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Indische Klassenjustiz verurteilt 31 von 148 angeklagten Maruti-Suzuki-Kollegen, 13 davon wegen Mordes – 12 von ihnen sind Gewerkschaftsfunktionäre! Eintägiger Protest-Streik aller Maruti-Beschäftigten in Indien – regionaler Notstand ausgerufen

Workers Solidarity Center: Free the maruti workers, the political prisoners of class struggle!Das Urteil des willfährigen Richters Goel stieß auf unterschiedliches Echo: Einerseits, nahe liegend, Erleichterung über den Freispruch für 117 Kollegen, die seit Jahren in angeblicher Untersuchungshaft im Gefängnis waren. Andererseits blanke Empörung über die Verurteilung von 31 weiteren Kollegen, davon 13 wegen Mordes, ganz zufälligerweise bis auf einen alle Funktionäre der Betriebsgewerkschaft – deren Existenz von dem berüchtigten Unternehmen mit allen Mitteln und steter Hilfe von Polizei, Justiz und Behörden bekämpft worden war. Das jeweilige Strafmaß für die 31 Verurteilten soll am 17. März verkündet werden. Der „Staatsanwalt des Unternehmens“ unterstrich, man werde in allen Fällen für die jeweilige Höchststrafe eintreten. Wie bereits in der Erklärung der Betriebsgewerkschaft am Tag vor der Urteilsverkündung unterstrichen worden war: Hier wird nach dem Muster der „Pricol 8“ vorgegangen, dem Prozess (inzwischen durch Revision für die Justiz in einer peinlichen Katastrophe geendet mit Freisprüchen – allerdings auch hier nach Jahren), in dem  erstmals streikende Arbeiter wegen Mordes verurteilt wurden. In einem ebenso konstruierten Fall, wie nun schon seit Jahren bei Maruti-Suzuki, wo die Kollegen ausgerechnet den einzigen Manager, „der auf soziale Belange ansprechbar war“ (Originalton Gewerkschaft), ermordet haben sollen. Dass ein Freispruch für 117 Menschen nach Jahren Gefängnisstrafe erfolgt, ist nicht nur ein Drama für die Betroffenen und ein dramatisches Armutszeugnis für die Willkür der indischen Justiz, die sich einmal mehr fragen muss, ob sie in ihrer unmenschlichen Willfährigkeit im Dienste der „Investoren“ nicht zu weit geht. Es ist auch ein Fall für – hoffentlich astronomisch hohe – Entschädigungsforderungen an den Auftraggeber Suzuki. Siehe dazu unsere aktuelle kleine Materialsammlung „Klassenjustiz in Indien: Das Maruti-Suzuki-Urteil“ vom 11. März 2017:

„Klassenjustiz in Indien: Das Maruti-Suzuki-Urteil“

Solidaritäts-Streik der Maruti Beschäftigten am Vorabend der Verkündung des Urteils gegen die 148 Angeklagten - am 9.3.2017 beteiligten sich 25.000 KollegInnen„Maruti violence, death case: 31 convicted, 117 acquitted“ von Ashok Berwal und Hemani Bhandari am 10. März 2017 bei The Hindu externer Link ist ein Beispiel dafür wie das Gerichtsurteil in den großen Medien verbreitet wurde – mit einem Ton der Sachlichkeit versteht sich, als ob es nicht – selbst in ihrem eigenen Verständnis – mindestens darum gehe, dass 117 Menschen jahrelang unschuldig im Gefängnis saßen. Man erfährt darin, dass die Urteilsbegründung 508 Seiten umfasst (der servile Richter hat zumindest die Gerichtsbelegschaft ans Arbeiten gebracht) und dass eben von den 13 wegen Mord verurteilten Kollegen 12 gewerkschaftliche Funktionen hatten. Die 18 weiteren Verurteilten sollen solcherart Untaten begangen haben, wie Gewaltanwendung und – sehr bezeichnend – illegale Versammlung…

„Maruti factory violence verdict: A brief history of the case“ von Leena Dhankar am 10. März 2017 bei der Hindustan Times externer Link ist einer der vielen beiträge aus Anlaß des Urteils, in denen die Geschichte des „Falls“ nochmals überblickartig zusammengefasst wird – zumeist ohne auf die skandalösen Polizeieinsätze und Justizrepressionen einzugehen – aber als Datumslinie für zentrale Ereignisse zu gebrauchen, weil immerhin erwähnt wird, dass im Verlaufe des Prozesses von 112 Angeklagten noch nicht einmal bewiesen werden konnte, dass sie überhaupt am angeblichen Tatort waren

„UPDATE: Maruti Auto Workers (Gurgaon)“ am 10. März 2017 bei der Aktivistin Suzanna Adely externer Link (Facebook) ist eine Meldung in der ein Überblick darüber gegeben wird, welche Verurteilten nach welchen Paragraphen des indischen Strafgesetzbuches verurteilt wurden

„Maruti Verdict and Reactions“ am 11. März 2017 beim Tamil Nadu Labourblog externer Link ist ein Beitrag, der sowohl eine Bewertung des Urteils vornimmt – dieses „ungerechte, widersprüchliche und schlimme“ Urteil sei, so der Kommentar des Aktivistenblogs, ein Urteil nach dem Muster des infamen „Pricol 8“ Prozesses. Die AutorInnen geben der Hoffnung Ausdruck, dass dieser Prozess genauso scheitern werde wie jener, zumal bereits die ersten Reaktionen, über die in einem zweiten Teil des Artikels berichtet wird, eine massive Protesthaltung gegen das Urteil zeigen. Am Tag vor dem Urteil bereits gab es einen Solidaritätsstreik von 25.000 Maruti-Beschäftigten im ganzen Land, Tage zuvor bereits eine Protestversammlung in der Industrieregion von Haryana, also jenem Gebiet, in dem die Fabrik liegt, in der die Auseinandersetzung 2012 stattfand – an dieser Versammlung nahmen über 10.000 Kolleginnen und Kollegen aus umliegenden Betrieben teil: Zwei Aktionen, die bereits dazu führten, dass die Behörden und Regionalregierung im Dienste Marutis den Notstand für die Region erklärt haben

„Maruti violence case: 30,000 workers to skip Holi in protest“ von Chetna Choudhry am 11. März 2017 bei der Times of India externer Link ist ein Bericht darüber, dass dem Aufruf verschiedener Gewerkschaften, am traditionellen Holi-Frühlingsfest einen Hungerstreik in Solidarität mit den verurteilten zu organisieren, bereits 30.000 Menschen aus der Region gefolgt sind

„13 Maruti-Suzuki Workers Convicted of Murder for Forming a Trade Union“ am 10. März 2017 beim parteiunabhängigen Gewerkschaftsbund NTUI externer Link ist eine Erklärung der Föderation, die bereits in der Überschrift ihre Stellung deutlich macht „Wegen Gewerkschaftsgründung für Mord verurteilt“. Der Verband unterstreicht in dieser Mitteilung, dass er sich an allen vorgeschlagenen Solidaritätsaktionen beteiligen wird

„PUCL Press Release on the Judgment in the Maruti Suzuki Workers Case“ am 10. März 2017 bei der People’s Union for Civil Liberties (PUCL) externer Link (Facebook) ist die Erklärung einer der grossen Menschenrechtsorganisationen des Landes, in der die Freisprüche für 117 willkürlich angeklagte Kollegen begrüßt werden – auch wenn es eine Selbstverständlichkeit sei – und die Tatsache hervorgehoben, dass die Verurteilten jene waren, die die Betriebsgewerkschaft gegründet hatten. Die kriminellen Machenschaften Maruti-Suzukis und der Regierung des Bundesstaates Haryana seien undemokratischer Weise nicht vor Gericht gestanden

„How the legal battle united Maruti workers „ von Aman Sethi am 10 März 2017 in der Hindustan Times externer Link ist ein Beitrag, der sich vor allem mit der wachsenden Einheit der verfolgten Belegschaft im Verlauf des juristischen Angriffs auf grundlegende Gewerkschaftsrechte  befasst, die auch eine wichtige Grundlage dafür war, dass – nach durchaus mühevollem „Start“ – die Solidaritätsbewegung im Laufe der Zeit kontinuierlich anwuchs

„The Struggle in Between the Events: Lives of the incarcerated Maruti Workers“ von CRS Shankar am 10. März 2017 im Tamil Nadu Labourblog externer Link ist ein ausführlicher Beitrag darüber, was weder die indische Lügenpresse, noch dienstfertige Polizei, Regierung oder Justiz beachten möchten – und auch möglichst gar nicht beachtet sehen möchten: Die Untaten des Unternehmens sind deren Auswirkungen auf das Leben der Inhaftierten, der Entlassenen, der Gejagten – und ihrer Familien. Diese „Erlebnisse“ werden darin konkret beschrieben, beziehungsweise nacherzählt. Und der Autor stellt die sehr selbstverständliche Frage, wer denn dafür zur Rechenschaft gezogen werden müsse – außer der Firmenleitung, natürlich, die sowieso, aber es gäbe ja auch noch Arbeitsminister und Polizeioffiziere, Richter und Staatsanwälte…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=113250
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