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Eine Provinz steht auf: Es brennen (nicht nur) die Kasernen der faschistischen Pasdaran-Banden in iranisch Belutschistan
Der Teil Belutschistans, der offiziell zum Iran gehört, steht in hellen Flammen. Die östliche Bergprovinz ist zwar rund halb so groß, wie die BRD, hat aber nur runde 2,5 Millionen EinwohnerInnen (der größte Teil Belutschistans gehört zu Pakistan, aber auch der afghanische Teil ist dichter bevölkert). Die unter anderem – wie viele Menschen, deren Lebensraum von nationalstaatlichen Grenzen als koloniales Erbe durchschnitten wird – vom Schmuggel leben, was genauso als Verbrechen dargestellt wird, wie beispielsweise angeblich „wilder Bergbau“ in vielen Gegenden der Welt. (Siehe dazu sowohl den Hinweis auf unseren ersten Bericht über die aktuellen Aufruhr-Praktiken und auch auf ähnliche Auseinandersetzungen in anderen Ländern am Ende dieses Beitrags). Und jene Linken, die kürzlich den obersten Faschisten und Mordbuben Soleimani zum Anti-Imperialisten hochstilisiert haben (nur, weil er von anderen Faschisten ermordet wurde), hätten gerade in der Gegend „schlechte Karten“ – denn die Todesschüsse der Pasdaran haben das Feuer der Rebellion nicht nur nicht erstickt, sondern im Gegenteil, richtig entfacht. Zu den aktuellen Protesten im Osten des Iran eine kleine Materialsammlung mit fünf aktuellen Berichten sowie drei (zum Teil älteren) Hintergrundbeiträgen zu Belutschistan und mehreren Hinweisen auf frühere Beiträge im LabourNet Germany:
„Der Aufstand in der Region Belutschistan im Iran nach der Ermordung von Dutzenden von Arbeitern durch Pasdaran-Milizen der Mullahkratur geht weiter. Heute wurden in Saravan Regierungsgebäude angegriffen und Barrikaden errichtet“ am 24. Februar 2021im Twitter-Kanal der FAU ist ein Videobericht von einem der inzwischen zahlreichen Aufstandsorte
„Toujours à Saravan en Iran le siège du gouvernorat représentant le pouvoir criminel de la mollahgeoisie a été attaqué pour protester contre le massacre de dizaines de travailleurs Baloutches par les miliciens pasdarans“ am 24. Februar 2021 im Twitter-Kanal von Autonomie Ouvrière ist ein ganzer Thread zu den aktuellen Aufständen (inklusive des oben genannten) mit mehreren Videoberichten von Aktionen gegen Einrichtungen des Regimes und aktuellen Informationen zum regionalen Generalstreik
„Contrebandiers tués par les gardiens de la révolution, soulèvement à Saravan“ am 24. Februar 2021 bei Anthropologie du Présent ist eine ausführliche (mehrsprachige) Materialsammlung zu den aktuellen Protesten, inklusive dem „Beginn“ mit der Ermordung der „Schmuggler“…
„Iran: Saravan Uprising, No. 2 – General Strike in Saravan, Clashes Between the People, Revolutionary Guards Continue“ am 23. Februar 2021 beim NCRI ist (unter anderem) ein Bericht über das Zustandekommen des ausgerufenen Generalstreiks in der Region, aus dem sowohl die Strukturen der Repressionskräfte genauer deutlich werden, als auch die Strukturen der oppositionellen Bewegung, die in erster Linie eine Jugendbewegung ist.
„Nach Tod von Treibstoff-Schmuggler erneut Aufruhr in verarmter iranischen Provinz Sistan und Belutschistan“ am 24. Februar 2021 beim Deutschlandfunk Kultur meldete nicht gerade besonders regimekritisch: „… Mehrere Menschen stürmten das Büro des Gouverneurs der Provinz Sistan und Belutschistan in der Stadt Saravan. In Sozialen Medien kursierten entsprechende Aufnahmen. Die Nachrichtenagentur AP konnte das Filmmaterial nach eigenen Angaben verifizieren. Es soll mehrere Tote und Verletzte gegeben haben. Der Aufruhr folgte offenbar dem Tod von einem oder mehreren Treibstoffschmugglern an der Grenze. Iranische Regierungsvertreter machten pakistanische Streitkräfte verantwortlich. Die Wüsten-Provinz Sistan und Belutschistan gilt als einer der ärmsten Regionen im Iran. Einwohner beklagen immer wieder die Unterdrückung durch das iranische Regime. In der Vergangenheit kam es des Öfteren zu Zusammenstößen zwischen iranischen Streitkräften und gewaltbereiten Regierungsgegnern, separatistischen Gruppen sowie Kriminellen…“
„Reiches Belutschistan, arme Belutschen“ von Selig S. Harrison am 13. Oktober 2006 in Le Monde Diplomatique hob bereits damals unter anderem hervor: „… Anders als in Indien lebt im Iran eine Minderheit von über einer Million Belutschen – überwiegend Sunniten. Somit hat der Iran gute Gründe, einen belutschischen Nationalismus zu fürchten. Die Volkspartei Belutschistans (BPP), die einen Teil dieser Minderheit im Iran repräsentiert, beschwerte sich Anfang August über die Aktivitäten des radikalen schiitischen Geistlichen Ajatollah Ibrahim Nekoonam, der vor kurzem zum Justizminister der iranischen Provinz Belutschistan bestellt wurde. Der Ajatollah habe eine Repressionskampagne gestartet, bei der Militär- und Polizeieinheiten, angeleitet von der Geheimpolizei Mersad, hunderte von Menschen festgenommen hätten. Anschließend seien viele der Verhafteten der Kollaboration mit den USA beschuldigt und hingerichtet worden. Die Belutschen des Iran sind nicht nur weniger als die in Pakistan, sie sind auch nicht so nationalbewusst und zudem schlechter organisiert. Ihre wichtigsten Führer halten nichts von der Idee einer Sezession oder einer Vereinigung mit den Belutschen Pakistans. Die erwähnte BPP etwa ist in eine Koalition von Volksgruppen eingebunden, die auch andere diskriminierte Minderheiten des Iran wie die Kurden, die Aseris, die Türken und die Araber der an den Irak grenzenden Provinz Khusestan repräsentiert. Diese Koalition will den Iran in eine Föderation umwandeln, innerhalb derer der iranische Zentralstaat die Zuständigkeit für Außenpolitik, Verteidigung, Telekommunikation und Außenhandel behalten, alle sonstigen Kompetenzen aber an die drei autonomen Regionen abtreten würde…“
„“Wir kämpfen für ein souveränes, freies und demokratisches Belutschistan““ am 02. September 2020 bei den Rote Fahne News war ein Interview mit Mumtaz Baloch, der zu den politischen Zielen seiner Gruppierung unter anderem ausführte: „… Die Region Belutschistan ist reich an Mineralien und hat auch eine sehr wichtige strategische Position. Geopolitisch spielt das Gebiet eine wichtige Rolle in verschiedenen Handelsrouten. Die Region hat ein sehr gutes Klima für den Anbau. Obwohl die Region reich an natürlichen Ressourcen ist, gehört die Bevölkerung zu den ärmsten in Pakistan. Es mangelt an einer stabilen Infrastruktur sowie an Stromversorgung und sauberem Trinkwasser. Achtundachtzig Prozent der Belutschen leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Bodenschätze werden von der pakistanischen Zentralregierung und chinesischen Unternehmen wie in der Goldmine in Rekodiq und Saindak ausgebeutet. (…) Wir treten für ein souveränes, freies und demokratisches Belutschistan ein. Wir haben die „Charta zur Befreiung Belutschistans“ entwickelt, die unter dem Slogan „Freiheit – Demokratie – Gerechtigkeit“ steht…“
„Belutschistan: Konflikt abseits der Medien“ von Emran Feroz am 26. Januar 2016 bei telepolis unterstrich damals:“… Die historische Verbundenheit Afghanistans, das die Durand-Linie bis heute nicht anerkennt, und Belutschistan immer noch als illegal besetztes Land betrachtet, spielt diesbezüglich sicherlich eine große Rolle. Abgesehen davon machen sowohl Indien als auch Afghanistan Pakistan für die meisten Missstände im Land – insbesondere den Terrorismus – verantwortlich und haben starkes Interesse an einer Destabilisierung des Nachbarlandes. Eine überaus bedeutende Rolle in Belutschistan spielt China. Die chinesische Regierung hat es vor allem auf die Ressourcen der Provinz, etwa Gold und Kupfer, abgesehen und sich zahlreiche Ausbeutungsrechte gesichert. Des Weiteren ist die Hafenstadt Gwadar am Arabischen Meer von enormer strategischer Bedeutung und soll für die Energieversorgung Chinas in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Allein in den Bau des Hafens hat Peking rund 200 Millionen Dollar investiert. Weitere Investitionen in Milliardenhöhe wurden bereits vereinbart. Des Weiteren soll die Errichtung eines chinesischen Marinestützpunktes in Planung sein. Belutschische Politiker und Aktivisten sprechen mittlerweile von einer chinesischen Kolonialisierung, von der nicht die bitterarme Provinz, sondern Peking sowie das pakistanische Establishment profitieren wird. Aufgrund des zunehmenden Einflusses wurden chinesische Firmen in Belutschistan immer wieder zum Ziel von Anschlägen. Der Unabhängigkeitskampf der Belutschen tobt jedoch auch anderswo. Im Iran, wo rund 1,5 Millionen Belutschen leben, herrscht eine ähnliche Situation. Auch in der dortigen Belutschen-Provinz (Sistan und Belutschistan) haben sich militante Gruppen organisiert, um die Regierung in Teheran zu bekämpfen. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Konflikt im Iran auch sektiererisch aufgeladen ist. Die Belutschen werden nämlich nicht nur als ethnische Minderheit betrachtet, sondern auch als ein Teil der sunnitischen Minderheit, die sich der schiitischen Herrschaft unterwerfen muss...“
- Zum aktuellen Aufstand in Belutschistan zuerst: „Das kapitalistische Mullah-Regime lässt Feuer auf sozialen Protest eröffnen: Mindestens 30 Todesopfer – und nun erst recht neue Proteste“ am 24. Februar 2021 im LabourNet Germany
- Zu den Lebensbedingungen von Belutschen in Pakistan zuletzt: „Islamistische Bande überfällt pakistanische Bergarbeiter: 11 Mordopfer“ am 06. Januar 2021 im LabourNet Germany