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Die Epidemie-Politik der britischen Rechtsregierung erleidet Niederlagen: Weder können sie Schulkindern das Essen stehlen, noch problemlos Konzernen Steuergelder zuschieben

Britischer Unistreik: Protest gegen Gewerkschaftsvorstand der UCUEines der zahlreichen, in der Epidemie-Krise weiter anwachsenden, sozialen Probleme: Beinahe anderthalb Millionen Kinder in Großbritannien sind auf kostenlose Schulmahlzeiten angewiesen, um nicht Hunger leiden zu müssen. Ergebnis einer Politik in der neoliberalen Tradition einer überaus rostigen toten Lady, wie sie seit ihrer Regierungszeit (immerhin ab 1979) im Prinzip befolgt wurde und wird – und jetzt von den Anti-Establishment-Rechten der Johnson-Regierung weiter verschärft werden soll. Und da dafür Finanzen benötigt werden – um Aufträge an Konzerne bezahlen zu können (statt, beispielsweise und vor allem, den Nationalen Gesundheitsdienst damit auszustatten) sollte eingespart werden: Beispielsweise eben an den Schulmahlzeiten. Diese Entwicklung konservativ-rechtsradikaler Politik hin zu offener Menschenfeindlichkeit wurde durch einen kollektiven Aufschrei und zahllose dagegen gerichtete Initiativen verhindert, die Regierung musste entsprechend ihre Haushaltspläne verändern. Die wachsenden sozialen Probleme in Großbritannien und der Widerstand gegen die rechte Krisenpolitik sind Gegenstand der kleinen Materialsammlung „Britische Rechtsregierung – Sozialabbau und Widerstand in der Epidemie“ vom 25. Oktober 2020:

„Britische Rechtsregierung – Sozialabbau und Widerstand in der Epidemie“

(25. Oktober 2020)

„Privatisiert ins Debakel“ von Peter Stäuber am 21. Oktober 2020 bei nd online externer Link zu den Profiteuren der Johnson-Politik: „… Wer ein kompetentes Unternehmen sucht, das einen dicken öffentlichen Auftrag übernehmen kann, sollte eigentlich einen großen Bogen um Serco machen. Der Dienstleistungs- und Outsorcingriese musste schon mehrmals Millionenbußgelder bezahlen, etwa weil er die Zielvorgaben eines Auftrags für Asylunterkünfte nicht erfüllt hatte oder da eine Tochterfirma, die Häftlingen elektronische Fußfesseln montierte und überwachte, beim Schummeln erwischt worden war. Aber offenbar findet die britische Regierung das alles halb so schlimm: Das Gesundheitsministerium entschied im Mai, dass Serco bei der Corona-Kontaktverfolgung im Land federführend sein soll. Auftragswert: 108 Millionen Pfund (etwa 118 Millionen Euro). Über 30 andere Privatfirmen sind ebenfalls am Betrieb des Test-and-Trace-Systems beteiligt. (…) Aber wie ein großer Teil des öffentlichen Dienstes sind auch die lokalen Gesundheitsbehörden in den vergangenen Jahrzehnten ausgehöhlt worden. Kommunale Labore wurden größeren Organisationen einverleibt, die Seuchenkontrolle wurde zentralisiert. So fehlt es den Gemeinden und den lokalen Krankenhauslaboren an der Kapazität, um die Corona-Pandemie effektiv zu kontrollieren. Aber anstatt das bestehende System in der Pandemie wieder zu stärken – wie in Deutschland –, schuf die Regierung ein paralleles, privatisiertes System für Test and Trace mit Unternehmen, die diesen Job noch nie gemacht haben. Das neoliberale Mantra, dass es der Privatsektor stets besser richtet als der öffentliche, hält sich zäh in den Köpfen der Tories. Das Fiasko rund um Serco und Co. hat allerdings dazu geführt, dass die Kommunen bei der Kontaktverfolgung nun keine untergeordnete Rolle mehr spielen. So sind sie zumindest zuständig für Coronatests bei Gesundheitsmitarbeitern. Zudem stopfen sie im Zusammenspiel mit der Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) viele Lücken, die das privatisierte System hinterlässt. Die PHE-Teams schaffen es beispielsweise, mit rund 95 Prozent der Kontakte zu sprechen. Und manche Gemeinden sind so frustriert wegen der Arbeit der Outsourcingfirmen, dass sie auf eigene Faust Kontaktverfolgungsprogramme aufgezogen haben. Dennoch hat die Regierung in London die Verträge mit Serco und den anderen privaten Dienstleistern verlängert...“

„Sack Serco, campaigners urge after the outsourcing giant announces soaring profits from government contracts“ am 16. Oktover 2020 beim Morning Star externer Link berichtet von der erstarkenden Kampagne gegen die Serco-Verträge – erst recht, nachdem das Unternehmen verkündet hat, dass es eben am Tracing-System rund 45 Millionen Pfund Sterling verdienen wird (und dafür weder dem rechten Johnson noch dem vom ihm beklauten Steuerzahler dankt).

„No one should be profiting from test and trace failure, says UNISON“ am 16. Oktober 2020 bei Unison externer Link ist eine Stellungnahme der Dienstleistungsgewerkschaft, in der unterstrichen wird, dass es ein Unding ist, dass private Unternehmen an den Epidemie-Maßnahmen verdienen – erst recht, wenn diese Maßnahmen auch noch gar nicht funktionieren…

„Private test and trace is failing – hand it back to the NHS“ seit Ende September 2020 bei Change.org externer Link ist eine Petition der (Labour-nahen) Initiative Keep Our NHS Public, mit der die Regierung aufgefordert wird, die Epidemie-Maßnahmen in die Hände des Nationalen Gesundheitsdienstes NHS zu legen und diesen entsprechend auszustatten. Bisher von über 170.000 Menschen unterschrieben…

„12 million people in Britain will struggle to pay bills, watchdog says“ von Paul Knaggs am 22. Oktober 2020 bei Labour Heartlands externer Link berichtet von einer repräsentativen Erhebung anhand der Daten vom Juli 2020, der zufolge rund 12 Millionen Menschen in Großbritannien Probleme haben, ihre laufenden Rechnungen der Grundversorgung zu bezahlen. Insbesondere in kritischen Situationen sind Mieterinnen und Mieter, von denen sich laut der Umfrage 42% mit Zahlungsproblemen auseinanderzusetzen haben und ethnische Minderheiten, von denen 37% betroffen sind.

„Hungrig, nicht nur nach Wissen“ am 30. Juli 2020 in der Wiener Zeitung online externer Link zur Situation der Schulkinder unter anderem: „… Für die meisten Schüler in Großbritannien geht ab diesem Wochenende ein Schuljahr zu Ende, das die Corona-Pandemie geprägt hat. Sämtliche Schulen wurden am 23. März geschlossen, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen. Kinder im ersten, zweiten und sechsten Schuljahr – also die Altersgruppe der Vier- bis Sechsjährigen sowie die der Zehn- bis Elfjährigen, die ab Herbst eine höhere Schule besuchen werden – sind im Juni wieder in die Klassenzimmer zurückgekehrt. Für die anderen Kinder und Jugendlichen hat der Unterricht bis zuletzt in den eigenen vier Wänden stattgefunden, ohne Mitschüler, ohne Lehrer und ohne das Mittagessen in der Schule, das im Vorjahr 1,3 Millionen Schülern aus einkommensschwachen Familien an Schultagen kostenlos zur Verfügung gestellt worden war. Das sind fast fünfzehn Prozent der 8,8 Millionen britischen Schulkinder. Als Ausgleich für das wegfallende Schulessen haben betroffene Familien Gutscheine für einige Supermarktketten im Wert von 15 Pfund (16,6 Euro) pro Woche und Kind erhalten. Allerdings waren für manche Familien Filialen der teilnehmenden Supermärkte nicht oder nur umständlich erreichbar. Zudem haben rund 200.000 Kinder während des Lockdowns nicht genügend zu essen bekommen haben und mussten hungern, schätzt die NGO Food Foundation. Die Gutscheine wurden nicht nur während der Schulzeit vergeben, sondern auch für die Oster- und Maiferien. Nach den ursprünglichen Plänen der konservativen Regierung unter Premier Boris Johnson hätte auch diese Unterstützung mit Ende des Trimesters im Juli auslaufen sollen. Dagegen protestierten auch Prominente, wie der Fußballer Marcus Rashford. Auf seinen Social-Media-Kanälen postete der Spieler von Manchester United einen offenen Brief, in dem er die Fortführung des Programms über die Sommerferien forderte…“

„Gratis-Essen für Schulkinder: Fußballstar Rashford zwingt Premier Johnson in die Knie“ von Peter Nonnenmacher am 16. Juli 2020 beim Redaktionsnetzwerk Deutschland externer Link zu Markus Rashfords Initiative – die ohne Zweifel prominenteste einer ganzen Reihe ähnlicher Aktionen: „… Mit „Parteipolitik“ habe sein Einsatz nichts zu tun. Es sei einfach „eine Frage der Menschlichkeit“, erklärte gestern Marcus Rashford. Aber der Appell, den der Manchester-United-Fussballer und englische Nationalstürmer an Großbritanniens Regierungspartei richtete, erwies sich in seiner Menschlichkeit als hochexplosiv. Rashford forderte im Grunde Premierminister Boris Johnson heraus. Er trat an gegen dessen jüngste Entscheidung, während der kommenden Sommerferien keine Essens-Gutscheine mehr für englische Schulkinder auszustellen. Dieser Regierungsbeschluss hatte schon in den letzten Tagen Unruhe ausgelöst. Doch erst ein offener Brief des prominenten Fußballers an die Verantwortlichen im Lande machte die Sache zum Thema – und zu einem heißen dazu. Am Dienstagmorgen griff die gesamte britische Presse Rashfords Appell auf. Die konservative Times bescheinigte dem Nationalspieler „Fair Play“ bei seinem Vorstoß. Die Labour-Opposition zettelte noch für denselben Tag eine Unterhaus-Debatte zu dieser Frage an. Und im weiteren Verlauf des Tages sahen sich peinlich berührte Tory-Abgeordnete vor die Frage gestellt, ob sie denn wollten, dass englische Kinder hungerten, solange die Schultore geschlossen bleiben und es für die Ärmsten kein freies Schulessen gibt. In der Tat hatte die Regierung in den letzten zwölf Wochen noch Gratis-Gutscheine für bedürftige Kinder ausgegeben, mit denen Eltern in bestimmten Läden zusätzliche Lebensmittel kaufen konnten. 15 Pfund pro Kind und Woche wurden bewilligt dabei. (…) „Vor zehn Jahren hätte ich selbst eins dieser Kinder sein können“, erklärte der 22-jährige schwarze Fussballer, der in armen Verhältnissen in Manchester aufwuchs. Seine Mutter, die ganztags für minimalen Lohn arbeitete, habe alles getan, was sie konnte, um ihren fünf Kindern jeden Abend eine warme Mahlzeit auf den Tisch zu stellen. „Aber auch das war nicht genug. Als Familie waren wir angewiesen auf Frühstücks-Clubs, freie Schulmahlzeiten und wohltätige Nachbarn und Trainer...“

„Proposed Transport for London funding deal punishes poorest Londoners, Unite warns“ am 21. Oktober 2020 bei Unite externer Link berichtet von den Bedingungen, die die regierenden Rechten gestellt haben, um die beantragte Finanzhilfe für Transport of London – die örtliche (regionale) öffentliche Nahverkehrsgesellschaft – zu bewilligen: Eine Preiserhöhung die über der allgemeinen Teuerungsrate liegen müsse. Was, wie die Gewerkschaft Unite unterstreicht, ein weiterer Angriff der Rechten auf die ärmsten Teile der Londoner Bevölkerung sei.

„Millions face poverty and deprivation under strict Tier-3 lockdown restrictions“ von Peter Lazenby am 23. Oktober 2020 im Morning Star externer Link berichtet von den Vorbereitungen auf eine Demonstration am folgenden Samstag in Manchester – die sich gegen die Maßnahmen der Rechtsregierung für den Norden Englands richtet, die nicht nur weitere (auch finanzielle) Einschränkungen für viele Menschen dieser Problemzonen bedeutet, sondern auch verbunden ist mit einer deutlich geringeren finanziellen Unterstützung für die (meist von der Opposition regierten) Kommunen…

„Acorn take direct action against ‘rogue’ landlord“ ebenfalls von Peter Lazenby am 23. Oktober 2020 im Morning Star externer Link berichtet von einer der (sehr zahlreichen) Miet-Aktionen der letzten Zeit: Hier hat die Initiative Acorn sich einen besonders üblen Hausbesitzer „vorgenommen“…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=180099
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