantragt. Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag hat nach eigenen Angaben Haftbefehle für den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und dessen Verteidigungsminister Joaw Gallant sowie für die drei Anführer der militant-islamistischen Hamas beantragt.
    Ankläger Karim Khan sagte, er glaube, dass Netanyahu, Gallant und die Hamas-Führer Jahia Sinwar, Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri, Deif genannt, und Ismail Haniyeh im Zusammenhang mit dem seit mehr als sieben Monaten andauernden Krieg in Nahost für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen und in Israel verantwortlich seien. (…)  Ob die beantragten internationalen Haftbefehle erlassen werden, müssen nun die Richter des IStGH entscheiden. Der Chefankläger muss die Haftbefehle bei einem aus drei Richtern bestehenden Voruntersuchungsausschuss beantragen, der durchschnittlich zwei Monate braucht, um die Beweislage zu prüfen und zu entscheiden, ob das Verfahren fortgesetzt werden kann. Das Gericht hat zwar keinerlei Möglichkeiten, Haftbefehle auch zu vollstrecken. Doch ist im Falle einer Vollstreckung die Bewegungsfreiheit der Gesuchten stark eingeschränkt. Denn eine Folge der Haftbefehle wäre, dass alle Vertragsstaaten des Gerichts verpflichtet sind, die Gesuchten festzunehmen und dem Gericht zu übergeben, sobald sie sich in ihrem Land befinden. Zudem vertieft Khans Ankündigung die internationale Isolierung Israels. Israel ist kein Vertragsstaat des IStGH
    …“ Meldung vom 20.05.2024 in tagesschau.de externer Link und dazu:

  • Folter-Vorwürfe: Inside Israels Haftlager
    „… Georg Restle: „Luftaufnahmen eines geheimen Gefangenenlagers in der Negev-Wüste in Israel. Ein Haftlager, in dem die israelische Armee palästinensische Gefangene misshandelt und gefoltert haben soll. (…) Es sind schwere Vorwürfe, die da erhoben werden, auch von israelischen Menschenrechtsorganisationen. Vorwürfe, die im Verdacht gipfeln, dass hinter den Mauern dieses Haftlagers Kriegsverbrechen begangen wurden. Unsere Israel-Korrespondentin Hanna Resch ist diesen Vorwürfen nachgegangen, hat Augenzeugen gesucht und Betroffene. Keine einfache Recherche, denn Journalisten dürfen das Gelände nicht betreten. (…) Unterwegs im Süden Israels, zu einem israelischen Militärcamp. Schwere Menschenrechtsverletzungen sollen hier an der Tagesordnung sein. Der Name des Lagers: Sde Teiman. Hunderte Palästinenser sind hier eingesperrt, ohne jedes Verfahren. Was passiert hinter diesen Mauern? Er kann uns darauf Antworten geben: Sufyan Abu Salah war dort. Als Gefangener unter Terrorverdacht. Jetzt ist er zurück im Gazastreifen, lebt mit seiner Familie in einem Zeltlager. Der Terrorverdacht – aufgehoben. Aber was er in der Haft erlebt hat, wird ihn für den Rest seines Lebens verfolgen. Sein Bein wurde in der Gefangenschaft amputiert. (…) Tal Steiner von der israelischen Menschenrechtsorganisation „Committee against Torture“ kennt viele solcher Fälle. Doch Klagen gegen die israelische Regierung hätten kaum Aussicht auf Erfolg. (…) „… Es gibt kein Gesetz in Israel, das Folter ausdrücklich verbietet oder auch nur definiert und ein Strafmaß vorsieht. Aber nach unserer Analyse finden in den Haftlagern eindeutig Misshandlungen und Folter statt. De facto sind das Kriegsverbrechen.“ Kriegsverbrechen – ein schwerer Vorwurf, der die israelische Gesellschaft besonders aufwühlt. Noch immer hält die Hamas viele israelische Geiseln in ihren Tunneln gefangen. Doch wie Terroristen mit Menschen umgehen, dürfe eben nicht der Maßstab sein für einen Rechtsstaat, sagt Tal Steiner. (…) „Seit wann gelten für Israel die Standards der Terrororganisation Hamas? Soll das unsere Richtschnur sein für Moral und Demokratie? Ist das der Staat, in dem wir leben wollen? Meine Standards sind nicht die von Hamas. Und das bedeutet, eine solche Behandlung von palästinensischen Gefangenen aus Gaza ist nicht zu rechtfertigen!“ (…) Georg Restle: „Das Auswärtige Amt fordert eine lückenlose Aufklärung von der israelischen Regierung. Und auch in Israel werden die Stimmen lauter, die eine Aufklärung der Foltervorwürfe fordern. Stimmen, die auch zeigen, dass man in Israel sehr genau unterscheiden sollte zwischen einer Regierung, die Krieg führt und einer Gesellschaft, in der die Einhaltung der Menschenrechte vielen ein großes Anliegen ist.“ Text und Video zum Bericht von Hanna Resch und Achim Pollmeier vom 23. Mai 2024 im ARD-Magazin Monitor externer Link (Videolänge: 10:15 Min.)
  • Gaza: IKRK ruft zum Schutz der Zivilbevölkerung auf und hofft auf eine Einigung inmitten von Evakuierungen, Militäroperationen und Verhandlungen
    Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte im Februar, dass eine größere israelische Militäroperation in Rafah angesichts der mehr als 1 Million vertriebener Palästinenser, die derzeit im südlichen Gazastreifen leben, eine katastrophale Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellen würde.
    Da Israel am Montag die Evakuierung bestimmter Gebiete in Rafah angeordnet hat, weist das IKRK erneut darauf hin, dass alles getan werden muss, um das Leben der Zivilbevölkerung zu schonen und sicherzustellen, dass sie Zugang zu den lebensnotwendigen Gütern wie Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung hat. Es muss sichergestellt werden, dass die in den letzten Wochen ergriffenen Maßnahmen zur Verstärkung der Hilfslieferungen nach Gaza aufrechterhalten werden. Das IKRK weist erneut darauf hin, dass die medizinische Mission – einschließlich der Einrichtungen, Krankenwagen, Ärzte und Krankenschwestern – geschützt werden muss, und fordert alle Konfliktparteien auf, diesen wichtigen und lebensrettenden Dienst vollständig zu schützen und zu respektieren
    …“ engl. Aufruf vom 7.5.24 des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz externer Link (maschinenübersetzt)
  • Gaza-Krieg: Keine Zuflucht, nirgends. Die Offensive auf Rafah beginnt, eine Million Menschen sind bedroht. Wer kann das Töten noch aufhalten?
    „Die beginnende Offensive gegen Rafah im äußersten Süden des Gazastreifens stellt für mindestens eine Million Menschen eine weitere lebensbedrohliche Eskalation dar. Hier zeichnet sich in aller Deutlichkeit und mit wochenlanger Ansage eine Verschärfung der bestehenden Katastrophe ab, die dem Muster folgt, das wir in den letzten Monaten verfolgen mussten: Die israelischen Streitkräfte ordnen per Befehl vor Ort oder – wie bereits geschehen – durch den Abwurf von Flugblättern die Zwangsevakuierung der Bevölkerung in „sichere Zonen“ an und warnen davor, dass diejenigen, die dennoch bleiben, das eigene Leben in Gefahr bringen. Diese Art des Vorgehens mag in politischen Diskussionen für das Argument taugen, Israel habe die Menschen gewarnt, immerhin sei das human, und die Menschen hätten schließlich die Wahl gehabt, auf die Warnungen zu hören. Allerdings stellt dies die Rechtslage auf den Kopf, denn Zivilpersonen, die Umsiedlungsbefehlen nicht Folge leisten – und zwar ganz unabhängig davon, ob diese Befehle selbst rechtens sind oder nicht – verlieren dadurch eben nicht ihren Schutzstatus. Die israelische Armee kann die Verantwortung dafür, dass diesen Menschen nichts geschieht, nicht durch ein Flugblatt oder einen Befehl an die Betroffenen delegieren. (…)Vor allen Dingen vernachlässigt diese Sichtweise den ganz zentralen Umstand, dass die Armee seit Monaten die Bevölkerung in allen Teilen Gazas bombardiert. Sie tötet in Gaza nicht nur in den Teilen der abgeriegelten Enklave Menschen, in denen sie sie zur Flucht genötigt hatte, sondern auch in den von der Armee selbst als „sichere Zonen“ dargestellten Gebieten. Mehr als zwei Drittel ihrer Opfer sind Frauen, Kinder und Jugendliche. Es gibt also schlicht keine sicheren Gebiete in Gaza, unabhängig davon, was die israelische Armee den Leuten anrät, befiehlt oder auf Flugblättern als Botschaft vom Himmel wirft. Was es jedoch noch in Gaza gibt, das ist Rafah als einzige kleinere Stadt im gesamten Gazastreifen, die zwar stark in Mitleidenschaft gezogen worden ist durch Artilleriebeschuss und Bombardements, die aber anders als Gaza-Stadt, Jabalia, Beit Hanoun und all die anderen Orte in der Enklave noch nicht einer einzigen großen Trümmerwüste gleicht. Was nun kommt, wenn niemand der israelischen Regierung in letzter Sekunde in den Arm fällt, dürfte klar sein: Die Stadt wird dasselbe Schicksal ereilen wie Khan Younis oder Deir al-Balah. Sie wird ähnlich pulverisiert werden wie ihre etwas weiter nördlich gelegenen Nachbarorte, unabhängig davon, wie viele der nun dazu gezwungenen Menschen den Befehlen zur Zwangsumsiedlung Folge geleistet haben werden. (…) Sicher, auch in Berlin würde man das sich abzeichnende Grauen in Rafah und die Bilder, die es hervorbringt, lieber vermeiden. Aber wie? Sicher nicht mit Vertrauen auf die Zusicherungen des israelischen Militärs, ziviles Leben schonen zu wollen. Dafür haben wir alle zu viel gesehen. Und so lautet auch die Frage an Washington, Berlin, Paris, Kairo und all die anderen Regierungen, längst nicht mehr, was sie sagen oder zusichern, sondern was sie tun. Was tun sie, um das Töten in Rafah zu verhindern, um das Sterben in Gaza zu beenden? Und was tun wir, wir alle, um sie dazu zu bringen, ihren Einfluss auf Israel geltend zu machen?“ Kommentar von Riad Othman vom 6. Mai 2024 bei medico.de externer Link
  • Humanitäre Hilfe in Palästina
    „… Nach jüngeren Meldungen aus Israel hat der Generalstabschef die Pläne für die seit Wochen befürchtete Bodenoffensive gegen Rafah genehmigt. Schon in der ersten Aprilhälfte hatte die Ausschreibung israelischer Stellen für 40 000 Zwölf-Personen-Zelte darauf hingedeutet, dass das israelische Kriegskabinett unter Benjamin Netanjahu an seinen Plänen zum Einrücken seiner Streitkräfte in die südlichste Stadt des Gazastreifens festhalten würde. Selbst die deutsche Bundesregierung, die das israelische Vorgehen politisch und militärisch unterstützt hatte, kritisierte wiederholt die humanitäre Lage in Gaza und lehnte eine Bodenoffensive in Rafah ab. Es bedarf nur eines Blickes auf die übrigen Orte in Gaza – Beit Hanoun und Jabalia im Norden, Khan Younis und Deir Al-Balah in der Mitte oder Stadtteile von Gaza wie Khuza’a und Shuja’iya im Osten –, um das Ausmaß der bevorstehenden Verwüstung auch von Rafah zu ermessen. Die Mayasem Association for Culture and Arts war vor dem Krieg in Khan Younis beheimatet, wo eine winzige Gruppe von Aktivist*innen ein Kulturzentrum betrieb. Diesem angeschlossen war auch ein kleines Museum, das an die Geschichte des Ortes erinnerte und sich mit der palästinensischen Herkunft der Menschen im zu 70 Prozent von Flüchtlingen bewohnten Gazastreifen befasste. Vor dem Krieg richtete das Kulturzentrum Konzerte aus, kuratierte Ausstellungen, leistete psychologische Unterstützung und half gefährdeten Jugendlichen. Das Zentrum soll bislang mäßig beschädigt worden sein, aber aus dem Museum wurden Gegenstände geplündert. Seit Monaten sind die jungen Leute von Mayasem selbst Binnenvertriebene, aber sie haben sich in Rafah weiter organisiert und kümmern sich dort seither um andere Geflüchtete. Seit seiner Vertreibung hat das Kollektiv eine Suppenküche im südlichsten Gouvernement Gazas eingerichtet und versucht zurzeit mit aller Kraft, deren Betrieb aufrechtzuerhalten. In Rafah sind zahlreiche Zeltstädte entstanden, in denen viele der etwa eine Million Binnenvertriebenen untergebracht sind. Es liegt auf der Hand, dass die 40 000 von Israel bestellten Zelte für diese enorme Zahl von Menschen nicht ausreicht und dass die israelische Regierung und Armee ihren humanitären Verpflichtungen weiterhin nicht gerecht werden. Unterdessen scheint auch die Führung der Hamas nicht bereit, beispielsweise durch einen verhandelten Abzug aus dem Süden Gazas, dem israelischen Vorgehen die Begründung zu entziehen. Wie an anderen Orten in Gaza müssen sich auch die Menschen in Rafah größtenteils selbst um ihre Versorgung kümmern, obwohl seit dem Krieg auch viele, vor allem palästinensische Organisationen samt ihrer Mitarbeiter*innen gezwungen waren, nach Rafah zu fliehen. Sie verfügen jedoch aufgrund israelischer Einfuhrbeschränkungen für Hilfsgüter nur über minimale Ressourcen. Außerdem können sie nicht mehr auf die Infrastruktur ihrer Büros, etwa Computern und Lagerräume, zurückgreifen. Viele humanitäre Akteur*innen sind gezwungen zu improvisieren. In dieser Lage haben die jungen Leute von Mayasem in Rafah eine Zeltstadt »adoptiert«, in der rund 500 Familien in etwa 200 Zelten leben. Die Organisation betreibt die Suppenküche, hilft beim Bau von Zelten und anderer Infrastruktur, bietet Aktivitäten für Kinder und Jugendliche an und stellt Trinkwasser für Familien bereit…“ Artikel von Riad Othman vom 6. Mai 2024 in Neues Deutschland online externer Link
  • UN-Agentur schätzt Ausmaß des Gaza-Krieges: „So etwas haben wir seit 1945 nicht mehr gesehen“
    „… Der Gazastreifen ist durch die israelischen Angriffe nach Einschätzung der UN-Entwicklungsagentur UNDP so schwer zerstört worden, wie keine Region seit Ende des Zweiten Weltkrieges. „So etwas haben wir seit 1945 nicht mehr gesehen – seit dem Zweiten Weltkrieg. Diese Intensität in so kurzer Zeit und das enorme Ausmaß der Zerstörung“, sagte der örtliche UNDP-Direktor Abdallah al-Dardari am Donnerstag. Einer neuen Einschätzung der UN-Agentur zufolge könnte der Wiederaufbau des Gazastreifens mindestens bis ins Jahr 2040 dauern. Im Gaza-Krieg seien bis Mitte April 370.000 Wohneinheiten beschädigt worden – 79.000 von diesen wurden demnach vollständig zerstört. UNDP greift bei ihrer Einschätzung auf ein Rechenmodell zurück, das die bisherige Geschwindigkeit beim Wiederaufbau von zerstörten Gebäuden in dem Küstenstreifen berücksichtigt. Selbst wenn diese Rate um das Fünffache gesteigert würde, bräuchte es demnach allein 16 Jahre, um alle komplett zerstörten Wohneinheiten wieder herzustellen. (…) Ein Entwicklungsprogramm der UNDP und der Wirtschafts- und Sozialkommission für Westasien (ESCWA) kam zudem zu dem Ergebnis, dass der Krieg in Gaza noch lange Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistung der palästinensischen Gebiete haben wird. (…) Sollte der Krieg beispielsweise insgesamt neun Monate andauern, würde sich die Armut mehr als verdoppeln. Dadurch würde die Zahl der in Armut gedrängten Menschen in Palästina auf 1,86 Millionen Menschen ansteigen, so die UNDP. (…) Die palästinensische Wirtschaft sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland ist 2024 bereits um 25,8 Prozent zurückgegangen, wie dem Bericht zu entnehmen ist. Sollte der Krieg andauern, würde der Wert bis Juli 29 Prozent erreichen, hieß es.“ RND-Meldung vom 3. Mai 2024 externer Link
  • Bericht entlastet UNRWA: Ein klassischer Fall von Beweislastumkehr
    Israels Regierung behauptete, dass eine beträchtliche Zahl von Mitarbeitern des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge Verbindungen zur Hamas habe. Dafür gebe es keine Beweise, stellt ein unabhängiger Untersuchungsausschuss nun fest
    Jetzt soll das Geld für UNRWA wieder fließen. Die Bundesregierung setzt seine Zusammenarbeit in Gaza fort. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge spiele eine „lebenswichtige und derzeit nicht zu ersetzende Rolle“ in der Versorgung der Bevölkerung, erklärten das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Man begrüße, dass der Prüfungsbericht der ehemaligen französischen Außenministerin Catherine Colonna nun vorliege und erwarte, dass UNRWA die darin geäußerten Empfehlungen zügig umsetze. (…)
    Vorauseilend entließ UNRWAs Generalkommissar Philippe Lazzarini die beschuldigten Mitarbeiter, noch vor jeglicher Prüfung. Die überstürzte Handlung signalisierte UNRWAs Geberländern, an den Vorwürfen müsse etwas dran sein. 16 Staaten stoppten fast reflexhaft ihre Zahlungen, darunter die USA, Großbritannien und Deutschland. Das riss ein Loch von 450 Millionen US-Dollar in UNRWAs Budget. Die Versorgung der notleidenden Menschen in Gaza war gefährdet, die Existenz des Hilfswerks stand auf der Kippe. Catherine Colonna sollte mit drei unabhängigen skandinavischen Forschungsinstituten untersuchen, ob UNRWA alles getan habe, um seiner Neutralitätspflicht zu genügen. Eine separate Untersuchung, deren Ergebnisse noch nicht vorliegen, prüft die konkreten Vorwürfe gegen die zwölf beschuldigten UNRWA-Mitarbeiter.
    Der Colonna-Bericht entlastet UNRWA weitgehend. Es bleibt unbewiesen, dass eine beträchtliche Zahl von UNRWA-Mitarbeitern radikalislamistisch aktiv sei. Die Prüfungskommission kommt zu dem Schluss, dass das Hilfswerk in einem außergewöhnlich herausfordernden Umfeld arbeite und über ein „robustes Rahmenwerk“ verfüge, um seine Neutralität zu wahren. Jedoch äußert sie auch deutlich Kritik. Dazu zählen politische Äußerungen von Mitarbeitern sowie Hetze in einigen Schullehrbüchern der Gastländer an manchen UNRWA-Schulen. Der Bericht spricht 50 Empfehlungen zur Verbesserung aus und unterstreicht, dass der UN-Organisation eine zentrale Rolle in der humanitären Versorgung zukommt, solange es keine politische Lösung gibt.
    Die Kampagne gegen UNRWA sei gescheitert, räumten hohe israelische Beamte ein. Gleichwohl wiederholte Israels Außenministerium, „man kann nicht sagen, wo UNWRA anfängt und Hamas aufhört“, so verwickelt seien beide. Beweise für seine Anklage hat Israels Regierung bis heute nicht vorgelegt: ein klassischer Fall von Beweislastumkehr.
    UNRWA kann jetzt unter Auflagen also weiterarbeiten. Doch der Schaden ist groß, zumal die USA, der größte Geldgeber, vor März 2025 nicht weiterzahlen werden. Die Vermutung liegt nahe, dass es den nationalreligiösen, rechtsextremistischen Teilen der Regierung Israels nur darum geht, mit UNRWA die bis heute ungeklärte Frage der Palästinaflüchtlinge politisch zu beseitigen. Sollte sich schließlich herausstellen, dass 12 der 13.000 UNRWA-Angestellten tatsächlich zu den Mittätern des 7. Oktober zählen, wäre die Auflösung des Hilfswerks menschenrechtlich und politisch dennoch fatal
    …“ Kommentar von Alexandra Senfft vom 25.04.2024 externer Link im Freitag online
  • Westjordanland: Israel verantwortlich für steigende Siedlergewalt. Ganze palästinensische Gemeinden werden Monate nach Angriffen vertrieben
    Das israelische Militär war entweder an gewalttätigen Siedlerangriffen im Westjordanland beteiligt oder hat Palästinenser nicht davor geschützt, die Menschen aus 20 Gemeinden zu vertreiben und mindestens sieben Gemeinden seit dem 7. Oktober 2023 vollständig zu entwurzeln, so Human Rights Watch heute. Israelische Siedler haben Palästinenser angegriffen, gefoltert und sexuelle Gewalt gegen sie ausgeübt, ihr Hab und Gut und ihr Vieh gestohlen, ihnen gedroht, sie zu töten, wenn sie nicht dauerhaft wegziehen, und ihre Häuser und Schulen unter dem Deckmantel der anhaltenden Feindseligkeiten in Gaza zerstört. Viele Palästinenser, darunter ganze Gemeinden, sind aus ihren Häusern und von ihrem Land geflohen. Das Militär hat den vertriebenen Bewohnern nicht zugesichert, dass es ihre Sicherheit schützen oder ihnen die Rückkehr ermöglichen wird, so dass sie gezwungen sind, anderswo unter prekären Bedingungen zu leben. „Siedler und Soldaten haben mit der offensichtlichen Unterstützung höherer israelischer Behörden ganze palästinensische Gemeinden vertrieben und jedes Haus zerstört“, sagte Bill Van Esveld, stellvertretender Direktor für Kinderrechte bei Human Rights Watch. „Während sich die Aufmerksamkeit der Welt auf den Gazastreifen richtet, nehmen die Übergriffe im Westjordanland, die durch jahrzehntelange Straffreiheit und die Selbstgefälligkeit der israelischen Verbündeten angeheizt werden, rasant zu.“…“ engl. Beitrag vom 17.4.2024 von Human Rights Watch externer Link (maschinenübersetzt)
  • Deutschland ist Israels zweitgrößter Waffenlieferant: AnwältInnen wollen beim Verwaltungsgericht die Genehmigung von Kriegswaffenexporten stoppen
    Siehe dafür unser Dossier: Rüstungsexporte aus Deutschland nach Israel seit dem 7. Oktober 2023 fast verzehnfacht – prioritär bearbeitet und beschieden – siehe auch:
  • 600 Bundesbeamte fordern von Bundesregierung Waffenlieferungen an Israel umgehend einzustellen
    Heute vor einem halben Jahr griff die Hamas Israel an und tötete 1200 Menschen, seit dem Tag bombardiert Israel ununterbrochen den Gazastreifen und tötete bis zum heutigen Tag mehr als 33.000 Palästinenser. 600 Bundesbeamte und Angestellte des öffentlichen Diensts haben nun einen Brief an die Bundesregierung geschrieben, damit diese ihre Politik ändert. Wir dokumentieren ihren Brief…“ Gastbeitrag vom 7. April 2024 in Freiheitsliebe externer Link
  • „Höchste Zeit, den Kurs zu ändern“
    Über 100 Sozialwissenschaftler:innen fordern in einer Erklärung, die Bundesregierung müsse ihre „bedingungslose“ Unterstützung des israelischen Militäreinsatzes in Gaza beenden. Währenddessen verklagt Nicaragua Deutschland und die Universität zu Köln sagt die Gastprofessur der US-Philosophin Nancy Fraser ab – weil sie einen Boykottaufruf gegen israelische Institutionen unterzeichnet hatte.
    DASS ES SICH die Verfasser:innen mit ihrem Statement externer Link nicht leicht gemacht haben, spricht aus jeder Zeile. Eine Gruppe deutscher Sozialwissenschaftler:innen hat die Bundesregierung öffentlich zu einem Kurswechsel ihrer Israel-/Gaza-Politik aufgerufen. Deutschlands Reaktionen auf den Krieg entsprächen nicht seinen eigenen Prinzipien, heißt es in dem vor genau einer Woche online gestellten Text, der erst jetzt einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird. „Die Strategie der bedingungslosen Unterstützung Israels ist gescheitert, und es ist höchste Zeit, den Kurs zu ändern.“ Wer jedoch meint, es handle sich deshalb um einen antiisraelischen oder antisemitischen Aufruf, sollte die gesamte Stellungnahme lesen. Sie relativiert in keiner Weise die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die aus dem Gaza-Streifen heraus unter Führung der Hamas begangen wurden. Die Angriffe, Morde und Geiselnahmen, betonen die Verfasser:innen, seien „brutal“ und „abscheulich“, zusammen mit der Notwendigkeit, die Sicherheit israelischer Bürger zu gewährleisten, machten sie Israels Reaktion „und Deutschlands weitestgehend vorbehaltlose politische und militärische Unterstützung für diese Reaktion“ möglicherweise erklärbar. Sie rechtfertigten sie jedoch nicht. (…) Was Binzel und die anderen Unterzeichner:innen konkret erwarten, steht ganz am Ende ihrer Erklärung: Es sei höchste Zeit, dass die Bundesregierung sich vehement für die universelle Anwendung des Völkerrechts und den Schutz der Menschenrechte einsetze, „auch wenn dies bedeuten sollte, das Verhalten der aktuellen israelischen Regierung zu verurteilen und zu sanktionieren“. Die Bundesregierung solle entschlossen Maßnahmen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Gaza ergreifen und „für diejenigen auf beiden Seiten eintreten, die sich bisher für Frieden, Gleichheit und Würde eingesetzt haben und dies weiterhin tun“.
    In Deutschlands Hochschulszene hatte in den vergangenen Tagen allerdings vor allem die Mitteilung der Universität zu Köln Aufsehen verursacht, die geplante Albertus-Magnus-Gastprofessur der bekannten US-Philosophin Nancy Fraser wieder abzusagen. „Es passt einfach nicht zusammen“, zitiert die ZEIT externer Link den Kölner Universitätspräsidenten Joybrato Mukherjee, „dass wir eine Person ehren, die dazu aufruft, unsere Verbindungen zu boykottieren.“ Gemeint sind die Verbindungen zu Israel und Hintergrund ist ein Offener Brief aus dem November 2023, den neben 406 anderen Wissenschaftler:innen aus Nordamerika, Lateinamerika und Europa auch Fraser unterzeichnet hatte – was aber der Universität zu Köln offenbar erst kürzlich auffiel. Die Verfasser:innen der Erklärung mit dem Titel „Philosophy for Palestineexterner Link schlugen damals einen völlig anderen Ton an als jetzt die deutschen Sozialwissenschaftler:innen, bekundeten Palästina ihre Solidarität und stellten das Massaker in den Zusammenhang mit „dem Kampf gegen Apartheid und Okkupation“. Schließlich riefen sie zu einem akademischen und kulturellen Boykott israelischer Institutionen auf – der Widerspruch, der laut Mukherjee die Gastprofessur unmöglich machte. Für Diskussionsveranstaltungen, betonte die Universität, sei Fraser hingegen willkommen. Die Philosophin selbst sprach am Montag im Interview mit der Frankfurter Rundschau externer Link von einem „philosemitischen McCarthyismus“und sagte, ihre Ausladung von der Professur werde der deutschen Wissenschaft „erheblichen Schaden zufügen“. Sie behalte sich rechtliche Schritte vor.
    Unterschiede in Tonalität und Mehrdimensionalität
    Legt man indes die Stellungnahme der Sozialwissenschaftler:innen von Ende März und den von Fraser im November mitgezeichneten Boykott-Aufruf nebeneinander, werden die Unterschiede in Tonalität und Mehrdimensionalität offensichtlich. Nach der Ausladung Frasers gefragt, hält die Volkswirtin Binzel diese für „kontraproduktiv“, weil sie ein Beispiel sei für „die Verengung der Diskussion in Deutschland, die auch israelkritische jüdische Stimmen trifft, und die wir in unserer Erklärung ebenfalls ansprechen“. Diese Verengung vermeide eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung und erschwere letztendlich den wichtigen Kampf gegen Antisemitismus und auch den wichtigen Kampf gegen Rechtsextremismus.  Auch schade sie erheblich der deutschen Wissenschaft.“ Beitrag vom 09. April 2024 im Blog von Jan-Martin Wiarda externer Link 
  • Gaza: Morde in der World Central Kitchen erhöhen die Zahl der Todesopfer der Entwicklungshilfe auf 196 Menschen
    Die Tötung von sieben Mitarbeitern der World Central Kitchen im Gazastreifen durch das israelische Militär wird von internationalen Regierungen verurteilt und Israel verspricht eine Untersuchung. Unter den Getöteten befinden sich Bürger aus Palästina, Australien, Polen, dem Vereinigten Königreich und ein amerikanisch-kanadischer Doppelbürger. Es wird angenommen, dass dies das erste Mal ist, dass internationale Mitarbeiter von Hilfsorganisationen im Gazastreifen getötet wurden, seit Israel nach den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober seine Militäraktion in der Enklave begann. Zuvor waren jedoch mindestens 196 palästinensische Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getötet worden – eine Rekordzahl, die weit weniger internationale Aufmerksamkeit und Empörung hervorgerufen hat. World Central Kitchen erklärte, ein israelischer Militärschlag habe einen Konvoi getroffen, der gerade 100 Tonnen Nahrungsmittelhilfe ausgeladen hatte. „Dies ist unverzeihlich“, sagte CEO Erin Gore in einer Erklärung vom 2. April. Australien und das Vereinigte Königreich haben die israelischen Botschafter in ihre jeweiligen Länder einbestellt und forderten, dass Rechenschaft abgelegt und mehr für den Schutz der Entwicklungshelfer getan wird. Das israelische Militär erklärte, dass es „eine Untersuchung dieses schwerwiegenden Vorfalls“ eingeleitet habe…“ engl. Meldung vom 2.4.24 in The New Humanitarian externer Link und dazu:

    • 7 WCK-Teammitglieder in Gaza getötet
      „… Dies ist nicht nur ein Angriff auf WCK, sondern auch auf humanitäre Organisationen, die in den schlimmsten Situationen, in denen Lebensmittel als Kriegswaffe eingesetzt werden, tätig werden. Das ist unverzeihlich…“ engl. Meldung vom 02. April 2024 von World Central Kitchen externer Link
    • Mit den verheerenden israelischen Luftangriffen, bei denen gestern Mitarbeiter der @WCKitchen getötet wurden, steigt die Zahl der in diesem Konflikt getöteten Entwicklungshelfer auf 196 – darunter mehr als 175 Mitarbeiter der @UN.
      Das ist unverzeihlich
      .“ engl. Tweet von António Guterres vom 2.4.24 externer Link
  • Auch wenn der Weltsicherheitsrat erstmals Waffenruhe in Gaza fordert: Gaza wird ausgehungert und die Welt schaut zu

    • Taumel in den Abgrund. Gaza wird ausgehungert und die Welt schaut zu.
      Nichts wird verschont. Krankenhäuser, Schulen, Moscheen, antike Denkmäler, Universitäten, Kirchen, Archive und Bibliotheken sind zerstört. Das kulturelle Gedächtnis, das angehäufte Wissen, die Träger:innen einer eigenständigen, selbstbestimmten Zukunft – alles zerbombt. Und jetzt droht die Bevölkerung in Gaza vor unser aller Augen dem Hungertod ausgeliefert zu werden. (…)
      Seit kurzem fallen neben den Bomben auch Lebensmittelpakete vom Himmel, jetzt soll Hilfe auch auf dem Seeweg den abgeriegelten Streifen erreichen. Ein Hoffnungsschimmer? Kaum. Der Abwurf von Hilfe aus der Luft ist nicht nur aufwendig, teuer und ungenau. Unten angekommen, lässt sich ohne Strukturen zur Verteilung der Hilfe nicht sicherstellen, dass die Bedürftigsten etwas von den überlebensnotwendigen Gütern abbekommen. Im Gegenteil: Wer zu den Bedürftigsten gehört, zählt in der Regel nicht zu den Schnellen und Starken, die die Hilfe untereinander aufteilen. Etablierten humanitären Mindeststandards, die mühsam nach der Beschäftigung mit Fehlern in der humanitären Hilfe erarbeitet wurden, wird der Abwurf aus der Luft deshalb nicht annähernd gerecht. Hier wird nicht nach Bedürftigkeit verteilt, sondern nach der Macht des Stärkeren. Diese Form der Hilfe ist nicht nur ziellos, sie ist entwürdigend und entmenschlichend. (…)
      Während sich die Lastwagen mit lebensnotwendigen Gütern an den Grenzübergängen kilometerlang stauen und während die vorhandenen, wenn auch schwer beschädigten Strukturen noch immer in der Lage wären, die existentiell gefährdeten zwei Millionen Menschen im Gazastreifen zu versorgen, baut Israel mit seinen engsten Verbündeten Deutschland und USA ein neues System auf, das keine Rettung darstellt. Die vorhandenen internationalen und UN-Hilfsstrukturen werden gezielt umgangen, Hilfe wird nun von Militärs geleistet. Das unterstützt auch das israelische Ziel, die UN-Hilfsorganisation UNRWA mit ihren rund 13.000 palästinensischen Mitarbeiter:innen auszuschalten.
      Für die Errichtung der Infrastruktur der Hilfe über den Seeweg von Zypern nach Gaza veranschlagen die USA 60 Tage. Bis dahin könnten Tausende Menschen verhungert sein. Und auch diese Hilfe soll nicht über die UNRWA laufen, die als einzige über die entsprechende Infrastruktur verfügt, um eine halbwegs gerechte und angemessene Verteilung gewährleisten zu können.
      Die humanitäre Hilfe über den Seekorridor und aus der Luft ist auch deshalb im Interesse der israelischen Regierung, weil sie der lang angekündigten israelischen Offensive auf das vollkommen überfüllte Rafah im äußersten Süden des Gazastreifens den Boden bereiten könnte. Bombardiert wird dort schon seit Monaten, jetzt werden die Hilfesuchenden wieder ein paar Kilometer in Richtung Norden gelenkt. Fast müßig zu sagen, dass im Falle einer Bodenoffensive auch in Rafah noch mehr Tod und Verwüstung zu erwarten ist als ohnehin schon. (…)
      Friedhof des humanitären Rechts
      Der Gazastreifen, sagte EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, sei auch der Friedhof des humanitären Rechts. Die militärisch eingebettete Hilfe, wie sie jetzt in Gaza eingeübt wird, schafft die Unabhängigkeit der Hilfe ab. Bomben und Brot gleichzeitig abzuwerfen, ist Zynismus und eine Form der Kriegspropaganda.
      Geschieht nichts, werden wir in den nächsten Tagen und Wochen eine drastische Verschärfung der rein menschengemachten humanitären Katastrophe in Gaza erleben, die noch weit über das hinausgeht, was bereits geschehen ist. Den Vereinten Nationen zufolge erlebt der Norden von Gaza bereits eine akute Hungersnot. Dass sich dies unter unseren Augen ereignet, macht uns zu Zuschauern, zu Mitwissern. Die schweigende Akzeptanz äußert sich nicht nur im ausbleibenden Protest angesichts einer inhumanen Kriegsführung, wie er im Fall der Ukraine selbstverständlich ist. Einmal zugelassen, ist das überall in der Welt wiederholbar. Damit ist die Selbsterzählung des Westens, im Schlechten immerhin die bessere, weil humanere Wahl zu sein, am Ende. Die israelische Regierung glaubt auf diese Weise, den umfassenden Sieg zu erlangen. Doch nach dem 7. Oktober markiert dieser Krieg eine weitere Zäsur in der israelischen Verfasstheit. Die Folgen für Israel selbst sind nicht zu ermessen. Ein Taumel in den Abgrund.
      Ohne gleiche Rechte für alle, wird es keine Lösung geben, sagte der Philosoph Omri Boehm Mitte März 2024 in seiner Preisträgerrede auf der Leipziger Buchmesse. Dies zu verstehen, verlangt eine sofortige Umkehr, ein Ende des Kriegs, ein Ende der Idee vom Sieg einer Seite, die allein für sich Sicherheit beansprucht. Einzig Zeichen der Menschlichkeit können den Ausweg weisen
      .“ Statement von medico international am 25. März 2024 externer Link
    • US-Kehrtwende: Weltsicherheitsrat fordert erstmals Waffenruhe in Gaza
      Monatelang war der Weltsicherheitsrat in der Frage einer Waffenruhe im Gaza-Krieg gespalten. Die USA, Israels Schutzmacht, verhinderten bislang eine Einigung. Doch nun wechselt Washington den Kurs. Deutschland kritisiert angekündigten Siedlungsbau Israels.
      Der internationale Druck auf Israel steigt: Mit einer völkerrechtlich bindenden Resolution hat der Weltsicherheitsrat fast sechs Monate nach Kriegsbeginn erstmals eine „sofortige Waffenruhe“ im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln. Die Vetomacht USA enthielt sich bei der Abstimmung am Montag und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Die 14 übrigen Mitglieder des Gremiums stimmten dafür. Damit steigt der internationale Druck auf die Konfliktparteien. Es ist jedoch fraglich, ob oder inwieweit die Resolution Einfluss auf ihre Entscheidungen zum weiteren Kriegsverlauf haben wird. (…) Der nun angenommene knappe Resolutionstext konzentriert sich auf die Forderung nach „einer von allen Seiten respektierten sofortigen Waffenruhe für den (islamischen Fastenmonat) Ramadan“. Dies solle zu einer „dauerhaften und nachhaltigen Waffenruhe“ führen, heißt es in dem Text. Zudem fordert die Beschlussvorlage die Freilassung aller Geiseln und betont die „große Sorge angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen“. Die Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung müssten ausgebaut werden. (…) Beschlüsse des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend. Wenn ein betroffener Staat sie ignoriert, kann das Gremium Sanktionen verhängen – was im Falle Israels wegen der Vetomacht der USA nicht als wahrscheinlich gesehen wird
      …“ Beitrag von Jürgen Bätz und Gregor Mayer vom 25.03.2024 im Migazin externer Link
  • EU: Aufruf des Europäischen Rates zu einem dauerhaften Waffenstillstand in Gaza reicht nicht aus, um das Leiden der Zivilbevölkerung zu beenden
    „Eve Geddie, Leiterin des Büros der Europäischen Institutionen von Amnesty International, reagierte auf die Entscheidung des Europäischen Rates, zu einem dauerhaften Waffenstillstand in Gaza aufzurufen: „Der gestrige Aufruf zu einer Waffenruhe ist längst überfällig, aber angesichts der Schrecken, die die palästinensische Zivilbevölkerung in den letzten sechs Monaten erdulden musste, ein unzureichender Schritt. Mehr als 32.000 Menschen wurden in Israels rücksichtsloser und wahlloser Militäraktion getötet, mehr als tausend Kinder mussten amputiert werden, ganze Stadtteile und Städte wurden in Schutt und Asche gelegt, das Gesundheitssystem wurde fast vollständig zerstört und eine drohende, von Israel herbeigeführte Hungersnot zeichnet sich ab … all dies hätte vermieden und verhindert werden können, wenn alle Parteien früher einen Waffenstillstand erreicht hätten. Was in Gaza geschieht, ist eine von Menschen verursachte humanitäre Katastrophe, und die Verantwortlichen für alle Verbrechen nach internationalem Recht müssen zur Rechenschaft gezogen werden. (…) „Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten müssen konkrete Maßnahmen und greifbare Schritte unternehmen, um den Völkermord an den Palästinensern in Gaza zu verhindern. Sie müssen die Finanzierung des UNRWA vollständig wiederherstellen und alle Exporte von Waffen und Munition nach Israel einstellen. Die Einhaltung der Menschenrechtsverpflichtungen Israels muss umfassend überprüft werden. Sie müssen auch die Ursachen des Konflikts anerkennen und ein Ende der israelischen Apartheid gegen die Palästinenser sowie ein Ende der Besatzung fordern.“…“ engl. Pressemitteilug vom 22.3.24 von Amnesty International externer Link (maschinenübersetzt)
  • Für dauerhaften Waffenstillstand in Gaza: Hilfsgüter aus der Luft und über den Seeweg sind keine Alternative zu Hilfslieferungen auf dem Landweg 
    25 Nichtregierungsorganisationen fordern die Regierungen weltweit auf, sich verstärkt für einen Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel sowie Hilfslieferungen auf dem Landweg einzusetzen. Die Zahl der Todesfälle durch Unterernährung und Krankheiten steigt.
    Menschenrechts- und humanitäre Organisationen, die vor Ort im Gazastreifen tätig sind, haben seit Beginn der gegenwärtigen Eskalation immer wieder darauf hingewiesen, dass die einzige Möglichkeit, den beispiellos hohen Bedarf an Hilfsgütern in der Enklave zu decken, darin besteht, einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel zu vereinbaren sowie einen umfassenden, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfsgüter über alle Grenzübergänge zu gewährleisten. Die Staatengemeinschaft kann sich nicht hinter dem Abwerfen von Hilfsgütern aus der Luft oder Bemühungen um die Öffnung eines Seekorridors verstecken, um so den Eindruck zu erwecken, dass sie genügend tun würden, um den Bedarf an Hilfsgütern in Gaza zu decken. Ihre Hauptverantwortung besteht darin, Gräueltaten zu verhindern und wirksamen politischen Druck auszuüben, um die unerbittlichen Bombardierungen und die Beschränkungen, die die sichere Lieferung humanitärer Hilfsgüter verhindern, zu beenden
    …“ Aufruf vom 13.03.2024 bei Amnesty international externer Link mit dem vollständigen Statement der 25 Nichtregierungsorganisationen auf Englisch
  • Nothilfe in Gaza: Einfach überleben
    Die Situation in Gaza ist vollkommen verzweifelt, der Hunger allgegenwärtig. Eine kleine Initiative nutzt kleinste Spielräume und leistet unter unmöglichen Bedingungen Hilfe.
    Der anhaltende Krieg im Gazastreifen hat mehr als 1,8 Millionen Palästinenser:innen, über 80 Prozent der Bevölkerung, zu Binnenvertriebenen gemacht. Mehr als zwei Millionen Menschen hungern seit Wochen. Die ersten Kinder sind bereits an Unterernährung gestorben, berichtete UNICEF Anfang März. Die bekannte CNN-Journalistin Christiane Amanpour hat in einem TV-Beitrag fürchterliche Bilder aus einem Krankenhaus im Norden Gazas gezeigt, wo das ärztliche Personal mangels anderer ihnen zur Verfügung stehender Optionen für (Klein-) Kinder und Babies, die mit dem Hungertod kämpfen, nicht mehr tun kann, als ihnen Salz- oder Zuckerlösung zu verabreichen
    …“ Beitrag von Riad Othman am 15. März 2024 bei medico externer Link
  • Urgent support for medical professionals in Gaza / Dringende Unterstützung für medizinisches Personal in Gaza
    Spendensammlung bei gofundme externer Link

  • Humanitäre Lage im Gazastreifen: Die andere Stimme Israels
    Wegen mangelnder Hilfslieferungen droht in Gaza eine Hungersnot. Die jüdisch-palästinensische Gruppe Standing Together will das nicht hinnehmen. (…) Angesichts der drohenden Hungersnot in Gaza wächst international die Kritik an der israelischen Führung. US-Präsident Joe Biden warnte Israel bei seiner Rede zur Lage der Nation am Donnerstag davor, humanitäre Hilfe als Druckmittel einzusetzen. Weil die israelische Regierung sich seit Wochen weigert, mehr Hilfe in den Küstenstreifen zu lassen, kündigten die USA zudem an, vor der Küste von Gaza ein schwimmendes Dock für eine Versorgung auf dem Seeweg bauen zu wollen. US-amerikanische und jordanische Flugzeuge warfen mehrmals Lebensmittel aus der Luft über dem Küstenstreifen ab, können damit aber nur einen Bruchteil dessen liefern, was nötig wäre. (…) Rund 300 Lkw-Ladungen wären laut dem Welternährungsprogramm nötig, um die Zivilbevölkerung im weitgehend zerstörten Gazastreifen mit dem Nötigsten zu versorgen. Ak­tuell kommen rund 100 Lastwagen täglich in das Gebiet, im Februar waren es im Schnitt nur 83 pro Tag. Zum einen fehlt es an Grenzübergängen, die meiste Hilfe kommt durch Kerem Schalom, einige Dutzend Lastwagen pro Tag passieren zudem den ägyptischen Grenzübergang Rafah. Grenzübergänge im Norden hält Israel geschlossen. Lieferungen dorthin müssen daher von Süden durch den Küstenstreifen gelangen, in dem gekämpft und bombardiert wird. Zum anderen wird jede Ladung von Israel auf militärisch nutzbare Güter kontrolliert. Dabei wurden laut CNN teils komplette Lastwagen zurückgewiesen, weil sie Gegenstände wie Kinderspielzeug und Gehhilfen geladen hatten. Israel beschuldigt hingegen die Hilfsorganisationen, die Hilfsgüter nicht schnell genug zu verteilen.
    Eine halbe Million vom Hungertod bedroht
    Im Gazastreifen herrscht indes Verzweiflung. Immer wieder werden Hilfskonvois im Inneren des Küstenstreifens vom Militär behindert oder von hungrigen Menschen gestoppt und leergeräumt, bevor sie die am schlechtesten versorgten Gebiete im Norden erreichen. Vergangene Woche starben nach palästinensischen Angaben 118 Menschen nahe eines Hilfskonvois, unter anderem durch Schüsse israelischer Soldaten. Mehr als eine halbe Million Menschen sind nach Angaben der UNO vom Hungertod bedroht
    …“ Artikel von Felix Wellisch vom 8.3.2024 in der taz online externer Link
  • [Hunger als Kriegswaffe] Drohende Hungersnot in Gaza: Sehr bald ist es zu spät

    • Drohende Hungersnot in Gaza: Sehr bald ist es zu spät
      „Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist seit Wochen katastrophal. Dennoch verhindert die israelische Armee bis heute systematisch, dass genügend Hilfsgüter die Menschen erreichen. Auf dem Foto ist Anwar Abdulnabi zu sehen, die sich über ihre Tochter Mila beugt. Das kleine Mädchen liegt in einem Bett im Krankenhaus, die Augen geschlossen. Mila ist tot. Das Bild, das ein Fotograf am letzten Samstag für die Nachrichtenagentur Reuters im Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden des Gazastreifens aufnahm, zeigt eines von mehreren Kindern, die in den letzten Tagen in Gaza offenbar an Mangelernährung gestorben sind. So berichtete es die Weltgesundheitsorganisation unter Berufung auf das lokale Gesundheitsministerium. Es sind die ersten bestätigten Meldungen dessen, wovor die Uno seit Mitte Dezember warnt: dass in Gaza, wenn nicht so schnell wie möglich viel mehr Hilfsgüter in das abgeriegelte Gebiet gelangten, innert weniger Monate eine Hungersnot ausbreche. (…) Als Reaktion haben mehrere Regierungen, darunter die USA, angefangen, Hilfsgüter aus der Luft über Gaza abzuwerfen. Es ist die teuerste und ineffizienteste Art von Hilfslieferungen; das letzte Mittel, wenn alle anderen Wege blockiert sind. Doch die drohende Hungersnot können sie nicht abwenden. Wie konnte es trotz aller Warnungen so weit kommen? Israelische Regierungsvertreter:innen weisen die Verantwortung von sich. Es gebe keine Obergrenze bei der Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen, schrieb etwa der israelische Regierungssprecher Eylon Levy Anfang Jahr auf X. Und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schob die Schuld schon im November auf die Uno: Diese sei langsam und ineffizient. Doch wenn man mit Vertreter:innen von Uno-Institutionen und Hilfsorganisationen spricht, ergibt sich ein anderes Bild. Nach ihren Schilderungen verhindern die israelischen Streitkräfte (IDF) systematisch, dass überlebensnotwendige Hilfsgüter jene halbe Million Menschen erreichen, die laut der Uno «noch einen Schritt von der Hungersnot» entfernt sind.(…) Jeder Lastwagen, der die Grenze nach Gaza passieren will, wird zuvor von der israelischen Armee inspiziert. (…) Die willkürlichen Inspektionen haben zwei Folgen: zum einen eine grosse Verzögerung der Hilfe, die insgesamt nach Gaza gelangt. Hunderte Lastwagen stehen seit Wochen auf der ägyptischen Seite vor dem Grenzübergang Rafah. «Alles, was Gaza braucht, steht direkt davor», sagt Camille Niel, Vizeleiterin der Ärzte-ohne-Grenzen-Mission (MSF) in den besetzten palästinensischen Gebieten. Zum anderen kommen zahlreiche Güter, die dringend gebraucht werden, nicht hinein. Seit Wochen versucht MSF, in einem Krankenhaus in Rafah zwei Operationssäle einzurichten. «Doch wir konnten die notwenigen Geräte nicht nach Gaza bringen.» (…) «Es ist selten, wenn nicht beispiellos, dass es so schwierig ist, Hilfe zu leisten, während gleichzeitig die Not der Menschen so rapide wächst», sagt Lærke. Mittlerweile sei Gaza an einem Punkt angelangt, an dem eine Hungersnot, bei der die Menschen in grosser Zahl sterben, kaum noch zu verhindern sei – nicht nur an Unterernährung selbst, sondern weil die geschwächten Menschen selbst eine einfache Grippe oft nicht mehr überleben. «Man darf nicht darauf warten, bis die Hungersnot ausgerufen wird. Denn dann ist es schon zu spät», so Lærke. «Israel ist die Besetzungsmacht und muss sicherstellen, dass der Zugang zu Hilfe möglich ist.»“ Artikel von Meret Michel in der WOZ vom 7. März 2024 externer Link, siehe dazu noch:
    • Gaza: Hunger als Kriegswaffe: Deutschland muss sich dafür einsetzen, das Elend zu beenden
      „Es war im Sommer 2023: „Beenden Sie die Art der Kriegsführung, Hunger als Waffe einzusetzen“, lautete ein eindringlicher Appell der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock. Er richtete sich damals an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Im aktuellen Konflikt in Gaza hat man einen vergleichbaren Satz weder seitens der Außenministerin noch irgendeines anderen Mitglieds der Bundesregierung gehört, obwohl die Vereinten Nationen bereits seit Dezember letzten Jahres vor einer Hungersnot mit katastrophalen Folgen warnen. Diese Krise ist kein tragisches Naturphänomen, sondern menschengemacht und bewusst herbeigeführt. Schon zu Beginn der vollständigen israelischen Blockade des Gazastreifens kurz nach den terroristischen Angriffen der Hamas am 7. Oktober kündigte der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant an: „Es wird keinen Strom, kein Essen, keinen Treibstoff mehr geben … Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und werden uns entsprechend verhalten.“ Diese Abriegelung verschlechterte rasant die Lebensumstände der nun unter massiver Bombardierung stehenden Zivilbevölkerung. Die Hamas selbst war auf diese Situation vorbereitet und hatte entsprechende Vorkehrungen für sich getroffen. Obwohl der Charakter der kollektiven Bestrafung von Beginn an eindeutig war, hat die Bundesregierung diesen und weitere Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht bisher nicht eindeutig benannt. 2018 wurde der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe im UN-Sicherheitsrat mit der Resolution 2417 geächtet. Diese verurteilte „entschieden das nach dem humanitären Völkerrecht verbotene Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegführung“. Ebenso verurteilt die Resolution die „rechtswidrige Verweigerung des humanitären Zugangs“ und die „vorsätzliche Behinderung von Hilfslieferungen“. Es gelte jene Strukturen zu schützen, die für die Lieferung humanitärer Hilfe sowie für die Nahrungsmittelproduktion notwendig sind. Darüber hinaus fordert sie Staaten, die Einfluss auf die Parteien bewaffneter Konflikte haben, auf, diese an ihre Verpflichtung zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu erinnern und zur Aufklärung und Ahndung entsprechender Verstöße beizutragen. Schließlich wird festgestellt, dass der Sicherheitsrat auch Sanktionen erlassen kann gegen „Personen oder Einrichtungen (…), die die Bereitstellung humanitärer Hilfsgüter, den Zugang zu humanitärer Hilfe oder die Verteilung humanitärer Hilfsgüter behindern“. Derartige Maßnahmen wären natürlich nur im Falle einer Einigkeit möglich, die im Sicherheitsrat derzeit in der Regel nicht besteht. (…) Deutschland hat sich im von Südafrika initiierten Genozidverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen jegliche Vorwürfe verwehrt und sogar eine entsprechende Eingabe zur Verteidigung Israels vorgebracht. Dabei hat der IGH den israelischen Staat in einer vorläufigen Entscheidung im Januar unmissverständlich aufgefordert, „sofortige und effektive Maßnahmen zu ergreifen, um die Bereitstellung dringend benötigter grundlegender Dienstleistungen und humanitärer Unterstützung“ zu ermöglichen. Die Einhaltung dieser Entscheidung muss die Bundesregierung ebenso einfordern, wie die Umsetzung der Sicherheitsratsresolution 2714. Es sind bereits schockierende fünf Prozent der Bevölkerung des Gazastreifens getötet oder zum Teil schwer verletzt worden, der Großteil davon Zivilistinnen und Zivilisten. Wird Israels Einsatz von Hunger als Kriegswaffe nicht beendet, werden die Opferzahlen weiter rasant steigen. Dies wäre nicht nur eine Katastrophe für Gaza, sondern auch für die Menschlichkeit. Und es wäre eine Schande für die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik, die es zukünftig schwer haben dürfte, in anderen Konflikten glaubhaft für den Schutz von Zivilisten und den Erhalt internationaler Normen einzutreten.“ Beitrag von René Wildangel von 6. März 2024 im IPG Journal externer Link
    • Kritische Hilfe: This is not Hollywood
      Seit Tagen werden über Gaza Hilfspakete aus der Luft abgeworfen um auf die desaströse Versorgungssituation zu reagieren – eine politische Bankrotterklärung.
      „Kein Kind darf in den Himmel schauen und sich wundern, ob das, was gleich auf es fallen wird, ein Essenspaket oder eine Bombe ist“ lese ich auf dem Nachrichtendienst X über die unerträgliche Lage. Nicht nur für Kinder, die sich inzwischen an vom Himmel fallende Bomben gewöhnt haben, ist Lufthilfe ungewöhnlich. In der humanitären Hilfe gelten Luftbrücken als Ultima Ratio. Man entscheidet sich für sie nur dann, wenn es keine Land- oder Seewege gibt, über die die Hilfe koordiniert transportiert werden kann, wenn ein Gebiet wegen Naturkatastrophen oder Belagerung beispielsweise komplett abgeschnitten ist. Die Situation einer Besatzung zählt nicht darunter, denn völkerrechtlich ist die Besatzungsmacht für die Versorgung der Bevölkerung in den von ihr besetzten Gebieten verantwortlich. In Gaza werden allerdings die Strukturen, die humanitäre Hilfen leisten sollen und könnten angegriffen, zerstört oder deren Mittel gekürzt. Die ohnehin schon zu geringen Hilfslieferungen in den Gazastreifen sind in den letzten Wochen zusammengebrochen. Obwohl Israel vom Internationalen Gerichtshof rechtsverbindlich angewiesen wurde, die Bereitstellung humanitärer Hilfe vollumfänglich zu ermöglichen, wird die Überfahrt von Hilfskonvois seit Wochen massiv behindert. (…) Das Welternährungsprogramm gab unlängst bekannt, seine Hilfslieferungen in den nördlichen Gazastreifen eingestellt zu haben, obwohl dort die humanitäre Not am größten ist. Und zwar wegen des Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung und des Fehlens eines funktionierenden „Deconfliction systems“, ein System, das sicherstellt, dass die humanitären Helfer:innen und die humanitären Maßnahmen geschützt und nicht angegriffen werden.
      Laut UNICEF sterben bereits jetzt die ersten Kinder an Unterernährung. Einem kürzlich erschienenen Bericht der London School of Hygiene and Tropical Medicine, Health in Humanitarian Crises Center und des Johns Hopkins Center for Humanitarian Health zufolge werden selbst im günstigsten Fall eines sofortigen dauerhaften Waffenstillstands in den nächsten sechs Monaten mehr als 6.500 Menschen im Gazastreifen sterben, weil die Ernährungslage, die Unterkünfte, die sanitären Einrichtungen und die Gesundheitsversorgung in der Enklave derartig desolat sind. Hält der Krieg jedoch an, steigen ihre Prognosen für denselben Zeitraum auf 58.200 bis über 74.000 Tote. (…)
      Am 22. Februar – eine ganze Woche vor Beginn der Luftbrücke – hielt Christopher Lockyear, Präsident der Organisation Ärzte ohne Grenzen eine Rede vor dem UN-Sicherheitsrat: „Frau Präsidentin, die heutige humanitäre Reaktion im Gazastreifen ist eine Illusion – eine bequeme Illusion, die die Behauptung aufrechterhält, dass dieser Krieg im Einklang mit dem Völkerrecht geführt wird. In diesem Saal sind bereits Forderungen nach mehr humanitärer Hilfe laut geworden. Doch in Gaza haben wir jeden Tag weniger – weniger Platz, weniger Medikamente, weniger Lebensmittel, weniger Wasser, weniger Sicherheit. Wir sprechen nicht mehr von einer Aufstockung der humanitären Hilfe, sondern davon, wie man auch ohne das Nötigste Überleben kann. Heute wird in Gaza nur noch willkürlich, opportunistisch und völlig unzureichend Hilfe geleistet.“
      Lukrative Dehumanisierung
      Die Menschen sind am Ende ihrer Kräfte, natürlich rennen sie zu jedem Anzeichen von Hilfe. Zuletzt kamen ihnen anstelle von Mehl Kugeln entgegen. Allein die Tatsache, dass sie um das Essen rennen müssen, bricht mit allen Grundprinzipen, die im humanitären Völkerrecht verankert sind. Neben dem Völkerrecht ist eines der wichtigsten Prinzipien der (humanitären) Hilfe der Do-No-Harm Ansatz. Kurz gesagt bedeutet dieser, dass Hilfe keinen Schaden anrichten darf. (…)
      Und was, wenn die Güter als Ergebnis der unkontrollierbaren Abwürfe nun in die falschen Hände gelangen oder nur den Schnellsten und Stärksten und eben nicht den Bedürftigsten nutzen? Die Selbstrechtfertigung ist schon im Akt eingebettet: „Wir haben die Pakete nur abgeworfen.“ Und vielleicht kommen George W. Bushs Worte mit einem entschlossenen Blick aus einem anderen Mund noch hinterher geraunt: Wir wollten, dass „die Menschen die Großzügigkeit Amerikas und seiner Verbündeten sehen
      “.“ Beitrag von Radwa Khaled-Ibrahim vom 07. März 2024 bei medico externer Link
  • UN: Rechtsexperten fordern Untersuchung der mutmaßlichen Übergriffe auf palästinensische Frauen und Mädchen
    Angebliche Rechtsverletzungen an palästinensischen Frauen und Mädchen im Gazastreifen und im Westjordanland müssen untersucht werden, erklärte eine vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Expertengruppe am Montag. Berichten zufolge wurden palästinensische Frauen und Mädchen im Gazastreifen willkürlich hingerichtet, oft zusammen mit Familienmitgliedern, darunter auch ihren Kindern, wie die Gruppe berichtet.
    Getötet auf der Flucht
    „Wir sind schockiert über Berichte, wonach palästinensische Frauen und Kinder an Orten, an denen sie Zuflucht gesucht haben oder auf der Flucht waren, gezielt angegriffen und außergerichtlich getötet wurden. Einige von ihnen hielten Berichten zufolge weiße Tücher in der Hand, als sie von der israelischen Armee oder mit ihr verbundenen Kräften getötet wurden“, so die Experten. Sie äußerten ihre ernste Besorgnis über die willkürliche Inhaftierung hunderter palästinensischer Frauen und Mädchen, darunter Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und humanitäre Helfer, im Gazastreifen und im Westjordanland seit Beginn des Konflikts am 7. Oktober nach den tödlichen Hamas-Terroranschlägen in Israel
    …“ engl. Meldung der United Nations vom 19.2.2024 externer Link (maschinenübersetzt)
  • AI: Israel: Besatzung der palästinensischen Gebiete beenden!
    Israel muss die seit 1967 andauernde Besatzung des Gazastreifens und des Westjordanlands (einschließlich Ost-Jerusalem) beenden. Dies fordert Amnesty International vor der öffentlichen Anhörung beim Internationalen Gerichtshof zur Untersuchung der rechtlichen Auswirkungen der Besatzung. An diesem Montag beginnt am Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eine mehrtägige Verhandlung über grundsätzliche Fragen der Besatzung palästinensischer Gebiete durch Israel. Die UN-Generalversammlung hatte bereits im Dezember 2022 beschlossen, den IGH zu beauftragen, mit einem Gutachten zur Rechtmäßigkeit der israelischen Vorgehensweise in den besetzten palästinensischen Gebieten Stellung zu nehmen und ihre Auswirkungen auf andere Staaten und die Vereinten Nationen zu prüfen. Mehr als 50 Staaten, darunter die Afrikanische Union, die Arabische Liga und die Organisation der Islamischen Zusammenarbeit (OIZ) werden sich im Verfahren einbringen. (…) Die Welt muss erkennen, dass die Beendigung der rechtswidrigen israelischen Besatzung eine Voraussetzung für die Beendigung der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten ist. Die israelischen Behörden behindern und kontrollieren alle Lebensbereiche der Menschen in den besetzten palästinensischen Gebieten. Sie verhängen Einschränkungen über das Recht auf Bewegungsfreiheit und beschneiden die Möglichkeiten auf Bestreitung des Lebensunterhalts. Sie verletzen das Recht auf Bildung und auf einen angemessenen Lebensstandard. Darüber hinaus verwehren sie den Palästinenser*innen den Zugang zu Land und natürlichen Ressourcen.“ Im Westjordanland, einschließlich des besetzten Ost-Jerusalem, sind Palästinenser*innen routinemäßig exzessiver Gewaltanwendung, rechtswidrigen Tötungen, willkürlichen Verhaftungen, Verwaltungshaft, Zwangsumsiedlungen, der Zerstörung von Häusern, der Konfiszierung von Land und natürlichen Ressourcen sowie der Verweigerung von Grundrechten und -freiheiten ausgesetzt…“ Pressemitteilung vom 19.2.24 von Amnesty International externer Link
  • Gaza-Krieg: Haltbare Vorwürfe. Der Internationale Gerichtshof hat entschieden, dass das israelische Vorgehen in Gaza eine rechtliche Überprüfung verlangt
    Was dies im Detail bedeutet hat Mario Neumann von medico am 26. Januar 2024 externer Link im Gespräch mit Völkerrechtsexperten beim ECCHR, Andreas Schüller, erörtert: „Andreas Schüller: Der Gerichtshof hat angeordnet, dass Israel alles in seiner Macht Stehende tun muss, um sicherzustellen, dass es in Gaza keine Handlungen begeht, die von der Völkermordkonvention geächtet werden. Ich werte das als eine klare Kritik an der offenkundig exzessiven Gewalt der israelischen Armee. Darüber hinaus hat das Gericht Israel verpflichtet, seine militärischen Operationen in Hinblick auf die Verletzung von Rechten aus der Genozid-Konvention zu überprüfen und einen monatlichen Bericht, man kann es auch einen Rapport nennen, an den Gerichtshof zu schicken. Auch das ist nicht selbstverständlich und zeigt, in welch hohem Maße beunruhigt das Gericht ist; etwa über die vorliegenden Berichte der UN-Hilfswerke aus Gaza, die ja auch umfänglich zitiert wurden. (…) Richtig ist, dass das Gericht, anders als im Fall des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, keinen sofortigen Waffenstillstand verlangt hat. Damals hat Den Haag Russland ultimativ dazu aufgefordert – was in Moskau natürlich ignoriert wurde. Dennoch kann man die heutige Entscheidung auch so interpretieren: Wenn Israel alle rechtlich bindenden Entscheidungen des Gerichts bezüglich der humanitären Versorgung und des Schutzes der Zivilbevölkerung respektieren will, muss es seine Kampfhandlungen deutlich und massiv einschränken und eine Waffenruhe erklären. Wichtig ist zu verstehen, dass in der Hauptsache des möglichen Verstoßes gegen die Völkermord-Konvention zwar nichts entschieden wurde, der südafrikanische Antrag allerdings angenommen wurde. Das ist, im besonderen Falle Israels, alles andere als selbstverständlich. (…) Mehr als wünschenswert wäre es, wenn jetzt auch die Bundesregierung sich die Auflagen des Gerichtshofs zu eigen machen würde. Das betrifft nicht nur ihre Wortwahl, also wie sie über den Konflikt spricht, sondern es würde auch bedeuten, dass sie klare Aufforderungen an die israelische Regierung formuliert; zum einen die exzessive Gewalt einzustellen, aber auch endlich im angemessenen Maße der humanitären Schutzverpflichtung nachzukommen. (…) Der Internationale Gerichtshof hat den Vortrag Südafrikas für plausibel gehalten. Das heißt noch nicht, dass ein Völkermord begangen wurde, aber dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass es dazu kommen wird. Es gibt völkerrechtlich die Pflicht, einen möglichen Völkermord zu verhindern. Dass ein Völkermord droht, löst bereits völkerrechtliche Verpflichtungen für Staaten aus. (…) Der Internationale Gerichtshof ist bekanntlich ein Hauptorgan der Vereinten Nationen, seine unabhängige Rechtsprechung ist weltweit anerkannt. Da dieses Gericht nun entschieden hat, die Vorwürfe gegen Israel, dass in Gaza wohlmöglich die Völkermord-Konvention verletzt würde, seien so gewichtig, dass sie eine rechtliche Überprüfung verlangen, dann sollte auch die innenpolitische Debatte in Deutschland sachlicher geführt werden.“ Siehe dazu auch:

    • Das Urteil des Internationalen Gerichtshofs kann einen Schritt zu einer Rückkehr zum Völkerrecht und einem Ende der Gewalt bedeuten. Die Gefahr eines Völkermords besteht. Art. 25 GG verpflichtet alle deutschen Hoheitsträger ihren Beitrag zu leisten, ihn abzuwenden.“ Tweet von VDJ vom 26. Jan. 2024 externer Link
    • IGH erklärt die Klage Südafrikas gegen Israel für grundsätzlich zulässig: Waffenlieferungen an Israel und palästinensische Gruppen stoppen
      Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW begrüßt die heutige Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag. Die Richter*innen haben die israelische Regierung mit großer Mehrheit aufgefordert, alle in ihrer Macht stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um Handlungen zu verhindern, die als Völkermord angesehen werden könnten. Zugleich müsse Israel sicherstellen, dass sich die humanitäre Lage im Gazastreifen verbessert. Israel müsse zudem alle öffentlichen Äußerungen verhindern und bestrafen, die als Anstiftung zum Völkermord in Gaza angesehen werden könnten. Gemeinsam mit einem internationalen Bündnis fordert die IPPNW anlässlich des Urteils von der Bundesregierung den sofortigen Stopp von Waffenlieferungen an Israel und einen diplomatischen Einsatz für einen sofortigen Waffenstillstand. (…) Erneut macht die Ärzt*innenorganisation darauf aufmerksam, dass die Bundesregierung als Vertragspartei des Arms Trade Treaty (ATT) verpflichtet ist, keine Transfers konventioneller Waffen zu genehmigen, wenn die Möglichkeit besteht, dass Waffen z.B. zur Begehung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Angriffe auf zivile Objekte oder Zivilpersonen oder andere Kriegsverbrechen verwendet werden könnten…“ IPPNW-Pressemitteilung vom 26. Januar 2024 externer Link, siehe auch unser Dossier: Turbostart der Ampelregierung bei Kriegsgeschäften – jetzt aber „politisch korrekt“ und darin u.a.: Ausfuhr aus Deutschland: Rüstungsexporte nach Israel seit dem 7. Oktober fast verzehnfacht – prioritär bearbeitet und beschieden
  • Israel/Palästina: Waffenlieferungen stoppen! Internationales Bündnis fordert Stopp von Waffenlieferungen an Israel und bewaffnete palästinensische Gruppen
    Offener Aufruf an alle UN-Mitgliedstaaten, die Krise im Gazastreifen nicht weiter anzuheizen und die Fortsetzung der humanitären Katastrophe sowie den Verlust weiterer ziviler Menschenleben zu verhindern
    Wir, die unterzeichnenden Organisationen, fordern alle Staaten auf, die Lieferung von Waffen, Waffenteilen und Munition an Israel und bewaffnete palästinensische Gruppen unverzüglich einzustellen, solange das Risiko besteht, dass sie eingesetzt werden, um schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht oder die Menschenrechte zu begehen oder solche zu erleichtern. Israels Bombardierung und Belagerung berauben die Zivilbevölkerung ihrer Lebensgrundlagen und machen den Gazastreifen unbewohnbar. Die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist heute mit einer humanitären Krise in einem nicht dagewesenen Ausmaß und Schweregrad konfrontiert. Darüber hinaus wurden bei von bewaffneten palästinensischen Gruppen geführten Angriffen rund 1.200 Menschen getötet und Hunderte israelischer und ausländischer Geiseln, darunter auch Kinder, entführt; mehr als 130 Geiseln werden weiterhin im Gazastreifen gefangen gehalten. Bewaffnete Gruppen im Gazastreifen feuern weiterhin wahllos Raketen auf israelische Bevölkerungszentren ab, unterbrechen die Schule für Kinder, vertreiben Zivilist:innen und bedrohen deren Leben und Wohlergehen. Geiselnahmen und wahllose Angriffe stellen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dar und müssen sofort beendet werden. Humanitäre Organisationen, Menschenrechtsgruppen, Vertreter:innen der Vereinten Nationen und mehr als 153 Mitgliedstaaten haben zu einem sofortigen Waffenstillstand aufgerufen. Israel setzt jedoch weiterhin explosive Waffen und Munition in dicht besiedelten Gebieten ein, was massive humanitäre Folgen für die Menschen in Gaza hat. (…) Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und appellieren an alle Staaten, die Lieferung von Waffen zu stoppen, die zur Begehung von Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte verwendet werden können. Der UN-Sicherheitsrat muss seiner Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der globalen Sicherheit gerecht werden, indem er Maßnahmen ergreift, um mit sofortiger Wirkung Waffentransfers an die israelische Regierung und bewaffnete palästinensische Gruppen zu stoppen und die Lieferung von Waffen zu verhindern, die bei der Begehung internationaler Verbrechen eingesetzt werden könnten. Alle Staaten haben die Pflicht, Gräueltaten zu verhindern und die Einhaltung von Normen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu fördern. Es ist längst überfällig, dass die internationale Gemeinschaft diesen Verpflichtungen nachkommt.“ Offener Aufruf an alle UN-Mitgliedstaaten vom 23. Januar 2024 bei medico international externer Link von Federation Handicap International – Humanity & Inclusion; War Child Alliance; Christian Aid; Norwegian People’s Aid; Médecins du Monde International Network; Mennonite Central Committee; medico international; Oxfam; Center for Civilians in Conflict (CIVIC); Danish Refugee Council; Save the Children; Plan International; Norwegian Refugee Council; Diakonia; Amnesty International und American Friends Service Committee (AFSC) – auch in English version externer Link
  • Israel vor UN-Gericht – Vorwurf: Völkermord
    Der Gaza-Krieg wird nun auch vor Gericht ausgetragen. Israel muss sich erstmals einer Völkermord-Klage stellen. Südafrika erhebt vor dem höchsten UN-Gericht harte Vorwürfe: „Politik der Apartheid“ und „Rhetorik des Völkermordes“. Israel weist die Anschuldigungen zurück. Südafrika hat Israel vor dem Internationalen Gerichtshof vorgeworfen, „systematisch Taten von Völkermord“ gegen die Palästinenser im Gazastreifen begangen zu haben. Vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen schilderten die Rechtsvertreter Südafrikas am Donnerstag in Den Haag Beispiele der militärischen Gewalt sowie Äußerungen israelischer Politiker und Militärs in den vergangenen rund drei Monaten. Dies sei mit der „Absicht des Völkermordes“ geschehen, hieß es. Demnach strebt Israel eine Zerstörung des palästinensischen Lebens an. (…) Kurz vor Beginn der Anhörung wies Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erneut alle Vorwürfe zurück: „Israel kämpft gegen Hamas-Terroristen, nicht gegen die palästinensische Bevölkerung, und wir tun dies in voller Übereinstimmung mit dem internationalen Recht.“ Auch die USA, Großbritannien und die Bundesregierung sehen keine Grundlage für die Klage Südafrikas, riefen angesichts von Schreckensmeldungen Israel inzwischen wiederholt zum Schutz von Zivilisten in Gaza auf.
    Südafrika beruft sich auf die UN-Völkermordkonvention, die auch Israel unterzeichnet hat. In der Konvention wird Völkermord definiert als eine Handlung, „die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“. Israel bestreitet, diesen Passus verletzt zu haben. Südafrika fordert in einem Eilverfahren auch einen Rechtsschutz für die Palästinenser. So sollten die Richter das Ende der militärischen Handlungen anordnen. Das Gericht, das Konflikte zwischen Staaten klären soll, wird sich zunächst nur mit dem Eilantrag befassen und dann in den nächsten Wochen entscheiden. Ein Verfahren zur Hauptsache, dem Völkermord-Vorwurf, kann Jahre dauern. Eine Entscheidung des Gerichts ist bindend – auch wenn die UN-Richter selbst keine Machtmittel haben, diese auch durchzusetzen. Ein negativer Beschluss könnte Israel schaden und den internationalen Druck weiter erhöhen. (…)
    Die Rechtsvertreterin Südafrikas, Adila Hassim, zählte Gewalttaten der Armee auf, wie Bombenangriffe und Blockaden humanitärer Hilfe. Sie sprach von „Taten des Völkermordes“ und einem „systematischen Muster, das auf Absicht des Völkermordes hinweist.“ Mehr als 23.000 Palästinenser seien getötet worden, mindestens 70 Prozent davon Frauen und Kinder. Südafrika begründete die Vorwürfe auch mit Äußerungen von israelischen Ministern und Offizieren. Zitate wie „Wir werden keinen verschonen“, „Wir werden den Gazastreifen von der Erde ausradieren“ oder „Israel kämpft gegen menschliche Tiere“ seien „Rhetorik des Völkermordes
    “…“ Meldung vom 11.01.2024 im Migazin externer Link, siehe dazu auch:

    • Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide in the Gaza Strip (South Africa v. Israel)
      engl. Pressemitteilung vom 12.1.2024 externer Link des International Court of Justice
    • „#COSATU unterstützt das südafrikanische Rechtsteam voll und ganz im Fall des Völkermords am Apartheidstaat Israel, der am 11. und 12. Januar 2024 vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag stattfinden soll“ engl. Tweet von Cosatu vom 11. Jan. 2024 externer Link
    • Klage Südafrikas gegen Israel wegen Völkermord – Begründung im Wortlaut
      Südafrika hat beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag beantragt, dass der Gerichtshof gegen Israel einstweilige Maßnahmen wegen Völkermord gegen die Palästinenser im Gaza anordnet. Im Folgenden die Begründung Südafrikas für seine Klage…“ Dokumentation vom 12.1.2024 von und bei Benedikt Hopmann externer Link mit Ergänzungen
    • Fast 900 Israelis unterstützen Südafrikas Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag
      Aktuell fast 900 israelische Bürgerinnen und Bürger haben (Stand 17.1.) eine Petition an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag unterzeichnet, in der sie ihre Unterstützung für die Klage Südafrikas gegen den Staat Israel zum Ausdruck bringen. Die israelische Petition bei change.org externer Link lautet wie folgt:
      Wir, israelische Bürger, schreiben, um unsere Unterstützung für Südafrikas Verfahren vor dem IGH auszudrücken, in dem behauptet wird, dass Israels Verhalten in Gaza seine Verpflichtungen gemäß der Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes verletzt. Das Material, das aus dem Antrag Südafrikas hervorgeht, ist entsetzlich und glaubwürdig. Israel unternimmt systematische Schritte, um die Bevölkerung des Gazastreifens auszulöschen, sie auszuhungern, zu misshandeln und zu vertreiben. Es betreibt eine Politik der Auslöschung von Lebensmöglichkeiten, die in einen Völkermord mündet. Sie tötet systematisch große Teile der Bevölkerung, führende Akademiker, Schriftsteller, Ärzte, medizinisches Personal, Journalisten und einfache Bürger. Wir schließen uns der in den Verfahren geäußerten doppelten Sorge an, dass Israel seine Verpflichtungen verletzt, indem es einen Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen begeht und es versäumt, den Völkermord zu verhindern, indem es u.a. hochrangige israelische Beamte und andere für ihre direkte und öffentliche Aufstachelung zum Völkermord nicht zur Rechenschaft zieht. Wir schließen uns den Antragstellern an, die eine Reihe von „vorläufigen Maßnahmen“ fordern, darunter die sofortige Aussetzung der militärischen Operationen Israels in Gaza…“
    • Mit der Waffe des Rechts: Südafrika hat Israel in Den Haag wegen Völkermordes verklagt. Geht das? Es gibt einen Präzedenzfall, den auch Deutschland unterstützt
      „Das Zitat klingt wie ein Völkermordaufruf aus Ruanda im Jahr 1994, als Hetzmedien die Hutu-Bevölkerung des Landes anstachelten, alle Tutsi zu vernichten: „Triumphiert, macht sie fertig, lasst niemanden zurück. Löscht die Erinnerung an sie aus. Löscht sie aus, ihre Familien, Mütter und Kinder. Diese Tiere dürfen nicht weiterleben.“ Derartige Parolen waren später maßgeblich in der Feststellung der internationalen Justiz, dass in Ruanda damals ein Völkermord stattfand. Tatsächlich stammt das Zitat von einem israelischen Armeereservisten. Am 11. Oktober 2023, vier Tage nach dem Hamas-Terrorüberfall auf Israel mit nahezu 1.200 Toten, nahm er in Uniform auf einem Militärfahrzeug eine Videoansprache auf, die dann unter israelischen Soldaten verbreitet wurde. Sie geht wie folgt weiter: „Jeder Jude mit einer Waffe soll hinausgehen und sie töten. Wenn du einen arabischen Nachbarn hast, warte nicht, geh zu ihm und erschieße ihn (…) Wir wollen hineingehen und zerstören.“ Die Videoansprache steht in Südafrikas Klage gegen Israel wegen Völkermords an den Palästinensern, die am 29. Dezember 2023 beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eingereicht wurde. Die 84-seitige Klageschrift führt mit detaillierten Nachweisen viele Einzeltaten auf, die den Völkermordvorwurf belegen sollen. Besonders bedrückend: acht Seiten Zitate – von Präsident Isaac Herzog („Wir werden ihnen das Rückgrat brechen“) über Energieminister Israel Katz („Kein Tropfen Wasser, keine Strombatterie, bis sie aus dieser Welt scheiden“) und den stellvertretenden Parlamentssprecher Nissim Vatzuri („Wir haben ein gemeinsames Ziel: den Gaza­streifen vom Erdboden tilgen“) bis zu einem ehemaligen Parlamentsabgeordneten, der am 25. Dezember 2023 sagte: „In Gaza sind sie alle Terroristen, Hundesöhne, ohne Ausnahme. Sie müssen ausgelöscht werden, alle getötet werden. Wir werden Gaza plattmachen, zu Staub verwandeln.“ Insgesamt, so Südafrika, begehe Israel „Akte des Völkermords am palästinensischen Volk in Gaza“ und habe „insbesondere seit dem 7. Oktober 2023 Genozid nicht verhindert und die direkte und öffentliche Anreizung zum Genozid nicht verfolgt“. Da Israel das anders sehe, müsse nun der IGH den Streitfall klären. (…) Präzedenzfall vor dem IGH, der Südafrikas Klage zugrunde liegt: Gambias Klage aus dem Jahr 2019 gegen Myanmar wegen Völkermordes an den Rohingya. Der IGH erließ 2020 aufgrund dieser Klage eine einstweilige Verfügung gegen Myanmar mit der Aufforderung, Brüche der Genfer Konventionen zu unterlassen, und stellte 2022 fest, es sei für die Klage tatsächlich zuständig. (…) Das Gericht hat mehrfach festgestellt, dass alle Unterzeichnerstaaten der Konvention Streitfälle geltend machen dürfen, nicht nur direkt Betroffene. (…) Das heißt auch: Jedes Land kann sich einschalten. Im Fall Myanmar hat das gerade Deutschland getan. Gemeinsam mit Kanada, Dänemark, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden übermittelte Deutschland am 15. November 2023 dem IGH eine „Joint Declaration of Intervention“ zur Unterstützung von Gambias Klage. (…) [Israel] boykottiert den IGH und weist den Vorwurf des Völkermords als „antisemitisch“ zurück. Die südafrikanischen Kläger betonen allerdings, es gehe erst mal gar nicht darum, einen Völkermord in Gaza festzustellen. Das Gericht solle bloß den Dissens zwischen Südafrika und Israel festhalten und eine einstweilige Verfügung gegen Israel erlassen, so wie gegen Myanmar. Dies, so die Hoffnung, könnte weitere Verfahren ermutigen – auch in Israel selbst.“ Artikel von Dominic Johnson vom 6. Januar 2024 in der taz online externer Link
    • Brüssels lautes Schweigen: Teile der belgischen Regierung liebäugeln damit, sich Südafrikas Klage gegen Israel anzuschließen. Das offenbart den tiefen Graben innerhalb der EU.
      „Offiziell will die EU mit dem Völkermord-Prozess gegen Israel nichts zu tun haben. „Wir kommentieren keine laufenden Verfahren“, sagte der Sprecher von EU-Chefdiplomat Josep Borrell in Brüssel. Doch hinter den Kulissen sorgt das Verfahren für erheblichen Wirbel. Denn die 27 EU-Staaten sind sich wieder einmal nicht einig – dabei wollen sie doch eigentlich das Völkerrecht hochhalten. (…) Besonders deutlich ist der Kontrast zwischen Belgien und Deutschland. Das kleine Königreich, das seit Jahresbeginn die EU-Ratspräsidentschaft innehat, und das größte EU-Land liegen bei der Beurteilung des Krieges in Gaza komplett über Kreuz. Israel habe das Recht zur Selbstverteidigung; von einer Vernichtungsabsicht könne keine Rede sein, heißt es in Berlin. Doch aus Brüssel kommen ganz andere Töne. „Es ist Zeit für Sanktionen gegen Israel, die Bombardierung von Gaza ist unmenschlich“, erklärte Vizepremierministerin Petra De Sutter schon im November. Kurz vor dem Prozess in Den Haag äußerte sich die Grünen-Politikerin noch deutlicher. „Wir müssen gegen die Drohung eines Völkermords vorgehen“, erklärte sie auf der Plattform X. Belgien solle sich Südafrikas Klage vor dem IGH anschließen. (…) Damit ist der Streit allerdings nicht beendet. Er dürfte sich sogar noch ausweiten. Denn Deutschland erwägt, sich im Hauptverfahren vor dem IGH einzuschalten – und für Israel Partei zu ergreifen. Damit dürfte der Graben zu Belgien noch größer werden – und das Schweigen des belgischen EU-Vorsitzes noch lauter.“ Kommentar von Eric Bonse vom 12. Januar 2024 in der taz online externer Link
    • Gaza-Krieg: Einigkeit, Unrecht und Freiheit: Zur Bedeutung der südafrikanischen Klage gegen Israel und der Haltung der Bundesregierung
      „Ende Dezember hat die Regierung Südafrikas vor dem höchsten UN-Gericht, dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, einen historischen Prozess angestoßen: Angesichts der katastrophalen Realität des israelischen Krieges gegen Gaza beantragte die Republik eine ganze Reihe rechtlich bindender, sogenannter „vorläufiger Maßnahmen“, um das Töten und Sterben zu beenden. Die israelische Regierung und das Militär verstoßen gegen Artikel des Übereinkommens zur Verhinderung und Bestrafung des Völkermordes, so die Anwältinnen und Repräsentanten Südafrikas. Das eröffnete Verfahren ist schon jetzt – unabhängig von seinem Ausgang – von historischer Tragweite. Südafrika, ehemals Schauplatz eines brutalen, rassistischen Apartheidsystems, verklagt einen der engsten Verbündeten der USA und der Bundesrepublik Deutschland. Ein Staat des globalen Südens klagt in gewisser Weise den Westen an. Die südafrikanische Initiative wird deshalb in den entsprechenden Regierungskreisen als Angriff auf die westliche Hegemonie verstanden. Sie selbst nehmen das internationale Recht höchst selektiv in Anspruch und drängen nur dann auf seine Durchsetzung gegen die Schurken dieser Welt, wenn diese aus dem globalen Süden kommen oder, wie im Fall Radovan Karadžićs, Slobodan Miloševićs oder Vladimir Putins, aus Osteuropa. Die deutsche Reaktion auf die gerichtlichen Anhörungen am 11. und 12. Januar ließ nicht lange auf sich warten: Kaum mehr als zwei Stunden, nachdem die israelische Seite ihr Plädoyer beendet hatte, verkündete die Bundesregierung, dass sie im Fall eines vollumfänglichen Verfahrens zugunsten Israels intervenieren werde. (…) „Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage.“ In ihrer Reaktion auf die Plädoyers hat die Bundesregierung nicht nur versucht, die Entscheidung des IGH über die Notwendigkeit eines Verfahrens vorweg zu nehmen, sondern zudem den schweren Vorwurf des Missbrauchs der Genozid-Konvention gegen die südafrikanische Regierung erhoben: „Diese Konvention ist ein zentrales Instrument des Völkerrechts, um das ‚nie wieder‘ umzusetzen. Einer politischen Instrumentalisierung treten wir entschieden entgegen.“ ‚Nie wieder‘ ist also nicht jetzt? Oder nicht, wenn es um Israel geht? Im Fall Myanmars und Russlands hat sich Deutschland – bei aller Unterschiedlichkeit der Fälle – hinter solche Untersuchungen und Verfahren gestellt. Überzeugen kann die deutsche Intervention zugunsten Israels jedenfalls nicht, Staatsräson hin oder her. Namibia, wo deutsche Kolonialtruppen den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts gegen die Herero und Nama verübten, hat die Erklärung aus Berlin deutlich verurteilt. (…) Man mag vom Vorwurf des „Völkermords“ juristisch und politisch halten, was man will: Ein Verdienst des Verfahrens ist es, dass Israel offiziell vor einem ordentlichen Gericht Stellung zu den Vorwürfen der 84-seitigen, gründlich recherchierten Eingabe Südafrikas nehmen musste. Dass Israel sich den Vorwürfen in einem Gerichtssaal stellen und der Darstellung der Gegenseite mehrere Stunden lang zuhören musste, war ein Novum. Die deutsche Reaktion darauf ist zwar skandalös, überraschen kann sie allerdings nicht. Sie steht in der Kontinuität früherer Interventionen gegen die Aufnahme völkerstrafrechtlicher Ermittlungen durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), der ebenfalls in Den Haag ansässig ist, gegen palästinensische Militante und israelische Streitkräfte wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen. Noch nachdem die Vorverfahrenskammer des IStGH 2021 festgestellt hatte, dass der Gerichtshof – entgegen der israelischen und der deutschen Darstellung – sehr wohl Jurisdiktion in den besetzten palästinensischen Gebieten hat, erhob die Bundesregierung öffentlich Widerspruch. Damit fügte sie einem Organ der internationalen Strafverfolgung erheblichen politischen Schaden zu. Ein Versehen war das nicht. (…) Das Problem der Bundesregierung scheint (…) nicht in erster Linie darin zu bestehen, ob der Begriff des Völkermords für die derzeit verübten israelischen Verbrechen in Gaza angemessen ist, sondern darin, dass Israels Regierung sich überhaupt für seine Taten verantworten muss und im Zweifel für begangene Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. Anders lassen sich die deutschen Reaktionen auf den IGH-Fall oder die Ermittlungen des IStGH nicht deuten. (…) Dabei sind die Verbrechen im Sinne des internationalen Rechts und die Notwendigkeit ihrer juristischen Verfolgung augenfällig. Fast 90 Prozent der geschätzt 2,3 Millionen Bewohner:innen Gazas wurden in den letzten drei Monaten zur Flucht gezwungen, etwa 24.000 Menschen getötet und über 60.000 verletzt. Tausende liegen noch unter den Trümmern ihrer Häuser oder der Zufluchtsorte, die sie zu Unrecht für sicherer hielten, begraben…“ Beitrag von Riad Othman vom 17. Januar 2024 bei medico international externer Link
    • Uno-Klage zum Krieg in Gaza: «Die ernsthafte Gefahr eines Völkermords besteht»
      William Schabas, ein renommierter Professor für Völkerrecht, setzt sich seit Jahrzehnten mit der Frage auseinander, was ein Genozid ist. Im Gespräch ordnet er die aktuellen Völkermordvorwürfe Südafrikas gegenüber Israel ein. (…)
      Ich denke, Südafrika hat sehr gut und überzeugend umgesetzt, was es in dieser Phase des Verfahrens zu tun hatte. Es ist wichtig zu verstehen, was genau am letzten Donnerstag und Freitag in Den Haag auf dem Spiel stand: Die Anhörungen waren keine Debatte darüber, ob in Gaza ein Völkermord stattgefunden hat. Es ging erst mal lediglich um den Antrag Südafrikas, der sofortige, vorübergehende Massnahmen zum Schutz der Rechte der Palästinenser:innen fordert, solange der Fall vor Gericht verhandelt wird. Etwa die sofortige Aussetzung der israelischen Militäroperationen im Gazastreifen. Um mit dem Antrag erfolgreich zu sein, muss Südafrika alleinig nachweisen, dass seine Argumentation plausibel ist. Und das hat es meiner Meinung nach sehr effektiv getan. (…) Innerhalb der nächsten zwei, drei Wochen dürfte ein Entscheid über die vorläufigen Massnahmen gefällt werden. Nach diesem Entscheid geht es um die Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts. Hier kann Israel Einspruch erheben und sagen, dieser Fall gehöre gar nicht vor den IGH. Erst wenn der IGH die Zuständigkeit geprüft hat und diese als gegeben sieht, folgt die Prüfung des eigentlichen Sachverhalts. Dann muss Südafrika nachweisen, dass Israel verschiedene Verbrechen begangen hat, in der Absicht, das palästinensische Volk zu zerstören und es physisch zu vernichten. (…) Wenn die begründete Vermutung vorliegt, dass Israel nicht beabsichtigt hat, die Palästinenser:innen physisch zu vernichten, sondern sie aus dem Gazastreifen zu vertreiben, kann der Fall auf dieser Grundlage abgewiesen werden. Allerdings entwickelt sich das Recht, das sich mit Genozid befasst, auch ständig weiter. Ich bin ziemlich sicher, dass Südafrika in Bezug auf die vorläufigen Massnahmen gewinnen wird – aber nicht, dass es in vier oder fünf Jahren in der Hauptsache gewinnen wird. (…) Es ist aktuell eine Klage der Menschenrechtsorganisation Centre for Constitutional Rights gegen US-Präsident Joe Biden und andere in Bezug auf die Pflicht zur Verhinderung von Völkermord hängig. Ich habe eine Erklärung in diesem Gerichtsverfahren abgegeben, das Ende des Monats verhandelt wird. Ich stützte mich in meiner Erklärung, die ich bereits im Oktober verfasst habe, auf die Aussagen, dass Israel den Gazastreifen im Grunde belagere und ihm Lebensmittel, Medikamente, Trinkwasser und Strom verweigere. Ich sagte, dass dies allein schon ausreiche, um die ernsthafte Gefahr eines Völkermordes anzudeuten. Meiner Ansicht nach ist diese Gefahr nochmals grösser geworden. (…) Man kann die Hamas nicht besiegen, indem man Kinder tötet und Häuser von Zivilist:innen zerbombt. Wenn ich den Verlauf des Konflikts in den letzten drei Monaten beobachte, komme ich zu dem Schluss, dass das eigentliche Ziel Israels die Zivilbevölkerung in Gaza ist. Und ich denke, das verstärkt die Beweise, dass die ernsthafte Gefahr eines Völkermordes besteht
      …“ Interview von Jan Jirát und Merièm Strupler in der WoZ vom 18. Januar 2024 externer Link – William Schabas (74) ist ein irisch-kanadischer Professor für Völkerrecht an der Middlesex University in London und international anerkannter Experte für Menschenrechte.
  • Gegen die Logik der Gewalt: Der „Krieg gegen die Hamas“ ist längst zu einem Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung geworden. Wo soll das alles enden?
    „In zwei Monaten Krieg ist Gaza unter den Augen der Weltöffentlichkeit und mit politischer Unterstützung der Bundesregierung zu einem Massengrab geworden. Die Enklave, eine der am dichtesten besiedelten Regionen der Welt, ist schon jetzt in weiten Teilen ein bis auf weiteres unbewohnbares Trümmerfeld. Während mittlerweile über 17.000 Palästinenser:innen getötet und unzählige verletzt worden sind, wurde auch die Lebensgrundlage von zwei Millionen Menschen zerstört. Zerstört wurden nicht in erster Linie die Hamas-Tunnel, sondern die gesamte Infrastruktur von Krankenhäusern bis Universitäten und mit der Zerstörung von Archiven, Bibliotheken, Moscheen und Kirchen das kulturelle Gedächtnis der Bewohner:innen von Gaza. Seit zwei Monaten fast ununterbrochener Bombenangriffe durchleben die Menschen Todesangst und Hoffnungslosigkeit. Es gibt kaum Worte, die das menschliche Leid, das die etwa zwei Millionen Bewohner:innen Gazas ertragen müssen, beschreiben können. Der „Krieg gegen die Hamas“, wie es vielfach beschönigend heißt, ist längst zu einem Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung geworden. Nach einem kurzen Hoffnungsfenster endete am 30. November die von Israel und Hamas vereinbarte Feuerpause. Noch am selben Tag erreichte Hunderttausende Menschen im südlichen Gazastreifen eine erneute Order der israelischen Armee zur Zwangsevakuierung. Ganze Kolonnen verzweifelter Menschen setzten sich in Richtung der bereits überfüllten Gebiete nahe der ägyptischen Grenze in Bewegung. Schon vor dem neuerlichen israelischen Befehl galten 80 Prozent der Bevölkerung Gazas als Binnenvertriebene. (…) Mit Blick auf den Angriff der Hamas und die israelische Reaktion hierauf sprach der Philosoph Omri Boehm kürzlich von einer Logik der Entmenschlichung. Sie „kennt bloß ein Ziel: Es wird nur ein Volk bleiben. Die einen oder die anderen. Diese Logik ist Teil der Logik eines totalen Krieges.“ In der Asymmetrie des israelisch-palästinensischen Konflikts besitzt Israel die Möglichkeit, diese Logik weiter zu treiben und auszureizen. Auch deswegen muss sie durchbrochen werden. Dazu beizutragen, ist eine mittlerweile historische Aufgabe der wichtigsten Verbündeten Israels. Dazu zählt auch Deutschland, das sich aufgrund seiner Geschichte nahezu bedingungslos der israelischen Sicherheit verpflichtet fühlt. Dass die Bundesregierung sich gegen einen Waffenstillstand positioniert und stattdessen eine rechte bis rechtsradikale israelische Regierung in ihrer völkerrechtswidrigen Politik der schonungslosen Kollektivbestrafung der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen unterstützt, birgt jedoch keinerlei friedliche Perspektive – auch nicht für Israelis. „Man wird uns hassen, und zwar zu Recht“, schrieb dieser Tage Gideon Levy, Redakteur der israelischen Haaretz. Nicht nur die Sicherheit der Palästinenser:innen, sondern auch die der Israelis wird durch die deutsche Politik untergraben. Eine Politik, die vor allen Dingen von dem einen Wunsch geleitet zu sein scheint, sich durch die bedingungslose Unterstützung einer umstrittenen israelischen Regierung von der eigenen Geschichte zu befreien. (…) Hoffnung brauchen aber auch die Überlebenden der Angriffe vom 7. Oktober in Israel, die Familien und Freund:innen der Ermordeten, und nicht zuletzt die noch immer in Gaza festgehaltenen Geiseln. Die Demonstrationen ihrer Angehörigen, die Versammlungen von Israelis und Palästinenser:innen für Frieden spielen in der öffentlichen Wahrnehmung hierzulande kaum eine Rolle. Doch ihnen, den israelischen wie den palästinensischen Opfern von Krieg, Gewalt und Terror und den Menschen, die an ihrer Seite für Frieden stehen, sollte unsere Solidarität gelten. Sie müssen der Bezugspunkt unserer Perspektiven auf Israel und Palästina sein, nicht die Regierenden und ihr Interesse an der Aufrechterhaltung von Feindbildern und Kriegszuständen.“ Stellungnahme und Aufruf von medico international vom 10. Dezember 2023 externer Link und dazu wichtig:

    • medico-Spendenaufruf: Nothilfe für Gaza
      Über 18.000 Tote, Millionen Vertriebene, der Gazastreifen in weiten Teilen unbewohnbar. medico-Partner:innen leisten unter unmöglichen Bedingungen Nothilfe. (…) Die Menschen haben weniger als zwei Liter Trinkwasser pro Tag und Person zur Verfügung. Zwischen 83 Prozent der Menschen im Süden und 97 Prozent im Norden Gazas haben nur unzureichenden Zugang zu Nahrung. Sie hungern. Von allen Krankenhäusern sind überhaupt nur noch ein Drittel überhaupt in der Lage, sich um Patient:innen zu kümmern, in der Regel ohne ausreichende Medikamente, Schmerz- oder Betäubungsmittel. Über 325.000 Menschen haben ansteckende Infektionen, darunter fast 100.000 Fälle von Durchfall, 133.000 Atemwegserkrankungen und erste Fälle von Hepatitis.
      Nothilfe unter Bomben
      Dringend benötigte Güter, Medikamente und Lebensmittel gelangen aufgrund der Abriegelung durch die israelische Armee nicht oder kaum nach Gaza. In sieben Tagen Feuerpause erreichte die dringend ersehnte Nahrungsmittelhilfe weniger als 20 Prozent der Bevölkerung, die schon vor dem Krieg zu rund 80 Prozent zumindest in Teilen auf humanitäre Hilfe angewiesen war…“ Dringender Spendenaufruf externer Link für das Spendenkonto:
      medico international e.V.
      IBAN: DE69 4306 0967 1018 8350 02
      BIC: GENODEM1GLS
      GLS Bank
      Spendenstichwort: Nothilfe Gaza
  • Den Horror in Gaza beenden. Israel wird durch die Verbrechen der Hamas nicht seiner eigenen völkerrechtlichen Verantwortung entbunden. Der Krieg muss enden.
    medico international arbeitet seit Jahrzehnten mit Partnerorganisationen in Israel und Palästina. Wir haben in dieser langen Zeit unserer Zusammenarbeit, die meist mit politischen Minderheiten im jeweiligen Kontext stattfand, vieles versucht. Vieles ist gescheitert oder halb geglückt. Wir standen dabei immer auf der Seite der Unterdrückten und gleichzeitig auf der Seite der Idee von Verständigung und der Suche nach einer nicht-nationalistischen Perspektive.
    Trotz dieser Erfahrungen mit politischer Gewalt und der Gewöhnung an Rückschläge und Niederlagen, die zuallererst die Realität unserer Partner:innen ist, stellt alles, was seit dem 7. Oktober geschehen ist, die herkömmlichen Strategien, Gewissheiten und Sicherheiten in Frage. Wir hören Horrorgeschichten von Tod, Gewalt und Verzweiflung, die kaum auszuhalten sind, obwohl wir sie nicht selbst durchleben müssen.
    Wir stehen auch heute an der Seite unserer Partner:innen in Israel und Palästina, so gut, wie das gerade möglich ist. Und es ist nicht gut möglich. Denn sie sind verzweifelt, am Ende und todtraurig. Sie sind umgeben von Angst und Tod. (…) Und deshalb sprechen wir jetzt und heute von Gaza, von dem die ganze Zeit gesprochen wird und über dem dennoch ein unerträgliches Schweigen liegt. Und wir sprechen mit Dringlichkeit, denn der Horror von Gaza findet jetzt statt. Er ist kein Ereignis der Vergangenheit, er ist ein Geschehen. Und er muss aufhören. Sofort. Fast alle Argumente, die vor zwei, drei, vier Wochen vielleicht noch überzeugend waren oder klangen, sind es heute nicht mehr. Israels Armee ist außer Kontrolle, außerhalb der Verhältnismäßigkeit und außerhalb völkerrechtlicher und wertegeleiteter Bahnen. Die Menschen in Gaza durchleben seit Wochen die blanke Hölle und kein Tunnel unter ihnen rechtfertigt die Fortsetzung dieses Albtraums. Seit dem 7. Oktober finden flächendeckende Angriffe auf alle Teile Gazas statt, die etwa die Hälfte aller Wohnhäuser beschädigt, zerstört oder bis auf weiteres unbewohnbar gemacht haben. 1,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht, so viele wie noch nie in Palästina. Sichere Zufluchtsorte gibt es nicht, bombardiert wird überall. Ganze Familien werden durch Luftangriffe ausgelöscht. (…) Die Debatten in Deutschland der letzten Wochen haben für viele scheinbar zum Ergebnis, dass Israels Armee bedingungslos unterstützt werden muss und dass sie eine vertrauenswürdige Kraft des Guten ist. Dieser Glaube scheint weiterhin größer zu sein, als die Fakten und Zeugnisse von vor Ort, die bei aller gebotenen Vorsicht gegenüber den zur Verfügung stehenden Quellen ein eindeutiges Bild unbestreitbaren Grauens zeichnen. Doch Deutschland führt nicht nur eine Debatte. Die deutsche Bundesregierung ist ein politischer Akteur und trägt Verantwortung. (…)
    Dem völkerrechtswidrigen Handeln muss schnellstmöglich ein Ende gesetzt werden. Die Bundesregierung muss, gemeinsam mit anderen Staaten, dringend entprechenden Druck auf die Kriegsparteien ausüben, um ihrer völkerrechtlichen Verantwortung zur Verhütung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nachzukommen. Sie sollte weiter die wichtige Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs unterstützen und dem Chefankläger jede erforderliche Hilfe anbieten, um weitere Massengräueltaten zu verhindern und diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, bei denen der Verdacht auf Beteiligung an Straftaten unter dem Römischen Statut oder Verantwortung für solche besteht. Ein politischer Horizont ist notwendig. Es ist an der Zeit, mit den Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan eine politische Perspektive zu entwickeln. Nur so kann Sicherheit jenseits der militärischen Macht geschaffen werden. Rechte und Sicherheit wird es entweder für alle geben, oder aber für niemanden.“ Erklärung von medico international am 10. November 2023 externer Link
  • Der Brief, der uns empört
    Dutzende israelische Ärzt:innen unterzeichneten einen Brief, der das Militär auffordert, „Hornissennester und die sie schützenden Krankenhäuser“ im Gazastreifen zu zerstören. medico-Partner antworten.
    Die Verfasser:innen des Briefes betrachten die Zivilist:innen in diesen Krankenhäusern als legitime Ziele – als ob diese sich entscheiden könnten, das Krankenhaus zu verlassen; als ob es einen sicheren Weg aus Gaza gäbe und als ob andere Krankenhäuser sie aufnehmen könnten. In Reaktion auf diesen Brief haben wir nachstehende Antwort verfasst, die von Ärzt:innen und Gesundheitsarbeiter:innen aus Krankenhäusern und Basisgesundheitseinrichtungen unterzeichnet wurde:
    Von Physicians for Human Rights – Israel
    Als Ärzt:innen und Gesundheitsfachkräfte, die in Krankenhäusern und der Community arbeiten, sind wir zurzeit täglich mit den Belastungen durch den Krieg in Gaza konfrontiert. Dazu gehören auch die körperlichen und psychischen Verletzungen, vermisste Kolleg:innen und andere, die selbst schwere Traumata erlitten haben, deren Familienangehörige und Freund:innen ermordet und entführt wurden. Was uns selbst in diesen schwierigen und schrecklichen Tagen weiter machen lässt, ist die oberste Mission, Leben zu retten und zu versuchen, Zivilist:innen sowie medizinische Einrichtungen aus dem Konflikt herauszuhalten. Daher halten wir es für notwendig, den Brief einiger Ärzt:innen zu thematisieren, in dem die Zerstörung des Shifa-Krankenhauses gefordert wird.
    Kein gewissenshafter Menschen kann angesichts des Massakers an Zivilist:innen, an Männern, Frauen und Kindern vom 7. Oktober 2023 durch die Hamas-Kämpfer gleichgültig bleiben. Sein Ausmaß ist noch immer nicht vollständig abschätzbar. Dennoch darf dieser tiefe Schock nicht zu einem Freifahrtschein zur Tötung von Zivilist:innen im Gazastreifen werden, wo es genauso Tote und Verwundete gibt. Schon gar nicht, wenn ein solcher Freifahrtschein von Ärzt:innen ausgestellt wird. Glücklicherweise ist das nur eine Minderheit der Gesundheitscommunity. Die überwiegende Mehrheit rettet Menschenleben, wo immer es geht.
    Die Ärzt:innen, die den Brief unterzeichnet haben, wenden sich mit ihrer Vernichtungsrhetorik nicht nur gegen Hamas-Kämpfer, sondern auch gegen Männer, Frauen und Kinder, die sich in den Gebäuden aufhalten, in denen sich die Hamas angeblich versteckt, selbst wenn es sich hierbei um Krankenhäuser handelt. Ja, die Hamas trägt eine große Verantwortung dafür, dass sie sich hinter Zivilist:innen versteckt und in einigen Fällen sogar von diesen Orten aus kämpft. Doch die Ärzt:innen, die den Brief unterzeichnet haben, gehen nicht einmal auf die Mindestanforderung des internationalen Rechts ein, nicht nur Warnungen auszusprechen, sondern alle Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung zu verringern, wenn auf Bedrohungen aus Krankenhäusern reagiert wird. Sie fordern deutlich und unverhohlen nichts weniger als die Zerstörung des Krankenhauses
    …“ deutsche Übersetzung am 6. November 2023 bei medico externer Link eines Beitrags auf Englisch externer Link und Hebräisch externer Link auf der Seite von PHR-I
  • Ukrainischer Solidaritätsbrief mit der palästinensischen Bevölkerung
    Wir, ukrainische Wissenschaftler:innen, Künstler:innen, politische sowie gewerkschaftliche Aktivist:innen und Mitglieder der Zivilgesellschaft, sind solidarisch mit der palästinensischen Bevölkerung, die seit 75 Jahren der israelischen militärischen Besatzung, der Separation, der kolonialen Siedlergewalt, der ethnischen Säuberung, der Landenteignung und der Apartheid ausgesetzt ist und Widerstand leistet. Wir schreiben diesen Brief als Menschen für Menschen. Der vorherrschende Diskurs auf Regierungsebene und sogar unter Solidaritätsgruppen, die die Kämpfe von Ukrainer:innen und Palästinenser:innen unterstützen, führt oft zu einer Trennung. Mit diesem Brief lehnen wir diese Spaltungen ab und bekräftigen unsere Solidarität mit allen, die unterdrückt werden und für Freiheit kämpfen. Kollektivstrafen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung sind kein Mittel zur Zerschlagung der Hamas…“ Brief von Ukraine-Palestine Solidarity Group in dt. Übersetzung am 6. November 2023 bei sozialismus.ch externer Link
  • Dringender Aufruf an die internationale Gemeinschaft – Stoppen Sie die Zwangsumsiedlungen im Westjordanland
    30 Menschenrechts- und Zivilgesellschafts-NGOs in Israel veröffentlichen am 29.10.2023 bei B’Tselem externer Link – The Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories – eine Erklärung, in der sie die internationale Gemeinschaft auffordern, gegen das beispiellose Ausmaß der staatlich unterstützten Siedlergewalt im Westjordanland vorzugehen: Emergency call to the international community – stop the forcible transfer in the West Bank
  • Offener Brief der IPPNW an UN-Generalsekretär Guterres: Humanität wahren, internationales Recht achten, Waffenstillstand jetzt!
    Nach der gestrigen Abstimmung in der UN-Vollversammlung und der Intensivierung der Bombardierung Gazas haben die internationalen Co-Präsident*innen der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW, Dr. Carlos Umana, Dr. Kati Juva, Assoc. Prof. Olga Mironova und David Onazi, einen Brief an den UN-Generalsekretär geschrieben. In dem offenen Brief externer Link bekunden sie ihre Unterstützung für dessen Bemühungen um Frieden in Gaza. In einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat am 13. Oktober hatte Guterres die “entsetzlichen Angriffe” der Hamas gegen Israel verurteilt und betont, dass diese keinerlei Rechtfertigung für eine kollektive Bestrafung der palästinensischen Bevölkerung bieten. In dem englischsprachigen Unterstützungsschreiben heißt es: “Vor allem möchten wir uns mit allen solidarisieren, die wie Sie an der Seite der Menschen stehen, die unter den schrecklichen Folgen von Kriegen leiden, wie auch immer diese zustande gekommen sind. Als Ärzt*innen ist es unsere Pflicht, keinen Schaden anzurichten. Das humanitäre Völkerrecht, das durch die Arbeit einer medizinischen Organisation – des Roten Kreuzes – entstanden ist, bezieht diesen Grundsatz ausdrücklich auch auf das Handeln unter Kriegsbedingungen.“ Die IPPNW begrüßt ausdrücklich die gestern in New York verabschiedete Resolution der UN-Generalversammlung für eine humanitäre Waffenruhe in Gaza. Die ärztliche Friedensorganisation ruft zum sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen und in Israel auf. Sie unterstützt die Petition „Ceasefire Nowexterner Link, die bis jetzt über eine halbe Millionen Unterschriften hat…“ IPPNW-Pressemitteilung vom 28. Oktober 2023 externer Link
  • Für eine sofortige Waffenruhe und die Freilassung aller Geiseln – Gesundheits- und humanitäre Organisationen melden sich zu Wort
    „… Angesichts der sich zuspitzenden humanitären Krise und der beispiellosen Eskalation fordern die unterzeichnenden humanitären und Gesundheitsorganisationen einen sofortigen Waffenstillstand und den Zugang von Hilfsgütern in den Gazastreifen, sowie die sofortige Freilassung der zivilen Geiseln. (…) Wir weisen darauf hin, dass die derzeitige humanitäre Krise im Gazastreifen vor dem Hintergrund einer seit 16 Jahren andauernden Blockade mit anhaltenden negativen Folgen für die Gesundheitsinfrastruktur zu sehen ist, und dass die Öffnung des Grenzübergangs Rafah zwar notwendig ist, angesichts des Ernstes der humanitären Lage aber nur geringe Auswirkungen haben wird.
    Aus unserer Sicht als humanitäre und Gesundheitsorganisationen, die die Auswirkungen der Verwüstung aus erster Hand kennen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft eingreift, um den vollständigen Schutz der Zivilbevölkerung in Israel und Gaza zu gewährleisten und auf einen sofortigen Waffenstillstand zu drängen. Wir bitten die internationale Gemeinschaft außerdem um Folgendes:
    –    Die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen israelischen und ausländischen Geiseln sicherzustellen.
    –    Den sofortigen und raschen Zugang zu lebenswichtigen humanitären Gütern, einschließlich Strom, Wasser, Treibstoff und medizinischer Versorgung zu gewährleisten, auch durch die Einrichtung eines humanitären Korridors durch alle Beteiligten.
    –    Israel soll, solange Evakuierungsbefehle nicht sicher ausgeführt werden können, keine Evakuierungsbefehle für Krankenhäuser ausstellen.
     –   Gewährleistung des Schutzes für medizinische Teams und Gesundheitseinrichtungen.
     –   Sofortige Erleichterung medizinischer Evakuierungen von Verletzten und Patient:innen nach Ägypten, ins Westjordanland oder nach Israel.
     –   Aufforderung an alle Konfliktparteien, das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte zu achten
    .“ Aufruf veröffentlicht am 27. Oktober 2023 bei medico international externer Link
  • Spendenaufruf Israel/Palästina: Menschlichkeit bewahren
    Auch in der größten Verzweiflung tun unsere Partner:innen in Gaza und in Israel ihr Möglichstes, um Leid zu lindern, Kranke und Verletzte zu versorgen und Überlebende zu unterstützen. (…) Allen gemein ist die Sorge um den weiteren Verlauf der militärischen Eskalation und die fortschreitende Entmenschlichung. Und auch in dieser Situation größter Verzweiflung tun unsere Partnerorganisationen in Gaza und in Israel ihr Möglichstes, um Leid zu lindern, Kranke und Verletzte zu versorgen und Überlebende zu unterstützen. Was können Sie in dieser Situation tun? Sie können entmenschlichenden Diskursen hierzulande entgegentreten, Antisemitismus und Rassismus zurückweisen. Und natürlich können Sie die Arbeit unserer Partnerorganisationen in Israel und Palästina auch mit einer Spende unterstützen. “ Spendenaufruf bei medico international externer Link
  • Aufruf: Stoppt den Angriff auf Gaza!
    „… Wir erklären: Wir stehen an der Seite der arbeitenden Bevölkerung auf beiden Seiten, die um ihr Leben, ihre Sicherheit oder ihre Angehörigen bangen. Unsere Gedanken sind bei ihnen. Der Angriff der Hamas ist Terror gegen Zivilist*innen, den wir entschieden ablehnen. Diesen Terror isoliert und kontextfrei zu diskutieren greift aber viel zu kurz und vernachlässigt wesentliche Ursachen des Krieges in Palästina/Israel. Die tiefere Ursache für solche Ereignisse und selbst für die Existenz von Organisationen wie der arbeiter*innen- und frauenfeindlichen Hamas liegt in der jahrzehntelangen Besatzung und Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung durch den Staat Israel bzw. die Abriegelung und Belagerung des Gaza Streifens seit 2006. Die Reaktion des Staats Israel – die völlige Abschottung des Gaza-Streifens, die Bombardierung und der zu erwartende Einmarsch der israelischen Armee – führt zu unendlichem Leid der palästinensischen Bevölkerung, zu tausenden Toten, Vertreibung und der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage. Wir fordern ein sofortiges Ende dieser Angriffe und der Waffenlieferungen an Israel. Wir wenden uns gegen Antisemitismus und gegen antimuslimischen und anti-palästinensischen Rassismus. Wir fordern Meinungs- und Demonstrationsfreiheit…“ Aufruf von 52 GewerkschafterInnen und Mitgliedern der Partei Die Linke externer Link zum Mitzeichnen auf der Aktionsseite mit weiterem Material
  • Friedensappell jetzt unterzeichnen: Für ein Ende der Gewalt in Israel und Palästina!
    Menschen in Israel wurden jüngst von der Hamas brutal angegriffen. Ihnen gilt unsere Solidarität und unser Mitgefühl. Nichts rechtfertigt diese Gewalt. Jüdische Menschen auf der ganzen Welt und auch in Deutschland erleben momentan verstärkt Antisemitismus. Dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen! Das Massaker kann nicht als Rechtfertigung für weitere Kriegsverbrechen dienen, welche gerade in Gaza verübt werden, wie beispielsweise die Bombardierung ziviler Infrastruktur. Alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sind an völkerrechtliche Abkommen gebunden. Die palästinensische Zivilbevölkerung darf nicht kollektiv bestraft werden. Ihnen gilt unsere Solidarität und unser Mitgefühl. Antimuslimischer Rassismus nimmt weltweit und auch in Deutschland zu. Auch dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen! Gewalt kann nicht mit Gewalt bekämpft werden. Zivilist*innen in Israel und Palästina, darunter viele Kinder, zahlen den höchsten Preis…“ Friedensappell beim Netzwerk Friedenskooperative externer Link
  • Wir wissen nicht, ob sie tot oder lebendig sind“: Die vermissten palästinensischen Arbeiter
    Tausenden von palästinensischen Arbeitern aus dem Gazastreifen wurde von den israelischen Behörden die Arbeitserlaubnis entzogen. Einige werden vermisst, andere wurden inhaftiert – und verzweifelte Familien suchen nach Antworten…“ engl. Artikel von Taj Ali vom 23.10.2023 in Tribune online externer Link („‘We Don’t Know if They Are Dead or Alive’: The Missing Palestinian Workers“, maschinenübersetzt)
  • „Grenzen öffnen für Menschen! Grenzen schliessen für jegliche Waffen!“. Der Text von einigen Linken und Anarchist*ischen Diaspora Aktivist*innen aus dem Nahen Osten und jüdischen Menschen geschrieben
    Seit Jahrzehnten wiederholt sich der eskalierende Konflikt im Gebiet von Israel und Palästina. Seit dem 7. Oktober 2023 gab es nach neuen Eskalation durch einen Angriff der Hamas und Gegenschlägen von Israel, wieder viele tausend Tote, Verwundete, Gefolterte und Gefangene. Das ist nur der Gipfel des Alptraums, unter dem die palästinensische und die israelische Zivilgesellschaft seit Jahren leidet.
    Wir verurteilen zutiefst die brutalen Verbrechen der Hamas gegen die israelische Zivilbevölkerung und distanzieren uns von der Hamas, die die Freiheit der Palästinenser*innen für ihre politischen, antisemitischen und religiösen Zwecke benutzt. Ebenso verurteilen wir die Verbrechen der hochgerüsteten militärischen Angriffe des Staates Israel auf die palästinensische Zivilbevölkerung. (…)
    Unsere Vorbilder sind Kämpfe von Jüd*innen und anderen Israelis, die in Israel auf die Straße gehen, die gegen den kapitalistischen Krieg, gegen Besatzung, gegen Wehrdienst und gegen Rassismus und Sexismus sind. Unser Vorbild ist eine internationalistische Linke und Anarchist*innen, welche mühsam für eine Welt ohne Ausbeutung, ohne Klasse und ohne Vaterland kämpft. Sie hat kein Vaterland und Nationen, in dessen nationalistischer Ideologie sie sich verlieren könnte. Wir unterstützen die israelische Antikriegsbewegung, insbesondere die Kriegsdienstverweiger*innen der israelischen Armee und die Soldat*innen, welche Einsätze in den besetzten Gebieten ablehnen. Gerade jetzt wo der israelische Verteidigungsminister Gallant Reservist*innen zu Militär und Krieg gegen Palästinenser*innen schicken will. Wir solidarisieren uns mit dem gemeinsamen Kampf der Jüd*innen und Palästinenser*innen für bezahlbaren Wohnraum, für gleiche Rechte. Wir unterstützen insbesondere oppositionelle israelische und palästinensische Menschen und Gruppen, die eine Zusammenarbeit und Gleichberechtigung aller Bevölkerungsteile anstreben, gegen eine rassistische Siedlungspolitik und gegen Zwangsräumung sind und sich von herrschenden, nationalistischen Diskursen distanzieren. Wir solidarisieren uns mit Palästinenser*innen, die seit Jahren Teil von Verständigungsprojekten sind und gegen Antisemitismus in Palästina und Israel kämpfen. (…)
    Liebe emanzipatorische und antiautoritäre Freiheitskämpfer*innen in Palästina und Israel! Euch sagen wir: Euer Kampf ist unser Kampf und wir wollen gemeinsam jeglichen Chauvinismus bekämpfen! Für eine klassenlose Gesellschaft, frei von Ausbeutung, Kolonialismus, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Unterdrückung! Für eine Welt ohne Nationalstaaten und Autoritäten und der Gewalt die sie uns auferzwingen! Angesicht der Abschottung der Grenzen des Gaza-Streifens Richtung Israel und Ägypten wurden schon vor dem Krieg menschenwürdige Lebensbedingungen für die Bevölkerung verunmöglicht und sie konnten nirgendwo hin fliehen. Daher gilt die Hauptforderug: Grenzen öffnen für Menschen! Grenzen schliessen für jegliche Waffen!..
    .“ Stellungnahme dokumentiert am 19.10. 2023 in barrikade.info externer Link (dt. und engl.)
  • [Petition] #CeasefireNow: Offener Aufruf zu einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen und in Israel
    engl. Petition von Ceasefire Now vom 18. Oktober 2023 bei change.org externer Link („#CeasefireNow: Open Call for an Immediate Ceasefire in the Gaza Strip and Israel“)
  • Offener Aufruf zu einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen und in Israel, um eine humanitäre Katastrophe und den Verlust weiterer unschuldiger Menschenleben zu verhindern
    engl. Aufruf von Crisis Action vom 18.10.2023 externer Link („Open Call for an Immediate Ceasefire in the Gaza Strip and Israel to Prevent a Humanitarian Catastrophe and Further Loss of Innocent Lives“)
  • [Petition] Europa, äußere dich gegen Kriegsverbrechen
    Die Zivilbevölkerung zahlt den Preis für eine beispiellose Eskalation der Gewalt. Die Staats- und Regierungschefs der EU dürfen nicht länger schweigen. Fordern Sie sie auf, die Bombardierung von Zivilist*innen in Gaza zu verurteilen…“ Petition bei wemove.eu externer Link an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen; die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola; die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten
  • [Petition] Israel/Palästina — Beendet das Blutvergießen der Kinder
    Hunderttausende Menschen in Gaza sind völlig traumatisiert, suchen in den Trümmern nach ihren Angehörigen und bergen immer mehr leblose kleine Körper. Genauso schmerzen mich die Schreie der Familien in Israel, die die Gräueltaten der Hamas erleben mussten. Und es wird nur noch schlimmer werden. Hunderttausenden Kindern in Gaza bleiben nur wenige Stunden, um ihre Häuser zu verlassen… sonst sehen sie dem Tod entgegen. Um diese abscheuliche Gewalt gegen Kinder zu beenden, brauchen wir ein Abkommen, das bewirkt, dass die Hamas die Kinder und Familien befreit, die sie als Geiseln hält. Zugleich muss sichergestellt werden, dass Israel die palästinensischen Kinder freilässt, die derzeit in israelischer Haft sind, und seine militärischen Angriffe auf Schulen und Orte mit zahlreichen Kindern einstellt. Unsere Bewegung kann mithelfen, ein solches Abkommen möglich zu machen und die Kriegsmaschinerie zu stoppen…“ Petition von Avaaz.org externer Link an US-Präsident Biden, Katars Scheich Tamim Bin Hamad, den türkischen Präsidenten Erdogan, Bundeskanzler Scholz und führende Politiker*innen weltweit
  • Deutscher Blick auf Israel und Palästina: Ungeteiltes Mitgefühl
    Ist palästinensisches Leid weniger wert als anderes? Die deutsche Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Palästinenser:innen ist beängstigend. (…)
    Man muss das als Terror bezeichnen, denn er verbreitet Angst und Schrecken, und Massaker an Zivilisten sind ein Kriegsverbrechen. Auch wer der Meinung ist, Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen hätten das Recht, Widerstand zu leisten gegen ihre andauernde Unterdrückung, muss das anerkennen. Denn auch für Widerstand gelten die Regeln des Völkerrechts. An Regeln halten müssen sich aber auch jene, die auf solchen Terror reagieren müssen. Regierungen müssen dabei die Verhältnismäßigkeit wahren. Zweifel sind angebracht, dass die israelische Regierung sich daran hält. Keine zwei Tage nach dem Angriff der Hamas kündigte der israelische Verteidigungsministers Joaw Galant eine vollständige Blockade des Gazastreifens an – „kein Strom, keine Lebensmittel, kein Wasser, kein Gas“. Zur Begründung sagte er, sein Land kämpfe gegen „menschliche Tiere“. Das ist eine gefährliche Sprache, und die Totalblockade kommt einer kollektiven Bestrafung der Bevölkerung von Gaza gleich. (…) Es ist nachvollziehbar, dass viele Deutsche mit jüdischen Israelis und ihren jüdischen Nachbarn in Deutschland mitfühlen. Weniger verständlich ist, wie manche hierzulande die Gewalt gegen Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen relativieren oder rechtfertigen. Und wie will die Bundesregierung glaubwürdig in anderen Konflikten auf das Völkerrecht pochen, wenn sie jetzt schulterzuckend reagiert, als seien die Menschen in Gaza an ihrem Schicksal irgendwie selbst schuld? Das ist ein politisches Versagen. Die Menschen in Israel und in den palästinensischen Gebieten verdienen unser ungeteiltes Mitgefühl und unsere Hilfe
    …“ Kommentar von Daniel Bax vom 20.10.2023 in der taz online externer Link
  • Gaza: Trauer und Hilfe
    Hunderttausende sind auf israelische Anordnung in den Süden Gazas geflüchtet. Doch auch hier fallen Bomben, Hunderte Menschen sind bereits gestorben. medico-Partner:innen helfen in ihren Einrichtungen…“ Bericht von Riad Othman vom 17. Oktober 2023 bei medico international externer Link, siehe auch deren Dossier zu Israel/Palästina externer Link
  • Israel und die Besetzten Gebiete: Evakuierungsbefehl für Gaza hat katastrophale Auswirkungen auf die humanitäre Situation
    Die grauenhaften Angriffe, denen Israel am vergangenen Wochenende ausgesetzt war, sind durch nichts zu rechtfertigen. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, die Angehörige verloren haben oder die sich um Angehörige sorgen, die als Geiseln genommen wurden. Erneut fordern wir ihre unverzügliche Freilassung und sind bereit, humanitäre Besuche durchzuführen. Doch diese Angriffe dürfen nicht als Rechtfertigung für die uneingeschränkte Zerstörung des Gazastreifens dienen. Die Parteien müssen ihre gesetzlichen Verpflichtungen bezüglich der Methoden und Mittel der Kriegführung einhalten. Die Aufforderung der israelischen Behörden, die Menschen in Gaza-Stadt sollten unverzüglich ihre Häuser verlassen, sowie die lückenlose Belagerung, die ihnen ausdrücklich Nahrung, Wasser und Strom vorenthält, sind nicht vereinbar mit dem humanitären Völkerrecht. Wenn eine Militärbehörde anordnet, dass Menschen ihre Häuser verlassen müssen, sind alle erdenklichen Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung Zugang zu Grundbedürfnissen wie Nahrung und Wasser hat, und dass Familien nicht getrennt werden. Der Gazastreifen ist ein abgeschlossenes Gebiet von geringer Grösse und begrenzten Ressourcen. Die Menschen können sich nirgendwo in Sicherheit bringen, und viele werden nicht in der Lage sein, ihre Häuser zu verlassen, darunter Behinderte, Alte und Kranke. Das humanitäre Völkerrecht schützt alle Zivilpersonen, auch diejenigen, die nicht weggehen. Heute können die Menschen im Gazastreifen nicht wissen, welche Gebiete als nächste angegriffen werden. (…) Solange die militärische Belagerung andauert, sind humanitäre Organisationen, darunter auch das IKRK, nicht in der Lage, bei einer derart massiven Bevölkerungsverschiebung in Gaza Hilfe zu leisten. Der Bedarf ist gigantisch, und humanitäre Organisationen müssen in der Lage sein, ihre Hilfsaktionen auszuweiten. Das IKRK-Büro in Gaza-Stadt hat ebenso wie andere internationale Organisationen die Anweisung erhalten, die Stadt zu verlassen. Wir sind in grösster Sorge um unsere Kolleginnen und Kollegen in Gaza und ihre Familien. Wir werden auch weiterhin alles in unserer Kraft Stehende tun, um den Menschen in Gaza humanitären Schutz und Hilfe zu bieten.“ IKRK-Pressenmitteilung vom 13. Oktober 2023 externer Link
  • Vor erwarteter Gaza-Invasion: Wie Kriegsverbrechen mit zweierlei Maß gemessen werden
    Kommt der Einmarsch von israelischen Truppen? Dann drohe ein humanitärer Kollaps, heißt es. Warum selbst UN-Vertreter den Doppelstandard des Westens verurteilen. (…) Der israelische Energieminister Israel Katz schrieb in den sozialen Medien, so der britische Guardian, dass „kein elektrischer Schalter eingeschaltet, kein Wasserhydrant geöffnet und kein Treibstofftransporter eingefahren wird“, bis die „Entführten“ frei seien. Nach dem weiteren massiven Beschuss des Gazastreifens auf Wohnhäuser, Gesundheitseinrichtungen und der Totalblockade durch Israel (keine Lebensmittel, kein Strom, kein Wasser, keine Medizin) droht nun ein humanitärer Zusammenbruch für die Menschen dort. Die Experten der Vereinten Nationen haben die israelische Bombardierung als „kollektive Bestrafung“ verurteilt, die ein Kriegsverbrechen darstellt. Das Internationale Rote Kreuz warnt eindringlich vor der humanitären Katastrophe im Gazastreifen: „Krankenhäuser werden in Friedhöfe verwandelt“, heißt es. (…) Währenddessen bombardieren die israelischen Streitkräfte den Gazastreifen weiter aus der Luft, vom Land und vom Meer aus. Dabei sind bislang mehr als 1.500 Palästinenser, darunter mindestens 500 Kinder, getötet worden. Die Angriffe werden als Vergeltung für die überraschende Infiltration Israels durch die Hamas und die Tötung von über 1.300 israelischen Soldaten und Zivilisten durchgeführt. Die USA, aber auch die Europäische Union sehen sich gleichzeitig zunehmend Kritik ausgesetzt, weil sie im israelisch-palästinensischen Konflikt mit zweierlei Maß messen. (…) Francesca Albanese, die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, forderte die Präsidentin der EU-Kommission auf, die „gleiche Erklärung“ abzugeben, die man im Fall Russlands tätigte, nun gegenüber der israelischen Offensive in Gaza zu veröffentlichen. (…) während die Hamas-Verbrechen und das Massaker zu Recht verurteilt werden, werden die illegalen Gewaltakte und das Massaker des israelischen Militärs als „legitime Selbstverteidigung“ mehr oder weniger kommentarlos durchgewunken…“ Beitrag von David Goeßmann vom 13. Oktober 2023 in telepolis externer Link
  • Der unmenschliche Terror der Hamas darf nicht dazu führen, dass palästinensische Menschen pauschal als Terroristen gebrandmarkt und zum Abschuss freigegeben werden. In Gaza leben hunderttausende Kinder. Vernichtungsphantasien und die Entmenschlichung des Gegners („Tiere“) sind nie eine Lösung. Es gilt die Eskalation von Gewalt und Terror zu stoppen! „UN-Räumlichkeiten sowie alle Krankenhäuser und Schulen dürfen niemals ins Visier genommen werden.“ (Guterres)“ Tweet von Michael Wilk vom 12. Okt. 2023 externer Link zu dem von António Guterres externer Link
  • Internationales Komitee vom Roten Kreuz zu Israel und die besetzten Gebiete: In zunehmender Gewalt gefangene Menschen benötigen Ihre Hilfe
    „Die Feindseligkeiten, die am Samstag, 7. Oktober ausgebrochen sind, haben ein Ausmass erreicht, das wir seit vielen Jahren nicht mehr gesehen haben. Sie haben das Potenzial, noch mehr Leid für die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten zu verursachen. An diesem entscheidenden Wendepunkt fordern wir alle Konfliktparteien eindringlich dazu auf, alle möglichen Schritte zu unternehmen, um weiteren Schaden für die Zivilbevölkerung zu verhindern. Aufgrund der Militärschläge wurden innerhalb des Gazastreifens schätzungsweise über 180 000 Menschen vertrieben. „Wir haben gesehen, was in Gaza passiert und was immer noch in Israel passiert. Und wer bezahlt am Ende den Preis? Die Zivilbevölkerung. Meine Gedanken sind bei den Israelis, die Freunde und Familienangehörige verloren haben. Und meine Gedanken sind bei den in Gaza festsitzenden Familien, die überhaupt nichts unternehmen können, nur hoffen, dass sie nicht im falschen Moment am falschen Ort sein werden.“ (Fabrizio Carboni, Regionaldirektor des IKRK für den Nahen und Mittleren Osten)…“ Aus dem IKRK-Aufruf vom 10. Oktober 2023 externer Link
  • Waffen für Israel. Bundeswehr beginnt mit der Lieferung von Waffen und Munition an Israel. Die wohl bevorstehende Bodenoffensive im Gazastreifen droht einen Flächenbrand in Nah- und Mittelost auszulösen
    „Die Bundeswehr beginnt vor der mutmaßlich bevorstehenden israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen mit der Lieferung von Waffen an die israelischen Streitkräfte. Wie Verteidigungsminister Boris Pistorius mitteilt, gibt die Bundeswehr zunächst zwei der fünf Heron-Drohnen, die sie in Israel geleast hat, zurück; die Bundesregierung verhandelt zudem über die Lieferung von Munition und will umfassende Bestände an Sanitätsmaterial bereitstellen. Mit seiner Offensive reagiert Israel auf das furchtbarste Massaker im Nahostkonflikt seit dem Massaker von Sabra und Schatila im Jahr 1982; Hamas-Milizionäre ermordeten am Wochenende über tausend israelische Zivilisten. Bei Israels Angriffen auf den Gazastreifen wiederum sind bereits über 1.400 Menschen zu Tode gekommen, die Mehrzahl Zivilisten. Dass Israel die 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen von Strom, Nahrung und Wasser abschneidet, wird von Menschenrechtlern als Kriegsverbrechen eingestuft. Die Kämpfe beginnen inzwischen auf Syrien und auf den Libanon auszugreifen, wo deutsche Marinesoldaten tätig sind. In Israel mahnt ein prominenter Kolumnist, es gelte die Gewaltspirale zu durchbrechen. (…) So warnt etwa Gideon Levy, Kolumnist der renommierten Tageszeitung Haaretz, man müsse Rücksicht auf die Zivilbevölkerung im Gazastreifen nehmen; diese habe schon in der Vergangenheit unter zahllosen willkürlichen Bombardements gelitten und dürfe nicht noch härteren Angriffen ausgesetzt werden. Das gelte ungeachtet des Schocks über das Massaker der Hamas auch deshalb, weil Israels Vorgehen gegen die Palästinenser in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gescheitert sei. Man habe gedacht, man könne Unruhen mit Repression niederhalten, und „arrogant“ geglaubt, es sei möglich, „jeden Versuch einer diplomatischen Lösung zurückzuweisen“, schreibt Levy. Jetzt bestätige sich aber, dass sich Sicherheit auf diesem Weg eben nicht erreichen lasse: Es sei „unmöglich, zwei Millionen Menschen auf Dauer [im Gazastreifen, d. Red.] einzusperren, ohne einen grausamen Preis zu zahlen“. Levy ist freilich pessimistisch. „Die Drohungen, ‘Gaza zu planieren‘, zeigen nur eines“, schreibt der Haaretz-Kolumnist: „Wir haben nicht das Geringste gelernt.“ Bericht vom 13. Oktober 2023 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link
  • medico international: Wider die Entmenschlichung. Zur Situation in Israel und Palästina
    „Was sich seit Samstag in Israel abspielt ist nichts weniger als eine Zäsur. Die Bilder, die um die Welt gehen, zeugen von einer erschütternden, menschenverachtenden Brutalität. Der Angriff der Hamas hat unsägliches Leid über zahllose Familien und Freundeskreise gebracht und nicht nur Israel tief getroffen. Manche denken an die Verbrechen des IS im Nordirak, andere rufen sich die Verfolgungsgeschichte ihrer jüdischen Familie in Erinnerung. (…) Schon seit längerem erleben wir, wie sich nicht der Kampf um eine Region mit gleichen Rechten und Würde für alle dort lebenden Menschen durchsetzt, sondern wie sich religiöser Fundamentalismus, Ethnonationalismus und die Politik der Feindschaft vertiefen. Kaum ein Problem wurde politisch gelöst. Stattdessen sollte es immer und immer wieder die Politik der Bomben richten, insbesondere in Gaza. Doch kein Blutbad wird den Weg zur „Befreiung“ ebnen. Und wie schon bei früheren Operationen wird es illusorisch sein zu glauben, man könne Frieden oder Sicherheit militärisch erzwingen. medico hat zusammen mit seinen Partnerorganisationen immer versucht, der Dynamik in Gaza entgegenzuwirken, der Perspektivlosigkeit mit solidarischer Unterstützung zu begegnen. Dies ist ein permanenter Drahtseilakt – nicht, weil wir fürchten müssen, dass unsere Hilfe in falsche Hände gerät, sondern weil klar ist, dass wir nicht in der Lage sein werden, an den Rahmenbedingungen etwas zu ändern. Seit 2007 prägen die Abriegelung des Gazastreifens durch Israel und die Herrschaft des Hamas-Regimes wesentlich den Hintergrund unserer Arbeit. Die Organisationen, die wir vor Ort unterstützen, haben insbesondere mit den gravierenden Folgen dieser beiden Faktoren gerungen, im Fall der Abriegelung durch die israelische Armee teilweise auch in Kooperation mit Organisationen in Jerusalem, Tel Aviv und Haifa. (…) Jetzt, in diesen düsteren Stunden, sprechen wir mit unseren Partner:innen in der Region. Die einen trauern um die Opfer der Massaker der Hamas, andere liegen mit ihren Familien in Gaza unter ihrem Bett, weil sie bombardiert werden. Alle haben Angst um ihre Familien, um sich selbst und um ihre Freund:innen innerhalb und außerhalb der sie umgebenden Grenzen. Alle haben Angst vor dem, was noch passieren wird. Wir auch. Angesichts der Schrecken auf beiden Seiten der Grünen Linie bleibt uns in diesem Moment nicht viel mehr, als unseren Partner:innen in Palästina und Israel beizustehen. Unsere Solidarität und Anteilnahme gilt in diesen Tagen mehr denn je der Zivilbevölkerung in Israel und Palästina, ihrem Wunsch und ihrem Recht auf ein Leben in Frieden und ohne Angst. Dies ist nicht die Zeit, ihr Leid auf die eine oder andere Weise zu instrumentalisieren.“ Stellungnahme vom 9. Oktober 2023 von medico international externer Link

Emanzipatorische linke Positionen

  • Zweites Statement der IL Berlin zum Krieg in Israel/Palästina: Trotz aller Widrigkeiten halten wir eine differenzierte Auseinandersetzung zum Thema Israel/Palästina für notwendig
    „… Seit Monaten gehen tausende Palästinenser:innen und solidarische Linke fast wöchentlich trotz Gewalt und Kriminalisierung auf die Straße. Sie machen auf das unermessliche Leid aufmerksam, welches in Gaza durch die israelischen Bombardierungen und die zahlreich begangenen Kriegsverbrechen geschieht und setzen sich für ein sofortiges Ende von Krieg, Belagerung und Besatzung ein. Für alle, die es sehen wollen, ist angesichts von fast 35.000 toten Palästinenser:innen, Hunger als Waffe und genozidalen Äußerungen führender rechtsextremer Politiker:innen der israelischen Regierung klar, dass mit Unterstützung Deutschlands ein Krieg gegen die gesamte Zivilbevölkerung Gazas stattfindet. Die Nicht-Beteiligung vieler (besonders weiß dominierter) linker Gruppen fällt auf, ihr (schweigendes) Nicht-Verhalten wird zurecht kritisiert. Von der rechten Regierung in Israel kann kein ernstzunehmender Frieden in der Region erwartet werden, genauso wenig wie von der Hamas. Es braucht internationalen Druck und die deutsche Bundesregierung ist in der Position diesen Druck aufzubauen. Wir sehen uns und alle progressiven Kräfte in der Verantwortung, sich für einen sofortigen Waffenstillstand, ein Ende von Belagerung und Besatzung, eine Befreiung der verbliebenen Geiseln und zivilen, palästinensischen Gefangenen, sowie Frieden, Sicherheit, Freiheit und gleiche Rechte für alle Menschen in der Region einzusetzen. (…) Natürlich haben Palästinenser:innen ein Recht auf Widerstand. Widerstand kann in bestimmten Situation legitimerweise auch Gewalt beinhalten. Was am 7.10. passiert ist, bewegt sich für uns jedoch weit außerhalb der Grenzen von politisch legitimem Widerstand. Es war ein von Antisemit:innen begangenes Massaker, es wurde gemordet, vergewaltigt, verschleppt und wir finden jede relativierende oder gar verleugnende oder positive Bezugnahme darauf zutiefst falsch. Wir wissen, dass viele Demonstrierende dies genauso sehen. (…) Der israelische Krieg gegen die palästinensische Zivilbevölkerung sticht mit seinen hohen zivilen Opfern selbst aus dem Leid der vielen Kriege der letzten Jahre hervor. Laut UN sind mit 14.500 getöteten Kindern in nur 6 Monaten mehr Kinder ermordet worden als in allen Kriegen der letzten 4 Jahre weltweit zusammen. Fast 35.000 Opfer und eine unbekannte Zahl, die noch zusätzlich unter den Ruinen gesprengter Häuser liegen könnten, lassen sich schwer begreifen. Systematisch blockiert Israel laut internationalen Menschenrechtsorganisationen außerdem die Versorgung der Zivilbevölkerung mit dem Elementarsten. Laut UN sind über 500.000 Menschen akut vom Hungertod bedroht. Systematisch hat Israel Wohngebäude und zivile Infrastruktur bis auf die Grundmauern zerstört. Unzählige eindeutige Kriegsverbrechen, wie das Erschießen von unbewaffneten Zivilist:innen, wurden von israelischen Soldat:innen selbst freimütig auf Social Media geteilt. Angepeitscht werden diese Verbrechen direkt von einer Israelischen Regierung aus religiösen Fundamentalist:innen, Rechtsextremen und Rechtspopulist:innen. (…) Nichtstun ist in der aktuellen Situation keine legitime Option, auch wenn wir sie selber zu oft und zu lange gewählt haben. Aktuell gilt es für uns als Linke vereint mit anderen für das Ende dieses Krieges auf die Straße zu gehen. Die unzähligen Toten, die begonnene Offensive auf Rafah, der Einsatz von Hungersnot als Kriegswaffe und der ausbleibende Gefangenendeal sind Gründe genug. Als in Deutschland organisierte Gruppe gilt es außerdem, Kritik an der deutschen Regierung zu üben, die den Krieg mit Waffen und Worten unterstützt. Mehr noch: Im von Südafrika angestrebten Genozid-Verfahren gegen Israel delegitimiert Deutschland das Völkerrechtsverfahren, indem es auf Seiten Israels beitritt und die Vorwürfe als absurd bezeichnet, anstatt das Gericht und deren Urteilsspruch zu unterstützen. Eine solche Politisierung unterminiert im Namen der historischen Verantwortung das Völkerrecht anstatt dessen Universalität – aus derselben historischen Verantwortung – zu schützen. (…) Bei aller unserer Unterschiedlichkeit eint uns der Wunsch, zu einfach gezeichneten Dichotomien zu entkommen. Wir setzen uns weiter für solidarische Bündnisse und Wege des Protests ein, die Frieden, Sicherheit und gleiche Rechte für alle Menschen in der Region fordern und hier vor Ort Rassismus, Antisemitismus und politische Repression gleichermaßen anprangern. Dieser Krieg muss enden, ceasefire now!“ Statement der Interventionistischen Linke Berlin vom 7. Mai 2024 externer Link
  • »Antisemitismusvorwurf ist politische Waffe geworden« Beauftragter der Bundesregierung denunziert anerkannten israelischen Professor mit Falschbehauptungen
    „Die Verfolgung israelischer Intellektueller in Deutschland ist um eine Facette reicher: Die Heilbronner Ortsgruppe der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) hat versucht, einen Vortrag des renommierten Autors und Wissenschaftlers Moshe Zuckermann in Heilbronn zu verhindern und war dabei teilweise erfolgreich. Eine ursprünglich gemeinsam mit der Volkshochschule (VHS) für den 12. März geplante Veranstaltung zum Konflikt zwischen Israel und Palästina musste allein vom Friedensrat an einem anderen Ort in Heilbronn durchgeführt werden. Den Vorfall machte Zuckermann am Wochenende in einem Artikel auf dem Blog »Overton« öffentlich und schreibt: »Somit darf ich mich jetzt rühmen, von der deutschen Bundesregierung offiziell zum Antisemiten erklärt worden zu sein.« Der Anlass für die Verlegung war eine Mail aus dem Büro des deutschen Antisemitismusbeauftragten Felix Klein an die VHS. Leonard Kaminski, bis 2023 Vorsitzender des israelsolidarischen Lobbyvereins »Werteinitiative« und heute Kleins persönlicher Referent, denunzierte Zuckermann darin als »aufgrund seiner Positionen zu Israel in der Tat stark umstritten« und stellte falsche Anschuldigungen auf. Zuckermann zitiert die Mail in seinem Artikel in voller Länge. (…) »In Deutschland ist der Antisemitismusvorwurf eine politische Waffe geworden«, sagt Zuckermann zu den Anschuldigungen. »In dem Moment, wo sie in Kauf nehmen müssen, des Antisemitismus bezichtigt zu werden, verstummen die Menschen. Hierfür hat Felix Klein das Mandat erhalten.« Ähnlich sieht es auch Peter Ullrich, Antisemitismusforscher an der Technischen Universität Berlin: »Die Antisemitismuskritik in Deutschland ist aus dem Ruder gelaufen, unter anderem, weil sie sich fast nur für solchen mit Bezug zu Israel interessiert. Den gibt es durchaus, der Vorwurf wird aber völlig entgrenzt gebraucht. Felix Klein ist davon Exponent«, sagt Ullrich zum »nd«. Den bei Klein & Co. zutage tretenden Philosemitismus hält Zuckermann selbst für antisemitisch: »Rein wissenschaftlich entstammt der Anti- und der Philosemitismus dem gleichen Ressentiment, in beiden Fällen wird ›die Juden‹ abstrahiert. Entweder werden sie verteufelt oder alle als Einstein bezeichnet. In jedem Deutschen, der unreflektiert israelsolidarisch ist, steckt deshalb auch ein Stück Antisemitismus.«“ Artikel von Matthias Monroy vom 26. März 2024 in Neues Deutschland online externer Link
  • Zwischentöne: Ein paar Texte zum Krieg in Gaza
    In meiner Nachbarschaft und auch sonst so, wissen viele Bescheid. Wer gut ist und wer böse, wem die Vernichtung und wem der Sieg zu gönnen ist. Das ist schön, wenn die Leute so klare Positionen herausschreien. Ich kann nicht mitschreien, auch wenn das vielleicht einfacher wäre, als zwischen die Fronten diskursiver Projektionen zu geraten. Aber ich bin heiser und hab Kopfschmerzen. Statt Bekenntnissen ein paar Texte und Artikel, die ich für sinnvoll, wichtig und lesenswert halte…“ empfehlenswerte Sammlung vom 12.12.2023 von und bei Paul Geigerzähler externer Link
  • Das Spannungsverhältnis zwischen Staatsräson und Grundrechten: Auf dem Weg zu einer präziseren Antisemitismusdefinition
    „Nach den monströsen Massakern der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung am 7. Oktober, bei denen die Hamas über 1200 Menschen brutal ermordete, rund 3000 verletzte und über 200 als Geiseln verschleppte, hat die Bundesregierung die von Angela Merkel eingeführte und vom Bundestag im BDS-Beschluss von 2019 sekundierte Formel von Israels Sicherheit als Teil deutscher Staatsräson aufgenommen, um Israel ihre volle Solidarität und Unterstützung zu versichern und Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen. Angesichts des bedrohlichen Anstiegs antisemitischer Straftaten in Deutschland und der anhaltend schlechten Sicherheitslage im Nahen Osten sind beide Ziele der Staatsräson grundsätzlich zu begrüßen. Doch die aktuelle Interpretation von Israels Sicherheit und entschlossener Antisemitismusbekämpfung als deutscher Staatsräson führt zu Einschränkungen der Versammlungs-, Meinungs-, Kunst-, und Wissenschaftsfreiheit. Diese Interpretation der Staatsräson stützt sich auf die nicht klar abgegrenzte Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Association (IHRA), auf deren Grundlage legitime Kritik an der in Teilen rechtsextremen israelischen Regierung als Antisemitismus charakterisiert werden kann; in den letzten Jahren hat sich dadurch der diskursive Raum zulässiger Kritik an Israel in Deutschland verengt. Eine präzisere Antisemitismusdefinition ist nötig, um die bestehende Spannung zwischen Staatsräson und Grundrechten abzuschwächen. Diese wird nur durch eine Weiterentwicklung der deutschen Erinnerungskultur implementiert werden können, durch die auch das Schicksal der Palästinenser und ihre bis heute andauernde Entrechtung als eine indirekte Folge des Holocaust anerkannt wird. (…) Die von internationalen Holocaust- und Nahost-Forschenden entwickelte Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus bietet eine solche Korrektur des Antisemitismusbegriffs: „Da die IHRA-Definition in wichtigen Punkten unklar und für unterschiedlichste Interpretationen offen ist, hat sie Irritationen ausgelöst und zu Kontroversen geführt, die den Kampf gegen Antisemitismus geschwächt haben. In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich selbst als „Arbeitsdefinition“ bezeichnet, haben wir uns um Verbesserungen bemüht, indem wir (a) eine präzisere Kerndefinition und (b) ein kohärentes Set von Leitlinien vorlegen.“ Die Jerusalemer Erklärung definiert Antisemitismus als „Diskriminierung, Vorurteil, Feindseligkeit oder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden als Jüdinnen und Juden (oder jüdische Einrichtungen als jüdische).“ Sie unterscheidet klare Fälle von israelbezogenem Antisemitismus und Kritik an Israel, die nicht per se antisemitisch ist. Nicht per se antisemitisch seien demnach u. a. Forderungen nach Gleichberechtigung für alle Bewohner*innen „zwischen dem Fluss und dem Meer“, Vergleiche mit Siedler-Kolonialismus und Apartheid, gängige Formen des gewaltfreien politischen Protestes wie Boykotte, Desinvestitionen und Sanktionen und auch übertriebene politische Kritik (vgl. auch die ähnliche Nexus-Definition). Wie die IHRA-Definition erhebt auch die JDA-Definition keinen Anspruch auf Endgültigkeit, sondern versucht einen politischen Rahmen für kontroverse Debatten zu bieten. Als solcher würde sie eine offenere Diskussion ermöglichen, bei der auch regierungskritische Jüd*innen und Palästinenser*innen mehr Gehör in der deutschen Debatte bekämen, Rassismus und Antisemitismus weniger gegeneinander ausgespielt würden und die Versammlungs-, Meinungs-, Kunst-, Wissenschaftsfreiheit besser geschützt wären. Zentral ist, dass das materielle Ziel der Staatsräson, Antisemitismus zu bekämpfen und für die Sicherheit Israels einzutreten, durch die JDA Definition nicht schlechter erreicht wird. Vielmehr weisen linke jüdische Stimmen darauf hin, dass die aktuelle Interpretation der Staatsräson das Leben von Jüd*innen weder in Deutschland noch in Israel sicherer mache. Denn die politische und mediale Aufmerksamkeit für israelbezogenen und zugewanderten Antisemitismus steht in einem gefährlichen Missverhältnis zur Bedrohung durch rechtsextremen deutschen Antisemitismus; und die Unterdrückung von legitimem Protest palästinensischer Stimmen kann tatsächlichen Antisemitismus noch befeuern. Darüber hinaus erscheint fraglich, ob die durch diese Diskursverengung politisch quasi alternativlos gestellte Unterstützung der Militärstrategie der rechten israelischen Regierung zur langfristigen Verbesserung der Sicherheitslage Israels beiträgt. Diese Einschätzungen deuten darauf hin, dass sich die Staatsräson in ihrer aktuellen Interpretation teilweise selbst unterläuft. Insofern die IHRA-Antisemitismusdefinition aber zu einem zentralen Element der deutschen Erinnerungskultur geworden ist, lässt sie sich nicht ohne eine Weiterentwicklung dieser Erinnerungskultur korrigieren. Die aktuelle Erinnerungskultur ist eine Institutionalisierung der Auffassung einer Singularität der Shoah, die im ersten Historikerstreit notwendig war, um die bis dahin in der Mehrheitsgesellschaft anhaltende rechtsnationale Schuldrelativierung aufzubrechen. In der Praxis erschwert diese Erinnerungskultur heute die Anerkennung der deutschen Kolonialverbrechen und des palästinensischen Leidens. In Israel haben die New Historians schon seit den 1980ern zu einer Differenzierung der nationalen Erinnerungskultur und einem neuen Verständnis der palästinensischen Erfahrung beigetragen, wodurch die Nakba im israelischen Diskurs nun offen benannt werden kann, wenngleich gegen Widerstände rechtsextremer Gruppen wie „Im Tirzu“. In Deutschland werden entsprechende erinnerungspolitische Diversifizierungen im aktuellen zweiten Historikerstreit kontrovers diskutiert. Dabei wird verhandelt, wie sowohl der Holocaust als auch Kolonialverbrechen, genauso wie die palästinensische Nakba als indirekte Folge (…) des Holocaust einen Platz in der deutschen Erinnerungskultur bekommen können, ohne dadurch den Holocaust zu relativieren bzw. die progressiv-antirevisionistische Auffassung dessen Singularität aufzugeben (…). Diese Diskussionen können als eine demokratisierende Öffnung der deutschen Erinnerungskultur verstanden werden, die der Pluralität der postmigrantischen Gesellschaft besser gerecht wird. Es bleibt zu hoffen, dass diese Debatten von der Politik aufgenommen werden, damit eine grundrechtskonforme Interpretation der Staatsräson gefunden werden kann.“ Beitrag von Clara Neumann vom 8. Dezember 2023 beim Verfassungsblog 
  • Antisemitismus im Nebel der Staatsräson. Überlegungen zum Gebrauch des Begriffes „Antisemitismus“ in der aktuellen politischen Situation in der Bundesrepublik
    „… Nach aktuellen Schätzungen stehen weit über 1.000 Tote auf israelischer Seite mehr als 15.000 Toten auf palästinensischer Seite gegenüber. Die Bundesregierung hat sich in diesem Konflikt vorbehaltlos auf die Seite der israelischen Regierung gestellt. In einem unmittelbar nach dem Militärcoup und den Massakern der Hamas mit dem israelischen Premierminister Netanjahu geführten Telefongespräch hat Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt: „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Das gilt gerade auch in schweren Stunden wie diesen. Entsprechend werden wir handeln.“ Im Grunde verdient der von Scholz in diesen politischen Konflikt eingeführte Begriff der „Staatsräson“ eine eigene Auseinandersetzung. In ihrer Abhandlung „Eichmann in Jerusalem“ hatte sich Hannah Arendt einmal mit dem Begriff der „Staatsräson“ auseinandergesetzt. Sie beschrieb ihn damit, dass er die „Notwendigkeit“ formuliere unter diesem Begriff „Staatsverbrechen“ zu begehen. Das bedeute, dass für „das Handeln des Staates, der die Verantwortung für die Existenz des Landes und damit auch für die in ihm geltenden Gesetze trägt, nicht die gleichen Regeln gelten (können) wie für die Einwohner.“ Und weiter führt Arendt aus: „Die Staatsraison beruft sich – (…) auf die Notwendigkeit, und die in ihrem Namen begangenen Staatsverbrechen, die auch im Sinne des jeweils herrschenden Rechtssystems durchaus kriminell sind, gelten als Notmaßnahmen, die von realpolitischen Erwägungen erzwungen sind, als Zugeständnisse, um sich an der Macht zu halten und damit das bestehende Rechtssystem im Ganzen zu sichern.“ Hier hat man das Recht dazu zu fragen, in welchem genauen Verhältnis eigentlich dieser vielschichtig deutbare Begriff, zu den im Grundgesetz festgelegten Bestimmungen steht? Suspendiert „Staatsräson“ als eine andere Fassung des Ausnahmezustandes die Verfassung? (…) In den aktuellen Auseinandersetzungen in der Bundesrepublik zu Israel-Palästina wird immer wieder der Vorwurf des Antisemitismus erhoben. Dieser Anwurf wird dabei auch gegen diejenigen erhoben, die mehr oder weniger erkennbar weder mit der aktuellen israelischen noch der bundesdeutschen Regierungspolitik einverstanden sind. (…)Aktuell zeichnet sich ab, dass die Ampel-Regierung ihren mit der umstrittenen BDS-Resolution eingeschlagen Kurs in Sachen dessen was sie unter „Antisemitismusbekämpfung“ versteht, auf einer erweiterten Stufenleiter fortzusetzen gedenkt. Von der Regierung ist beabsichtigt, dass die sogenannte IHRA-Definition, von Strafverfolgungsbehörden und Empfängern staatlicher Fördermittel – also auch Wissenschafts- und Kultureinrichtungen – als allein gültiger Maßstab übernommen zu werden hat. In einer historischen Situation in der die Regierung Netanjahus eine dauerhafte Besetzung des Gazastreifens durch ihre Streitkräfte erwägt und die Landnahme rechtsradikaler Siedler im Westjordanland vorantreibt, steht nun auf dem Spielplan „staatlich gelenkter Antisemitismusbekämpfung in Deutschland (…) Begriffe wie ‚Besatzung‘ oder ‚Apartheid‘ als antisemitisch zu verdammen“ wie es von einem Kommentator des Deutschlandfunkes zutreffend vermerkt worden ist. Da werden dann wohl bald die Unterzeichnerinnen der im August 2023 verfassten Erklärung „The Elephant in the Room“, darunter Omer Bartov, Saul Friedländer und Sybille Steinbacher, Post zu einer Anhörung beim – so die korrekte Amtsbezeichnung – „Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“, Felix Klein erhalten. Denn sie hatten unter anderem deutlich erklärt: „Es kann keine Demokratie für Juden in Israel geben, solange Palästinenser unter einem Regime der Apartheid leben.“ Wie man es auch dreht oder wendet: Die deutsche Staatsräson vernebelt nicht nur die Sachverhalte, auf deren politische Erörterung es ankommt, sie soll uns allen hier noch „Mores lehren“, wie man umgangssprachlich sagt. Adorno dreht sich im Grab um.“ Beitrag von Markus Mohr und Klaus Wernecke vom 8. Dezember 2023 bei wolfwetzel.de externer Link
  • Der Versuch eines antifaschistischen Blicks auf den Nahost-Konflikt
    „Seit vielen Jahrzehnten verursacht der Nahost-Konflikt Tod, Leid und Unterdrückung. Doch in all den Jahren sind selten so viele Menschen in so kurzer Zeit getötet worden, wie in den letzten anderthalb Monaten. Der Beginn des neuen Krieges war ein, so noch nie dagewesener, Überfall durch die Hamas und ihre Lakaien, mit dem Ziel, jüdische oder israelische Menschen zu ermorden oder zu entführen. Über 1300 Menschen wurden bei diesem antisemitischen, pogromartigen Massaker ermordet. Dies ist ein furchtbares Verbrechen und es gibt keine Worte, die deutlich genug sind um es zu verurteilen. Doch die Menschen, die nun im Gaza-Streifen sterben, sind größtenteils nicht die Verantwortlichen. Die humanitäre Lage dort wird jeden Tage schlimmer, die Leute haben keine Möglichkeit aus dem Gaza-Streifen zu fliehen, zu tausenden sterben sie unter den Bomben, die auch im Süden, den das IDF als „Evakuierungszone“ ausgegeben hat, niedergehen. Hinzu kommt eine Blockade von Strom (der zum Beispiel auch für Krankenhäuser wichtig ist), Benzin, Lebensmitteln und sogar Wasser. Das ist leider keine Überraschung, es war seit Jahren die Politik der Netanjahu-Regierung Bombardements und kollektive Bestrafung der palästinensischen Zivilbevölkerung, als alleinige Antwort auf jedes Problem zu nutzen. Nun zu hinterfragen, ob das ein grausamer Fehler war, wäre politischer Selbstmord für diese Regierung. Stattdessen wird teilweise offen von Rache gesprochen, die Zivilbevölkerung, die ohne Fluchtmöglichkeit in einem dicht besiedelten Gebiet lebt, wird zum „Kollateralschaden“. Auch für die Hamas stellt dieser Massenmord den letzten Schritt in einer langen Eskalation dar. – Um es hier unmissverständlich klar zu stellen: Jede Fraktion ist für die von ihr direkt begangenen Verbrechen verantwortlich! Wenn Hamas-Kämpfer auf israelische Zivilist*innen schießen, sind sie für deren Tod verantwortlich. Wenn die IDF Bomben auf palästinensische Wohngebiete abwirft, sind sie für die toten Zivilist*innen verantwortlich. Um die Hintergründe zu begreifen, die zu der jetzigen Situation geführt haben, sollte der Kontext und die jahrzehntelange Eskalationsspirale betrachtet werden. Dies ist aber keine Relativierung und keine Verschiebung der Verantwortungen und darf auch keinesfalls darauf hinauslaufen. (…) Dabei gilt: Weder die Hamas noch die Likud-Regierung werden jemals einem gerechten Frieden zustimmen. Es muss den Palästinenser*innen gelingen die Hamas zu stürzen, und den Israelis die Likud-Regierung abzusetzen, bevor es ernsthafte Verhandlungen über eine längerfristige Lösung geben kann. Das ist jedoch kaum möglich, wenn Bomben fallen und eine ganze Generation damit aufwächst, dass ihnen Israel die Lebensgrundlage nimmt – und islamistische Kräfte dann diejenigen sind, die sich erfolgreich als Widerstandskräfte inszenieren können. Langfristig gibt es keine gerade keine „realistische“ Lösung, in dem Sinne, dass sie wahrscheinlich ist. Trotzdem können wir uns mit Menschen solidarisieren, die auf eine solche hinarbeiten und den Diskurs in unserem Land beeinflussen. Die Zweistaatenlösung ist vor allem durch den Siedlungsbau der letzten Jahrzehnte immer unwahrscheinlicher gewesen, auch wenn sie zweifellos besser als der Status Quo wäre. Eine binationale Gesellschaft, in der alle Bevölkerungsteile ohne Angst demokratisch zusammenleben können, wäre wünschenswert. Die kurdische Freiheitsbewegung, die das Konzept regionaler Konförderationen ins Spiel gebracht hat, könnte hierfür zum Beispiel ein Vorbild sein. Realistisch ist die Einstaatenlösung momentan nur in Form einer israelischen Annektion aller palästinensischen Gebiete mit fortgesetzter Apartheid, also ohne gleiche Rechte. Die israelische, wie auch palästinensische Linke ist so schwach wie nie zuvor. Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass dies für die radikale Linke weltweit und insbesondere auch in Deutschland gilt. Auch hier ist keineswegs gesagt, dass wir es schaffen, uns einem zunehmenden Rechtsruck erfolgreich entgegenzusetzen oder gar einer sozialistischen Gesellschaft näher kommen. Unser Bezugspunkt der internationalen Solidarität müssen daher weiterhin Kräfte sein, die sich für einen gerechten Frieden einsetzen, in dem alle Bevölkerungsteile gleichberechtigt zusammenleben können. (…) Eine Linke muss sich klar mit den Unterdrückten solidarisieren, und gegen das Töten von Zivilist*innen eintreten! Hier in Deutschland ist eine der wichtigsten Forderungen dazu auch der Stopp der Ausbildungs- und Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Israel sowie der Waffen- und Rüstungslieferungen deutscher Firmen (bzw. der Stopp von Waffenexporten insgesamt), der sich im Vergleich zum vergangenen Jahr verzehnfacht hat und Rüstungsfirmen wie Rheinmetall, Hensoldt und Thyssen-Krupp saftige Gewinne beschert. Allerdings müssen wir auch tatsächlichen Antisemitismus erkennen und bekämpfen wo er auftritt, und eine klare Trennlinie ziehen, zwischen Akteuren, die sich von der Hamas abgrenzen und Angriffe auf Zivilist*innen verurteilen, und solchen die das nicht tun. Zu oft lassen palästina-solidarische Gruppen aktuell eine solche klare Trennlinie vermissen, und machen sich so zu Handlangern des Antisemitismus. Auch unabhängig davon steigen klar antisemitische Straftaten wie Anschläge gegen Synagogen oder antisemitische Schmierereien an. Das muss klar verurteilt werden, jüdische Gemeinden verdienen hier unsere Solidarität…“ Beitrag von North-East Antifascists [NEA] vom 5. Dezember 2023 externer Link
  • Nahost-Konflikt: Die Todeswelt des Kapitalismus. Linke müssen sich zwischen die Stühle setzen – auch und gerade in Hinblick auf den Nahost-Konflikt
    Die erdrückende Mehrheit der Linken weltweit presst den Nahost-Konflikt in ein antikoloniales Schema von bezaubernder Schlichtheit. Für sie ist die Geschichte Israels nichts weiter als imperiale Knechtung der angestammten Bevölkerung, die Geburt des jüdischen Staates aus antisemitischer Verfolgung und Massenvernichtung kommt in diesem Bild so wenig vor wie der gehörige Anteil, den die arabische Reaktion in all ihren Varianten – vom stramm autoritären Staatssozialismus bis zum Djihadismus – an der verfahrenen Lage hatte und hat. (…) Anschauungsmaterial für die Ideologiekritik einer Linken, die sich offenbar zur arbeitsteiligen Sabotage der Weltrevolution verschworen hat, gibt es zurzeit noch mehr als üblich. Wir halten dagegen fest, dass nur der antinationale Klassenkampf einen Ausweg aus der Katastrophe bietet. Das ist so richtig, wie es fürs Erste hilflos bleibt. Die Morde an israelischen Zivilist*innen werden eine Klassenverbrüderung über nationale Grenzen hinweg so wenig fördern wie das massenhafte Grauen im Gazastreifen, das das israelische Militär gerade verursacht. Insofern gilt für unser Statement, was für jede sozialrevolutionäre Regung gerade gilt. Wir stehen im Abseits der Geschichte, müssen uns von der eigenen Ohnmacht aber nicht dumm machen lassen.“ Eine Streitschrift der Redaktion Communaut am 01.12.2023 in ND online externer Link
  • Für ein Ende der Gewalt. Ein Einwurf der interventionistischen Linken Frankfurt zum Krieg in Israel/Palästina
    „… Während wir täglich Berichte und Bilder dieser furchtbaren Eskalation sehen, nimmt die antisemitische Gewalt zu. Pro-palästinensische Demonstrationen werden polizeilich drangsaliert oder unterbunden. In den deutschen Feuilletons überschlagen sich vermeintliche Wahrheiten und Anschuldigungen. Öffentliche Veranstaltungen werden abgesagt, Referent:innen ausgeladen, Kooperationen aufgelöst. Als radikale Linke straucheln wir und versuchen, das Ausmaß an Gewalt und militärischer Vergeltung zu begreifen, das sich mit und seit dem 7.Oktober materialisiert. Auf keinen Fall wollen wir uns in den Abgrund der Entmenschlichung und Kriegslogik hineinziehen lassen, der sich ausbreitet – auch und vor allem hierzulande. Sprechen wir also mit all jenen, deren Herzen voller Schmerz sind, die aber trotzdem begreifen und eine politische Haltung entwickeln wollen.
    Das Recht auf Leben – für alle
    Zu sagen, was ist, scheint selbst einigen unserer Freund:innen und Genoss:innen schwer zu fallen. Zu groß sind die Fliehkräfte der Polarisierung, zu abscheulich sind die begangenen Verbrechen der Hamas, zu gewaltsam das militärische Vorgehen der israelischen Regierung, zu groß die Angst, etwas Falsches zu sagen. Als Linke sollten wir dem vorherrschenden Positionierungsdruck widerstehen und uns einem Bekenntniszwang entziehen, dem es nur um die eigene „Wahrheit“, nicht aber um Verständnis geht. Wir wollen und können uns auf keine andere Seite stellen, als die der Menschen, die unter dem Terror, den Raketen und der Besatzung leiden, die ihre Liebsten verlieren und um ihr eigenes Leben fürchten, deren Stimmen im Kriegsgetöse untergehen, die sich der Kriegslogik entziehen und die trotz des religiösen und nationalistischen Taumels nicht aufhören, ihre Kämpfe von unten zu führen
    …“ Interventionistische Linke Frankfurt am 24. November 2023 externer Link
  • Israel – Palästina: Krieg im Nahen Osten
    „… Soviel zu den aktuellen Ereignissen. Doch was sind eigentlich die Hintergründe dieses Krieges? Sicher können wir hier nicht alle Ursachen beleuchten, die Lebensrealität umfassend erfassen, die Entwicklung des Widerstands der Palästinenser*innen nachzeichnen und den Stand des Klassenkampfes in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten untersuchen. Auch können wir nicht die zahllosen Kämpfe, Kriege, Massaker und Bürgerkriege seit der Staatsgründung Israels nachzeichnen. Wir wollen euch aber dennoch einige Fakten bieten, um letztlich zu einer Einschätzung zu kommen. (…) Der israelische Staat ist ein kleinerer kapitalistischer Staat, seine bürgerlichen, politischen Eliten, religiöse wie säkulare, seine Verwaltung und Armee handeln hier wie anderswo im Interesse der hier verorteten herrschenden Klasse, der Besitzer*innen und Großanteilseigner*innen von Unternehmen, Konzernen und Banken. Die politischen Eliten und das israelische Kapital profitieren vom Krieg gegen die Palästinenser*innen auch in anderer Hinsicht. Sie benutzen diesen, um von der – gelinde gesagt – nicht allzu rosigen Lage der lohnarbeitenden Mehrheit in Israel abzulenken, unter ihrer Führung als Nation zusammenzuschweißen, was in der dortigen Klassengesellschaft wie anderswo nicht zusammengehört: die Lohnarbeitenden und die herrschende Klasse. (…) Allen, die eine Überwindung dieses Konflikts, ein Ende des Kriegs im Nahen Osten wollen, die ein Ende von Massakern, Bombenterror und Kriegsverbrechen wollen, muss klar sein, dass es dieses nur geben kann, wenn die Ursachen dieses Kriegs beseitigt werden. Wir setzen uns deshalb für ein Ende der Vertreibung und Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung durch den israelischen Staat ein. (…) In der BRD gilt: Schluss mit der Kriegspolitik und Unterstützung von Bombenterror. Schluss mit Waffenlieferungen, mit sogenannten Auslandseinsätzen und Stellvertreterkriegen. Schluss mit der Hetze bürgerlicher Parteien und Medien gegen Kriegsgegner*innen! Schluss mit anti-arabischem Rassismus! Die antisemitische Leidensgeschichte, die Interessen der israelischen Regierung und Kapitalist*innen und die antisemitischen Massaker erklären, wie es zum Krieg kommt, sie rechtfertigen jedoch weder Bombenterror noch Kriegsverbrechen. Keine Kriminalisierung palästinensischer Demonstrationen, keine weitere Einschränkung des Demonstrationsrechts. Des weiteren fordern wir hier: Schluss mit antisemitischen Angriffen gegen jüdische Arbeiter*innen, Studierende, Jugendliche etc., die in der BRD – unter den Augen des Gesetzes und der der bürgerlichen Regierung – auch heute hauptsächlich von deutschen Faschist*innen und rechten Antisemit*innen verübt werden. (…) wir stehen in diesem Konflikt, im Konflikt zwischen der israelischen Regierung und der palästinensischen Bevölkerung wie anderswo solidarisch an der Seite der ausgebeuteten und unterdrückten Mehrheit…“ Stellungnahme der organisierten autonomie Nürnberg vom 20. November 2023 externer Link
  • Der Nahost-Konflikt und die Linke hier: Stellungnahme des Grauen Blocks Basel
    Das Massaker der Hamas und der Gegenangriff der israelischen Regierung lösen unterschiedliche Reaktion und Aktionen aus. Mit wem solidarisieren wir uns? Der Graue Block positioniert sich.
    Vorweg: Wir sind der Graue Block, ein paar unentwegte, widerständige alte Menschen, die in der Mehrzahl in ausserparlamentarischen linken Bewegungen gross und alt geworden sind.
    Wir sehen mit Entsetzen, wie sich Teile dieser Bewegung hier bei uns über alle Grundsätze unserer linken und antifaschistischen Haltung hinwegsetzen, indem sie kritiklos Parolen von nationalistischen oder religiös-faschistischen Gruppierungen übernehmen und sich bedingungslos mit diesen solidarisieren. Dabei werden Slogans mit antisemitischen Inhalten verbreitet und Aktionen durchgeführt, welche unsere jüdischen Mitmenschen in Angst und Schrecken versetzen. Wir finden, es ist gerade in solch schwierigen, zugespitzten Situationen zentral, an unsere Grundwerte zu erinnern und antifaschistische Grundsätze zur Beurteilung und Analyse beizuziehen. Antifaschismus heisst für uns:
    – kein Bündnis mit religiösen Fundis, weder mit der Hamas noch mit anderen solchen Gruppen, egal ob sie sich als links, rechts, christlich, muslimisch oder jüdisch verstehen.
    – kein Anbiedern an die rechtsradikale israelische Regierung
    – keine Akzeptanz der Siedlungspolitik Israels und der Vertreibung von Menschen
    – kein Rassismus
    – kein Antisemitismus
    – keine Toleranz gegenüber homophoben, queer-feindlichen Haltungen
    – keine patriarchalen Strukturen
    – keine Legitimierung für Kriegstreiber:innen jeglicher Art
    Antifaschismus und Links-Sein bedeutet für uns, solidarisch zu sein mit den Menschen in Israel und Palästina, in Russland und in der Ukraine und überall auf der Welt, die den hohen Preis für das Agieren der Regierungen zahlen. In unserer Solidarität liegt eine grosse Kraft und sie gehört jenen, die unterdrückt werden; jenen, die keine Stimme haben. Antifaschismus heisst auch, nach Leuten und Kräften auf allen Seiten zu suchen, die eine linke, progressive, emanzipatorische Haltung vertreten. Solche Menschen gibt es, und sie brauchen unsere Unterstützung mehr denn je. Wir nehmen für keine der involvierten kriegsführenden Seiten Position ein. Wir schwenken keine Nationalflaggen, wir lehnen nationalistische Konzepte ab. Antifaschismus richtet sich gegen jegliche Diskriminierung, gegen alle Arten von totalitären oder religiösen Herrschaften und Systemen…“ Stellungnahme von und bei Grauer Block Basel externer Link (ohne Datum aber vom November 2023)
  • Die Todeswelt des Kapitalismus
    Die erdrückende Mehrheit der Linken weltweit presst den Nahostkonflikt in ein antikoloniales Schema von bezaubernder Schlichtheit. Für sie ist die Geschichte Israels nichts weiter als imperiale Knechtung der angestammten Bevölkerung, die Geburt des jüdischen Staates aus antisemitischer Verfolgung und Massenvernichtung kommt in diesem Bild so wenig vor wie der gehörige Anteil, den die arabische Reaktion in all ihren Varianten – vom stramm autoritären Staatssozialismus bis zum Djihadismus – an der verfahrenen Lage hatte und hat. Dass etwa die massenhafte (und durch nichts zu rechtfertigende) Vertreibung von Palästinenser:innen im Jahr 1948 im Zuge eines Krieges erfolgte, der mit einem Überfall auf Israel durch seine arabischen Nachbarstaaten begann; dass diese Menschen aus einem perfiden Kalkül heraus kaum irgendwo integriert worden sind und ihre Kinder und Kindeskinder bis heute in Flüchtlingslagern ausharren müssen; dass das vehement eingeklagte Recht auf »Rückkehr« nach völkischer Logik auf diese Kinder und Kindeskinder ausgeweitet wird – das alles macht das Bild zu kompliziert fürs antikoloniale Gemüt und wird daher beschwiegen.
    »Palästina«, ein Kollektivsubjekt, das weder Klassen noch politische Fraktionen kennt, handelt in dieser Optik durchweg mit der astreinen Legitimation des kolonial Unterdrückten. Im schlimmsten Fall gerät so selbst ein Blutbad, wie die Hamas es am 7. Oktober angerichtet hat, zum gerechtfertigten Akt des Widerstands, der Befreiung. (…)
    Eine etwas weniger drastische Variante besteht darin, den von der Hamas verübten Massenmord zwar nicht unbedingt gutzuheißen, ihn aber mit keiner Silbe zu erwähnen. Er taucht in den aktuellen Aufrufen zu propalästinensischen Demonstrationen praktisch nicht auf, so als würde das israelische Militär den Gazastreifen gerade aus lauter Jux und Dollerei unter Beschuss nehmen. Dabei müssten eigentlich gerade Leute, die sich mit der elenden Lage der palästinensischen Bevölkerung nicht abfinden wollen, der Hamas die Pest an den Hals wünschen. Sie übt eine Terrorherrschaft aus, und die massiven israelischen Militärschläge hat sie bei ihrem Massaker eiskalt einkalkuliert. Diese schlichte Feststellung dient anderen Fraktionen der Linken dazu, Israels rücksichtslosem Vorgehen im Gazastreifen die höhere Weihe der antifaschistischen Notwendigkeit zu verleihen. (…) Internationalist Perspective hält dagegen fest, dass nur der antinationale Klassenkampf einen Ausweg aus der Katastrophe bietet. Das ist so richtig, wie es fürs Erste hilflos bleibt. Die Morde an israelischen Zivilist:innen werden eine Klassenverbrüderung über nationale Grenzen hinweg so wenig fördern wie das massenhafte Grauen im Gazastreifen, das das israelische Militär gerade verursacht. Insofern gilt für das Statement von IP, was für jede sozialrevolutionäre Regung gerade gilt. Wir stehen im Abseits der Geschichte, müssen uns von der eigenen Ohnmacht aber nicht dumm machen lassen…“ Artikel von Internationalist Perspective am 18. November 2023 in communaut.org externer Link
  • Gaza: »Eine extreme Militarisierung des Klassenkriegs in Israel-Palästina«
    Interview mit Emilio Minassian aus dem Französischen übersetzt in M&K 11/2023 externer Link und mit deren Vorwort versehen
  • Selbst in den Mülltonnen des Kapitalismus gibt es soziale Spaltungen
    [Du interessierst dich schon lange für das, was in Palästina passiert, ohne ein pro-palästinensischer Aktivist zu sein. Was hat eine Kritik, die sich der Revolution zuwendet, zu dem zu sagen, was sich dort abspielt?]
    Ich würde sagen, dass man als Erstes davon ausgehen sollte, dass es nicht zwei Lager gibt, ein palästinensisches und ein israelisches. Diese Menschen leben in einem einzigen Staat und in einer einzigen Wirtschaft. Innerhalb desselben, sagen wir israelisch-palästinensischen Gebildes – das jedoch vollständig in israelischer Hand liegt – sind die sozialen Klassen nicht nur in unterschiedliche Rechtsstellungen auf der Grundlage ethnisch-religiöser Kriterien eingebettet, sondern auch „zoniert“. Der Gazastreifen wurde nach und nach zu einem „Reserve-Gefängnis“, in dem zwei Millionen Proletarier, die an die Ränder des israelischen Kapitals verwiesen wurden, festgesetzt sind. Letzteres bleibt jedoch in letzter Instanz ihr Herr. Die Menschen in Gaza benutzen israelisches Geld, konsumieren israelische Waren und haben Ausweise, die von Israel ausgestellt wurden.
    Der gegenwärtige „Krieg“ entspricht in der Tat einer Situation extremer Militarisierung des Klassenkriegs.
    Ein „Land für zwei Völker“ – ein solches Raster der Situation in Israel-Palästina ist abwegig. Nirgendwo auf der Welt gehört das Land den Völkern. Es gehört den Besitzern. Das mag alles sehr theoretisch klingen, aber die Existenz der sozialen Beziehungen selbst wirft die Idee der „Lager“ auf diejenigen zurück, denen sie gehört: die Herrschenden
    …“ Interview mit Emilio Minassian vom 30.10.2023 am 5.11.23 in dt. Übersetzung in non.copyriot externer Link
  • Was heißt: „Nie wieder!“?
    Antifaschismus Deutsche müssen aufgrund ihrer Geschichte an der Seite Israels stehen, heißt es. Was aber bedeutet eine koloniale Vergangenheit für die Verantwortung gegenüber Palästinensern? Über Herkunft und Zerrissenheit angesichts der Krise in Nahost. (…) „Das ist unsere Verantwortung“, sagte mein Vater. „Das ist unsere Verantwortung als Deutsche, meine Tochter: Nie wieder! Nie wieder Großdeutschland. Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus.“ So wuchs ich auf, wie so viele andere Kinder der 1968er-Eltern in Deutschland. Nie wieder, das hing von mir ab. „Nein! Lass dir diese riesige, diese enorme Schuld auf keinen Fall aufbürden“, so wuchs ich auch auf. (…) Meine Mutter ist Französin, und am liebsten hätte sie mich in Frankreich groß gezogen, aber da sie sich nun einmal in einen Deutschen verliebt hatte, in Berlin, wurde dieses Versprechen nie eingelöst. Ich ging auf eine deutsche Schule, wir machten einen Schulausflug in das KZ Sachsenhausen, und ich wurde im Geist der Verantwortung deutscher Erinnerungskultur erzogen, für das „Nie wieder!“ sorgen zu müssen. Ich verstand nicht, was daran falsch sein soll. Bis ich mit meiner Mutter zum ersten Mal über den Nahostkonflikt diskutierte. „Meine Tochter, du wirst dich sehr quälen, eine Position zu finden – meine Position aber ist klar“, sagte sie, „als Pied-Noir muss ich zu den Palästinensern stehen, aber das versteht in Deutschland niemand.“ Tatsächlich verstand das in Deutschland niemand. (…) Da stehe ich also, zwischen „Nie wieder“ und „wir müssen an der Seite der Palästinenser stehen“. Ich lese stumm die Statements von anderen Deutschen, die aus ihrer eigenen historischen Verantwortung heraus schreiben: „I stand with Israel“, „deutsche Staatsräson“. So einfach geht für sie also „Nie wieder“? Ganz ohne Zerrissenheit? Das Ende der Empathie ist eine Basis des Faschismus (…) Jetzt aber gilt es nicht, eine Identität zu finden, sondern Menschlichkeit zu schützen. Wer kein Leid ausblendet, sondern Schmerzen aufgrund des Leids aller Menschen zulässt, findet keine Eindeutigkeit, sondern nichts als Zerrissenheit. Die Besatzung und Gewalt gegen Palästinenser über 70 Jahre rechtfertigt kein Massaker an Zivilisten. Und: Ein Massaker an Zivilisten rechtfertigt keine Kriegsverbrechen gegen Zivilisten. Und: Kriegsverbrechen gegen palästinensische Zivilisten rechtfertigen keine Übergriffe gegen Synagogen oder jüdisches Leben. Und: Übergriffe gegen Synagogen und jüdische Einrichtungen rechtfertigen keine Verbote palästinensischer Flaggen, Veranstaltungen oder Kleidungsstücke. Das klingt einfach. Aber es zerreißt. (…) Jetzt ist die Zeit, Geschichte nicht als Schutzschild vor neuer Verantwortung zu missbrauchen, sondern als Möglichkeit, aus verpassten Verantwortungsübernahmen zu lernen, und so die Geschichte verantwortlich voranzubringen, statt sie zu wiederholen. Geschichte zu wiederholen, das hieße für mich: Die einen Menschen auszublenden in der Fehlannahme, die anderen Menschen auf diese Weise besser zu sehen. Diese falsche Entscheidung treffe ich: Nie wieder. Die richtige Entscheidung ist die, die zerreißt. Immer wieder.'“ Artikel von Elsa Koester vom 18.10.2023 im Freitag online externer Link
  • Kalaschnikow und Olivenzweig
    Ich bin, seit ich politisch denken kann, ein pro-palästinensisch eingestellter Linker und werde das bis zur Befreiung Palästinas auch bleiben. Dennoch befremdet mich, wie derzeit im pro-palästinensischen linken Lager mit der militärischen Aktion vom 7. Oktober 2023 unter der Führung der Hamas, dem Al-Aqsa-Sturm, umgegangen wird. Unter Bezugnahme auf die Angaben der israelischen Regierung (ich sehe derzeit keinen Grund, Gegenteiliges anzunehmen) von rund 1000 getöteten Nichtkombatant*innen und etwa 300 getöteten Sicherheitskräften muss die Aktion ganz offensichtlich als eine terroristische eingestuft werden. Mehr noch könnte man schon fast argumentieren, dass Sicherheitskräfte per Zufall am Rande der Massenerschießungen auch mitgetötet wurden, und nicht Hauptziel waren. Ideologie wie Diskurs der Hamas triefen vor ganz klassischem Antisemitismus, wie üblich für reaktionäre islamistische Organisationen…“ Beitrag von Alp Kayserilioğlu vom 18. Oktober 2023 im re:volt magazine externer Link
  • Ein Abgrund. Krieg in Israel und Gaza: Warum die Linke ihren moralischen Kompass neu ausrichten muss
    „… So gut wie jede Person in Israel ist auf die eine oder andere Weise, über eine oder mehrere Ecken, von diesem Massaker betroffen. Jedes Menschenleben zählt. Aber dass unter den Getöteten auch langjährige Aktivist*innen gegen Israels Besatzungspolitik waren, ist ein zynischer Spiegel des moralischen Abgrunds dieser Katastrophe. Etwa die Aktivistin Vivan Silver von Road to Recovery, einer Organisation, die in den letzten Jahren immer wieder half, Patient*innen in Not aus Gaza zur Behandlung nach Israel zu transportieren; Shahar Tzemach von Breaking the Silence, der Führungen in Hebron durchführte, um Menschen aus Israel-Palästina oder Besucher*innen über die Realität der palästinensischen Bantustans im Westjordanland aufzuklären; oder Hayim Katsman, der noch im Juni dieses Jahres für Ha’aretz eine bestechende Analyse über die Hegemonie-Bestrebungen der israelischen Rechten aufschrieb.
    Was außer Zweifel steht: Das Massaker, das Hamas letzten Samstag verübte, ist ein schwer in Worte zu fassendes Kriegsverbrechen. Die Ermordung von Zivilisten*innen, die Tötung und Entführung von Neugeborenen und Kindern, die psychische Folter ganzer Freundeskreise und Familien, die nicht wissen, ob Seelenverwandte oder Angehörige tot sind, wird über Jahrzehnte nachwirken und tiefe Spuren hinterlassen. Schmerz wird zu Trauma wird zu Angst werden – zumal unter dem Einfluss weltweit anwachsender rechter Demagogie, die das Trauma schon jetzt für eine Politik der Abschottung und bedingungslosen Militarismus instrumentalisiert. Diese Angst nicht zu Hass werden zu lassen und bestehende, fragile Bündnisse nicht an ihr zerbrechen zu lassen, ist eine vorhersehbare Herausforderung, die linke Gruppen und ganze Gesellschaften auf die Probe stellen wird. Dieser Herausforderung gebührt Solidarität.
    Was auch klar ist: Eine Linke, die versucht, ein Massaker wie das von der Hamas begangene in ein Diskursparadigma antikolonialen Widerstands zu zwängen, ist keine. Nicht, weil Palästinenser*innen in Gaza oder im Westjordanland nicht jahrzehntelanger kolonialer Gewalt ausgesetzt wären. Nicht, weil ein Aufbegehren gegen diese von vielen westlichen Staaten inklusive Deutschland teils bis ins Groteske normalisierte Gewalt nicht erwartbar, sogar nachvollziehbar wäre. Sondern, weil allein der Gedanke, dass das Verletzen, Entführen und brutale Massakrieren von Zivilist*innen – noch dazu Zivilist*innen innerhalb Israels anerkannter Grenzen von 1948 – etwas aufwiegen oder gar rechtfertigen würde, jedem humanistischen Grundsatz widerspricht. Diese Grundsätze aufzugeben, kann sich linkes Denken nicht erlauben. (…)
    Die Versuche der israelischen Rechten, den historischen und politischen Kontext des Massakers im Süden Israels auszuklammern – Versuche, die von der deutschen Mehrheitsgesellschaft und ihrer politischen Repräsentation in diesen Tagen weitgehend unkritisch übernommen werden –, wirken bizarr reduktionistisch. Kontext ist nicht gleich Rechtfertigung. Kontext ist nicht gleich Verharmlosung. Kontext ist die Grundlage jeder ernstzunehmenden moralisch-politischen Bewertung. (…)
    Der Massenmord der Hamas ist somit auch eine Art Handreichung an rechte Demagogen. Hamas lieferte Netanyahu und den Hardlinern in seiner Koalition den Brandbeschleuniger, um ihre expansionistische Agenda noch zu erweitern. Dazu zählt das im Koalitionspapier dieser Regierung 2022 explizit benannte Ziel einer Annexion des palästinensischen Westjordanlands. Indem Smotrich alle Behörden der zivilen Administration übertragen wurden, wurde dieser Prozess bereits de jure eingeleitet. (…)
    Das Hamas-Massaker ist ein historischer Einschnitt, der jetzt auch dazu geführt hat, den über 40 Wochen andauernden Protest gegen den israelischen Justizumbau schlagartig zu beenden. Die Proteste hatten Millionen Menschen in Israel auf die Straßen gebracht. Sie bewogen Reservist*innen der israelischen Armee und junge Israelis, Dienstverweigerung anzukündigen beziehungsweise Einberufungsbefehle zu verbrennen. In linken und liberalen Kreisen in Israel wuchs in den letzten Monaten ein immer klarsichtigeres Verständnis für die Verschränkung zwischen Israels Besatzungspolitik, dem Siedlungsprojekt und dem Justizputsch. Wenngleich die Proteste in ihrer bisherigen Form zu Ende sind, hat sich der Hass auf Netanyahu nicht in Luft aufgelöst. Allein, dass Israels Vergeltungsschlag auf Gaza größere Priorität eingeräumt wird als dem Versuch, zu einem Deal über die Rückführung entführter israelischer Geiseln zu gelangen, lässt Abertausende Israelis dieser Tage schockiert zurück. (…) Die Linke wird durch die Situation auf eine ernsthafte Probe gestellt. Sie sollte nicht die Fehler ihrer Regierungen wiederholen und sich nullsummenhaft auf die Seite von Flaggen schlagen, kritische Stimmen übergehen und die Humanität ganzer Bevölkerungsgruppen ausblenden. Sie muss eine Form von aktivem Humanismus walten lassen, der Dehumanisierung ganzer Gruppen, Palästinenser*innen oder Israelis, Jüdinnen und Juden oder Muslime, unmissverständlich verurteilt. Das heißt, sie muss Widerstand leisten gegen Antisemitismus im Namen des antikolonialen Kampfes genauso wie Widerstand gegen institutionalisierten Rassismus im Namen der sogenannten Israelsolidarität. Die israelische Linke zeigt dieser Tage vorbildhaft, dass derartiger Humanismus möglich und essenziell nötig ist
    .“ Artikel von Hanno Hauenstein vom 14. Oktober 2023 aus ak 697 externer Link

Gewerkschaften international (wertfrei dokumentiert)

  • USA: National Labor Network for Ceasefire und 7 große Gewerkschaften rufen zu Protesten am 24. Juli gegen Netanjahus Rede vor dem Kongress in Washington auf

    • Sieben große US-Gewerkschaften fordern Biden auf, „die Militärhilfe für Israel einzustellen
      Sieben große US-Gewerkschaften, die rund 6 Millionen Arbeitnehmer vertreten, haben am Dienstag einen Brief an Joe Biden geschickt, in dem sie seine Regierung auffordern, vor dem Besuch des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu in den USA in dieser Woche „sofort alle Militärhilfe für Israel einzustellen“. Zu den Gewerkschaften, die das Schreiben unterzeichnet haben, gehören die Association of Flight Attendants (AFA), die American Postal Workers Union (APWU), die International Union of Painters (IUPAT), die National Education Association (NEA), die Service Employees International Union (SEIU), United Auto Workers (UAW) und United Electrical Workers (UE).
      „Unsere Gewerkschaften hören die Schreie der Menschheit, während dieser grausame Krieg weitergeht“, sagte Mark Dimondstein, der Präsident der APWU, in einer Pressemitteilung. „Die arbeitenden Menschen und unsere Gewerkschaften sind entsetzt, dass unsere Steuergelder diese anhaltende Tragödie finanzieren. Wir brauchen jetzt einen Waffenstillstand, und der beste Weg, dies zu erreichen, ist die Einstellung der US-Militärhilfe für Israel.“ In dem Schreiben brachten die Gewerkschaften ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass der im Mai 2024 angekündigte dreiteilige Waffenstillstandsplan des US-Präsidenten angesichts der anhaltenden Gewalt in Gaza nicht in vollem Umfang akzeptiert wurde. (…) „Es ist jetzt an der Zeit, entschlossen zu handeln, um diesen Krieg zu beenden. Die Einstellung der US-Militärhilfe für Israel ist der schnellste und sicherste Weg, um dies zu erreichen, es ist das, was das US-Recht verlangt, und es wird Ihr Engagement für die Sicherung eines dauerhaften Friedens in der Region zeigen.“ Anfang dieses Jahres haben die US-Gewerkschaften das National Labor Network for Ceasefire ins Leben gerufen, das von Dutzenden lokaler Gewerkschaften in den USA unterzeichnet wurde, darunter die Unterzeichner des Schreibens und National Nurses United. Der Brief kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Aktivisten diese Woche in Washington DC Protestdemonstrationen gegen Netanjahus Besuch planen, seinen ersten Besuch in den USA seit dem 7. Oktober. Tausende von Demonstranten werden in Washington DC erwartet, um ein Ende der US-Hilfe für Israel zu fordern, die den Krieg im Gazastreifen angeheizt hat.“ engl. Artikel von Michael Sainato vom 23.7.2024 in The Guardian externer Link (maschinenübersetzt), siehe den Aufruf externer Link
    • Seit Dezember fordert die UAW einen Waffenstillstand in Israel und Palästina sowie ein Ende des Krieges im Gazastreifen. In dieser Woche wird der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu vor den Kongress kommen und unsere Regierung auffordern, diesen Krieg weiterhin zu unterstützen. Wir weisen diese Beleidigung all jener zurück, die Frieden und Gerechtigkeit fordern.
      Am Mittwoch, dem 24. Juli, beteiligt sich die UAW gemeinsam mit dem National Labor Network for Ceasefire an einer Massenmobilisierung in Washington, DC, um gegen Netanjahus Besuch zu protestieren und ein Ende aller US-Militärhilfe für diesen Krieg zu fordern
      .“ engl. Tweet von UAW vom 22. Juli 2024 externer Link mit schönem Plakat
    • 24. Juli: Netanjahus Rede vor dem Kongress ablehnen!
      Am 24. Juli wird der gesuchte Kriegsverbrecher Benjamin Netanjahu vor einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses sprechen, um mehr US-Hilfe für seinen andauernden Völkermord am palästinensischen Volk zu fordern. Netanjahu, einem Kriegsverbrecher, der in diesem Moment einen Völkermord begeht, diese Plattform zu bieten, ist eine tiefe Beleidigung für die über hunderttausend Palästinenser, die allein in den letzten neun Monaten getötet oder verletzt wurden, und eine tiefe Beleidigung für die US-Bevölkerung, die mehrheitlich die fortgesetzte Kollaboration der USA mit Israels Übergriffen auf das palästinensische Volk ablehnt. Sowohl demokratische als auch republikanische Abgeordnete haben sich in ihrer Unterstützung für Israel geeinigt, aber es gibt keinen Grund, warum ein Kriegsverbrecher, der sich Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hat, vor dem Kongress sprechen darf.
      Am 24. Juli werden wir aus dem ganzen Land zusammenkommen, um die größte Ablehnung eines ausländischen Diplomaten in der Geschichte der USA zu organisieren. Wir werden seine Verhaftung in Übereinstimmung mit dem Internationalen Strafgerichtshof und die Einstellung der US-Hilfe und der Waffenlieferungen an Israel fordern. Wir werden das Kapitol umzingeln, um zu zeigen, dass Netanjahu in den USA nicht willkommen ist. Das Arbeiterkontingent wird sich an der 4th St NW & Pennsylvania Avenue NW treffen.
      In ihren stolzesten Momenten hat die Arbeiterbewegung fest auf der Seite der Unterdrückten und damit auf der Seite der Gerechtigkeit gestanden. Wir erheben heute unsere Stimme im Geiste dieser stolzen Tradition derselben Bewegung, die sich gegen die südafrikanische Apartheid und in Solidarität mit dem gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Diktaturen in Lateinamerika einsetzte. Wir erheben unsere Stimmen, um die US-Regierung aufzufordern, ihre Hilfs- und Waffenlieferungen an Israel einzustellen, und um die Verhaftung des Kriegsverbrechers Netanjahu in Übereinstimmung mit dem Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs zu fordern. Wir erheben unsere Stimme, um unsere Solidarität mit dem palästinensischen Volk zum Ausdruck zu bringen. Wir laden Sie daher ein, sich unserem Aufruf für diese nationale Mobilisierung am 24. Juli anzuschließen. engl. Aufruf zum Mitzeichnen externer Link (maschinenübersetzt)
    • Beim National Labor Network for Ceasefire externer Link nichts dazu gefunden
  • Entschließung zum Konflikt zwischen Palästina und Israel des 11. EPSU-Kongresses im Juni 2024 in Bukarest
    Die Entschließung zum Konflikt zwischen Palästina und Israel externer Link (dt. Fassung) – die ver.di-Vertreter*innen ihre Zustimmung zur mit großer Mehrheit verabschiedeten Initiativentschließung mehrheitlich, nicht einstimmig verweigert und es wird spekuliert , dass dies an einem (oder beiden) der Punkte liegen könnte:

    • 5. Wir fordern die vollständige Umsetzung der sechs provisorischen Sofortmaßnahmen, die der Internationale Gerichtshof (IGH) am 26. Januar als Antwort auf den Antrag Südafrikas vom 29. Dezember 2023 angeordnet hat, Israel wegen des Verbrechens des Genozids in Gaza und somit wegen des Verstoßes gegen die Völkermordkonvention von 1948 zu Initiativentschließung für den Kongress zum Konflikt zwischen Palästina und Israel 2 verklagen. Mit diesen sechs Sofortmaßnahmen ordnet der IGH – und implizit auch die internationale Gemeinschaft – an, dass Israel alle in seiner Macht stehenden Mittel einsetzt, um genozidale Handlungen zu verhindern einschließlich der Verhinderung und Bestrafung der Aufstachelung zum Völkermord. Israel muss weiterhin sicherstellen, dass die grundlegende Versorgung für die unter der Belagerung in Gaza lebenden Menschen möglich ist und dass mögliche Beweise für Verbrechen in Gaza nicht zerstört werden. Entsprechend einem Urteil des Internationalen Gerichtshofs muss gegen die israelische Regierung jeder denkbare internationale Druck ausgeübt werden, um Forderungen nach Frieden durchzusetzen. Wir unterstützen friedliche Proteste und verurteilen Versuche, eine demokratische Mobilisierung zum Schweigen zu bringen.“ oder
    • 8. Der Kongress unterstützt die Forderung des EGB nach Regulierungsmaßnahmen, die juristischen Personen aus der EU den Import von Produkten, die aus den illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten stammen, genauso verbieten wie den Export von Produkten in diese Gebiete. Es sollten ebenfalls Handelssanktionen und andere Sanktionen einschließlich der Aussetzung der Handelsbeziehungen in Erwägung gezogen werden. Der Kongress greift ebenfalls Forderungen auf, dass EU[1]Mitgliedstaaten und andere Staaten, die Palästina nicht als Staat anerkennen, dies unverzüglich nachzuholen. Es wird begrüßt, dass einige EU-Mitgliedstaaten signalisiert haben, dieser Forderung nachzukommen.“
    • In Punkt 9. werden aber auch die Militärausgaben im Nahen Osten kritisiert – es kann auch nur schlicht die Staatsräson sein… Auf jeden Fall ist die Entschließung lesenswert und für gewerkschaftlichen Pazifismus nutzbar!
    • Der 11. EPSU-Kongress externer Link fand vom 18. bis 20. Juni in Bukarest, Rumänien, statt. EPSU/EGÖD ist die European Federation of Public Service Unions, also die Europäische Dienstleistunsgewerkschaft
  • Offener Brief an den DGB-Bundesvorstand der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften VKG: Euer Schweigen zu dem Krieg in Gaza ist unerträglich!
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, Euer Schweigen zu dem Krieg in Gaza ist unerträglich! Ihr alle wisst, was los ist, aber auf der Website und in den Medien des DGB steht kein Wort. Ihr habt den Überfall der Hamas am 7. Oktober verurteilt, aber fast 40 000 getötete Zivilist:innen sind Euch kein Wort wert?
    Besonders verwundert uns, dass keine der Resolutionen und Erklärungen des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften oder von IndustriALL übersetzt und veröffentlicht werden. So hat der Internationale Gewerkschaftsbund am 8.2.24 die Wiederaufnahme der UNRWA-Zahlungen gefordert und am 29.5.24 seine Solidarität mit den Palästinensischen Arbeiter:innen bekräftigt. Dabei wurde auch die Besorgnis über die “schwere humanitäre Krise” ausgedrückt, die die Menschen in Gaza trifft, ein sofortiger Waffenstillstand gefordert, die Freilassung aller Geiseln und aller ohne gerichtliches Verfahren Inhaftierten (also mehreren Tausend Palästinenser:innen), und die sichere Rückkehr aller durch den Konflikt Festgehaltenen. Über Gaza hinaus wurde der Abbau aller illegalen Siedlungen in der Westbank gefordert und eine Hauptstadt Palästinas in Ost-Jerusalem. (…) Wir finden es untragbar, dass das Schweigen des DGB hier die Solidarität der internationalen Gewerkschaftsbewegung untergräbt, sowohl gegenüber den palästinensischen Kolleginnen und Kollegen, wie auch gegenüber der überwältigenden Mehrheit der Gewerkschafter:innen weltweit. Wir fordern Euch auf, alle diese Erklärungen zu übersetzen und zur gewerkschaftlichen Diskussion bereitzustellen.
    Wir dürfen uns nicht davor fürchten, dass die Medien die Positionen der internationalen Gewerkschaften als „antisemitisch“ diffamieren könnten. Im Gegenteil, das sollte ein gutes Mittel sein, gegen die derzeitige Demagogie vorzugehen, die Kritik an Israels Regierung und Politik mit Antisemitismus gleichsetzt, um so diese Politik und Regierung zu unterstützen. Dies ist umso mehr nötig, da diese Demagogie sich zunehmend gegen die Meinungsfreiheit aller Kolleginnen und Kollegen in Deutschland richtet, bis hin zu Entlassungen und Berufsverboten…“ Offener Brief vom 13. Juni 2024 externer Link bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften VKG (Kopie an Mitgliedsgewerkschaften, Internationalen Gewerkschaftsbund, IndustriALL), auch zum Ausdrucken und Weiterverbreiten externer Link
  • Globale GewerkschaftsführerInnen bekräftigen Unterstützung für palästinensische Gewerkschaften und das palästinensische Volk
    Diese Woche reisten führende Vertreter von acht Globalen Gewerkschaftsverbänden (GUFs) und des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) nach Ramallah, um den Gewerkschaften im Westjordanland und im Gazastreifen ihre Solidarität zu bekunden. Diese Organisationen vertreten fast alle Sektoren der Weltwirtschaft und haben Mitglieder in mehr als 150 Ländern, die über 200 Millionen Arbeitnehmer vertreten. In Zusammenarbeit mit den palästinensischen Mitgliedsorganisationen und anderen haben die GUFs, die alle Mitglieder des Council of Global Unions (CGU) sind, zugesagt, ihre Bemühungen zu intensivieren, um den lokalen Gewerkschaften dabei zu helfen, diese für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwierigen Zeiten zu meistern und ihre Rolle als wichtige Triebkräfte des Wandels in Palästina zu erfüllen.
    Die Delegation, der die Generalsekretäre des IGB und der GUFs sowie eine Reihe führender Gewerkschaftsvertreter aus der ganzen Welt angehörten, traf mit Vertretern des Palästinensischen Allgemeinen Gewerkschaftsbundes (PGFTU) sowie mit Gewerkschaftsvertretern aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen zusammen. Die Delegation hatte das Privileg, Präsident Abbas zu treffen. Während der Reise vom 28. bis 30. Mai 2024 trafen sie auch die stellvertretende Premierministerin Dr. Samah Abou Oun und mehrere Minister der Regierung. Mehrere globale Gewerkschaften arbeiten bereits eng mit ihren palästinensischen Kolleginnen und Kollegen zusammen und haben sich verpflichtet, den Kampf der palästinensischen Beschäftigten zu unterstützen und zu fördern
    …“ engl. Meldung vom 30. Mai 2024 von IFJ externer Link (maschinenübersetzt)
  • 20. Mai: Europäischer Tag der Solidarität mit den palästinensischen Arbeiterinnen und Arbeitern
    Die Union syndicale Solidaires, die Verbindungen zu zahlreichen palästinensischen Gewerkschaften aufgebaut hat, schließt sich diesem Tag an. Wir verurteilen die Kolonisierung, die Besetzung und die Apartheid, die die israelische Regierung seit Jahrzehnten gegen das palästinensische Volk betreibt. (…) Das Europäische Gewerkschaftsnetzwerk für Gerechtigkeit in Palästina (ETUN), dem auch die Gewerkschaft Union syndicale Solidaires angehört, hat beschlossen, den 20. Mai zum Europäischen Tag der Solidarität mit den palästinensischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu machen. Diese Initiative wird von den palästinensischen Gewerkschaften unterstützt...“ franz. Aufruf bei Solidaires externer Link, siehe auch den Aktionstag bei European Trade Union Network for Justice in Palestine externer Link, auch bei ETUN Palestine auf Twitter externer Link
  • Die Gewerkschaft UAW kritisiert die Massenverhaftungen von Anti-Kriegs-Protestierenden in den USA
    „“Die UAW wird niemals Massenverhaftungen oder Einschüchterungen von Personen unterstützen, die ihr Recht auf Protest, Streik oder Äußerung von Ungerechtigkeit wahrnehmen. Unsere Gewerkschaft ruft seit sechs Monaten zu einem Waffenstillstand auf. Dieser Krieg ist falsch, und dieses Vorgehen gegen Studierende und akademische Beschäftigte, von denen viele UAW-Mitglieder sind, ist falsch. Wir fordern die Machthaber auf, die verhafteten Studierenden und Beschäftigten freizulassen, und wenn Sie den Aufschrei nicht ertragen können, hören Sie auf, diesen Krieg zu unterstützen.““ engl. Kommentar vom 1.5.24 von UAW-Präsident Shawn Fain externer Link (maschinenübersetzt) zu Massenverhaftungen von Anti-Kriegs-Protestierenden in den USA  bei der UAW, siehe zum Hintergrund:

    • «Free Gaza»-Proteste: «Was hier passiert, ist Irrsinn». Die USA erleben die grössten Student:innenproteste seit dem Vietnamkrieg. An der Columbia-Universität eskalierte die Lage diese Woche
      „Wie wird die Columbia-Universität einst auf diese Ereignisse zurückblicken? In der Nacht auf den 30. April 2024 besetzten Student:innen die Hamilton-Halle mit Decken und Schlafsäcken, verbarrikadierten die Eingänge mit Holztischen und benannten die Halle in «Hind’s Hall» um – zu Ehren von Hind Rajab, einer Sechsjährigen, die vom israelischen Militär getötet wurde, nachdem sie als Einzige ihrer Familie einen Panzerbeschuss auf ein Fahrzeug überlebt hatte. Am Tag zuvor hatte Minouche Shafik, die Präsidentin der New Yorker Eliteuniversität, mitgeteilt, die Verhandlungen zwischen der Universitätsleitung und den Teilnehmer:innen des Protestcamps auf dem Campus seien gescheitert. Den Demonstrant:innen setzte sie ein Ultimatum, ihre Zelte zu räumen – wer bleibe, würde suspendiert werden. Das Ultimatum verstrich ungenutzt. Worauf die Polizei in der Nacht auf Mittwoch das besetzte Gebäude stürmte und das Zeltlager räumte. Dutzende Student:innen wurden festgenommen. Was als friedlicher Protest begann, endete in Chaos und Gewalt. (…) Als die Student:innen der Hochschule in Manhattan vor zwei Wochen das propalästinensische Zeltlager errichtet hatten, liess es die Unipräsidentin Shafik am Tag darauf von Polizist:innen in Kampfausrüstung auflösen. Mehr als hundert friedliche Demonstrant:innen wurden verhaftet und vom Unterricht suspendiert. Einen Tag nach dem Abriss bauten die Studierenden die Zeltstadt auf der gegenüberliegenden Rasenseite wieder auf. Seitdem hat sich ein Dominoeffekt in Gang gesetzt, dessen Wucht noch nicht absehbar ist: An Universitäten in zwei Dutzend Bundesstaaten gibt es Proteste, Polizeieinsätze und Massenverhaftungen. Politiker:innen wie US-Senator Bernie Sanders haben ihre Unterstützung für die Proteste ausgesprochen. Kongressabgeordnete wie Ilhan Omar und Alexandria Ocasio-Cortez haben die Zeltstadt in New York besucht. Die Protestierenden werfen der US-Regierung wegen der Militärhilfe für Israel die Beteiligung an einem Völkermord vor und fordern von ihren Universitätsleitungen, Investitionen in Firmen zu stoppen, die von Israels Krieg in Gaza profitieren. Allein die Columbia-Universität hat ein Stiftungsvermögen von mehr als 14 Milliarden US-Dollar, das sie auch gewinnbringend anlegt. «Ich bin stolz auf diese jungen Menschen», sagt Khalil. «Ja, sie machen Fehler. Aber das sind die klügsten Köpfe Amerikas, und sie kämpfen für Gerechtigkeit.» In den Protesten beobachtet er neue Allianzen zwischen jüdischen und arabischen Student:innen, Zusammenarbeit und Solidarität. (…) An der Columbia zeigt sich ein Dilemma, vor dem Universitäten im ganzen Land stehen. Sie müssen entscheiden, was Vorrang hat: Recht und Ordnung oder das Recht der Studierenden, gegen das Leid in Gaza zu protestieren. Gleichzeitig häufen sich Berichte über Vandalismus, Hassrede, antisemitische und islamophobe Vorfälle. Immer wieder soll das Massaker der Hamas am 7. Oktober relativiert oder gerechtfertigt worden sein. Auch gegen einen proisraelischen Professor, der in sozialen Medien Hetze verbreitet haben soll, wird ermittelt. (…) «Gibt es einen Weg, militanten Widerstand zu leisten, ohne antisemitisch zu sein?», fragt ein Protestteilnehmer. Die Gesprächsrunde verläuft im «Safe Space» und ohne Konfrontation, allerdings auch, ohne kontroverse Themen abzuhandeln. Alle sind höflich, alle hören einander zu. «Nie habe ich mich sicherer gefühlt als hier», sagt die junge Frau mit der Wassermelonenkippa. Im Protestcamp habe sie Gemeinschaft und Freundschaft gefunden. Als «viel zu simplistisch» wird Aharon, ein linker und jüdisch-orthodoxer Philosophiestudent aus Israel, die Diskussion am darauf‌folgenden Tag kritisieren. Er leitet die Campusinitiative «Jews for Ceasefire» und arbeitete mit dem Protestcamp an einer Strategie, mit der Teilnehmende für antisemitische Äusserungen verantwortlich gemacht werden sollten – allerdings besteht auch unter Jüd:innen kein Konsens darüber, was als antisemitisch gelten soll und was nicht…“ Bericht von Marina Klimchuk aus New York aus der WOZ Nr. 18 vom 2. Mai 2024 externer Link
  • Aufruf des Palästinensischen Allgemeinen Gewerkschaftsbundes an die internationale Gewerkschaftsbewegung zum Streik für Palästina am 1. Mai
    An diesem Maifeiertag und dem Nakba-Tag appellieren wir, die Palestinian General Federation of Trade Unions – Gaza, dringend an unsere Brüder und Schwestern in der internationalen Gewerkschaftsbewegung, sich mit Palästina zu solidarisieren, indem sie sich uns in einer kollektiven Aktion anschließen, um die „business as usual“ zu stören. Wir bitten euch, den Status quo an euren Arbeitsplätzen und in euren Gemeinden in Frage zu stellen und die Gewalt gegen Palästinenser nicht zu unterstützen. Erheben Sie Ihre Stimme und ergreifen Sie Maßnahmen, um die Handelsströme zu unterbrechen, die Israels militärische Besetzung und die Ausbeutung der palästinensischen Arbeitnehmer aufrechterhalten. (…)
    Die palästinensischen Arbeitnehmer waren schon immer das Rückgrat des palästinensischen Kampfes für Freiheit und Gerechtigkeit. Die gezielten Angriffe Israels auf gewerkschaftliche Einrichtungen, einschließlich des Hauptquartiers des Palästinensischen Allgemeinen Gewerkschaftsbundes in Gaza, sowie auf alle unsere Büros, stellen einen eklatanten Angriff auf die Lebensgrundlage der palästinensischen Arbeitnehmer dar. Trotz dieses unerbittlichen Angriffs versuchen wir weiterhin, unsere Gemeinden zu schützen, Kinder in behelfsmäßigen Zelten zu unterrichten, Nachrichten zu verbreiten, Verwundete zu versorgen und die Verteilung von Lebensmitteln zu organisieren. Als palästinensische Arbeitnehmer verpflichten wir uns, uns für unsere Gemeinschaften stark zu machen.  An diesem Mai- und Nakba-Tag, an dem die Regierungen weiterhin die Augen verschließen, berufen wir uns auf die lange Tradition des gewerkschaftlichen Internationalismus und wenden uns direkt an Sie: Wir fordern Sie auf, sich mit unserem Kampf zu solidarisieren und entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um die zahllosen gefallenen Märtyrer und die zerrissenen Familien zu ehren und Druck für ein freies Palästina aufzubauen
    …“ engl. Aufruf bei Workers in Palestine externer Link (maschinenübersetzt) – von den israelischen Gewerkschaften keinen Aufruf gefunden
  • Gazakrieg stoppen – Menschenleben retten. Kundgebung von Berliner Gewerkschaftsmitgliedern am 10. April 2024
    Wer schweigt, stimmt zu. Wir Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter schweigen nicht: zum Krieg Israels gegen Gaza nach dem Massaker der Hamas, wir schweigen nicht zu dem unermesslichen Leiden und Sterben der Menschen dort, wir schweigen nicht zu der ausgebrochenen Hungersnot, weil Hilfslieferungen nicht in dem nötigen Ausmaß in den Gazastreifen gelassen werden. Wir schweigen nicht zur Rolle der Bundesregierung, die durch die Einschränkung der Zahlungen an das UNRWA (UN-Hilfswerk für die Palästinenserinnen) für diese Notlage mit verantwortlich ist. Wir schweigen nicht zu den Waffenlieferungen an Israel, die zur Verlängerung dieses Krieges beitragen. Für uns Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gehören der Kampf gegen Unterdrückung und Krieg sowie die Kämpfe gegen den Angriff auf fundamentale Lebensgrundlagen zu unseren Grundüberzeugungen. Wir stehen an der Seite aller Opfer von Krieg und Gewalt, an der Seite der vom Bombenhagel getroffenen Bevölkerung im Gaza-Streifen und der seit Monaten festgehaltenen Geiseln und ihrer Familien. Unsere Solidarität gilt den Kräften in Palästina und Israel, die sich seit Jahren und Jahrzehnten für eine gerechte Lösung des Nahostkonflikts, für die Rechte der Palästinenser, für die Umsetzung der betreffenden UN-Resolutionen einsetzen. Wir fordern:
    – einen sofortigen Waffenstillstand und das Ende der Blockade des Gazastreifens
    – die Wiederaufnahme ausreichender Zahlungen an das UN-Hilfswerk durch die Bundesregierung
    – den Stopp aller Waffenlieferungen an IsraelAufruf in Forum Gewerkchaftliche Linke Berlin externer Link zur Kundgebung am 10. April 2024 von 16 bis 17 Uhr, am Platz des 18.März, Lindenrondell / Brandenburger Tor. Veranstalter: „AG Frieden in der GEW Berlin“.  Mitveranstalter: Berliner Gewerkschaftlicher Ratschlag gegen Aufrüstung und Krieg, Arbeitskreis gegen Deregulierung und Privatisierung, Forum Gewerkchaftliche Linke Berlin, Arbeitskreis Internationalismus IG Metall Berlin sowie weitere Mitglieder und Verantwortliche von ver.di  und IG Bau Berlin
  • Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften: Wir unterstützen den Palästina-Kongress 2024 in Berlin
    PALÄSTINA-KONGRESS 2024: WIR KLAGEN AN
    Die Palästinenser:innen erleiden einen Völkermord. Israel vernichtet Gaza und seine Bevölkerung. Bis Februar 2024 wurden 1.9 Millionen Menschen vertrieben. Mehr als 30’000 Palästinenser:innen wurden durch das israelische Militär getötet. Infrastruktur, Krankenhäuser, Universitäten, Schulen, Verwaltungsgebäude und Wohnblocks wurden zerbombt. Hunderttausende leiden an Hunger, haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und Medizin. In Reaktion darauf klagte Südafrika im Januar Israel vor dem Internationalen Gerichtshof des Genozids an. Das Gericht räumte Anzeichen für einen Genozid ein. Die deutsche Regierung antwortete unmittelbar. Der Vorwurf des Völkermordes „entbehre jeglicher Grundlage“. Tatsächlich ist die Selbstgerechtigkeit der deutschen Regierung bodenlos. Seit Oktober 2023 verzehnfachte sie die Waffenlieferungen an Israel. Wenige Tage nach dem Schiedsspruch des internationalen Gerichtshofes und während der Hunger grassiert, erklärte die deutsche Regierung, ihre humanitäre Unterstützung an die Palästinenser:innen einzustellen. Deutschland erklärt Recht zu Unrecht. Deutschland Unterstützt einen Genozid. Kommt zahlreich am 12.-14. April nach Berlin zum Palästina-Kongress 2024!.
    ..“ Aufruf der VKG vom 2. April 2024 externer Link, siehe auch https://palaestinakongress.de/ externer Link
  • [Resolution] Stoppt den Krieg in Gaza 
    Wir, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in ver.di, fordern, dass die Bundesregierung angesichts des Massakers im Gazastreifen und der jetzt angekündigten Offensive der Israelischen Armee in der Stadt Rafah eintritt für einen:
    Sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand in Gaza!
    – Stopp der Waffenlieferungen aus Deutschland an Israel!“
    Resolution der Veranstaltung „Gewerkschaften in der Zeitenwende“ der ver.di Linke NRW am 17. März 2024 in Düsseldorf zur Kenntnis an den ver.di Landesbezirksvorstand und den ver.di-Bundesvorstand, einstimmig angenommen, ohne Enthaltung – siehe Infos zur Veranstaltung
  • Nach dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes zum Völkermord im Gazastreifen: Die Internationalen Dachverbände rufen zu einheitlichem Handeln auf!
    Die nachstehend unterzeichnenden globalen Gewerkschaftsföderationen betonen: die Verfügung des Internationalen Gerichtshofs (IGH)  in dem von Südafrika gegen Israel angestrengten Verfahren über die Anwendung der Völkermordkonvention im Gaza-Streifen zeigt  die entscheidende Bedeutung der internationalen  Rechtsstaatlichkeit und ihrer wirksamen Durchsetzung. Die verbindlichen vorläufigen Maßnahmen des IGH tragen der dringenden Notwendigkeit Rechnung, die Bevölkerung des Gazastreifens zu schützen und weiteren Schaden zu verhindern. Der IGH und die Konvention dienen dem Schutz der Menschenrechte und der Sicherheit gefährdeter Menschen. Sie sind auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Jetzt ist es an der Zeit, das Vertrauen in die internationale Rechtsordnung zu stärken. Die Global Unions betonen den Ernst der Lage. Unsere Mitglieder in Gaza werden bei der Ausübung ihrer Arbeit getötet, darunter Lehrer, Beschäftigte im Gesundheitswesen, TransportarbeiterInnen, JournalistInnen, UN-MitarbeiterInnen, internationale EntwicklungshelferInnen und viele andere.
    Wir fordern Israel auf, der Anordnung des IGH nachzukommen und sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um Akte desVölkermord zu verhindern, die Aufstachelung zum Völkermord zu bestrafen und die Versorgung der Palästinenser mit grundlegenden Dienstleistungen und humanitärer Hilfe für die Palästinenser in Gaza zu gewährleisten. Die Unterzeichner fordern außerdem folgende Maßnahmen von der internationalen Gemeinschaft (…) Während wir die interne Untersuchung der UNO unterstützen, sind die Menschen in Gaza und unsere Mitglieder auf die lebensrettende Unterstützung der UNWRA angewiesen. Die globalen Gewerkschaften fordern Länder auf, die ihre Finanzierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) ausgesetzt haben, ihre Entscheidung zu überdenken. Die unten aufgeführten globalen Gewerkschaften vertreten Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in allen Wirtschaftssektoren auf der ganzen Welt. Wir engagieren uns für die Förderung und den Schutz der Menschen- und Gewerkschaftsrechte auf der ganzen Welt, und wir werden weiterhin unsere Stimme zur Verteidigung der arbeitenden Menschen erheben
    .“ Dt. Übersetzung am 11. Februar 2024 bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften externer Link des engl. Aufrufs vom 31.1.2024 bei Education International externer Link „Palestine: Global Unions Call for Unified Action Following ICJ Ruling on Gaza Genocide Case“ von Internationale Bau- und Holzarbeitergewerkschaft, Bildungsinternationale, IndustriALL, Internationale Journalisten-Föderation, Internationale Transportarbeiter-Föderation, Internationale der öffentlichen Dienste UNI Global Union
  • Die Water Transport Workers Federation of India, die Arbeiter in 11 Häfen vertritt, weigert sich, für Israel bestimmte Waffen umzuschlagen und fordert einen sofortigen Waffenstillstand. Wir brauchen mehr davon!! Jetzt mehr denn je
    Stehen Sie auf und setzen Sie Ihre Gewerkschaft unter Druck, damit sie #ArmingIsrael stoppt
    .“ engl. Tweet von Workers in Palestine vom 18. Feb. 2024 externer Link mit dem Dokument der Gewerkschaft als Foto
  • Neues Gewerkschaftsnetzwerk in den USA: National Labor Network for Ceasefire externer Link
  • Offener Brief an den DGB zum Mitzeichnen: Stimme erheben und einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg fordern
    „„Es ist an der Reihe der Arbeiterbewegung, ihre Stimme zu erheben und einen Waffenstillstand zu fordern“ (aus dem Aufruf von über 40 US-Gewerkschaften, unter ihnen die Internationale Automobilgewerkschaft UAW mit 600.000 Mitgliedern). Nach 3 Monaten mörderischen Bombardierungen der palästinensischen Bevölkerung mit über 28.000 Toten und der gewaltsamen militärischen Besetzung des Gaza-Streifens durch die israelische Armee mit all ihren Folgen der Zerstörung von Krankenhäusern und Schulen, von Hunger und der Obdachlosigkeit, sehen wir unsere Verantwortung als deutsche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter darin, uns an unsere Gewerkschaften, den DGB und seine Einzelgewerkschaften zu wenden, damit sie sich aktiv und sofort einsetzen für:
    – Für den sofortigen Abzug der israelischen Truppen!
    – Sofortiger Waffenstillstand! Stopp des Genozids an der palästinensischen Bevölkerung!
    – Sofortige Beendigung der Bombardierungen!
    – Sofortige Aufhebung der Blockade von Gaza – d.h. der Lieferungen von Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und Treibstoff! (…)
    Wir Gewerkschafter lehnen jede Form von Völkermord und ethnischen Säuberungen ab!!  Warum fordern unsere Gewerkschaften, der DGB und seine Einzelgewerkschaften, nicht ein sofortiges Ende der Bombardierungen, der Blockade und der Besatzung Palästinas? Der DGB spricht davon, „extremes und radikalfundamentalistische Gedankengut nehmen wir nicht hin“ (DGB). Aber gleichzeitig wird –  unter dem Vorwand der Vernichtung der Hamas durch die israelische Regierung – der arabische Teil der Bevölkerung Israels und im Westjordanland durch ultraorthodoxe Siedlermilizen und ihre Parteien, verstärkt vertrieben! Wo ist die Stellungnahme des DGB gegen die Verbote von Solidaritätsaktionen mit dem palästinensischen Volk durch die Regierungen, die von Gerichten als verfassungswidrig aufgehoben werden?“ Aufruf von „Gewerkschafter*innen sagen Nein zum Krieg! Nein zum sozialen Krieg!
    am 29.1.2024 dokumentiert bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften externer Link – auch als pdf zum Verteilen externer Link
  • [USA, Chicago Teachers Union (CTU)] Unsere Gewerkschaft hat einen Waffenstillstand gefordert. Es geht um unsere Schüler
    Warum die Mitglieder der Chicago Teachers Union mit überwältigender Mehrheit für einen Waffenstillstand gestimmt haben – und wie wir uns als Teil einer größeren Arbeiterbewegung für Frieden und Gerechtigkeit sehen.
    Wenn Sie unterrichten, ist Ihr schlimmster Albtraum, dass Ihren Schülern etwas Tragisches zustößt. Wir Lehrer denken nicht nur an die Schüler, wenn sie vor uns stehen, sondern den ganzen Tag und die ganze Nacht. Sie sind ein zentraler Teil unseres Lebens. (…) Sich um die Schüler zu kümmern bedeutet auch, sich bewusst um die Welt zu kümmern, in die wir sie hineinwachsen lassen. Es hat nie ausgereicht, die Schüler nur zu unterrichten, wenn sie im Klassenzimmer sind; wir müssen uns ständig für sie einsetzen.
    Zu viele von uns Lehrern mussten sich auch mit der Frage auseinandersetzen, wie wir reagieren sollen, wenn unseren Schülern etwas Tragisches passiert. Und Tragödien ereignen sich in erschütternder Regelmäßigkeit. Der Verlust eines Schülers ist unerträglich; in meinen 17 Jahren habe ich fast ein ganzes Klassenzimmer verloren, durch Gewalt in der Gemeinde, durch Polizeigewalt und durch tragische Unfälle. Wenn ich an den Schmerz der Familien denke und ihn sehe, ist das erschütternd. (…) Die Geschehnisse in Gaza sind auch für uns erschütternd. Seit dem 7. Oktober sind etwa 10 000 Kinder getötet worden; viele sind jetzt ohne Eltern; einige wurden als Geiseln genommen. Jedes von ihnen ist das Kind von jemandem, ein geliebter Mensch, ein Schüler von jemandem. (…) Aus diesem Grund haben wir am 1. November zum ersten Mal in der Geschichte der Chicago Teachers Union (CTU) eine Entschließung externer Link verabschiedet, um die Unterstützung von Schülern bei weltweiten Konflikten zu verbessern. Aus diesem Grund haben wir auch eine weitere Entschließung angenommen, in der wir uns gemeinsam mit anderen Gewerkschaften einem Schreiben externer Link anschließen, in dem ein sofortiger Waffenstillstand in Israel und Palästina gefordert wird. Diese Entscheidung wurde nicht spontan getroffen; unsere Mitglieder haben sich getroffen und die verschiedenen Gesichtspunkte und Fragen gründlich erwogen und diskutiert. Unsere Hunderte von Delegierten, allesamt Pädagogen, diskutierten weiter und stimmten demokratisch ab. Die Unterstützung war fast einstimmig. Aber ich muss auch sagen, dass diese Entscheidung trotz der großen Unterstützung nicht leicht war. Die Gewerkschaftsführung ist mit der Entschließung im Kern einverstanden, aber sie ist natürlich besorgt über mögliche Rückschläge – Rückschläge, die wir bei so vielen Menschen und Organisationen erlebt haben, die ein Ende der Gewalt gefordert haben, Rückschläge, die unsere Gewerkschaft erhalten hat, weil viele auf der Rechten verärgert darüber sind, was wir erreichen konnten
    …“ engl. Artikel vin Dave Stieber vom 18.1.2024 bei In These Times externer Link mit vielen Fotos („Our Union Called for a Cease-Fire. It’s About Our Students.“, maschinenübersetzt)
  • Erklärung jüdischer Gewerkschafter*innen und Arbeitsrechtsaktivist*innen in Deutschland
    Wir sind stolze jüdische Gewerkschafter*innen und Arbeitsrechtsaktivist*innen in Deutschland. Viele von uns sind Nachkommen von Holocaust-Überlebenden, die sich dafür entschieden haben als aktive Mitglieder der Gewerkschaftsbewegung hier in Deutschland zu leben. Wir kämpfen für die Rechte und die Würde aller Arbeiter*innen – ungeachtet ihrer Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit oder Religion.
    Das öffentliche Statement unserer Gewerkschaft ver.di vom 9. Oktober auf ihrem Instagram-Account hat uns zutiefst enttäuscht, weil es eine einseitige Unterstützung Israels ausdrückte, ohne auf die bereits eskalierende Bombardierung Gazas einzugehen. Seitdem hat der DGB auch eine Solidaritätskundgebung mit Israel unterstützt 2, währender sowohl zum Krieg in Gaza als auch zur Unterdrückung von Protesten in Solidarität mit den Palästinenser*innen in ganz Deutschland schweigt.
    Unsere Politik der Solidarität und des Internationalismus ist nicht an Bedingungen geknüpft. Wir fordern daher die bundesdeutschen Gewerkschaften mit Nachdruck auf, sich mit allen Betroffenen der Gewalt der letzten vier Wochen zu solidarisieren. Wir fordern die Gewerkschaften dazu auf, sich den Aufrufen nach dem Ende des Blutvergießens der weltweiten Gewerkschaftsbewegung und von Menschenrechtsorganisationen anzuschließen. Angesichts der Unterdrückung von Solidaritätskundgebungen mit den Palästinenser*innen durch die deutschen Behörden fordern wir die Gewerkschaften außerdem dazu auf, sich für das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland stark zu machen.
    Wir verurteilen uneingeschränkt den brutalen Angriff der Hamas vom 7. Oktober und trauern um den Mord an 1.400 Menschen in Israel. Ebenso beklagen wir die Entführung von Geiseln aus Israel. Wir sind zugleich empört über die Reaktion des israelischen Militärs und die brutale Bombardierung der in Gaza festsitzenden Zivilbevölkerung. Die Ergebnisse der Belagerung sind erschütternd: 10.000 Palästinenser*innen wurden vom israelischen Militär getötet, unzählige weitere wurden verletzt, während den Krankenhäusern die Vorräte und der Treibstoff ausgehen. (…)
    Die derzeitige politische Situation in Israel und Palästina wird durch die am stärksten rechtsgerichtete Regierung in der Geschichte Israels weiter verschärft. Diese verfolgt eine Politik der ständigen Besatzung und der fortgesetzten gewaltsamen Vertreibung der Palästinenser*innen, statt diplomatische Lösungen zu suchen und Menschenrechte zu achten.
    Rechtsextremismus sollte nirgends Platz haben; er wird weder für Israelis noch für Palästinenser*innen dauerhafte Sicherheit bringen, da er nur dazu dient, die Saat für weitere Gewalt auf beiden Seiten zu legen.
    Als Gewerkschafter*innen müssen wir die Situation auch unter Einbezug des regionalen Arbeitsregimes betrachten: Die scharfe Reaktion der israelischen Regierung wirft den Kampf um die Rechte und die Sicherheit sowohl israelischer als auch palästinensischer Arbeiter*innen zurück. Es ist nicht möglich, die Arbeitssituation in der Region zu verstehen, ohne die legalisierte Ausbeutung palästinensischer Arbeiter*innen zu verstehen. Das militarisierte System der Arbeitserlaubnisregelungen schadet nicht nur den Palästinenser*innen, sondern untergräbt auch die Verhandlungsposition der israelischen Arbeiter*innen. Die Entscheidung unserer Gewerkschaft, eine pauschale Unterstützungserklärung für die israelische Regierung abzugeben, während sie zu den brutalen Angriffen auf die Zivilbevölkerung im Gazastreifen schweigt, ist zutiefst enttäuschend. Sie ist zudem höchst unangemessen, da eine solche Erklärung nicht im Einklang mit den Überzeugungen vieler Gewerkschaftsmitglieder steht. (…)
    Als Jüd*innen und Gewerkschafter*innen, die diese historischen Hintergründe kennen, können wir es nicht hinnehmen, dass sich rechte Rhetorik in die Gewerkschaftsbewegung einschleicht.
    Wir können auch nicht tatenlos dabei zusehen, wie ganze Teile der immer vielfältiger werdenden deutschen Bevölkerung des Antisemitismus bezichtigt und mit gewaltvollen und entmenschlichenden Ausdrücken verleumdet werden. Wir lehnen es ab, dass unsere Gewerkschaft unsere Ansichten falsch repräsentiert, insbesondere wenn solche fehlgeleiteten Erklärungen angeblich in Solidarität mit unseren eigenen jüdischen Communities abgegeben werden. Die Erklärungen von ver.di und dem DGB sprechen nicht für viele Eurer Mitglieder und sie sprechen gewiss nicht für uns. Sie tragen auch nicht dazu bei, dass wir als Jüd*innen sicherer sind- ob hier in Deutschland oder in Israel.
    Wir fordern unsere Gewerkschaft dazu auf, im Einklang mit den Erklärungen von UNI Global Union, IGB und anderen Gewerkschaftsorganisationen in der ganzen Welt ein Statement zu veröffentlichen, das Solidarität zeigt – sowohl mit Israelis als auch Palästinenser*innen, die durch die jüngste Eskalation der Gewalt in der Region geschädigt wurden. (…)
    Wir fordern außerdem, dass die Gewerkschaft die Bedeutung der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit als Grundprinzipien der Gewerkschaftsbewegung stärkt. Als Gewerkschaftsaktivist*innen können wir weder die Aushöhlung dieser Rechte hinnehmen, noch tatenlos zusehen, wie Behörden unsere Grundrechte einschränken und den öffentlichen Raum für die Zivilgesellschaft verkleinern. Unsere Solidarität ist dann am wichtigsten, wenn sie am schwierigsten zu finden ist. Wir unterzeichnen dieses Dokument, um die interne Debatte über diese komplexe und katastrophale Situation innerhalb der Gewerkschaftsbewegung in Deutschland zu fördern.“ Erklärung vom 23.12.2023, dokumentiert bei Thomas Trueten am 25. Dezember 2023 externer Link
  • Internationaler SI Cobas-Aufruf zum Solidaritätsstreik und Kampf für Palästina und für den Widerstand des palästinensischen Volkes
    Wir schlagen vor, so schnell wie möglich eine Online-Sitzung einzuberufen, um das Thema zu diskutieren und, falls vereinbart, einen Termin festzulegen und einen Aufruf zu einem internationalen Streik und einer Mobilisierung zu verfassen…“ Der Aufruf vom 17.12.2023 externer Link (Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch)
  • Autonome Aktionen gegen Amazon in Solidarität mit Palästina – einschließlich eines Berichts aus Lacey, Washington
    Am 17. und 18. Dezember legten Demonstranten in Oregon und Washington zwei Amazon-Lagerhäuser und eine Baustelle lahm, um Konsequenzen für Amazons Mitschuld am Völkermord in Gaza und die Zerstörung der Natur durchzusetzen. Dies ist die jüngste einer Reihe von Solidaritätsaktionen in der Region und an der gesamten Westküste, die zeigen, wie effektiv führerloses Organisieren sein kann…“ engl. Bericht vom 19.12.2023 in CrimethInc externer Link mit vielen Links („Autonomous Actions against Amazon in Solidarity with Palestine“)
  • Streik für Waffenstillstand: Geschäfte im Westjordanland, Jordanien und Libanon wegen Gaza geschlossen
    Aus Protest gegen den Gaza-Krieg sind in Jordanien, dem Libanon und im palästinensischen Westjordanland am Montag viele Geschäfte und öffentliche Einrichtungen geschlossen geblieben. In Jordaniens Hauptstadt Amman waren die Straßen am Montag laut Berichten menschenleer. Geschäfte informierten mit Schildern an ihren Türen über die Beteiligung am Streik. Im Libanon blieben Einrichtungen der Regierung und Schulen geschlossen. In Mauretanien wurden alle für Montag geplanten Prüfungen und Unterrichtsstunden abgesagt, um Schülern die Teilnahme an »Aktivitäten zur Unterstützung Gazas« zu ermöglichen. Auch im Westjordanland blieben öffentliche Einrichtungen am Montag geschlossen. Schulen, Universitäten und Banken beteiligten sich Berichten zufolge an dem Generalstreik in dem palästinensischen Gebiet. Er ist Teil eines weltweiten Streikaufrufs, um einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen…“ Meldung vom 11.12.2023 in ND online externer Link, siehe dazu:

    • Palästinenser rufen am Montag zu einem weltweiten Streik auf, um eine Waffenruhe im Gazastreifen zu fordern
      Gewerkschaftsaktivisten und internationale Einflussnehmer schließen sich dem Aufruf zu einem weltweiten Streik am 11. Dezember an, da Israel den Gazastreifen bombardiert. Palästinensische Aktivisten und Basisorganisationen haben für Montag zu einem weltweiten Streik aufgerufen, um einen sofortigen Waffenstillstand zu fordern, da Israel seine Aggression gegen den Gazastreifen fortsetzt. Die Nationalen und Islamischen Kräfte, ein Zusammenschluss der wichtigsten palästinensischen Gruppierungen, haben die Palästinenser im besetzten Westjordanland und ihre Anhänger in der ganzen Welt dazu aufgerufen, sich an einem Streik zu beteiligen, der „alle Aspekte des öffentlichen Lebens“ einbeziehen soll, um angesichts der unerbittlichen israelischen Angriffe Solidarität zu zeigen…“ engl. Artikel vom 10.12.2023 in aljazeera externer Link (maschinenübersetzt)
    • Was ist der weltweite Streik für ein Ende des israelischen Krieges gegen Gaza?
      Aktivisten und Basisorganisationen auf der ganzen Welt streiken am Montag, um gegen die Bombardierung des Gazastreifens durch Israel zu protestieren…“ engl. Artikel vom 11.12.2023 in aljazeera externer Link
    • Palästina: Workers Union Coalition – Palästina kündigt Generalstreik in Solidarität mit Gaza an
      engl. Aufruf vom 11. Dezember 2023 als Grafik bei World Federation of Trade Unions externer Link (bei der PGFTU auf Twitter externer Link nicht gefunden
  • US-Arbeiterbewegung ruft zu Waffenstillstand in Israel und Palästina auf
    Wir, die Mitglieder der amerikanischen Arbeiterbewegung, beklagen die Verluste an Menschenleben in Israel und Palästina. Wir bringen unsere Solidarität mit allen Arbeitnehmern und unseren gemeinsamen Wunsch nach Frieden in Palästina und Israel zum Ausdruck und fordern Präsident Joe Biden und den Kongress auf, sich für einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende der Belagerung des Gazastreifens einzusetzen. Wir können uns den Weg zum Frieden nicht herbeibomben. Wir verurteilen auch alle Hassverbrechen gegen Muslime, Juden oder andere Personen. Mit diesem Aufruf schließen sich die US-Gewerkschaften den Bemühungen von 13 Kongressmitgliedern und anderen an, die einen sofortigen Waffenstillstand fordern…“ Unterschriftensammlung externer Link („The US Labor Movement Calls for Ceasefire in Israel and Palestine“, maschinenübersetzt)
  • Solidaritätserklärung mit den Arbeiter:innen in Israel und Palästina
    Wir, die Freie Arbeiter:innen Union Magdeburg, als Teil der internationalen Gewerkschaftsbewegung, stellen uns hinter der Forderungen nach einer sofortigen Waffenruhe. (…) Wir teilen den Aufruf verschiedenster Gewerkschaften Produktion und Lieferung von Waffen in das Kriegsgebiet zu stoppen. So fordern z.B. belgische Gewerkschaften ihre Mitglieder auf, sich nicht mehr am Transport von Waffen in das Kriegsgebiet zu beteiligen, ebenso die Basisgewerkschaften Si Cobas (Italien) und die CNT-AIT (Frankreich). Letztere wies auch noch darauf hin, dass „der Angriff der Hamas in einem Augenblick geschah, in dem auf beiden Seiten der Mauer große Bevölkerungsteile begannen, sich gegen ihre Führungen selbst zu organisieren“. Die durch diesen Angriff entfesselte Gewalt soll „jedoch im Gegensatz dazu, diese Bevölkerungsgruppen erneut an ihre korrupten Führungen binden und die nationalistischen Wallungen verstärken, die von beiderseitigen Rachephantasien genährt werden.“ (…) Wir rufen alle Kolleg:innen dazu auf, gegen die Hetze vorzugehen und gleichermaßen an der Seite unserer jüdischen und muslimischen Kolleg:innen zu stehen. Nieder mit den Waffen – Waffenruhe jetzt! Freiheit für alle Geiseln! Stoppt den Krieg, die Besatzung und das Massaker!Solidaritätserklärung der FAU Magdeburg vom 3.12.2023 externer Link
  • United Auto Workers ruft als größte Gewerkschaft zu Waffenstillstand im Gazastreifen auf
    Die United Auto Workers, eine der größten Gewerkschaften der USA, hat sich für einen Waffenstillstand in Israel und Palästina ausgesprochen, nachdem eine vorübergehende Waffenruhe am Freitag endete und Israel seine Militäroperationen im Gazastreifen wieder aufnahm. Die UAW ist nun die größte Gewerkschaft, die zu einem Waffenstillstand aufgerufen hat. Sie vertritt 400.000 Beschäftigte in den USA und mehr als 580.000 Rentnerinnen und Rentner. „Ich bin stolz, heute bekannt geben zu können, dass sich die UAW International dem Aufruf zur Waffenruhe in Israel und Palästina angeschlossen hat“, sagte Brandon Mancilla, UAW-Direktor, auf einer Pressekonferenz am Freitag vor dem Weißen Haus, wo sich die Demonstranten im Hungerstreik befinden. „Vom Widerstand gegen den Faschismus im Zweiten Weltkrieg bis hin zur Mobilisierung gegen die Apartheid in Südafrika und den Contra-Krieg hat sich die UAW stets für Gerechtigkeit in der ganzen Welt eingesetzt. Eine Gewerkschaftsbewegung, die für soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit für alle Arbeitnehmer kämpft, muss immer gegen Krieg und für Frieden eintreten...“ engl. Artikel von Michael Sainato vom 1.12. 2023 im Guardian online externer Link (maschinenübersetzt) – bei der UAW nichts gefunden, siehe auch:

    • UAW befürwortet Waffenstillstand und fordert als größte US-Gewerkschaft ein sofortiges Ende der Gewalt
      Die Ankündigung auf einer Pressekonferenz, bei der Demonstranten vor dem Weißen Haus in den Hungerstreik getreten sind, stellt eine wichtige Entwicklung für die Gewerkschaften und die Forderung nach einem Waffenstillstand dar…“ engl. Artikel von Mindy Isser vom 1.12.2023 in In These Times externer Link („UAW Endorses Cease-Fire, the Largest U.S. Union to Call for an Immediate End to the Violence“, maschinenübersetzt)
  • Die Internationale der Transportarbeiter:innen fordert Waffenstillstand
    Die Internationale Föderation der Transportarbeiter:innen Gewerkschaften, ITF, zu der aus Deutschland ver.di und die EVG gehören, fordert einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza. Die einseitige Solidarität mit Israel und die Blindheit gegenüber der israelischen Politik durch ver.di und die anderen deutschen Gewerkschaften wird in der internationalen Gewerkschaftsbewegung nicht geteilt. Bemerkenswert auch der Hinweis, der in den deutschen Medien selten ist, dass seitens der israelischen Regierung Frauen und Kinder ausgetauscht werden sollen, die oftmals ohne Anklage und Verurteilung inhaftiert sind. (also auch den Status von Kriegsgefangenen, bzw Geiseln haben)...“ Meldung vom 1. Dezember 2023 der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften externer Link mit dem Wortlauf der Erklärung der ITF externer Link in dt. Übersetzung
  • Warum Lehrergewerkschaften in den USA einen Waffenstillstand fordern
    Eine Reihe von Lehrergewerkschaften auf Landes- und Kommunalebene haben Entschließungen zum Waffenstillstand verabschiedet, aber nur wenige nationale Gewerkschaften sind ihnen gefolgt. Auf die Frage, warum ihre Gewerkschaft für einen Waffenstillstand in Gaza gestimmt hat, wandte sich Marcia Howard, seit 24 Jahren Lehrerin, an eine Bildungsmetapher. „Es ist ein Lehrstück für die Nation und für andere Arbeiter“, sagte sie am Telefon vor dem Unterricht an einer High School in Minneapolis, wo sie Sprach- und Literaturunterricht für Elftklässler erteilt. „Die Herausforderung besteht für die gesamte Arbeiterklasse darin, die Nation zu bewegen, das Richtige zu tun. Howard ist die amtierende Präsidentin der Lehrervereinigung der Minneapolis Federation of Teachers (MFT) Local 59. Am 25. Oktober stimmte ihr Ortsverband auf einer Mitgliederversammlung für die Verabschiedung einer Resolution, in der ein sofortiger Waffenstillstand gefordert, Gewalt gegen Zivilisten auf allen Seiten abgelehnt und die Rolle unserer Regierung bei der Unterstützung des israelischen Besatzungs- und Apartheidsystems verurteilt wird, das die Ursache des palästinensisch-israelischen Konflikts ist. In der Entschließung wird auch die Legislative des Bundesstaates Minnesota aufgefordert, Gesetze gegen die Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung aufzuheben, da solche Gesetze „die freie Meinungsäußerung unterdrücken und palästinensische Flüchtlinge, ihre Familien und ihre Unterstützer diskriminieren“. (Zu der Gewerkschaft mit 3.700 Mitgliedern gehört auch eine Sektion für Erzieherinnen und Erzieher, die am 2. November eine eigene Waffenstillstandsresolution verabschiedet hat.) Die Erklärung ist Teil einer Reihe von Waffenstillstandsresolutionen von US-Ortsverbänden, Landes- und Regionalgewerkschaften und Gewerkschaftsräten, darunter eine Reihe von Lehrergewerkschaften, darunter die Chicago Teachers Union (CTU), die Massachusetts Teachers Association, die American Federation of Teachers-Oregon und die San Antonio Alliance of Teachers and Support Personnel. Auch Lehrer nehmen an den Protesten teil. „Unsere Mitglieder sind vielfältig und dynamisch, und sie sind bereits da draußen. In dem Moment, als die Resolution verabschiedet wurde, wurde sie auf einer Kundgebung unter Tränen verlesen, weil die Mitglieder bereits auf der Straße waren“, sagte Howard. (…) Die einzigen nationalen Gewerkschaften in den USA, die sich diesem Aufruf ausdrücklich angeschlossen haben, sind die United Electrical, Radio and Machine Workers of America (UE) und die Führung der American Postal Workers Union, obwohl der Präsident der International Union of Painters and Allied Trades „ein sofortiges Ende der Feindseligkeiten“ forderte und die Führung der National Writers Union die „Aktionen des israelischen Militärs“ verurteilte. Der AFL-CIO hat sich bisher nicht öffentlich für einen Waffenstillstand ausgesprochen, auch wenn einige seiner Mitgliedsorganisationen eine andere Haltung einnehmen. Die American Federation of Teachers und die National Education Association (in der die First Lady Dr. Jill Biden ein langjähriges Mitglied ist) haben es ebenfalls abgelehnt, einen Waffenstillstand auf nationaler Ebene zu unterstützen…“ engl. Artikel von Sarah Lazare vom 16.11.2023 in The Nation externer Link („Why These Teachers Unions Are Demanding a Cease-Fire“, maschinenübersetzt)

    • USA: Die Zahl der Gewerkschaften, die sich zum Völkermord in Palästina äußern, nimmt weiter zu. Siehe eine ständig aktualisierte Liste externer Link
  • Streik für den Frieden. Italien: Hafenarbeiter in Genua blockieren Waffenlieferungen nach Israel. Ende der weltweiten Kriegseskalation gefordert
    „»Der Krieg beginnt hier«: Unter diesem Motto haben Hafenarbeiter im italienischen Genua am Freitag morgen Waffenlieferungen nach Israel blockiert. Zum Protest gegen die »Kriegslogistik« hatte das Kollektiv autonomer Hafenarbeiter (CALP) aufgerufen. Rund 500 Menschen beteiligten sich an der Aktion, neben den Hafenarbeitern auch zahlreiche Mitglieder der Basisgewerkschaft USB und des linken Parteienbündnisses Unione Popolare. Auch mehrere pazifistische Studentenorganisationen waren dabei. »Der Feind ist zu Hause. Wir führen Krieg gegen den Krieg«, hieß es in einer Presseerklärung. »Wir sind dem Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften zur Blockade der Waffenlieferungen gefolgt und haben uns den Hafenarbeitern von Genua angeschlossen«, erklärten Giuliano Granato und Marta Collot, die beiden Kosprecher von »Potere al Popolo«, das zur Unione Popolare gehört, am Freitag gegenüber jW. Solidarität dürfe sich nicht auf Worte beschränken, sondern müsse Initiativen hervorbringen, »die in der Lage sind, die Kriegsmechanismen zu stören, die den Tod nach Gaza bringen«. Die CALP forderte in ihrem Blockadeaufruf ein Ende aller Waffengeschäfte im Hafen und wies auf die Bedeutung des Ortes für andere Konflikte hin. »Während in der Ukraine seit fast zwei Jahren ein Krieg zwischen Blöcken kapitalistischer Länder tobt, während der Staat Israel die Palästinenser massakriert, während ein Atomkrieg vor der Tür steht, zeichnet sich der Hafen von Genua weiterhin als Drehscheibe der Kriegslogistik aus«, so das Arbeiterkollektiv. (…) Konkret ging es am Freitag um die Blockade einer Lieferung des Frachtunternehmens ZIM, das regelmäßig im Hafen von Genua operiert, die in den frühen Morgenstunden Genua in Richtung Israel verlassen sollte, um frisches Kriegsmaterial aus der EU zu liefern.
    Eine ähnliche Mobilisierung gab es diese Woche von Hafenarbeitern in Sydney, Australien, die ebenfalls gegen das Anlegen eines Frachters der israelischen Firma ZIM protestierten. Am Montag organisierten sich auch die Hafenarbeiter von Barcelona und kündigten an, »die Aktivitäten von Schiffen mit Kriegsmaterial« zu verhindern. Als Arbeiter, so hieß es in der Erklärung der Spanier, »verteidigen wir vehement die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte«. Es gebe »keinen Grund«, der »das Töten von Zivilisten rechtfertigt«. Auch in Belgien weigert sich das Flughafenpersonal seit mehreren Wochen, Waffen zu verladen, mit der Begründung, dass »das Be- und Entladen von Kriegsmaterial zur Tötung unschuldiger Menschen beiträgt«. In den Vereinigten Staaten, in der Nähe von Seattle, blockierten Aktivisten vergangene Woche den Hafen von Tacoma, weil ein vor Anker liegendes US-Schiff Munition und Waffen für Israel geladen hatte. Das Schiff war bereits einige Tage zuvor von Arbeitern im Hafen von Oakland in der Bucht von San Francisco aufgehalten worden.“ Artikel von Alex Favalli, Rom, in der jungen Welt vom 11.11.2023 externer Link

  • Internationaler Hafenarbeiter-Widerstand gegen Waffenlieferungen + Krieg
    Genua, Barcelona, Sydney. Hafenarbeiter weigern sich, Schiffe mit Waffen für Israel zu beladen
    Verschiedene Organisationen der Hafenarbeiter haben zu Mobilisierungen und Initiativen aufgerufen, um gegen die Bombardierung des Gazastreifens zu protestieren. Ein von den Hafenarbeitern der ligurischen Hauptstadt organisierte Kundgebung wird am Freitag in Genua stattfinden. Die Mobilisierung greift den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften vom 16. Oktober auf, „die Bewaffnung Israels zu stoppen“. Die Beschäftigten des Genueser Hafens weigern sich, Waffenlieferungen nach Israel (und darüber hinaus) zu verladen.
    Eine ähnliche Initiative findet im Hafen von Sydney, Australien, statt, wo sie gegen das Anlegen eines Schiffes der israelischen Firma Zim protestieren.
    Dem Aufruf ihrer palästinensischen Kollegen schlossen sich gestern auch die Beschäftigten des Hafens von Barcelona an und kündigten an, dass sie „die Aktivitäten von Schiffen mit Kriegsmaterial“ verhindern werden. Als Arbeiter, so heißt es in der Erklärung der Spanier, „verteidigen wir vehement die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ und fügen hinzu, dass „kein Grund die Opferung von Zivilisten rechtfertigt“.
    In Belgien weigern sich die Flughafenarbeiter seit mehreren Wochen, Waffen zu verladen, und erklären in dem Kommuniqué, dass „das Be- und Entladen von Kriegsgerät zur Tötung Unschuldiger beiträgt“. Solidarität mit den palästinensischen Arbeitnehmern kam auch von der französischen Gewerkschaft CGT. Gleichfalls sehr aktiv ist die griechische Gewerkschaftskoordination PAME.
    In den Vereinigten Staaten, in der Nähe von Seattle, blockierten hundert Aktivisten den Hafen von Tacoma, weil sie den Verdacht hegten, dass die „Cape Orlando“, ein vor Anker liegendes US-Schiff, Munition und Rüstungsgüter für Israel transportiert. Das Schiff war bereits einige Tage zuvor im Hafen von Oakland in der Bucht von San Francisco gestoppt worden. Initiativen dieser Art häufen sich. In den letzten Tagen hatten Aktivisten alle Eingänge zu einem US-Rüstungswerk von Boeing bei St. Louis blockiert.
    Am Londoner Hauptsitz von Leonardo, dem italienischen Konzern, der Israel mit Apache-Hubschraubern beliefert, fanden Demonstrationen statt. Am 26. Oktober hatten etwa hundert Menschen den Zugang zur britischen Niederlassung des israelischen Rüstungsunternehmens Elbit Systems blockiert.“ Übersetzung aus dem Italienischen: Gewerkschaftsforum Hannover des Artikels in „il Fatto Quotidiano“ vom 7. November 2023 – wir danken!

  • UNI ruft zu einem Waffenstillstand in Israel und Gaza auf
    Der Weltvorstand von UNI Global Union hat am 8. November 2023 eine Erklärung angenommen, in der er zu dem Schluss kommt: Humanitäre Hilfe für den Gazastreifen, die Freilassung der Geiseln und ein sofortiger Waffenstillstand sind die ersten Schritte auf dem Weg aus dieser Krise. Einem Weg, der uns weg von Krieg und Gewalt und hin zu einer friedlichen Zukunft führt.“ engl. Meldung vom 08.11.23 externer Link („UNI calls for a ceasefire in Israel and Gaza“) mit dem Volltext der Erklärung auch auf Deutsch externer Link und darin u.a.: „… Eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten ist zwingend erforderlich, und die internationale Gemeinschaft sollte eingreifen, um sicherzustellen, dass alle Parteien die grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts einhalten und dass alle ZivilistInnen geschützt werden. Wir alle verurteilen die brutalen Angriffe und die Ermordung israelischer ZivilistInnen durch die Hamas und fordern die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln in unversehrtem Zustand. Weder die Tötung israelischer ZivilistInnen durch die Hamas noch die Bombardierung der Bevölkerung des Gazastreifens durch die israelische Regierung werden zu einem dauerhaften Frieden führen. Die Lage im Gazastreifen entwickelt sich zu einer Katastrophe. (…) Unsere Politik bei UNI Global Union besteht seit langem darin, einen gerechten und nachhaltigen Frieden im Einklang mit den UN-Sicherheitsresolutionen und ein Ende der Besatzung zu fordern. Das kollektive Versagen von Israelis, Palästinensern und der internationalen Gemeinschaft dabei, eine gerechte Lösung für diesen seit Generationen andauernden Konflikt zu finden, hat dazu geführt, dass die Gewalt, das Trauma und das Töten mit schlimmen Auswirkungen für so viele Menschen auf allen Seiten weitergehen. Alle Länder müssen nun ihre Anstrengungen für einen umfassenden und dauerhaften Frieden, welcher Gleichheit, Demokratie und die Achtung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte fördert, verdoppeln. Wir müssen den Kreislauf der Gewalt beenden, der verheerende Auswirkungen für die Gemein-schaften in der ganzen Region hat. Wir sind alle alarmiert von der Eskalation von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit auf der ganzen Welt…“
  • [USA] Erklärung der Postgewerkschaft APWU zum Konflikt in Israel und Palästina
    Die Amerikanische Postgewerkschaft ist schockiert und traurig über die tragische und anhaltende Gewalt in Israel und Palästina. Als arbeitende Menschen stehen wir an der Seite der Unterdrückten und Unschuldigen, von denen im letzten Monat Tausende ihr Leben verloren haben. Als Gewerkschaft, die für Gleichheit, soziale Gerechtigkeit, Menschen- und Arbeitsrechte und internationale Solidarität eintritt, schließen wir uns mit Gewerkschaften und Menschen guten Willens in der ganzen Welt zusammen, um Gerechtigkeit und Frieden zu fordern. Wir verurteilen vorbehaltlos die Gewalt der Hamas vom 7. Oktober, bei der über 1.000 israelische Zivilisten getötet und mehr als 200 Menschen entführt wurden. Die Reaktion Israels hat jedoch die Aussichten auf Frieden weiter verschlechtert. Mehr als 10.000 unschuldige Zivilisten, darunter 4.000 Kinder, wurden durch die unerbittlichen und wahllosen Bombenangriffe auf Gaza getötet. Israel hat die Versorgung des Gazastreifens mit Lebensmitteln, Wasser, Treibstoff und medizinischen Hilfsgütern unterbrochen – ein Kriegsverbrechen. Jeden Tag bahnt sich in Gaza eine humanitäre Katastrophe an. Tausende weitere unschuldige Zivilisten werden einen völlig vermeidbaren Tod sterben. Wir fordern unsere Regierung, die der wichtigste ausländische Geldgeber der israelischen Regierung ist, auf, ihre ganze Macht einzusetzen, um unschuldiges Leben zu schützen und zum Frieden in der Region beizutragen, und unsere Steuergelder nicht für weitere Kriege zu verwenden. Wir schließen uns den Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand, der Freilassung der Geiseln und der dringend benötigten massiven humanitären Hilfe für die Menschen in Gaza an. Die Schreie der Menschheit verlangen nichts Geringeres.“ engl. Erklärung der American Postal Workers Union vom 8.11.2023 externer Link („Statement from APWU General Officers on the Conflict in Israel and Palestine“, maschinenübersetzt) – es ist die erste des US-Gewerkschaftsbundes AFL-CIO
  • Auf der Seite der Unterdrückten. Gaza, Israel und die Ablehnung der Logik des Krieges
    Seit dem 7. Oktober werden wir erneut dazu gedrängt, uns für eine Seite zu entscheiden, zwischen der Unterstützung des langjährigen Systems der Ausbeutung und Gewalt der israelischen Regierung oder dem von der Hamas im Namen der nationalen Befreiung geführten Gemetzel. Die Medien und alle Institutionen, die die israelische Politik unterstützen, haben uns gesagt, dass wir entweder die Massentötung von Palästinensern akzeptieren oder Israel und das jüdische Volk zerstören wollen. Die Politik des Krieges beruht auf einer Vielzahl von Normen, die Begriffe wie Invasion, Recht auf Verteidigung und humanitäre Intervention fast nutzlos machen. Die eine Besatzung ist schlecht, die andere ist gut. Die Politik des Krieges findet immer ihre Rechtfertigung, wir müssen kämpfen und unsere transnationale Politik des Friedens durchsetzen.
    Wir rufen dazu auf, die Bombardierung des Gazastreifens zu beenden. Wir unterstützen und beteiligen uns an Demonstrationen und Aktionen gegen Besatzung und Apartheid in Palästina, für einen sofortigen Waffenstillstand und gegen die Militärmaschinerie. Das Massaker muss aufhören. Aber wir wissen, dass dieser Aufruf nicht ausreicht, um die Logik des Krieges zu unterbrechen, und der Frieden, den wir wollen, ist nicht die Zeit zwischen einem Krieg und dem anderen
    …“ engl. Statement von Permanent Assembly Against the War vom 28.10.2023 externer Link bei Transnational Social Strike („On the Side of the Oppressed. Gaza, Israel, and the Rejection of the Logic of War“, maschinenübersetzt) und nun besser:

    • Auf der Seite der Unterdrückten. Gaza, Israel und die Ablehnung der Logik des Krieges  –  Seit dem 7. Oktober werden wir wieder dazu gedrängt, uns zu entscheiden
      Wir sollen uns entscheiden, ob wir das langanhaltende System der Ausbeutung und Gewalt der israelischen Regierung unterstützen oder das Gemetzel der Hamas im Namen der nationalen Befreiung. Die Medien und alle Institutionen, die Israels Politik unterstützen, sagen uns, dass wir entweder die Massentötung von Palästinenser*innen akzeptieren oder die Vernichtung Israels und des jüdischen Volks wollen. Die Politik des Krieges wurzelt in einer Doppelmoral, die Wörter wie „Invasion“, „Recht auf Verteidigung“ und „humanitäre Intervention“ nahezu entleert und nutzlos gemacht hat. Eine Besetzung ist schlecht, eine andere ist gut. Die Kriegspolitik findet immer ihre Berechtigung. Wir dagegen müssen kämpfen und unsere transnationale Friedenspolitik durchsetzen. Wir rufen dazu auf, die Bombardierungen des Gazastreifens zu stoppen. Wir unterstützen und beteiligen uns an Demonstrationen und Aktionen gegen die Besatzung und Apartheid in Palästina, für einen sofortigen Waffenstillstand und gegen die Kriegsmaschinerie. Das Massaker muss aufhören. Aber wir wissen, dass diese Forderung nicht ausreicht, um die Logik des Krieges nachhaltig zu unterbrechen. Der Frieden, den wir wollen, ist nicht die Zeit zwischen einem Krieg und dem nächsten. (…) Es gibt keine Befreiung, wenn Krieg, Gewalt gegen Frauen und Queers, Rassismus und Ausbeutung weiter andauern. Wir streiken gegen den Krieg und verfolgen eine transnationale Friedenspolitik, die die Barrieren und Grenzen, die dieser Krieg aufbaut, durchbricht. Eine transnationale Friedenspolitik ist weder Befriedung noch einfacher Pazifismus. Wir wollen uns für eine Perspektive einsetzen, die es uns ermöglicht, eine politische Kommunikation über unterschiedliche Fronten und Lager hinweg zu etablieren, Organisierung ausgehend von sozialen Kämpfen und zwischen verschiedenen Subjekten herzustellen, um die Opposition zum Krieg zu etwas zu machen, dass mehr ist als eine Meinung. Wir erkennen die individuellen und kollektiven Verweigerungen gegenüber dem Krieg an. Unsere Ablehnung der Logik des Krieges erlaubt es uns zu verstehen, wessen Partei wir ergreifen sollen. Wir stellen uns auf die Seite der Unterdrückten, derer, die gegen Tod, Unterdrückung und die durch den Krieg hervorgerufene Verarmung kämpfen. Was seit dem 7. Oktober passiert, hat es schwieriger gemacht, unsere Kämpfe in Gaza, in Israel und in all unseren Kontexten fortzusetzen…“ Erklärung der Permanent Assembly Against The War externer Link vom 28.10.23 in dt. Übersetzung am 29. Januar 2024 im untergrund-blättle.ch externer Link
  • Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften: An die Vorstände des DGB und seiner Einzelgewerkschaften Israel-Gaza: Nein zu Krieg, Zerstörung und Terror!
    Wir kritisieren sehr deutlich die einseitigen offiziellen Erklärungen des DGB und der Einzelgewerkschaften der „Solidarität mit Israel“, die keinerlei Kritik am Vorgehen und der Politik des israelischen Staates gegen die palästinensische Bevölkerung und der aktuellen repressiven Politik durch die Bundesregierung enthalten. Aus der Ablehnung des Hamas-Angriffs, den auch wir verurteilen, wird ein Freibrief für die israelische Regierung. Das vernachlässigt wesentliche Ursachen des Krieges in Palästina/Israel. (…) Wir stehen an der Seite der Masse der Bevölkerung auf beiden Seiten, die um ihr Leben, ihre Sicherheit oder ihre Angehörigen bangen. Unsere Gedanken sind bei ihnen. Wir fordern von unseren Gewerkschaften:
    – Kampf gegen die Verbote und die Unterdrückung demokratischer Rechte hierzulande, die sich gegen diejenigen richten, die ihre Stimme gegen das Töten der Zivilbevölkerung in Gaza erheben. Für Meinungs- und Versammlungsfreiheit!
    – Gewerkschaftliche Aktionen gegen jede Waffenlieferung!
    – Kampf gegen Antisemitismus und anti-muslimischen Rassismus
    – Offene, demokratische und konstruktive Diskussion in den Gewerkschaften, keine Ausgrenzungen und Diskussionsverbote!
    Die Gewerkschaften müssen alle Ansätze für demokratische Massenbewegungen in der Region gegen Krieg, Besatzung, Unterdrückung und Ausbeutung und den Aufbau gewerkschaftlicher Organisationen von Arbeiter*innen und Jugendlichen unterstützen. Diese können, indem sie zusammenkommen, die nationale Spaltung nur von unten und im Kampf für ihre gemeinsamen Interessen überwinden…“ Brief der VKG an den DGB-Vorstand vom 27. Oktober 2023 externer Link – auch als Flyer externer Link – und die Unterschriftenliste externer Link
  • Immer mehr Gewerkschaften weltweit folgen dem Aufruf palästinensischer Gewerkschaften zum Waffenboycott – gegen die Bewaffnung auch der Hamas müsste die gesamte Rüstungsindustrie weltweit bestreikt werden (sowieso) 
    • Arbeiter gegen Kriegsgeschäfte. Appell belgischer Transportarbeitergewerkschaften gegen Waffenlieferungen an Israel. Britische Kollegen blockieren Rüstungsbetrieb
      Die sozialistischen belgischen Transportgewerkschaften in Flandern und der Wallonie, BBTK und BTB, haben ihre Mitglieder am Dienstag aufgefordert, sich nicht mehr am Transport von Waffen nach Israel zu beteiligen. »Während in Palästina ein Völkermord stattfindet, sehen Arbeiter an verschiedenen Flughäfen in Belgien Waffenlieferungen in Richtung des Kriegsgebiets«, zitierte Reuters aus einer gemeinsamen Pressemitteilung mit den christlichen Gewerkschaften ACV Puls und ACV Transcom. »Wir, mehrere in der Bodenlogistik tätige Gewerkschaften, fordern unsere Mitglieder auf, keine Flüge abzufertigen, die militärische Ausrüstung nach Palästina/Israel transportieren«, heißt es in dem Aufruf. »Als Gewerkschaften stehen wir an der Seite derjenigen, die sich für den Frieden einsetzen.« Sie fordern einen sofortigen Waffenstillstand und verlangten von der belgischen Regierung keine Waffenlieferungen über belgische Flughäfen zu dulden. Die Gewerkschaften folgen damit einem entsprechenden Aufruf ihrer Kolleginnen und Kollegen in Palästina am 16. Oktober. (…)
      »Wir unterstützen euren Aufruf, die Lieferungen von Waffen an Israel zu boykottieren, die gegen das palästinensische Volk eingesetzt würden«, hieß es bereits am 17. Oktober in einem Brief der italienischen Basisgewerkschaft SI Cobas an die Gewerkschaften in Palästina. »Als große Gewerkschaft im Logistiksektor werden sich die Beschäftigten von SI Cobas gegen jeden Waffentransport nach Israel aussprechen, von dem sie Kenntnis erlangen.« Eine gerechte Lösung der Palästina-Frage komme nicht von den »Großmächten oder den kapitalistischen Regierungen der Region«, sondern nur »durch den gemeinsamen Kampf der Arbeiter des Nahen Ostens, alle Ethnien und Religionen eingeschlossen«…“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 02.11.2023 externer Link
    • Belgische Gewerkschaften weigern sich, Waffen nach Israel zu transportieren
      Die belgischen Gewerkschaften ACV Puls, BTB, BBTK und ACV-Transcom haben in einer gemeinsamen Erklärung ihre Mitglieder dazu aufgerufen, keine Flugzeuge abzufertigen, die Waffen nach Israel transportieren. (…) Nun sind die belgischen Luftfahrtgewerkschaften in Aktion getreten, indem sie mit einem gemeinsamen Statement ihre Mitglieder dazu aufgerufen haben, Waffenlieferungen nach Israel zu blockieren externer Link. In der Erklärung heißt es „Während der Völkermord in Palästina weitergeht, sehen Arbeiter an verschiedenen Flughäfen in Belgien Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet.” Die Gewerkschaften fordern einen Waffenstillstand und betonen, dass sie „als Gewerkschaften an der Seite derjenigen stehen, die für Frieden eintreten.“…“ Beitrag von Rojhat Altuntaş vom 1. Nov 2023 bei Klasse gegen Klasse externer Link
    • Die belgischen Transportgewerkschaften weigern sich, Waffen für Israel zu be- und entladen (sowohl über Häfen als auch über Flughäfen) und fordern einen sofortigen Waffenstillstand“ engl. Trüüüüt von @dromografos@social.dromografos.report vom 31.10.2023 externer Link mit der Dokumentation der Stellungnahme mehrerer belg. Gewerkschaften als Grafik – bei den belgischen Gewerkschaften nicht gefunden
    • Großbritannien: Arbeiter und Gewerkschaftsaktivisten bestreiken israelische Waffenschmiede [auch in USA?]
      Vor kurzem haben Arbeiter und Gewerkschaftsaktivisten die Firma Instro Precision im britischen Sandwich / Grafschaft Kent bestreikt. Die Aktivisten begründeten die Aktion ausdrücklich mit der Besetzung Palästinas.“ Kurzmeldung vom 02.11.2023 in den Rote-Fahne-News externer Link – siehe das Video der Aktion vom 27.10.2023 auf youtube externer Link (es sollen ca 100 GewerkschafterInnen aus dem Umkreis der Palestine Solidarity Campaign und BDS gewesen sein – Instro Precision ist eine Tochtergesellschaft von Elbit Systems, die militärische Ausrüstung für die israelischen Streitkräfte herstellt, siehe auch #ShutElbitDown) (Elbit Systems produziert auch in den USA, siehe dazu die Infos von Palestine Action US auf Twitter externer Link, siehe Berichte von Aktionen u.a. in Boston)
    • Siehe den Aufruf palästinensischer Gewerkschaften hier weiter unten
  • GENUG DER HEUCHELEI! Stoppt den brutalen Angriff des Staates Israel auf das palästinensische Volk!
    Seit dem letzten Jahrhundert hat der Kolonialkrieg des Staates Israel viele Todesopfer gefordert. Das palästinensische Volk hat alle Arten von Gewalt erlebt, wie im Mai 1948 mit der Nakba, im Juni 1967 während des 6-Tage-Krieges und jetzt mit dem Beginn eines blutigen und beispiellosen Krieges, in dem Tausende von Zivilisten getötet wurden. Mit dem Argument der Rache für den Hamas-Angriff führt der Staat Israel eine beispiellose Offensive im Gazastreifen durch, die sich nicht nur kriegerisch mit schweren Bombardierungen, sondern auch strategisch gegen die Zivilbevölkerung richtet und ihr die Grundversorgung mit Wasser, Lebensmitteln, Medikamenten, Benzin und Strom verweigert und ihre Häuser zerstört. Viele Stimmen prangern die Gefahr eines Völkermords an der palästinensischen Bevölkerung an. Die Heuchelei des Westens ist offensichtlich, der von „Israels Recht auf Sicherheit“ spricht und dies nutzt, um die Offensive gegen das palästinensische Volk im Rahmen seines Projekts der ethnischen Säuberung wieder aufzunehmen.
    Die Gewerkschaften des International Labour Network of Solidarity and Struggles sind gegen jeden Angriff auf die Völker und jedes Staatsverbrechen, und wir wollen die STRAFREIHEIT, die GEWALT und die VERLETZUNG DER MENSCHENRECHTE anprangern, unter denen die palästinensische Zivilbevölkerung durch den israelischen Staat unter aktiver Mitwirkung der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer Verbündeten leidet.
    Palästina wurde von den Briten nach dem Ersten Weltkrieg bis zu seinem Ende verurteilt, und nun will der Staat Israel seine Politik der Besetzung, Kolonisierung und Apartheid fortsetzen. Wir fordern:
    1) einen sofortigen Waffenstillstand;
    2) den Austausch der israelischen Gefangenen in Gaza gegen palästinensische politische Gefangene;
    3) ein Ende der Blockade des Gazastreifens und der Bewegungseinschränkungen im Westjordanland und in Ostjerusalem;
    4) die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge im Einklang mit dem Völkerrecht und die volle Gleichberechtigung für alle.
    Ohne Gerechtigkeit wird es keinen Frieden geben. Wir unterstützen den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften zu aktiver gewerkschaftlicher Solidarität, um die Waffenlieferungen an den Staat Israel zu stoppen, und rufen dazu auf, für ein Ende der Aggression des Staates Israel zu mobilisieren, insbesondere am 4. November, überall auf der Welt.
    “ engl. Aufruf vom 29.10.2023 von und bei laboursolidarity.org externer Link („ENOUGH OF HYPOCRISY! Stop the brutal onslaught of the State of Israel against the Palestinian people!“, maschinenübersetzt)
  • Solidarität mit allen Jüd*innen in Israel und weltweit – gegen jeden Antisemitismus!
    Beitrag der antifa-Basisgruppe Frankfurt Offenbach vom 9. Oktober 2023 anlässlich des 2. Jahrestags des Nazi-Mordanschlags in Halle als Flugblatt Nr. 4/2023 vom Oktober 2023 externer Link der Gewerkschafterinnen und Antifa gemeinsam gegen Dummheit und Reaktion
  • [USA] Trotz Einschüchterung werden die Stimmen der Gewerkschaften für einen Waffenstillstand im Gazastreifen lauter
    „… In den USA sind diejenigen, die gegen die israelischen Angriffe protestieren, mit einer Welle von Repressionen seitens der Arbeitgeber konfrontiert. Die Vergeltungsmaßnahmen des Managements haben Journalisten und Akademiker getroffen. Michael Eisen, Chefredakteur der frei zugänglichen Wissenschaftszeitschrift eLife, wurde entlassen, nachdem er einen satirischen Artikel von The Onion veröffentlicht hatte, in dem die Reaktionen der Medien auf den Verlust palästinensischen Lebens kritisiert wurden. Jackson Frank, ein Sportjournalist bei PhillyVoice, wurde entlassen, nachdem er einen pro-israelischen Beitrag der Philadelphia 76ers kritisiert hatte. Nachdem er einen Brief prominenter Künstler und Kritiker veröffentlicht und unterzeichnet hatte, in dem ein Waffenstillstand gefordert wurde, um einen „eskalierenden Völkermord“ zu stoppen, wurde Artforum-Chefredakteur David Velasco nach 18 Jahren bei der Zeitschrift und sechs Jahren in dieser Funktion entlassen. Drei weitere Redakteure traten aus Protest bei dem renommierten Magazin zurück.
    Die National Writers Union dokumentiert solche Fälle externer Link – sowohl um Autoren mit individueller Unterstützung in Verbindung zu bringen, als auch um auf branchenweite Reformen zu drängen. Im Gazastreifen wurden unterdessen mindestens 25 Journalisten durch israelische Luftangriffe getötet.
    DECKUNG FÜR GEWERKSCHAFTSZERSCHLAGUNG
    Nachdem Starbucks Workers United am 9. Oktober auf X (ehemals Twitter) eine Solidaritätsbotschaft mit Palästina veröffentlicht hatte, verklagte die Geschäftsführung von Starbucks die Gewerkschaft vor einem Bundesgericht. In der Klage wird gefordert, dass Starbucks Workers United den aktuellen Namen und das Logo der Gewerkschaft nicht mehr verwenden darf, da dies eine Markenrechtsverletzung darstellt. In einem Schreiben, das in In These Times veröffentlicht wurde, erklärt die Präsidentin von Workers United, Lynne Fox: „Starbucks sah eine Gelegenheit, aus den schrecklichen und tragischen Ereignissen im Nahen Osten Kapital zu schlagen, um seine beispiellose, illegale Kampagne zur Zerschlagung von Gewerkschaften voranzutreiben, indem es versuchte, die Arbeitnehmer dazu zu zwingen, ihren Gewerkschaftsnamen und ihr Logo aufzugeben.“ Die Gewerkschaft hat eine Gegenklage eingereicht. Starbucks ist nun das Ziel eines Verbraucherboykotts von beiden Seiten – von israelischen Kunden, die Starbucks für die Äußerungen der Gewerkschaft verantwortlich machen, und von pro-palästinensischen Kunden, die gegen den Angriff auf die Gewerkschaft protestieren.
    AUFKLÄRUNG
    In Olympia, Washington, stimmte der Thurston-Lewis-Mason Central Labor Council einstimmig für eine Entschließung gegen „jegliche gewerkschaftliche Beteiligung an der Produktion oder dem Transport von für Israel bestimmten Waffen“ externer Link und forderte „unseren Dachverband [den AFL-CIO] auf, sich ebenfalls öffentlich für einen sofortigen Waffenstillstand und gleiche Rechte für Palästinenser und Israelis einzusetzen“. Eine Bibliotheksangestellte und Delegierte, die die Entschließung mitverfasst und organisiert hat und als Alice bezeichnet werden möchte, sagte, die Forderungen seien „inspiriert von dem Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften an die Gewerkschaften in der ganzen Welt“, den Angriff auf Gaza nicht länger zu unterstützen. Eine Gruppe von Delegierten hat damit begonnen, die Verbindungen zwischen lokalen Gewerkschaften und dem israelischen Militär, insbesondere in den nahe gelegenen Häfen, zu untersuchen. Der nationale AFL-CIO schlug zurück. Am Montag schrieb ein Außendienstmitarbeiter eine E-Mail an die Ratsmitglieder, in der es hieß: „Ihre Entschließung geht über die Position hinaus, die die AFL-CIO eingenommen hat. Bitte lassen Sie mich wissen, ob Sie beabsichtigen, die Resolution zurückzuziehen“. Alice sagte, sie sei angewiesen worden, nicht mit der Presse zu sprechen. Am Ende der Woche gab der Ratsvorsitzende dem Drängen des nationalen Büros nach, und die Beiträge über die Entschließung wurden gelöscht. „Es ist für mich einfach unglaublich, dass sie uns so unter Druck setzen“, sagte Alice. „Wenn lokale Gewerkschaftsräte und Gewerkschaften ihre Stimme erheben, zeigen wir der Führung, wo die Basis steht“. Einige Delegierte von Thurston-Lewis-Mason haben andere Regionalräte und örtliche Gewerkschaften gebeten, Entschließungen zu verabschieden, die sie unterstützen externer Link. „Ich hoffe, dass wir Druck auf die AFL-CIO ausüben können, damit sie sich zurückhält und sogar einen Waffenstillstand unterstützt, wie es so viele internationale Gewerkschaften in Irland, Kanada und Großbritannien getan haben“, sagte Alice. Regionale oder nationale Gewerkschaftsverbände in diesen Ländern haben Aufrufe zu einem Waffenstillstand oder zur Beendigung der israelischen Besatzung verabschiedet.
    In der vergangenen Woche haben 27.000 Gewerkschaftsaktivisten ein Schreiben externer Link unterzeichnet, in dem die führenden US-Gewerkschaftsvertreter aufgefordert werden, ihr Schweigen zu brechen“ und sich für einen Waffenstillstand einzusetzen.
    Die nationale AFL-CIO-Erklärung vom 11. Oktober externer Link schloss mit einem Aufruf, „das Blutvergießen an unschuldigen Zivilisten zu beenden und einen gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu fördern“.
    Die New York Times berichtete am 27. Oktober externer Link, dass der Präsident der Postarbeitergewerkschaft (APWU), Mark Dimondstein, der sich selbst als „antizionistischer Jude“ bezeichnete, die einzige Stimme im AFL-CIO-Exekutivrat war, die andere dazu drängte, sich für einen Waffenstillstand einzusetzen. Er sprach 30 Minuten lang in der Ratssitzung, berichtete die Times. (…)
    LOKALE UNTERSTÜTZUNGEN
    Trotz des derzeitigen harten Vorgehens gegen Kritik an Israels Aktionen haben eine Handvoll lokaler Gewerkschaften Aufrufe zu Waffenstillstand und Solidarität verabschiedet…“ engl. Artikel von Keith Brower Brown und Caitlyn Clark vom 31.10.2023 in Labornotes externer Link („Despite Intimidation, Union Voices Get Louder for Ceasefire in Gaza“, maschinenübersetzt)
  • An die Vorstände des DGB und seiner Einzelgewerkschaften Israel-Gaza: Nein zu Krieg, Zerstörung und Terror!
    Wir kritisieren sehr deutlich die einseitigen offiziellen Erklärungen des DGB und der Einzelgewerkschaften der „Solidarität mit Israel“, die keinerlei Kritik am Vorgehen und der Politik des israelischen Staates gegen die palästinensische Bevölkerung und der aktuellen repressiven Politik durch die Bundesregierung enthalten. Aus der Ablehnung des Hamas-Angriffs, den auch wir verurteilen, wird ein Freibrief für die israelische Regierung. Das vernachlässigt wesentliche Ursachen des Krieges in Palästina/Israel. (…) Wir stehen an der Seite der Masse der Bevölkerung auf beiden Seiten, die um ihr Leben, ihre Sicherheit oder ihre Angehörigen bangen. Unsere Gedanken sind bei ihnen. Wir fordern von unseren Gewerkschaften:
    –    Kampf für die Aufhebung aller Verbote und demokratischer Rechte hierzulande, die sich gegen diejenigen richten, die ihre Stimme gegen das Töten der Zivilbevölkerung in Gaza erheben. Für Meinungs- und Versammlungsfreiheit!
     –   Gewerkschaftliche Aktionen gegen jede Waffenlieferung!
     –   Kampf gegen Antisemitismus und anti-muslimischen Rassismus
     –   Offene, demokratische und konstruktive Diskussion in den Gewerkschaften, keine Ausgrenzungen und Diskussionsverbote!
    Die Gewerkschaften müssen alle Ansätze für demokratische Massenbewegungen in der Region gegen Krieg, Besatzung, Unterdrückung und Ausbeutung und den Aufbau gewerkschaftlicher Organisationen von Arbeiter*innen und Jugendlichen unterstützen. Diese können, indem sie zusammenkommen, die nationale Spaltung nur von unten und im Kampf für ihre gemeinsamen Interessen überwinden.
    Die Welt gerät nicht nur im Nahen Osten in eine immer schlimmer werdende Spirale von Kriegen, Handelskriegen und multipler Krise. Die arbeitende Klasse verliert bei jedem dieser Kriege, egal welche Seite ihre Regierungen unterstützen. Sie braucht daher eine unabhängige Klassen-position in den Konflikten, die die gemeinsamen Interessen der Arbeiter*innen unabhängig von ihrer Nationalität und Religionszugehörigkeit zum Ausdruck bringt. Es ist auch nötig, eine gesellschaftliche Perspektive jenseits des auf Profitmaximierung und Konkurrenz basierenden Kapitalismus zu entwickeln, denn dieser schafft so immer wieder Unterdrückung und Kriege.“ Brief an den DGB-Vorstand vom 27. Oktober 2023 der VKG externer Link (Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften), auch als Flyer externer Link
  • Offener Brief an den DGB-Bundesjugendausschuss: Für Völkerverständigung und Frieden – Gegen Hass und Krieg!
    Liebe Kolleg*innen, wir Jugend- und Auszubildendenvertreter*innen, Betriebs- und Gewerkschaftsaktive finden es richtig und wichtig, dass die Gewerkschaftsjugend sich zum Terrorangriff der Hamas auf Israel mit über 1400 Toten und Verwundeten und zum Gegenangriff der israelischen Armee in den besetzten Gebieten mit mehreren tausend Toten und Verwundeten äußert. Wir als Gewerkschaftsjugend, die sich schon immer für Frieden, gute Arbeits- und Lebensbedingungen einsetzt, dürfen niemals die Augen vor Gewalt, Hass und Krieg schließen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, uns für die arbeitenden Menschen in allen Ländern stark zu machen. Jedoch sind wir fassungslos über den Inhalt des Beschlusses des DGB-Bundesjugendausschuss vom 18.10.23 externer Link , mit der Überschrift „SOLIDARITÄT MIT UNSEREN FREUND*INNEN IN ISRAEL.“ Der Beschluss widerspricht unseren elementarsten gewerkschaftlichen Grundsätzen nach Frieden, Völkerverständigung und Freiheit! Der Beschluss ist einseitig und beleuchtet weder die Ursachen der Gewalt und des Konfliktes noch das Ausmaß und die Konsequenzen der Angriffe der israelischen Regierung auf Gaza! Der Beschluss ignoriert die schweren Luftangriffe, denen die Palästinenser*innen in den abgeriegelten und besetzten Gebieten seit Tagen ausgesetzt sind! In dem Beschluss werden mehrere tausend Tote und Verwundete Palästinenser*innen mit keinem Wort erwähnt!
    Die Forderungen an die Regierung nach Verboten und Strafverfolgung finden wir falsch. Wir haben in vielen Städten gesehen, wie mit der Begründung der Israelsolidarität eine Hilfsorganisation für Gefangene und zahlreiche friedliche Demonstrationen verboten wurden. Als Gewerkschafter stehen wir für Versammlungsfreiheit und gegen willkürliche Repressionen! Wir, die wir selbst in den Mitgliedsgewerkschaften des DGB aktiv sind, sind entsetzt darüber das in diesem Beschluss, der auch in unserem Namen veröffentlicht wird, keine Waffenruhe, kein Ende der Kampfhandlungen und keine Aufnahme von Friedensgesprächen gefordert wird! (…) Dieser Beschluss bietet keine Grundlage für eine vernünftige Diskussion und wird kein antisemitische Haltung vorbeugen. Im Gegenteil: Dieser Beschluss wird dafür sorgen, dass antisemitische Haltungen und Ressentiments gegen Minderheitengestärkt werden. Statt eine einseitige Betrachtung der Ereignisse zu propagieren, die das Vorgehen der israelischen Armee unterstützt, sollten wir als Gewerkschaftsjugend versuchen eine Erklärung zu verfassen, die auf Tatsachen beruht und Frieden und Völkerverständigung zum Ziel erklärt. (…) Wir stehen für Diplomatie und Verhandlungen und gegen weitere Eskalation von allen Seiten. Deshalb kritisieren wir auch die israelischen Behörden, die illegale Besetzungen zulassen bzw. fördern und die rechten und gewerkschaftsfeindlichen Parteien (die an der Regierungskoalition unter Benjamin Netanjahu beteiligt sind), die gegen eine friedliche Lösung agieren. Wir sollten uns als Gewerkschaftsjugend an den Beschlüssen der UN halten und die „Zwei-Staaten-Lösung“ als Grundlage für eine bessere Zukunft in Nahost nehmen
    !“ Petition vom 26. Oktober 2023 bei change.org externer Link gestartet von Johannes Streiffer mit 53 gewerkschaftlichen Erstunterzeichner*innen
  • [ITF] ITF fordert einen sofortigen Waffenstillstand und einen humanitären Korridor für lebensrettende Hilfe im Gazastreifen
    Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) fordert einen sofortigen, von den Vereinten Nationen durchgesetzten und garantierten Waffenstillstand im Gazastreifen und in Israel sowie echte Bemühungen um einen dauerhaften Frieden, einschließlich der sofortigen Rückkehr aller Geiseln und der Einrichtung humanitärer Korridore, um eine weitere humanitäre Katastrophe und den Verlust von Menschenleben in der Zivilbevölkerung zu verhindern.
    Als Verkehrsgewerkschaften können wir auf eine stolze Geschichte zurückblicken, in der wir uns auf die Seite der unterdrückten Menschen gestellt haben. Unsere Verfassung und unsere Politik beruhen auf den Grundsätzen von Frieden, Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Antiimperialismus, Demokratie und Souveränität. Wir haben die moralische Verantwortung, Ungerechtigkeiten objektiv zu benennen und mit allen Parteien zusammenzuarbeiten, um einen echten und dauerhaften Frieden zu schaffen. Wir fordern alle der ITF angeschlossenen Gewerkschaften auf, sich uns anzuschließen, wenn es darum geht, für den Frieden einzutreten und angesichts von Ungerechtigkeit Maßnahmen zu ergreifen, wie wir es in der Vergangenheit getan haben.  Die ITF verweist auf ihre Erklärung vom 9. Oktober und bekräftigt, dass der einzig gangbare Weg zu einem dauerhaften Frieden ein Ende der illegalen Besetzung Palästinas und eine Zweistaatenlösung ist…“ engl. Erklärung vom 26.10.2023 des ITF externer Link („ITF calls for an immediate ceasefire and humanitarian corridor for lifesaving aid in Gaza2, maschinenübersetzt), siehe die erste hier weiter unten
  • [Israel/ Histadrut] Solidarität in der Praxis. Gaza-Krieg: Palästinensische Gewerkschaften fordern Unterstützung von Schwesterorganisationen. Israelischer Verband blendet Vorgehen der Regierung aus
    Die internationale Solidarität über alle nationalen Grenzen hinweg ist eine Säule der Arbeiterbewegung. Theoretisch. Im Krieg ist nämlich oft Schluss mit dem proletarischen Zusammenhalt. Der aktuelle Gaza-Krieg bestätigt die These. Während die palästinensischen Gewerkschaften die internationale Gewerkschaftsbewegung dringend um Unterstützung für einen Waffenstillstand in Gaza bitten, kämpft die israelische Histadrut mit gänzlich anderen Problemen. (…) »Der Staat Israel befindet sich im Krieg. Jeder von uns ist ein Soldat auf seinem Feld«, rief Arnon Bar-David, der Vorsitzende der Histadrut, laut der israelischen Onlinezeitung Davar bereits am Tag nach dem Angriff der Hamas die Israelis zur Einheit auf. »Wir werden weh tun, wir werden kämpfen, und wir werden gewinnen, weil wir kein anderes Land haben. Das ist unser Zuhause.« Allerdings fehlen durch die Mobilisierung von 300.000 Reservisten acht Prozent der Arbeitskräfte, wie die Internetseite Global Histadrut am 15. Oktober berichtete. »Diese enorme Mobilisierung führt dazu, dass Bürger aus allen Gesellschaftsschichten ihren Arbeitsplatz und ihre Familien verlassen, um dem Ruf zur Unterstützung ihrer Nation zu folgen.« Schlüsselsektoren wie die Landwirtschaft und die Lebensmittelproduktion seien gezwungen, ihren Betrieb einzustellen, so Global Histadrut am 22. Oktober…“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 26.10.2023 externer Link
  • [USA] US-Gewerkschaften rufen zu Waffenstillstand in Gaza auf
    Während viele Gewerkschaftsmitglieder und andere Beschäftigte über den zunehmenden Krieg in Israel und dem besetzten Palästina beunruhigt und entsetzt sind, haben die US-Gewerkschaften bisher meist geschwiegen. Aber die Beschäftigten melden sich zu Wort und organisieren sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen, um ihre Gewerkschaften auf die Seite des Friedens und der Gerechtigkeit zu ziehen. United Food and Commercial Workers (UFCW) Local 3000 und United Electrical Workers (UE) haben eine Petition unterstützt externer Link, die einen Waffenstillstand fordert. Auch Starbucks Workers United hat sich zu Wort gemeldet externer Link. „Die Gewerkschaftsmitglieder kommen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen, darunter Juden, Muslime und Menschen aus dem Nahen Osten“, heißt es in der Petition. „Die zunehmende Eskalation des Krieges und der Waffenverkäufe dient nirgendwo den Interessen der Arbeitnehmer“…“ Überblick im engl. Artikel von Alexandra Bradbury und Luis Feliz Leon vom 19.10.2023 in LaborNotes externer Link („U.S. Unions Call for Ceasefire in Gaza“, maschinenübersetzt)
  • [Palästina] #StopArmingIsrael – #Beendet alle Komplizenschaft. Ein dringender Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften: Beendet alle Komplizenschaft, stoppt die Bewaffnung Israels
    engl. Aufruf vom 16. Oktober 2023 von Palästinensischer Generalverband der Gewerkschaften, Gaza, und Einzelgewerkschaften dokumentiert am 16.10.2023 in Middle East Report Online externer Link und dt. Übersetzung:

    • Ein dringender Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften: Beendet alle Komplizenschaft, stoppt die Bewaffnung Israels
      „… Angesichts der Eskalation der israelischen Militäraktion rufen die palästinensischen Gewerkschaften ihre internationalen Partner und alle Menschen mit Gewissen dazu auf, jede Form der Komplizenschaft mit den israelischen  Verbrechen zu beenden und vor allem den Waffenhandel mit Israel sowie jegliche Finanzierung und militärische Forschung einzustellen. Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen – das Leben der Palästinenser steht auf dem Spiel. Diese dringende, völkermörderische Situation kann nur durch einen massiven Anstieg der weltweiten Solidarität mit dem palästinensischen Volk verhindert werden, und das kann die israelische Kriegsmaschinerie eindämmen. Wir brauchen Sie, um sofortige  Maßnahmen zu ergreifen – wo auch immer Sie in der Welt sind – um die Aufrüstung der israelischen Armee und Gesellschaft aufzuhalten und die Unternehmen, die an der Infrastruktur der Blockade beteiligt sind…“ Der Aufruf vom 16. Oktober 2023 in dankenswerter dt. Übersetzung 
  • [Frankreich] Um den Massakern ein Ende zu setzen, die Dringlichkeit eines gerechten und dauerhaften Friedens in Israel, Palästina und im Nahen Osten. Für die Einhaltung des Völkerrechtsfranz. Stellungnahme von Union syndicale Solidaires am 14.10.2023 externer Link („Pour mettre fin aux massacres, l’urgence d’une paix juste et durable en Israël en Palestine et au moyen-Orient.  Pour le respect du droit international“)
  • [DGB] Solidarität mit Israel
    In einem Brief an Arnon Bar-David, dem Vorsitzenden der Histadrut, dem Dachverband der Gewerkschaften Israels, erklären wir gemeinsam mit unseren Mitgliedsgewerkschaften unsere Solidarität mit Israel in Anbetracht der brutalen Anschläge der Hamas der vergangenen Tage. Wir denken an alle, die ihr Leben verloren haben, in Geiselhaft sind oder und um Angehörige trauern.
    Nie wieder
    Als Gewerkschaften setzen wir uns für Frieden, Freiheit, Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft ein und stellen uns gegen jede Form von Terrorismus. Wir kämpfen gegen Antisemitismus, in Deutschland und weltweit. In diesen Tagen denken wir an all diejenigen, die hart arbeiten, um Leben zu retten und eine sichere Infrastruktur aufrechtzuerhalten
    .“ DGB-Meldung vom 10.10.2023 externer Link zum engl. Brief an Arnon Bar-David externer Link : Solidarity with our brothers and sisters of Histadrut
  • [ver.di] „Wir sind zutiefst entsetzt“. Solidarität mit den israelischen Kolleginnen und Kollegen
    ver.di verurteilt die Terrorangriffe auf Israel: Hass und Terror sind niemals zu rechtfertigen. Unsere Gedanken sind bei den Opfern, ihren Familien und Freunden und unseren Kolleg*innen in Israel. Wir sind zutiefst entsetzt über die abscheulichen terroristischen Angriffe der Hamas auf Israel mit den vielen Toten, Verletzten und gewaltsam verschleppten Menschen. Die Begegnungen mit Gewerkschaftskolleg*innen aus Israel auf dem ver.di-Bundeskongress und dem UNI-Weltkongress liegen erst wenige Wochen zurück. Es macht uns fassungslos, sie und alle anderen Menschen nun in einer solchen Situation zu wissen.
    Für den ver.di-Bundesvorstand versichert der Vorsitzende Frank Werneke den israelischen Kolleg*innen Solidarität und Anteilnahme in einem Schreiben an den Vorsitzenden der UCAPSE (Union of Clerical, Administrative and Public Service Employes), Gil Bar-Tal: Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei Euch und wir hoffen, ihr seid in Sicherheit. Wir stehen solidarisch an Eurer Seite
    .“ ver.di-Meldung vom 09.10.2023 externer Link
  • Internationale Gewerkschaftserklärungen zu Gaza
    Globale Gewerkschaftsorganisationen äußerten sich unterschiedlich zur Gewalt im Gazastreifen und in Israel, doch der Ruf nach Frieden und Gerechtigkeit für alle – Palästinenser und Israelis – überwog…“ guter engl. Überblick der wichtigsten gewerkschaftlichen Erklärungen am 12.10.2023 in Portside externer Link („International Labor Statements on Gaza“)
  • [IGB] Israel Palestine: ITUC Calls for Peace
    Der IGB ist zutiefst besorgt über die eskalierende Gewalt zwischen Israel und der Hamas nach den Angriffen auf Israel aus dem Gazastreifen, die von UN-Generalsekretär Antonio Guterres scharf verurteilt worden sind. Der IGB verurteilt die Angriffe auf die Zivilbevölkerung aufs Schärfste. Es wird angenommen, dass bereits Hunderte von Menschen getötet, viele weitere verletzt und andere entführt wurden. Dieser jüngste Gewaltausbruch droht sich zu einem totalen Krieg auszuweiten, mit verheerenden Folgen für Israelis und Palästinenser und auch für die Region. Extremistische Rhetorik wird den Konflikt nur verschlimmern, noch mehr Menschenleben kosten und eine friedliche und gerechte Lösung in weite Ferne rücken lassen. Der IGB ruft alle Seiten und die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich für den Frieden einzusetzen. Dieser jahrzehntelange Konflikt kann nur durch Dialog, die Achtung des Völkerrechts, insbesondere der Menschenrechte, und die vollständige Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats im Hinblick auf eine Zwei-Staaten-Lösung zu einem gerechten Ergebnis gebracht werden.“ engl. IGB-Erklärung vom 9.10.2023 externer Link (maschinenübersetzt)
  • [EGB] Israel-Palästina: EU muss aktive Rolle bei der Deeskalation spielen
    Der EGB schließt sich dem IGB an und verurteilt die Angriffe auf Zivilisten aufs Schärfste. Wir sind zutiefst besorgt über die eskalierende Gewalt zwischen Israel und der Hamas nach den Angriffen auf Israel aus dem Gazastreifen. Es gibt auf keiner Seite eine Rechtfertigung für die Tötung von Zivilisten. Die Gewerkschaften sind sich einig in der Forderung nach einem sofortigen Ende aller Gewaltakte und der sofortigen, bedingungslosen und unverletzten Freilassung aller Zivilisten. Der EGB spricht den Familien der Opfer sein tiefstes Beileid aus. Wir fordern die EU-Institutionen auf, sich für Deeskalations- und Dialogbemühungen um Frieden einzusetzen. Der EGB schließt sich dem IGB an und ruft zum Dialog, zur Achtung des Völkerrechts, insbesondere der Menschenrechte, und zur vollständigen Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats auf, um eine Zwei-Staaten-Lösung herbeizuführen.“ engl. EGB-Erklärung vom 9.10.2023 externer Link („Israel-Palestine: EU must play active role in de-escalation“, maschinenübersetzt)
  • ITF verurteilt Eskalation der Gewalt im Gazastreifen und in Israel und fordert sofortigen Waffenstillstand und politische Lösung
    Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) ist zutiefst beunruhigt über die Eskalation der Gewalt im Gazastreifen und in Israel und verurteilt die gezielten Angriffe der Hamas und der israelischen Streitkräfte auf Zivilpersonen auf beiden Seiten.
    Wir fordern dringend die Einhaltung des Völkerrechts und die Verpflichtung aller Parteien, das Leben der Zivilbevölkerung zu schützen, und schließen uns der internationalen Gemeinschaft an, die alle Seiten und die wichtigsten Länder der Region zur Deeskalation auffordert, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Auch angesichts der illegalen Besetzung und der seit 16 Jahren andauernden Blockade des Gazastreifens gibt es Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht, die eingehalten werden müssen. Wir verurteilen die wahllosen Angriffe auf Zivilisten und die Geiselnahme von Zivilisten durch die Hamas und andere bewaffnete Gruppen, die nach dem Völkerrecht Kriegsverbrechen darstellen. Wir verurteilen auch die Vergeltungsangriffe der israelischen Streitkräfte, einschließlich des Beschusses von Wohngebäuden und ziviler Infrastruktur durch die israelischen Verteidigungskräfte. Die erklärte Absicht Israels, den Gazastreifen vollständig zu belagern und dabei die Strom- und Wasserversorgung abzuschneiden, kommt einer kollektiven Bestrafung gleich und stellt eine schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts dar.
    Nach den jüngsten Berichten ist die Lage katastrophal. Israels Vergeltungsangriff auf den Gazastreifen hat nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums Hunderte von Menschenleben gekostet und Tausende von Verletzten gefordert. Die Zahl der Todesopfer durch Angriffe der Hamas geht inzwischen ebenfalls in die Hunderte, und das israelische Gesundheitsministerium meldet, dass Tausende von Menschen nach Angriffen bewaffneter palästinensischer Gruppen in Krankenhäusern behandelt wurden. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, mahnte zu äußerster Zurückhaltung und rief zu „allen diplomatischen Bemühungen … auf, um einen größeren Flächenbrand zu vermeiden“.
    Zusammen mit dem IGB ruft die ITF alle Seiten und die internationale Gemeinschaft auf, sich für den Frieden einzusetzen. Die ITF fordert auch die sofortige und bedingungslose Freilassung aller zivilen Geiseln im Einklang mit dem Völkerrecht.
    „Wir sprechen den Familien der Opfer unser Beileid und unsere Solidarität aus, da die Zahl der zivilen Todesopfer weiter ansteigt. Gleichzeitig erkennen wir den historischen Kontext und die tieferen Ursachen an, die zu der aktuellen Krise beigetragen haben – einschließlich der 16-jährigen Blockade des Gazastreifens und ihrer verheerenden Folgen“, sagte ITF-Präsident Paddy Crumlin. „Diese anhaltende Blockade, zusammen mit der zunehmenden Gewalt und den Spannungen im besetzten Westjordanland und der anhaltenden Unterdrückung des palästinensischen Volkes, bleibt das grundlegende Problem. Der einzig gangbare Weg zu einem dauerhaften Frieden ist ein Ende dieser illegalen Besetzung und eine Zwei-Staaten-Lösung“. ITF-Generalsekretär Stephen Cotton sagte: „Die ITF fordert die internationale Gemeinschaft auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation zu deeskalieren und weitere Verluste an unschuldigen Menschenleben zu verhindern. Wir fordern alle beteiligten Parteien auf, sich in einen sinnvollen Dialog und in die Diplomatie einzubringen, um eine friedliche Lösung für diesen langjährigen Konflikt zu finden.““ engl. Erklärung vom 9.10.2023 bei International Transport Workers‘ Federation externer Link („ITF condemns escalstion of violence in Gaza and Israel, calls for immediate ceasfire and political resolution“, maschinenübersetzt)
  • [Israel] Die alternative israelische Gewerkschaft „MAAN Workers Association“ steht an der Seite der israelischen Protestbewegung
    Am Samstag, dem 7. Oktober, wurde im Süden Israels ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Bewaffnete Mitglieder der Hamas drangen in Häuser ein und massakrierten Familien. Auf dem Internationalen Natur- und Friedensfestival im Re’im-Wald töteten sie Hunderte. Insgesamt wurden mehr als tausend Zivilisten kaltblütig ermordet. Tausende weitere wurden verletzt. Über hundert Menschen, darunter Säuglinge, Kinder, Frauen, Behinderte und ältere Menschen, wurden als Geiseln nach Gaza verschleppt. Frauen wurden vergewaltigt. Frauen wurden auch in den Straßen von Gaza und auf Medienplattformen zur Schau gestellt. Diese grausamen Taten wurden nicht von Menschen begangen, deren Vernunft durch die anhaltende israelische Belagerung des Gazastreifens beeinträchtigt war. Es handelte sich um eine gut geplante und gut organisierte Tat, die von mehr als tausend bewaffneten Männern verübt wurde, die einer von Katar und dem iranischen Ayatollah-Regime finanzierten Terrororganisation treu ergeben sind.
    Die Hamas übernahm 2007 in einem gewaltsamen Staatsstreich gegen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) die Kontrolle über den Gazastreifen. Seitdem hat sie die Herrschaft über diesen verwüsteten Landstreifen übernommen und hält die Bewohner des Gazastreifens als Geiseln für ihre fundamentalistischen Ambitionen. Ironischerweise versuchte Israel unter Netanjahu, die Hamas zu stärken, mit der Begründung, dass dies die Palästinensische Autonomiebehörde schwächen und den Druck auf Israel für Friedensverhandlungen verringern würde.
    Im Januar 2023 wurde Netanjahus sechste Regierung gebildet, deren Schlüsselpositionen an extreme und faschistische Elemente vergeben wurden. Seit ihrer Bildung hat sie auf ein Ziel hingearbeitet: die Unabhängigkeit der Justiz zu beseitigen und damit das Hindernis für die Annexion des Westjordanlandes zu beseitigen. Parallel dazu verhandelte die Regierung mit der Hamas über wirtschaftliche Schritte und erkannte sie damit als rechtmäßige Herrscherin des Gazastreifens an.
    Gegen Netanjahus Versuch, Israel in einen diktatorischen und halachischen Staat zu verwandeln, hat sich eine beispiellose Protestbewegung gebildet, an der sich Hunderttausende beteiligen. Diese Bewegung, die die Fahne der Demokratie für alle hochhält, wendet sich gegen das von Siedlern kontrollierte Apartheidregime im Westjordanland. Der Konflikt zwischen der Protestbewegung und der Regierung Netanjahu erreichte seinen Höhepunkt, als Tausende von Reservisten, Piloten und hohen Offizieren erklärten, sie würden den Dienst in der Armee verweigern, wenn Israel zu einer Diktatur würde.
    Das Massaker, das am 7. Oktober in den südlichen Gemeinden Israels verübt wurde, entlarvte die Hamas als das, was sie ist: keine Befreiungsbewegung, keine Freiheitskämpfer, sondern eine Organisation von Fanatikern, ein Zwilling der ISIS, die Tod und Chaos verbreitet.
    Gleichzeitig wurde das Versagen der Netanjahu-Regierung in seiner ganzen Tragweite aufgedeckt. Seine rechtsgerichtete Koalition redete viel von Sicherheit, ließ aber ihre Bürger in der Stunde der Not im Stich, indem sie den Großteil der Armee zum Schutz der Siedler ins Westjordanland verlegte.
    Die MAAN Workers Association schließt sich US-Präsident Joe Biden und dem demokratischen Lager weltweit an und fordert die Beseitigung des Hamas-Regimes in Gaza und der Bedrohung, die es für Israelis und Palästinenser darstellt. Nachdem diese Aufgabe erfüllt ist, werden wir weiter mit Hunderttausenden von Israelis zusammenarbeiten, die geschworen haben, Netanjahu und seine extremistischen Partner von der politischen Bühne Israels zu entfernen. Wir und der Rest der Protestbewegung werden uns bemühen, eine neue demokratische Alternative in Israel aufzubauen, die sowohl Israelis als auch Palästinensern Hoffnung gibt und Vernunft und Frieden fördert.
    Als eine Organisation, die sowohl Israelis als auch Palästinenser in ihren Reihen hat, wendet sich MAAN gegen die Stimmen, die alle Palästinenser mit der Hamas in einen Topf werfen und die Zerstörung des Gazastreifens fordern. Es ist wichtig, zwischen der Hamas und dem palästinensischen Volk zu unterscheiden, das unter der israelischen Besatzung zu leiden hat. Der gerechte Krieg gegen die Hamas muss unter Einhaltung des Völkerrechts geführt werden, das die Schädigung von Zivilisten verbietet. Das Gebot der Stunde ist es, sowohl gegen die Hamas als auch gegen die Allianz Netanjahu-Smotrich-Ben Gvir zu kämpfen. Es ist ein Kampf gegen den religiösen Extremismus auf beiden Seiten, bei dem der Fanatismus des einen den des anderen anheizt. Keine der beiden Parteien vertritt ihr Volk, das sich in beiden Fällen nach Frieden und Sicherheit sehnt.“ engl. Erklärung der MAAN Workers Association vom 12.10.2023 externer Link („MAAN Workers Association stands with the Israeli protest movement“, maschinenübersetzt, Hervorhebungen von uns) – MAAN ist eine alternative israelische Gewerkschaft
  • [Irland] Stellungnahme zur Gewalt in Israel und Gaza von Irish Congress of Trade Unions (ICTU)
    Der Irische Gewerkschaftsbund verurteilt die anhaltenden Angriffe auf Zivilisten in Israel und Palästina in den letzten Tagen unmissverständlich. Vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten, unverhältnismäßige und wahllose Angriffe, bei denen Zivilisten getötet oder verletzt werden, sind Kriegsverbrechen. Unsere Solidarität gilt allen betroffenen palästinensischen und israelischen Familien.
    Israel hat in früheren Kriegen gegen den Gazastreifen ungestraft Kriegsverbrechen begangen und damit eine schreckliche Bilanz vorzuweisen. Nichts von alledem kann wahllose Angriffe und Geiselnahmen rechtfertigen. Die bewaffneten palästinensischen Gruppen aus dem Gazastreifen müssen ebenfalls davon absehen, Zivilisten anzugreifen und wahllos Waffen einzusetzen – und sie müssen alle entführten Geiseln unverzüglich freilassen. 
    Die Gewalt muss auch im Zusammenhang gesehen werden. Fast sechs Jahrzehnte feindlicher Militärherrschaft über eine ganze Zivilbevölkerung sind an sich schon eine Form der Gewalt und ein Rezept für mehr Unsicherheit für alle.
    Eine Delegation des Gewerkschaftsbundes, die kürzlich in die Region reiste, wurde Augenzeuge all dessen, einschließlich des beschleunigten Wachstums illegaler Siedlungen, die den Palästinensern effektiv Land rauben. Die Palästinenser im Gazastreifen und in den Besetzten Gebieten werden von einer völkerrechtswidrigen Besatzungsmacht verfolgt und ihnen werden die Menschenrechte verweigert. Die Palästinenser in Israel werden in dem, was jetzt ein Apartheidstaat ist, verfolgt und ihnen werden dort die Menschenrechte verweigert.
    Die vollständige israelische Blockade des Gazastreifens (kein Strom, keine Nahrungsmittel, kein Treibstoff und geschlossene humanitäre Korridore) ist völlig inakzeptabel und verstößt gegen das Völkerrecht. Die damit einhergehende Bombardierung des Gazastreifens ist kein Konflikt unter Gleichen, sondern eine Regierung mit einer der mächtigsten Armeen der Welt, die den zwei Millionen Menschen im Gazastreifen (dem am dichtesten besiedelten Gebiet der Welt) Terror zufügt. Die Menschen im Gazastreifen können nirgendwohin fliehen. Sie sind eine Bevölkerung im Belagerungszustand und zweifellos wurden viele hundert Menschen, darunter auch Kinder, getötet und werden weiterhin getötet. Eine humanitäre Katastrophe hat dort bereits begonnen.  
    Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Kampagne des friedlichen Widerstands – Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) – die von der Zivilgesellschaft in Palästina gefordert wird. Als Führung der irischen Gewerkschaftsbewegung rufen wir zu Regierungssanktionen und einem Embargo gegen jeglichen Handel mit Sicherheits- und Militärgütern sowie gegen gemeinsame militärische Forschung auf.  Sicherlich ist es jetzt an der Zeit, dass die irische Regierung das Gesetz über die Besetzten Gebiete und das Gesetz über den Abzug des Kapitals aus den illegalen israelischen Siedlungen verabschiedet, die Aufhebung der Belagerung des Gazastreifens fordert, öffentlich die israelische Apartheidsituation eingesteht und aktiv wird, um sie zu beenden.
    Wir ermutigen auch unsere Mitgliedsorganisationen, Maßnahmen zu ergreifen, wo immer sie können, was Investitionen, Pensionsfonds, Auftragsvergabe und den Boykott illegaler Waren aus den Besetzten Gebieten sowie von Waren anbelangt, die unter einem Apartheidsystem hergestellt werden.
    Wir unterstützen die Forderungen der palästinensischen Zivilgesellschaft nach einer gerechten Lösung auf der Grundlage des Völkerrechts, nach einem Ende der Besatzung, nach vollen Rechten für palästinensische Bürger in Israel und nach der Verwirklichung des Rechts auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge. Die Gewalt, das Trauma und die Morde erinnern uns erneut an die Folgen der kollektiven Trägheit der internationalen Gemeinschaft und des anhaltenden Versagens, eine politische Lösung für diesen Konflikt zu finden. Wir fordern eine sofortige Beendigung der derzeitigen Kämpfe und bekräftigen unseren Standpunkt, dass Sicherheit nur durch die Einhaltung des Völkerrechts und die Verwirklichung des gleichen Rechts Aller auf ein Leben in Würde, Freiheit und Frieden erreicht werden kann.“ Statement on Israel Gaza violence externer Link von und bei ICTU vom 10.10.2023 in der Übersetzung aus dem Englischen durch das Gewerkschaftsforum Hannover – wir danken! (Der 1959 gegründete irische Gewerkschaftsbund ICTU vereint 44 Branchenverbände. Er zählt in der Republik Irland 602.000 Mitglieder und in Nordirland weitere 230.000. Das entspricht in der Republik einem Organisationsgrad von 35,1% der Erwerbstätigen.)
  • Italien: Zwei Stellungnahmen aus den kämpferischen italienischen Basisgewerkschaften USB und SI Cobas , beide in der Übersetzung aus dem Italienischen durch das Gewerkschaftsforum Hannover – wir danken!

Siehe auch:

Siehe im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=215567
nach oben