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Petition britischer Amazon-Beschäftigter für die Reduzierung der Arbeitsbelastung

Dossier

UK-Petition „Amazon: Drop all targets by 15%“Weder darf es Tage geben, an denen man sich nicht wohl fühlt, noch darf irgendeine technische Ablaufeinrichtung nicht funktionieren. Ein Toilettengang macht es schon problematisch, die Arbeitsvorgaben zu erreichen – und wird außerdem von ständigen „Benachrichtigungen“ begleitet, wie es um die Sollerfüllung steht. Mögen die beiden ersten Schikanen in modernen kapitalistischen Betrieben weltweit verbreitet sein, so ist die „ständige digitale Drohung“ eine echte Amazon-Innovation (gewesen). Aktive Beschäftigte von Amazon UK haben jetzt auf der „Organise“-Plattform die Petition „Amazon: Drop all targets by 15%“ externer Link gestartet, die ein Offener Brief an Doug Gurr, den Amazon Topmanager in Großbritannien, werden soll. Darin werden die Arbeitsbedingungen nochmals kurz skizziert und die Forderung vertreten, alle Vorgaben um 15% zu senken. Bisher haben knapp über 4.000 Menschen diese Petition unterzeichnet, das Ziel sollen 10.000 UnterzeichnerInnen sein. Siehe dazu u.a. auch ein Video über die Arbeitsbedingungen bei Amazon UK:

  • „Sie behandeln uns schlimmer als Tiere“: Arbeiten ohne Trinkwasser und Toiletten bei Amazon in Bristol New
    • Ohne Wasser und WC. Neue Enthüllungen über unzumutbare Arbeitsbedingungen bei Amazon in Großbritannien
      Stundenlang arbeiten zu müssen – ohne Zugang zu Sanitätseinrichtungen oder Wasser – und das bei einem der reichsten globalen Konzerne an einem Standort mitten in Westeuropa. Am Sonnabend schilderte das britische Magazin Tribune verheerende Arbeitsbedingungen an Amazon-Standorten in England.
      Der Gewerkschaftskorrespondent Taj Ali berichtet darin unter anderem von einer lecken Wasserleitung am Standort Bristol. Aufgrund des starken Wasseraustritts musste die Wasserzufuhr zum Amazon-Warenhaus in der westenglischen Stadt abgedreht werden. Die Beschäftigten verlangten daher, mit der Arbeit pausieren zu können. Doch die Standortleitung zwang die Angestellten mit Androhung von Disziplinarmaßnahmen, stundenlang weiterzuarbeiten, ohne Zugang zu fließendem Wasser und die Möglichkeit, Sanitätseinrichtungen aufzusuchen.
      Eine Person, die Hanna genannt wird und seit »mehreren Jahren« bei Amazon arbeitet, erklärte, dass »die Priority-Bestellungen um 4.30 Uhr morgens rausmüssen«. Damit die Pakete rechtzeitig bei den Kunden ankommen, würden Arbeitsrechte, Sicherheitsvorgaben und der Umgang mit den Angestellten ignoriert. Christian, ein Kollege, der Nachtschicht hatte, fügte hinzu: »Sie haben auch alle Automaten ausgeschaltet.« Für Kaffee und Tee war kein Wasser da – eine Nachtschicht ohne die Möglichkeit, warme Getränke oder Wasser zu sich zu nehmen. Arbeiter, die mit beschädigten Elektrogeräten arbeiten, aus denen oft Batterie- oder Akkuflüssigkeit auslaufen, konnten ihre Hände nicht waschen. Zur Toilette gehen – nicht möglich. Der Vorarbeiter soll zu Christian gesagt haben, er soll es doch »zurückhalten«.
      Das Problem soll sich mehrere Stunden über die Nacht- bis lange in die Tagschicht hingezogen haben. Die GMB-Gewerkschafterin bei Amazon UK, Marie McDonald, berichtete, Amazon habe einige Mitarbeiter aus der Tagschicht informiert, sie sollten wegen des Wasserschadens zu Hause bleiben. Doch als um halb eins der Schaden repariert gewesen sei, wurden sie aufgefordert, bis 13 Uhr an ihren Arbeitsplatz zu kommen: »Viele reisen aus der Gegend von Newport an. Sie haben eine Anreise von bis zu anderthalb Stunden und die Busverbindungen sind nicht regelmäßig.« Den Angestellten wurde gesagt, falls sie sich nicht binnen 30 Minuten einfinden könnten, müssten sie einen Urlaubstag nehmen, so McDonald.
      Auch von Amazon-Fahrern aus der Gegend werden häufig Beschwerden und Verletzungen des Arbeitsrechts gemeldet. Ende August berichtete die BBC, Fahrern von Amazon-Lieferdiensten würden Tausende Pfund Sterling an Löhnen, offenen Treibstoffrechnungen und Kautionen fehlen. Die Gruppe von 20 Fahrern arbeite für das Subunternehmen Silverback Movements und liefere Amazon-Pakete in die Standorte Avonmouth und Newport. Beide liegen nicht weit vom Logistikstandort Amazon Bristol und werden von dort aus beliefert
      …“ Artikel von Dieter Reinisch in der jungen Welt vom 12.09.2023 externer Link, es handelt sich im Prinzip um eine Zusammenfassung von:
    • „‘They Treat Us Worse Than Animals’: Working Without Water at Amazon“
      Die Chefs von Amazon zwangen die Mitarbeiter im Lager des Unternehmens in Bristol, ohne Zugang zu Trinkwasser und Toiletten zu arbeiten – das jüngste Beispiel für die ausbeuterischen Beschäftigungspraktiken des Unternehmens.
      Am Donnerstag, den 24. August, kam es gegen drei Uhr morgens zu einem Wasserrohrbruch in Bristol. Für die Mitarbeiter des Amazon-Lagers BRS1 bedeutete dies, dass sie keinen Zugang zu Wasser und Toiletten hatten. In den meisten Branchen würde eine unterbrochene Wasserversorgung zu einem Betriebsstillstand führen. Aber für Amazon war es ein normales Geschäft. Trotz der Bitten der Arbeiter wurden sie aufgefordert, an ihren Arbeitsplätzen zu bleiben und weiterzuarbeiten. (…)
      Die mangelnde Bereitschaft der Manager, im Interesse des Wohlbefindens der Mitarbeiter auf ein paar Stunden Arbeit zu verzichten, steht im Einklang mit den allgemeinen Beschäftigungspraktiken von Amazon. Von Fahrern, die in Flaschen urinieren, bis hin zu Lagerarbeitern, deren Produktivität überwacht, eingestuft und geprüft wird, als ob sie an den Hungerspielen teilnehmen würden, ist die Demütigung ein bestimmendes Merkmal der Beschäftigung bei Amazon. 
      Das ist die Realität hinter dem E-Commerce-Konsum auf einen Klick. Das Wohlbefinden der Lagerarbeiter wird im Namen von Effizienz und Profit geopfert. Superyachten und Weltraumrennen für Milliardäre wie Bezos, während die Arbeiter, die ihren Reichtum produzieren, auf dem Planeten Erde ohne Zugang zu Toiletten und Wasser schuften.
      Die wachsende gewerkschaftliche Organisierung der Amazon-Beschäftigten wird oft unter dem Aspekt der Lebenshaltungskostenkrise gesehen, aber im Kern ist es ein Kampf um grundlegende Würde und Respekt am Arbeitsplatz. Und wenn den Amazon-Beschäftigten dieses Privileg nicht gewährt wird, werden sie es einfordern. Amazon hat auf die Bitte der Tribune um eine Stellungnahme nicht reagiert.“ engl. Artikel von Taj Ali am 08.09.2023 in Tribune externer Link (maschinenübersetzt)
  • Amazon Rugeley ist ein Musterbeispiel für die Deindustrialisierung Großbritanniens
    Rugeley war einst die Heimat einer blühenden Kohleindustrie, die das Fundament einer Gemeinde bildete. Heute befindet sich hier ein Amazon-Lagerhaus, das die düstere Realität der Arbeit im modernen Großbritannien offenbart. (…)
    In Rugeley hat Amazon versucht, die Erfolge in der benachbarten Autostadt in den Midlands herunterzuspielen und in den letzten Monaten zahlreiche gewerkschaftsfeindliche Taktiken angewandt. Wir werden regelmäßig von Managern unterrichtet, die uns davon abraten, der Gewerkschaft beizutreten“, erklärt Maria. Sie haben sogar Plakate in den Toiletten, auf denen steht: Sprich für dich selbst. Ihr müsst nicht in die Gewerkschaft eintreten“. (…)
    Amazon hat nun angekündigt, den Standort in Rugeley im März 2024 zu schließen. Und trotz des Versprechens von Arbeitsplätzen an einem neuen Standort in Sutton Coldfield ist nicht jeder in der Lage, den Umzug zu vollziehen.    
    Chris, der in der Nähe von Stafford lebt, ist sehr besorgt. Sie zwingen uns, über dreißig Meilen weit weg zu ziehen. Das ist zu weit weg. Ich werde mir etwas in der Nähe suchen müssen“, sagt er. Etwas Besseres als das hier. Maria stimmt ihm zu. ‚Ich würde nicht nach Birmingham gehen. Das ist zu weit weg, und der Job ist zu giftig. Ich brauche diesen zusätzlichen Stress nicht.
    Die Erfahrungen der Amazonas-Beschäftigten in Rugeley sind typisch für die Auswirkungen der jahrzehntelangen Deindustrialisierung und des Niedergangs der Gewerkschaften in Städten in ganz Großbritannien. Die Zeche Lee Hall war eine Stütze der Gemeinde, und die Bergleute, die sich dort organisierten, erhielten sichere Arbeit, mit der sie eine Familie ernähren und eine Hypothek bezahlen konnten. Es herrschte ein Gefühl des Stolzes…“ engl. Artikel von Taj Ali am 31.8.2023 in Tribune externer Link („Amazon Rugeley is a Poster Child for Britain’s Deindustrialisation“, maschinenübersetzt)
  • Abgeordnete sprechen von einem „Klima des Misstrauens“ bei Amazon
    GMB, die Gewerkschaft der Amazon-Beschäftigten, hat auf den parteiübergreifenden Bericht des BEIS-Ausschusses des Unterhauses über die britischen Arbeitsmärkte reagiert. Der neue Bericht warnt davor, dass Amazons „Überwachungspraktiken (zu welchem Zweck auch immer sie eingesetzt werden) zu Misstrauen, Mikromanagement und in einigen Fällen zu Disziplinarmaßnahmen gegen die Beschäftigten führen“. Der Ausschuss teilte mit, dass er dem Unternehmen geschrieben habe, „um unsere Unzufriedenheit mit den Diskrepanzen in Amazons Beweisen zum Ausdruck zu bringen und unsere Besorgnis darüber zu bekräftigen, dass der Einsatz von Überwachungstechnologie zur Überwachung der Leistung seiner Arbeitnehmer zweifellos eine unangemessene Belastung für die Belegschaft darstellt“.  Die Intervention erfolgte, nachdem Amazon zugegeben hatte, dass Arbeitnehmer entlassen werden können, wenn sie die Produktivitätsziele nicht erreichen. Ein kürzlich veröffentlichter Briefwechsel zeigt, dass die Abgeordneten Amazon mitgeteilt haben, dass „der Ausschuss nach wie vor zutiefst unzufrieden darüber ist, dass Amazon es versäumt hat, den Einsatz von Videoüberwachung und damit verbundenen KI-Systemen zur Überwachung seiner Mitarbeiter in den Amazon-Lagern proaktiv zu erläutern“. Dieser Mangel an Erklärung hätte dazu geführt, dass Amazon in den Ausschuss zurückgerufen worden wäre – wenn sich der Ausschuss nicht aufgrund von Änderungen in den Regierungsabteilungen geändert hätte. (…) Der Streik im Amazon-Lager in Coventry hat heute (Freitag) seinen zwölften Tag erreicht und soll an diesem Wochenende 14 volle Streiktage erreichen. Die Beschäftigten streiken wegen schlechter Bezahlung sowie regelmäßiger Respektlosigkeit und Überwachung durch die Geschäftsleitung. GMB zählt nun über 600 streikende Beschäftigte in Coventry. An fünf weiteren Standorten finden Urabstimmungen statt..“ “ engl. GMB-Meldung vom 21.4.23 externer Link (maschinenübersetzt)
  • „UK Amazon Workers Reportedly Urinate In Bottles To Make Fulfillment Targets“ am 16. April 2018 bei msn externer Link ist ein Kurzvideo über die Auswirkungen dieser Vorgaben auf jene Kollegen, die den Gang zur Toilette nicht mehr schaffen. Wozu hat der Mensch die Flasche erfunden, denken sich Herr Bezos und seine Antreiber…

Siehe zu Amazon in Großbritannien auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=131088
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