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Die Gemeinsamkeit der aktuellen Entwicklung in Griechenland, der Türkei und Syrien ist die Mobilisierung der extremsten Reaktion – worauf die EU reagiert. Mit Unterstützung

Merkel bei Erdogan: Hilfst Du mir gegen Flüchtlinge, helfe ich Dir gegen Kurden: ‘Stop the Dangerous Deal’Sowohl in Griechenland, als auch in der Türkei haben die beiden extrem rechten Regierungen ihre Anhänger und Anhängerinnen längst offen mobilisiert, der Krieg in Syrien ohnehin schon lange. Ob griechische Inselanwohner mit ihren Traktoren Polizei und Armee zu Hilfe eilen beim Krieg gegen Flüchtlinge oder aus immer mehr Orten der Türkei von Massenverfolgungen gegen Menschen aus Syrien berichtet wird: Solche Pogrome sind Ergebnis der seit langem eingeschlagenen Politik. Schließlich: Wo in der Türkei die AKP mit den faschistischen Gesinnungsfreunden der MHP eine Koalitionsregierung führt (in der die Graue Wölfe-Partei den Part übernimmt, offene Drohungen auszustoßen, wie etwa die jüngste Bekundung, natürlich müsse die türkische Armee, aus Gründen der nationalen Sicherheit, dauerhaft in Syrien bleiben) – da muss in Griechenland daran erinnert werden, dass der rechte Wahlsieg einen seiner wesentlichen Gründe darin hatte, dass die bisherige faschistische Wählerschaft etwa der Goldenen Morgenröte für den Rechtsblock mobilisiert wurde. Beide Regierungen werden dabei von der EU sowohl politisch, als auch finanziell unterstützt: Die Türkei über den unsäglichen Deal mit Milliarden, Griechenland jetzt mit Sonderzahlung von 700 Millionen. Eine EU übrigens, die gegenüber der leichten Kritik der UN-Flüchtlingsabteilung an der Abschaffung des Asylrechts in Griechenland dieselbe Haltung einnimmt, wie sie gerne an der Regierung der USA geübt wird: Scheiß drauf. Beide Regierungen haben auch – immerhin – mit wachsendem Widerstand und Protest gegen ihre menschenfeindliche Politik zu rechnen, wie auch jener in Syrien, der weder Assad noch Fundamentalisten will, nachwievor besteht. In unserer ausführlichen aktuellen Materialsammlung vom 04. März 2020 versuchen wir, die verschiedenen Entwicklungen nachvollziehbar zu machen – und den Widerstand gegen die jeweilige Regierungspolitik wie auch jene der EU nach (bescheidenen) Kräften zu unterstützen, zumal es auch positive Aktivitäten gewerkschaftlicher Organisationen gibt:

In Griechenland übernimmt der faschistische Teil der Wählerbasis der Rechtsregierung das Kommando

„Lesbos: Ein Bündnis von Mob, Küstenwache und Militär“ am 03. März 2020 bei FFM-Online externer Link fasst verschiedene Al Jazeera und taz Meldungen kommentierend zusammen: „… Al Jazeera meldete schon am 15. Februar Angriffe des Mobs auf Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen auf Lesbos. Inzwischen fangen Hooligans Europäer*innen am Flughafen ab, um sie zu verprügeln, und zerstören ihre Leihwagen. Der nächste Schritt wäre, dass der Mob auf die Geflüchteten losgelassen wird und die Polizei untätig bleibt. Der grüne Europaabgeordnete Erik Marquardt berichtet in einem Interview mit der taz am 02.03.: Rechtsextreme haben auf der ganzen Insel Checkpoints errichtet. Sie greifen JournalistInnen und MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen an – und auch Geflüchtete. Ich habe von Vermummten gehört, die mit Stahlketten auf Leute einschlagen. (…) Camp Moria ist das zentrale Aufnahmelager auf Lesbos. Hier leben 20.000 Menschen unter schlimmsten Bedingungen. Sie saßen heute ohne Hilfe da, weil sich MitarbeiterInnen der Hilfsorganisationen nicht mehr raus trauten und lieber zu Hause blieben. Auch die Straßen von und nach Moria sind blockiert. // Wie verhält sich die Polizei? // Sie lässt die Geflüchteten mit den rechten Mobs allein. Und sie sorgt nicht dafür, dass die Pressefreiheit gewahrt bleibt...“

„Wie Empörung in blinde Wut umschlägt“ von Florian Schmitz am 03. März 2020 bei der Deutschen Welle externer Link über den Aufmarsch des Mobs: „… „Das sind doch alles Afghanen. Wenn die hier ankommen, sollen sie die zum Flughafen bringen und dann ab zurück ins eigene Land“, kommentiert eine Hotelangestellte in Mytilini die Nachrichten. Zu sehen sind Bilder von Flüchtlingen, die an den Stränden von Lesbos ankommen. Auch die Entwicklungen an der türkisch-griechischen Grenze am Fluss Evros sind besorgniserregend. Die verständliche Empörung darüber, dass die EU sich nicht auf eine gerechte und nachhaltige Flüchtlingspolitik einigen kann, ist inzwischen in blinde Wut umgeschlagen. Unter dem Hashtag #greece_under_attack #StandByGreece inszenieren User aus dem Ausnahmezustand einen Krieg. Geflüchtete würden mit Unterstützung der Türkei Griechenland attackieren, so ihre Sicht der Dinge. Immer wieder hört man in Lesbos das Wort Invasion. Die Bürger der Insel fühlen sich allein gelassen. „Deutschland will sich selbst schützen und wir sollen das ausbaden!“, schreit eine wütende Frau vor einer Straßenblockade. Es ist nichts weniger als ein emotionaler Ausnahmezustand. Der Tourismus auf der Insel ist in den vergangenen beiden Jahren eingebrochen. Hotels mussten schließen. Für viele hat der geplatzte Türkei-Deal und der befürchtete Andrang neuer Flüchtlinge das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie wollen jetzt selbst für Ruhe und Ordnung sorgen, wenn nötig auch mit Gewalt...“

„Der Hass hat gewonnen“ von Giorgos Christides, Steffen Lüdke und Maximilian Popp am 03. März 2020 beim Spiegel online externer Link: „… Die Bewohner von Lesbos jedoch haben sich durchgesetzt. Die meisten von ihnen wollen seit Monaten oder Jahren, dass die Flüchtlinge von der Insel aufs Festland gebracht werden. Einige aus Mitleid für die Menschen, andere aus Hass. Seit Montag greifen Rechtsextremisten Journalisten und NGO-Mitarbeiter auf Lesbos an. Sie lassen Geflüchtete nicht anlanden, schüchtern sie ein. Zuvor hatten sie Polizisten vertrieben, die den Bau eines neuen Flüchtlingslagers garantieren sollten. (…) Griechische Grenzer halten seit Freitag Tausende Migranten und Flüchtlinge an der Landgrenze zur Türkei auf. Sie schießen mit Tränengas und wohl auch Geschossen aus Hartgummi. Die Grenzer bekommen nun Unterstützung aus anderen EU-Staaten. Die Kommission stellte Griechenland zudem 700 Millionen Euro in Aussicht. Das Geld soll dem „Migrationsmanagement“ dienen. Rund 20.000 Geflüchtete hielten sich nach Einschätzung des UNHCR am Montag an der Landgrenze und an der türkischen Küste in der Nähe der griechischen Inseln auf. Am Grenzübergang in Kastanies wird es zunehmend ruhiger, nach der harschen Reaktion der Griechen versuchen viele ihr Glück nun weiter im Süden. Wer dort auf die andere Seite des Grenzflusses Evros gelangt, hat es aber noch nicht geschafft. Die griechischen Grenzer jagen sie auf den Feldern und Straßen in Grenznähe. Am Mittag sitzen in Kastanies zwei junge Männer auf dem Kantstein. In ihren Augen sammeln sich Tränen. Die griechische Polizei hat sie aufgegriffen, als sie auf der Straße weg vom Grenzübergang liefen. Sie geben an, Syrer zu sein. „Was ist passiert?“, fragt einer der beiden. „Du bist illegal hier“, antwortet der Polizist. Wenige Minuten später stoppt ein Lieferwagen ohne Kennzeichen, die beiden Männer müssen durch die Kofferraumtür einsteigen, sie werden auf die Ladefläche getrieben...“

„Faschisten übernehmen Kontrolle auf Lesbos und attackieren Geflüchtete und NGOs“ am 02. März 2020 bei de.indymedia externer Link meldete dazu bereits: „… die situation auf der insel lesvos ist am eskalieren. schutzsuchende, journalisten und v.a ngo mitarbeiter*innen werden überall auf der insel von faschist*innen/inselbewohner*innen angegriffen. autos werden entglast, menschen verprügelt, verfolgungsjagden auf den strassen finden statt. das zwischencamp im norden wurde gerade von faschos angezündet. am flughafen werden menschen die nicht“griechisch“aussehen angegriffen. es gibt kein sicheren ort. weitere proteste/attacken wurden für die nächsten stunden/tage angekündigt...“

„Locals on tractors assist Greek Army and Police along the Evros“ am 04. März 2020 bei Keep Talking Greece externer Link ist ein Videobericht über den „Hilfseinsatz“ von Anwohnern an der Seite ihrer uniformierten Truppen gegen Flüchtlinge. Gut vorbreitet, keineswegs spontan – sie kamen mit Traktoren und hatten auch für die nötige Beleuchtung gesorgt…

„Ein erschossener Geflüchteter und 15 wegen Asylersuchen zu vier Jahren Haft ohne Bewährung veruteilte Geflüchtete“ von Georg Brzoska am 03. März 2020 bei der Griechenlandsolidarität externer Link macht die fortgesetzte Repression selbst dann deutlich, wenn die griechische Regierung mit ihrer Behauptung, es sei niemand erschossen worden recht hätte: „… Die Tageszeitung Efimerida Ton Syntakton und The Press Projekt berichten davon, dass Geflüchtete von einem Gericht in Orestiada zu jahrelangen Haftstrafen, zum Teil ohne Bewährung, verurteilt wurden, weil sie die Grenze überquerten, um um Asyl zu bitten. Die Informationen stammen vom UNHCR, das von 30 Verurteilungen spricht. 15 Männer seien zu 4 Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden, 15 Frauen zu 3 Jahren mit Bewährung. Insgesamt hätten am Wochenende 45 Personen vor Gericht gestanden. In dem Bericht wird die Stellungnahme der Regierung zu den Beschlüssen des Nationalen Sicherheitsrates zitiert. Dort wird erklärt, dass die Regierung sich mit diesem Verhalten konform zu einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 18.02.2020 (zu Spanien) verhalte, das wird allerdings nicht genau ausgeführt. Efimerida Ton Syntakton widerspricht dieser Argumentation. Sie ist der Meinung, dass diese Urteile nationales und internationales Recht brechen. Außerdem würden sie rassistische Gewalt fördern. Auch das UNHCR bezeichnete die Urteile als internationalem Recht diametral entgegenstehend…“

„»Die Kriminalität ist praktisch gleich null«“ am 06. Februar 2020 in der jungle world externer Link ist ein Interview von Wassilis Aswestopoulos mit dem Soziologen Thomas Mavrofides, worin dieser zu den rechten Umtrieben gegen die Flüchtlinge auf Lesbos unter anderem die dortigen Auswirkungen des Deals mit der Türkei hervor hebt: „… Dieses Abkommen war ein Wendepunkt für die Haltung der Einheimischen zu den Flüchtlingen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Lesbos und die anderen Inseln eine Passagestation für Flüchtlinge. Mit dem Abkommen ist die Insel in zweifacher Hinsicht eine Falle geworden: Zum einen für Flüchtlinge, die hier unter miserablen Bedingungen festgehalten werden, zum anderen für die Einheimischen, die plötzlich feststellen, dass die Infrastruktur in den Bereichen Gesundheit, Banken und Sicherheit der Belastung von zusätzlichen 20 000 Menschen nicht standhält. Die Flüchtlinge im Stich zu lassen, ist die Entscheidung der griechischen Regierungen, die offenbar glaubt, dass dies eine abschreckende Wirkung habe. Aber wer jetzt die Flüchtlinge ihrem Schicksal überlässt, lässt auch die Einheimischen im Stich. (…) Die große Gefahr liegt in der Bildung sozialer und organisierter rechtsextremer Systeme, die versuchen könnten, die Kontrolle zu erlangen. Wenn dies geschieht, wird es für alle schwierig. Denn diese Art von Strukturen führt zur Bildung von Gegenstrukturen. Das eskaliert dann schnell. Moria ist, in jeder Bedeutung des Wortes, bereits jetzt eine Favela. Die Menschen, die dort ­leben, sind, wie Niklas Luhmann kurz vor seinem Tod in Anspielung auf ­Zygmunt Bauman schrieb, nur Körper. Sie sind nicht einmal mehr »die Reservearmee der Arbeitslosen« im Sinne von Marx. Es sind persönlichkeitslose Existenzen, die von Tag zu Tag leben. Sie haben keine Zukunft, weil ihnen Griechenland und die EU das versagen. Sie sind vollkommen apathisch. Niemanden interessiert es, wer lebt oder stirbt. Sie leben in ständiger Unsicherheit. Schon jetzt gibt es Banden, Prostitution und Drogen. Dem Staat ist das, solange es auf das Camp beschränkt bleibt, egal. Er schreitet nur im Extremfall ein, bei Messerstechereien oder Morden. Die NGOs sind hinsichtlich der Gesundheitsversorgung schon lange am Ende ihrer Kräfte. Es ist ein abgeschotteter Kosmos. Dass es bislang noch nicht zum Aufstand der Flüchtlinge gekommen ist, mag daran liegen, dass sie aus unterschiedlichen Kulturen stammen und sich untereinander nur schwer abstimmen können….“

Es ist ruhig in Kastanies . Grenze ist dicht. Journalist/innen werden 1-2 Mal am Tag bis zum Übergang von Polizei und Militär begleitet…“ am 01. März 2020 im Twitter-Kanal von Panajotis Gavrilis externer Link ist einer der Tweets, aus deren Summe dann erst die Arbeitsbedingungen von Journalisten in der Region deutlich werden – inklusive einer indirekten Feststellung, wer da die Chefredaktion bildet…

„UN blows hole in Greek asylum ’suspension’“ am 03. März 2020 beim EU Observer externer Link berichtet von der – folgenlosen – Stellungnahme der UN Refugee Agency, die die „vorübergehende“ Aussetzung des Asylrechts durch die griechische Regierung als gesetzeswidrig bewertete, da die Regierung nicht einfach internationales Recht aussetzen könne…

„Konsequenter Asylrechtsbruch“ von Katja Herzberg am 02. März 2020 in neues deutschland online externer Link kommentiert zu dieser Vorgehensweise, in dem die Kontinuität der Rechtsregierung unterstrichen wird: „… Mit den aktuellen Bildern, gar mit Toten, war nach einer Reihe von Maßnahmen zur Aushöhlung des ohnehin nicht funktionierenden griechischen Asylsystems zu rechnen. Erst wurde das Migrationsministerium der Vorgängerregierung abgeschafft, im November die gesetzliche Grundlage dafür gelegt, Geflüchtete inhaftieren und ohne eingehende Prüfung ihres Asylgesuchs abschieben zu können. In diesen Tagen schließlich sollen die neuen geschlossenen Lager auf den Ägäisinseln gebaut werden. Wer jetzt also, wie etwa EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Unterstützung für die Verantwortlichen in Athen mittels neuer Frontex-Grenzschützer ankündigt statt die zunehmenden Rechtsbrüche anzuprangern und zu stoppen, macht sich an der Tragödie auf Lesbos und in Edirne mitschuldig…“

„Strikes by Regional Unions of Lesvos and Samos against EU-Greek Government brutal policy against Migrants-Refugees and islanders“ am 26. Februar 2020 beim Gewerkschaftsbund PAME externer Link ist ein Bericht über die Streiks in den Tagen unmittelbar vor der Eskalation, vor allem eben über den Inselstreik an jenem Tag, der nicht nur deutlich macht, dass es eben auch dort sehr viele Menschen gibt, die die politische Situation ganz anders bewerten als etwa die Regierung und vor allem das Ende der Repressionsmaßnahmen fordern, als auch daraus deutlich wird, dass solche Aktivitäten ebenfalls fortgesetzt werden.

„Rising waves of refugees cannot be faced with repression but with disobedience to the Euro-Atlantic plans“ am 03. März 2020 bei der KP Griechenlands externer Link (KKE) ist eine Erklärung der Partei, die unterstreicht, dass die ankommenden Flüchtlinge nicht mit Repression empfangen werden dürfen, sondern mit einer Politik, die die Pläne der EU durchkreuze.

„GRENZEN AUF – LEBEN RETTEN!“ vom 03. März 2020 ist eine per Email versandte Pressemittelung des AK Distomo, in der es unter anderem heißt: „Auf der griechischen Insel Lesbos ist die Situation der Geflüchteten besonders gefährdet. Das seit Monaten völlig überfüllte Flüchtlingslager Moria wurde von rechtsextremen Schlägern angegriffen. Auch Mitarbeiter von NGOs, freiwillige Helfer und Journalisten wurden attackiert und verletzt. Die griechische Polizei lässt dies weitestgehend geschehen. Der rechte Mob errichtet Straßensperren, zündete mindestens ein Gebäude an sowie zahlreiche Autos und hat faktisch die Kontrolle über die Insel Lesbos erlangt. Wir fordern den sofortigen Schutz aller Flüchtlinge!

„Gestrandete Kinder“ – Exklusion und Ausbeutung unbegleiteter Minderjähriger (UAM) in Griechenland, Spanien und Italien von Elina Sarantou und Aggeliki Theodoropoulou im Februar 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link ist – auch – eine Antwort auf die Hetze, wie toll es doch Flüchtlinge hätten. Wobei es in der Studie etwa zu Griechenland unter anderem heißt: „…  Allein in Griechenland befinden sich derzeit offiziellen Statistiken zufolge über 5.000 unbegleitete minderjährige Geflüchtete. In den drei Haupt-Erstaufnahmeländern der EU – Griechenland, Italien und Spanien – sollen es vorsichtigen Schätzungen zufolge mehr als 20.000 Kinder und Jugendliche sein, die Dunkelziffer nicht eingerechnet. Ihre Lebensbedingungen sind von Inhaftierung, Re-Traumatisierung, Exklusion und Ausbeutung bestimmt. Die Studien bieten auch Anknüpfungspunkte für Initiativen, Städten und Parteien in Deutschland, die sich für die zügige Aufnahme unbegleiteter Minderjähriger aus den First-Entry-Countries einsetzen. Allein 120 Städte in Deutschland haben sich zu sicheren Häfen erklärt und sind bereit, Migrant*innen aufzunehmen. Bundesweit haben tausende Demonstrierende erklärt: «Wir haben Platz»…“

In der Türkei wird die Repression weiter verschärft: Gegen Flüchtlinge – und gegen Kritiker des Kriegs, den das Regime in Syrien führt

„Fünf Fragen zu Erdogans Flüchtlingspolitik“ von Deger Akal am 03. März 2020 bei der Deutschen Welle externer Link zu Erdogans Absichten: „… Selten stand der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor einer größeren Herausforderung. Sein außenpolitisches Engagement in der nordsyrischen Region Idlib führte zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Assad-Regime und dessen Verbündeten Moskau. Zahlreiche türkische Soldaten sind in den Gefechten bereits gefallen. Die Folgen für die Zivilbevölkerung sind katastrophal. Vier Millionen Syrer könnten in den kommenden Wochen auf einen Grenzübergang bei der türkische-syrischen Grenze drängen. Mit seiner Aussage „Die Tore wurden geöffnet“ ebnete Erdogan den Weg für einen neuen Migranten-Strom in Richtung Europa. Hinter diesem Schritt steckt Kalkül: Die Aufmerksamkeit der türkischen Öffentlichkeit wird von der syrischen Grenze weg – und auf die europäische Grenze hingelenkt…“

„Syrian refugees in Samsun’s İlkadım at Zafer district have been assaulted by an angry mob“ vom 02. März 2020 im Twitter-Kanal von dokuz8News externer Link ist ein Video von einem Überfall faschistischer Banden auf syrische Flüchtlinge in Samsun am Schwarzen Meer. Solcherart Berichte häufen sich in den letzten Tagen: Was in Maras begonnen hatte, ist offensichtlich zu einer landesweiten Terror-Kampagne geworden.

Maraş/Elbistan Vertraute Bilder: Faschismus ist hinter Massakern her! Türkische Nationalisten jagen geflüchtete Syrer*innen & Kurd*innen! Ihr habt diesen Menschen ihr zu Hause zerstört und sie zur Flucht in euren Sumpf gezwungen!Nieder mit eurem Staat! Nieder mit dem Faschismus!am 02. März 2020 im Twitter-Kanal des Verbandes der Studierenden aus Kurdistan externer Link ist der Kommentar zum dazu gehörigen Video über die faschistische Menschenjagd in Maras.

„Hexenjagd auf Journalisten an EU-Grenze“ am 02. März 2020 bei der ANF externer Link meldet: „… Am Grenzübergang Pazarkule/Kastanies in der Provinz Edirne sind seit dem Wochenende mindestens neun Journalisten von der türkischen Militärpolizei festgenommen worden, als sie die Geschehnisse an der EU-Grenze verfolgten. Betroffen sind unter anderem die Fotojournalisten Sedat Suna (EPA) und Tolga Sezgin (NarPhotos) sowie Yasin Akgül (AFP) und Hüseyin Aldemir (Reuters), die inzwischen auf freien Fuß gesetzt wurden. Gegen Idris Sayilgan ist unterdessen Untersuchungshaft angeordnet worden. Der Mitarbeiter der kurdischen Nachrichtenagentur Mezopotamya Ajansı (MA) war am Samstag zusammen mit seinem MA-Kollegen Naci Kaya am Grenzübergang Pazarkule/Kastanies in Gewahrsam genommen und zur Gendarmerie-Kommandantur in Edirne verbracht worden. Neben Kaya, der trotz gerichtlicher Anordnung zur Freilassung noch immer festgehalten wird, befinden sich auch der Rûdaw-Korrespondent Rawîn Sterk und dessen Kameramann Mehmet Şirin Akgün bei der Militärpolizei in Edirne in Gewahrsam…“

Der Gouverneur von Istanbul untersagt für 10 Tage pauschal alle öffentlichen Veranstaltungen, die den türkischen Krieg in Syrien kritisieren oder sogar ablehnenam 03. März 2020 im Twitter-Kanal von Ismail Küpeli externer Link ist die Übersetzung einer türkischen Meldung über dieses Protestverbot…

„Turkey makes it illegal to oppose war after it attacks and invades Syria“ am 03. März 2020 bei Sendika.org externer Link meldet ganz ausführlich, was in diesem Dekret alles verboten wird. Natürlich auch beispielsweise, ganz altmodisch: Flugblätter verteilen…

„Idlib message from Selahattin Demirtaş“ am 28. Februar 2020 bei Evrensel Daily externer Link dokumentiert, ist die Botschaft aus dem Gefängnis des früheren HDP Vorsitzenden Demirtas nach dem Tod türkischer Soldaten in Syrien, worin er betont, jetzt sei es nicht die Zeit von Kriegsgeschrei, sondern des Dialogs.

„A Syrian refugee is arrested for criticizing Turkey on BBC, another one is being sought by the police“ am 03. März 2020 bei Sendika.org externer Link meldet, was passiert, wenn ein Flüchtling (in der BBC) die Politik der Türkei kritisiert: Festgenommen, ein weiterer wird gesucht…In der Repression sind sie dann „gleichgestellt“ mit Menschen, die einen türkischen Pass haben…

„Ces réfugiés syriens réduits au néant“ von Rabia Mine am 03. März 2020 bei Kedistan externer Link ist ein Artikel über das Leben syrischer Flüchtlinge in der Türkei (wo sie laut Erdogan so ganz besonders gut behandelt würden), die, jedes Mal, wenn in Syrien ein türkischer Soldat sterbe – und dies passiere täglich – den Hass des Nationalismus zu spüren bekämen. Im Rahmen dieses ausführlichen Artikels werden dann sowohl einzelne tödliche Schicksale berichtet, als auch verschiedene Aspekte des Alltagslebens syrischer Flüchtlinge in der Türkei Thema sind.

„Journalisten Sayilgan und Kaya weiter in Gewahrsam“ am 01. März 2020 bei Yeni Özgür Politika externer Link meldet zu festgenommenen Journalisten: „… Die Festnahmedauer der Journalisten Idris Sayilgan und Naci Kaya ist verlängert worden. Die beiden Korrespondenten der Nachrichtenagentur Mezopotamya Ajansı (MA) sind am Samstag in Edirne in der Westtürkei festgenommen worden, als sie die Geschehnisse an der türkisch-griechischen Grenze verfolgten. Sie wurden am Grenzübergang Pazarkule/Kastanies von der türkischen Militärpolizei (Jandarma) in Gewahrsam genommen und zur Kommandantur in Edirne verbracht. Ihnen wird vorgeworfen, sich unerlaubter Weise in militärischem Sperrgebiet aufgehalten und Filmaufnahmen gemacht zu haben. Sayilgan war erst Ende November nach mehr als drei Jahren in Haft aus dem Gefängnis entlassen worden. In Edirne halten sich Tausende Schutzsuchende auf, die in die EU ausreisen wollen. Der türkische Staat hat sie als Druckmittel gegen Europa an die Grenze transportiert, um Unterstützung für die Besatzung der syrischen Region Idlib und seine Expansionspolitik zu erhalten...“

„It is not a humanitarian approach to abuse the refugees, including children, as blackmail supplies to get political, military and diplomatic support“ am 02. März 2020 im Twitter-Kanal des Gewerkschaftsbundes DISK externer Link ist die Stellungnahme der Föderation zur Politik der türkischen Regierung, in der sowohl die Regierung, als auch die EU aufgefordert werden, sofort damit aufzuhören, Flüchtlinge für politische Zwecke zu missbrauchen

„Where does the Confederation of Turkish Trade Unions’ research on Syrians fall silent?“ von Ercüment AKDENİZ am 12. Februar 2020 bei Evrensel Daily externer Link ist ein Kommentar zu einer Studie des konservativen Gewerkschaftsbundes zur Lage der syrischen Flüchtlinge – die deutlich macht, dass keineswegs alle Gewerkschaften in der Türkei die Menschenrechte der Flüchtlinge verteidigen. Dieses Pamphlet, das auch über 4.000 Interviews aufgebaut ist, legt den Schwerpunkt auf eine angebliche illegale Präsenz vieler Menschen (obwohl eingestanden wird, dass rund 78% der Männer und 25% der Frauen, die aus Syrien in die Türkei geflüchtet sind, bei örtlichen Unternehmen und Einrichtungen beschäftigt sind)…

Die EU unterstützt alles, was den Kern ihrer Politik erhält: Den schmutzigen (und längst auch blutigen) Deal mit der Türkei

„Von der Leyen verspricht Griechenland bis zu 700 Millionen Euro“ am 03. März 2020 beim Spiegel online externer Link meldet unter anderem: „… EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat der griechischen Regierung umfassende Unterstützung zur Bewältigung der angespannten Lage an der Grenze zur Türkei zugesagt. Bis zu 700 Millionen Euro an Finanzhilfe seien vorgesehen – die Hälfte davon sofort, weitere 350 Millionen auf Abruf. Das Geld solle für das Migrationsmanagement und den Aufbau und das Betreiben der nötigen Infrastruktur genutzt werden. Sie sei fest entschlossen, den griechischen Behörden jede nötige operative Unterstützung zukommen zu lassen, sagte von der Leyen. „Diese Grenze ist nicht nur eine griechische Grenze, es ist auch eine europäische Grenze“, sagte die Kommissionschefin. Sie dankte Griechenland dafür, in diesen Zeiten der „europäische Schild“ zu sein. Sie dankte auch den griechischen Grenzschützern und der Küstenwache und versprach eine Verstärkung der Frontex-Kräfte in der Region…“

„Die Außengrenze der EU als Schutzschild“ von Wassilis Aswestopulos am 04. März 2020 bei telepolis externer Link zur Tätigkeit der EU uter anderem: „… Die griechische Ost-Grenze ist Außengrenze der EU. Dies betonten der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einer Ortsbesichtigung der griechischen Landgrenze. Die EU-Führung, vertreten durch von der Leyen, den Präsidenten des Europäischen Rats, Charles Michel, den kroatischen Premier Andrej Plenković, dessen Land die turnusmäßig die EU-Präsidentschaft hat, sowie den EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli hatte sich vorher per Hubschrauberrundflug einen Überblick über die Grenzsituation verschafft. Alle betonten ihre Dankbarkeit dafür, dass Mitsotakis die Grenzen mit massivem Aufgebot von Polizei und Militär geschlossen hat. „Die Türkei ist kein Feind. Ich möchte Griechenland dafür danken, dass es unser europäischer Schutzschild ist“, betonte von der Leyen. Alle fanden auch Worte für die Flüchtlinge und Immigranten, die im Niemandsland zwischen der Türkei und Griechenland festsitzen. Mitsotakis bezeichnete sie als bemitleidenswerte Menschen, die für politische Erpressungen missbraucht würden. Er wählte jedoch im gleichen Atemzug Ausdrücke wie „Invasion, Invasoren und asymmetrische Bedrohung“. Michel betonte in seiner Ansprache mehrmals die humanitären Werte der EU, sah diese aber durch den griechischen Grenzschutz gewahrt. Eine Grenzöffnung ist nicht zu erwarten, obwohl seitens von der Leyen auch von der Bereitstellung von Zelten und Decken die Rede war. Mitsotakis sprach mehrmals direkt und indirekt die europäische Solidarität an und wollte damit offenbar betonen, dass Griechenland die Asylbewerber gern paritätisch unter den europäischen Partnern verteilen möchte. Die EU wird Griechenland zum Grenzschutz mit 700 Millionen Euro unter die Arme greifen. 350 Millionen Euro werden sofort ausgezahlt, damit Griechenland „die illegale Migration“ abwehren kann…“

„EU schickt Grenzschützer nach Griechenland und Bulgarien“ am 01. März 2020 bei der Deutschen Welle externer Link meldet zu regionalen Verhältnissen: „… Wegen der schwierigen Lage will die Grenzschutzbehörde Frontex Verstärkung nach Griechenland schicken. Ein Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur AFP, man habe die Entsendung von zusätzlichen Beamten sowie von Ausrüstung veranlasst. Die Alarmstufe für alle EU-Grenzen zur Türkei sei auf „hoch“ angehoben worden. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Griechenland und Bulgarien Unterstützung zu. Dort ist die Situation allerdings völlig anders als in Griechenland. Hier passierte nach Angaben der bulgarischen Regierung kein einziger Flüchtling illegal die Grenze. „Zu diesem Zeitpunkt ist die Lage ruhig“, sagte Verteidigungsminister Krassimir Karakatschanow in einem Interview des Staatsrundfunks in Sofia. Unsere Politik müsse sein, keine illegal eintreffenden Migranten zuzulassen, sagte er. Bulgarien hat seine 259 Kilometer lange Grenze zur Türkei bereits am Freitag durch Gendarmerie verstärkt. Bis zu 1100 Soldaten könnten nun bei Bedarf an die Grenze zur Türkei geschickt werden, so Karakatschanow. Er erinnerte daran, dass diese EU-Außengrenze durch Drahtzäune und Thermokameras gut geschützt sei…“

„Dröhnendes Schweigen“ von Nelli Tügel und Stefanie Kron am 03. März 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link hebt unter anderem hervor: „… Dabei trägt die EU, insbesondere die bundesdeutsche Regierung, die Hauptverantwortung für die aktuelle Situation an den griechischen Grenzen. Im März 2016 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der türkischen Regierung den berüchtigten EU-Türkei-Deal abgeschlossen. Für EU-Gelder in Höhe von rund sechs Milliarden Euro erklärte sich das autoritäre Regime von Erdoğan bereit, Geflüchtete aus Syrien und anderen Ländern in der Türkei festzuhalten. Nun ist eingetreten, wovor Kritiker*innen des Abkommens immer gewarnt hatten: Die türkische Regierung benutzt schutzsuchende Menschen, um von Europa weitere finanzielle Hilfen sowie Beistand im Syrien-Krieg zu erpressen. In Syrien war in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar in der nordwestsyrischen Provinz Idlib die Lage für die türkischen Truppen eskaliert. Mehr als 30 türkische Soldaten starben nach Beschuss durch die syrische Armee. Das NATO-Mitglied Türkei unterstützt in Idlib islamistische Rebellen. Seit vielen Wochen schon steht die Provinz unter massivem Beschuss und Bombardement durch die syrische Armee und die mit ihr verbündeten Truppen Russlands. Eine Million Menschen sind auf der Flucht in der Region und sitzen in der Falle, weil sie nirgendwo hinkönnen, die Grenzen zur Türkei sind nach wie vor dicht. Nach den Ereignissen von Donnerstagnacht startete die Türkei nun mit der «Operation Frühlingsschild» eine Militäroffensive gegen die syrische Armee. Dies ist der Hintergrund für Erdoğans Entscheidung vom Wochenende, die Grenzen zur Europäischen Union zu «öffnen» und damit den EU-Türkei-Deal auszusetzen, unter dem allerdings auch in der Vergangenheit schon Menschen auf die Ägäisinseln übergesetzt hatten. Viele wurden in den vergangenen Jahren mit Pushbacks von griechischer Seite illegal in die Türkei zurück «geschoben». Was nun jedoch geschah: Die türkische Regierung inszenierte die «Grenzöffnung» in beispielloser Weise. Ab Freitag war im türkischen TV in Dauerschleife zu sehen, wie Geflüchtete, vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan (sie genießen in der Türkei keinen Schutzstatus und leben unter noch prekäreren Bedingungen als die syrischen Geflüchteten) zur türkisch-griechischen Grenze liefen, kostenlose Busse wurden zur Verfügung gestellt, Taxifahrer in İstanbul begannen damit, mit «Nach Europa, nach Europa» Rufen Menschen einzusammeln und nach Edirne an der Landgrenze zu bringen. Im türkischen Fernsehen wurden auch Bilder gezeigt, wie Menschen in Boote gesetzt und geradezu auf die Ägäis gedrängt wurden. «Mal sehen, ob sie es schaffen», kommentierte auf CNN Türk ein Journalist das Geschehen. In dieser aufgeheizten Stimmung kam es auch in der Türkei zu pogromartigen Übergriffen auf Syrer*innen, etwa in Maraş und in Samsun, die sich jedoch in den vergangenen Monaten schon angekündigt hatten. 3,5 Millionen syrische Geflüchtete leben in der Türkei, zuletzt hatte sich die öffentliche Stimmung gegen sie gewendet: Unter türkischen Hashtags wie «Wir wollen keine Syrer» war bereits im vergangenen Jahr massiv gehetzt worden; es gab Übergriffe wie im Juni 2019 in Küçükçekmece/ İstanbul, wo ein Mob Häuser und Geschäfte von Syrer*innen mit Steinen angriff. İstanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu von der oppositionellen CHP ließ Maßnahmen gegen arabische Ladenschilder verhängen – wegen vermeintlich drohender «Überfremdung». Und im Zusammenhang mit dem türkischen Angriffskrieg auf die syrisch-kurdische Autonomieregion Rojava, der im Oktober 2019 begann und nach dem Krieg in Afrin der zweite massive Angriff auf Nordsyrien war, verschärfte die türkische Regierung erneut den Ton gegenüber den syrischen Geflüchteten im Land, deren Umsiedlung in die nordsyrische Region nach Vertreibung der dort lebenden und vornehmlich kurdischen Bevölkerung sie in Aussicht stellte. All dies hat den Boden bereitet für das, was nun in der Türkei geschieht, wo den Geflüchteten keineswegs «nur» signalisiert wurde, sie könnten das Land Richtung EU passieren – in dem Wissen, dass auf griechischer Seite Polizei und Militär warten –, sondern auch eine Stimmung erzeugt wurde, die vermittelt: Ihr seid nicht mehr willkommen...“

„Brüssel vertraut auf Griechenland“ von Peter Eßer am 03. März 2020 in neues deutschland inline externer Link führt, im Unterschied zur Überschrift, auch aus: „… Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und EU-Krisenkommissar Janez Lenarčič traten ihrerseits die Reise nach Ankara an. Die türkische Regierung wirft der EU vor, sich nicht an den sogenannten EU-Türkei-Flüchtlingspakt zu halten und versprochene Zahlungen nicht schnell genug zu leisten. In der Vereinbarung vom Frühjahr 2016 verpflichtete sich die EU zu Milliardenhilfen für die Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei, damit deren Behörden im Gegenzug die Weiterreise nach Europa verhindere. Bei Menschenrechtsorganisationen traf der Deal mit der Türkei von Anfang an auf scharfe Kritik: Die EU lagere ihre humanitäre Verantwortung an ein autoritär geführtes Land aus. Zudem mache sie sich abhängig und erpressbar. Besonders Letzteres hat sich jetzt bewahrheitet: Nun, da Präsident Recep Tayyip Erdoğan wegen seines Militäreinsatzes in Nordwestsyrien schwer unter Druck steht, benutzt er die Flüchtlinge als Druckmittel, so die allgemeine Lesart der Situation. Für Mittwoch wurde ein außerordentliches Treffen der Innenminister der EU-Staaten anberaumt, um eine gemeinsame Lösung zu finden. »Verheerend wären Zugeständnisse an Erdoğan und eine Weiterführung des schmutzigen Deals«, sagte die Linke-Politikerin Demirel. Stattdessen brauche es eine solidarische Flüchtlingspolitik. Allerdings war das Einzige, worauf sich die EU-Staaten in der Migrationspolitik seit 2015 habe einigen konnten, der Fokus auf den Außengrenzschutz und die Milliarden für die Türkei…“

We condemn the violence perpetrated against refugees at the Greece/Turkey border. This is a humanitarian crisis rather than a border security issue – the EU should offer protection to refugees and end its migration deal with Turkeyam 03. März 2020 beim Europäischen Gewerkschaftsbund in seinem Twitter-Kanal (ETUC) externer Link ist die aktuelle Erklärung der Internationalen Föderation zur Politik der EU, in der diese Politik kritisiert wird, humanitäre Hilfe und ein Ende des schmutzigen Flüchtlingsdeals mit der Türkei gefordert wird.

„Schmutziger Krieg gegen unbewaffnete Menschen: Die EU versagt in Griechenland“ von Ursula Rüssmann am 03. März 2020 bei der FR online externer Link kommentiert – nicht ganz in Übereinstimmung mit der Überschrift: „… Jetzt sind sie wieder da, die Bilder von Tausenden an Europas Grenzen, die Einlass begehren. Die Szenen erinnern an 2015 – nur wird diesmal keiner der EU-Verantwortlichen in Angela Merkels Fußstapfen treten und den Druck aus dem Kessel nehmen, indem den Flüchtlingen Einreiseperspektiven eröffnet werden. Denn seit Merkels Schritt ist ein Rechtsruck quer durch Europa gegangen, verschuldet von der von Untergangsszenarien gespickten nationalen und grenzüberschreitenden Polemik gegen die damalige Grenzöffnung. Sinnbildlich dafür steht der fatale Satz von Horst Seehofer nach den rechten Hetzjagden von Chemnitz, die „Mutter aller Probleme“ sei die Migration. Keines der Szenarien wurde übrigens wahr, vielmehr sind die Flüchtlinge dort, wo sie auf Hilfsstrukturen trafen, inzwischen gut integriert. Derweil zeigt sich jetzt brutal, dass die Mutter aller EU-Probleme in Wahrheit ihre Unfähig- und Unwilligkeit ist, ihre Flüchtlingspolitik nach humanitären Standards zu ordnen. Ankara zieht die Erpressungskarte, die dem Abkommen mit der EU immanent war...“

„Katastrophe mit Ansage“ am 03. März 2020 bei scharf links externer Link dokumentiert eine Erklärung von pax christi zur aktuellen Entwicklung, in der ebenfalls unterstrichen wird: „… Die Eskalation der Lage an den EU-Außengrenzen ist eine Katastrophe mit Ansage. Sie ist die Folge des Versagens der EU-Außen- und Migrationspolitik der letzten Jahre. Die EU und die deutsche Bundesregierung setzen seit 2015 die Priorität darauf, dass Geflüchtete gar nicht auf das Gebiet der Europäischen Union gelangen. Als ein wichtiges Instrument der EU-Abschottungspolitik gilt das EU-Türkei-Abkommen, das 2016 mit der Türkei geschlossen wurde. Damit hat sich die EU der Verantwortung für die Geflüchteten aus den Kriegs- und Krisengebieten entzogen und sich gleichzeitig erpressbar gemacht. Menschen auf der Flucht werden durch diese Politik zum Spielball der politischen Akteure Zugleich sind die griechischen Inseln, die zu Sonderrechtszonen wurden, in denen asylrechtliche Standards nicht mehr gelten, zu einem Freiluftgefängnis auf europäischem Boden geworden. Auch hier hat die EU die Verantwortung für die Menschen nicht übernommen und sowohl die Geflüchteten als auch die griechische Bevölkerung im Stich gelassen. Die aktuelle Eskalation an den EU-Außengrenzen ist den Versäumnissen der Vergangenheit geschuldet. Die Reaktion der EU ist eine Fortsetzung der Abschottungspolitik zu Lasten der Menschenrechte. Konkret verstärkt die EU ihre Maßnahmen zur Grenzsicherung durch Frontex und rüstet auf. Zum Grenzschutz werden Blendgranaten und Tränengas eingesetzt, um schutzbedürftige, fliehende, unbewaffnete und hilfsbedürftige Menschen abzuwehren. An erster Stelle sollte die Versorgung der Menschen im Grenzgebiet und auf den griechischen Inseln und ihr Schutz stehen. Die Menschen an der Grenze zu Griechenland müssen mit Unterstützung aller EU-Staaten registriert werden und gerecht in die EU-Staaten verteilt werden. Während die Solidarität innerhalb der EU fehlt, haben sich alleine in Deutschland über 130 Städte und Kommunen zu sogenannten „sicheren Häfen“ erklärt und sind damit bereit Menschen von den EU-Außengrenzen aufzunehmen…“

In Syrien wird weiter gestorben und geflüchtet – und immer noch gegen alle kriegsführenden Seiten Widerstand geleistet

„Interessenlagen und Lösungsansätze im syrischen Konflikt“ von Bernd Murawski am 03. März 2020 bei telepolis externer Link zur EU-Unterstützung für Erdogans Syrien-Aggression: „… Bekundungen uneingeschränkter Solidarität an die Türkei, wie sie durch die Nato und aus Washington geleistet werden, gab es aus EU-Kreisen bislang nur vereinzelt. An der Positionierung des Westens im Idlib-Konflikt besteht dennoch kein Zweifel. Nicht einmal die Öffnung der türkischen EU-Grenze hat ein Umschwenken bewirkt, wenn sie auch für Verstimmung sorgte. Mit der Fokussierung auf die Flüchtlingsströme haben westliche Politiker und Medien der türkischen Regierung eine Steilvorlage geboten, die dessen Sprecher Fahrettin Altun in seiner Erklärung dankbar aufgreift. Danach habe das Militär „in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht an der Operation teilgenommen, die darauf abzielte, eine humanitäre Katastrophe in Idlib zu verhindern“. In Wirklichkeit ist es die Türkei, die völkerrechtswidrig handelt. Dass ihr dieser Vorwurf durch westliche Regierungsstellen erspart bleibt, lässt sich dahingehend interpretieren, dass die durch türkisches Eingreifen provozierte militärische Eskalation durchaus erwünscht ist. Wenn sich zwei dem Westen unbequeme politische Akteure bekämpfen, in diesem Fall Recep Erdogan und Baschar al-Assad, werden beide geschwächt – so das Kalkül. Eine Vorlage bot der Erste Golfkrieg zwischen dem Irak und dem Iran in den Jahren 1980 bis 1988, der durch Waffenlieferungen und anstachelnde Rhetorik befeuert wurde. Zwei erklärte Gegner westlicher Dominanz zerfleischten sich gegenseitig, während Rüstungskonzerne prächtig verdienten…“

„Autonomieverwaltung heißt Menschen aus Idlib willkommen“ am 01. März 2020 bei der ANF externer Link macht den Unterschied zur EU deutlich: „… Heute hat die Autonomieverwaltung erneut deklariert, dass Menschen aus Idlib, die ihre Wohnungen aufgrund der Kampfhandlungen verlassen mussten, willkommen sind. In der Erklärung heißt es: „Aufgrund der durch den Krieg in Idlib verursachten humanitären Krise befindet sich die Zivilbevölkerung in einer sehr schlimmen Situation. Um das Leid der Zivilisten angesichts der stattfindenden Migrationswelle zu lindern, muss eine Zusammenarbeit stattfinden. Es muss gehandelt werden. Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien und die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben bereits erklärt, ihrer Verantwortung gemäß ihre humanitäre Pflicht gegenüber den Zivilisten aus Idlib zu erfüllen. Auf dieser Grundlage teilen wir den Menschen aus Idlib erneut mit, dass wir sie im Rahmen unserer Möglichkeiten versorgen werden. Wir erklären, dass wir trotz der hohen Anzahl an Migranten in unserer Region unsere Aufgabe erfüllen werden. Als Autonomieverwaltung sind wir durch die Hunderttausenden Vertriebenen aus den vom türkischen Staat besetzten Gebieten, der Schließung des Grenzübergangs Til Koçer [al-Yaarubiyah an der irakisch-syrischen Grenze] und den geringen Mengen der UN-Hilfslieferungen über Damaskus mit schwerwiegenden Hindernissen konfrontiert. Wir rufen angesichts der Fluchtbewegung aus Idlib die UN und andere internationale Einrichtungen zur Zusammenarbeit mit der Autonomieverwaltung auf. Sie sollen Lösungsvorschläge machen, wie die aktuell schwierige Situation bewältigt werden kann...“

„“EU trägt Mitverantwortung für die Not der syrischen Flüchtlinge““am 03. März 2020 bei der Deutschen Welle externer Link ist ein Interview von Kersten Knipp mit Till Küster (medico international) worin dieser unter anderem darauf verweist: „… Schon seit Monaten ist die Lage in Idlib katastrophal, seit Monaten wird auch vor einer humanitären Katastrophe gewarnt.  Seit knapp drei Tagen attackiert die Türkei – überwiegend durch Luftschläge – Stellungen der syrischen Armee, aber auch Milizen der Hisbollah und afghanischer Kämpfer. Das geschieht vor allem überwiegend mit Drohnen. Es handelt sich um Angriffe großer Intensität. Es werden zunehmend auch Flugzeuge der syrischen Armee abgeschossen. Das ist eine Entwicklung, die es in den vergangenen neun Jahren in dieser Form noch nicht gegeben hat. [Was bedeutet das für die Zivilisten?] Schon seit Wochen herrschen Angst und Panik unter der Zivilbevölkerung, da die syrische Armee immer näher an die Millionenstadt Idlib heranrückte. Dadurch wurden rund eine Millionen Menschen in die Flucht getrieben. In den letzten Tagen wurden Teile dieses Gebiets von türkischen Kräften zurückerobert. Darüber wurde der Vormarsch der syrischen Armee gestoppt. Gleichwohl hat sich für die Zivilisten nicht viel geändert. Sie stehen nun zwischen mehreren Fronten und versuchen in Richtung der von der Türkei völkerrechtswidrig annektierten Region im Norden Syriens zu fliehen. (…) Man muss feststellen, dass Europas Abschottungspolitik komplett gescheitert ist. Das hat auch mit dem Umstand zu tun, dass man die Situation in Syrien überhaupt nicht lösen wollte oder lösen konnte. Man hat auf der einen Seite Grenzen dicht gemacht, auf der anderen Seite aber Akteuren wie dem Assad-Regime und der Türkei freie Hand gelassen. Die Konsequenz ist nun eine erneute Massenflucht. Wer zum einen die Grenzen dicht macht, zum anderen aber keine politische Lösung in Syrien selbst anbieten kann oder an einer solchen mitarbeitet, der trägt in unseren Augen ebenfalls Verantwortung für das derzeitige Desaster. Man kann nicht Grenzen abriegeln und Menschen zurückweisen gleichzeitig aber die Gründe ihrer Flucht über Jahre ignorieren und sogar gleichzeitig Waffen für neuen Krieg liefern, zu Beispiel an die Türkei…“

„Imperialismus in Syrien: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“ von Thomas Konicz am 26. Februar 2020 im Lower Class Magazine externer Link zur aktuellen Entwicklung und den Ergebnissen des Verhältnisses zwischen Russland und der Türkei in Syrien: „… Idlib soll als informelles türkisches Protektorat vor allem dazu dienen, die Flüchtlingsmassen, die der syrische Bürgerkrieg produzierte, dort zu konzentrieren, da sie aufgrund der Krise in der Türkei nicht mehr als Billiglohnsklaven verwertet werden können. Ähnliche Planungen zur Errichtung einer Art gigantischen Flüchtlingsghettos gibt es in den von der Türkei okkupierten Region Rojavas, wo die ethnische “Säuberung” der kurdischen Bevölkerung durch die türkische Soldateska mit der Ansiedlung von Islamisten und der Deportation von Flüchtlingen abgeschlossen werden soll. Dieses Vorgehen Erdogans, der Flüchtlinge längst als politische Waffe gegenüber der EU einsetzt, brachte ihm die taktische und finanzkräftige Unterstützung Berlins ein, wo man aufgrund des Aufstiegs der Neuen Rechten panische Angst vor weiteren „Flüchtlingswellen“ hat. Merkel hat sich bei ihrer letzten Türkeivisite dazu entschlossen, im Endeffekt ethnische Säuberungen in Rojava zu finanzieren. Flüchtlinge und Abschottungstendenzen bilden somit – neben dem Kampf um Ressourcen und Energieträger – inzwischen einen neuartigen, zentralen Faktor beim “multipolaren” neoimperialistischen Hauen und Stechen in der Region, das Phasenweise an die Hochzeit des Imperialismus in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhundert erinnert. Es ist gewissermaßen eine alte, neue Weltunordnung, die sich nun etabliert. Die Dramatik und Gefährlichkeit der Lage in Idlib, die jederzeit eskalieren kann, resultiert andrerseits aus dem simplen Umstand, dass beide Seiten – sowohl die Türkei wie auch Russland – aller geschilderten Kooperation zum Trotz ihre zunehmenden geopolitischen Interessenskonflikte nicht mehr weiter verdecken oder überbrücken können. Erdogan kann sich einen Verlust von Idlib samt zu erwartender Massenflucht in der ökonomisch zerrütteten Türkei kaum politisch erlauben, da dies seine Herrschaft – und buchstäblich seine physische Existenz – bedroht. Der Kreml kann wiederum letzten Endes kaum dazu übergehen, Teile von Syrien langfristig an die Türkei in geopolitischen Deals zu verscherbeln, will Putin tatsächlich Russland als einen verlässlichen regionalen Machtfaktor im Nahen- und Mittleren Osten etablieren. Beide Seiten befinden in einer geopolitischen Sackgasse, aus der der Verlierer nur unter einem massiven Verlust an Prestige oder Einfluss ausbrechen kann…“

„Eskalation in Idlib: „Nicht die Bomben machen uns Angst!““ am 13. Februar 2020 bei Adopt a Revolution externer Link berichtete aus der Kriegshölle nahe Atareb: „… „Das Leben in der Stadt ist komplett zum Stillstand gekommen. Neben den Flugzeugen und Helikoptern sind permanent Drohnen am Himmel. Ständig höre ich Panzerraketen, Flugzeuge und Fassbomben – aber ich weiß nicht, wo sie einschlagen. Vorgestern sind hier vier Menschen bei Angriffen getötet worden, seitdem ist quasi ganz Atareb auf der Flucht. Meine Frau ist mit meinem Sohn und unserem Neugeborenen in den Norden nach Afrin geflohen. Fast 70.000 Menschen lebten hier in Atareb, darunter 30.000 Schutzsuchende. Tausende sind jetzt gezwungen, in den Norden zu gehen, nach Afrin oder an die Grenze zur Türkei. Selbst die dschihadistischen Milizen der HTS sind verschwunden. Jahrelang haben wir uns gegen ihre Unterdrückung durch die Bewaffneten gewehrt, jetzt kämpfen sie nicht einmal, sondern ziehen sich zurück – und nehmen sogar die Stromkabel mit.“...“

„Im Herzen der syrischen Revolution“ am 30. Dezember 2019 bei non.copyriot externer Link ist die deutsche Übersetzung (von S. Lotzer) eines Interviews mit Leila al-Shami, in dem die syrische Bloggerin zur Entwicklung in Syrien unter anderem hervor hebt: „… Es gab auch einen rassistischen Diskurs, der die Gegner des Assad-Regimes als Dschihadisten darstellte und die Syrer in ihrem Widerstand gegen den Autoritarismus mit abstoßenden islamfeindlichen Diskursen verunglimpfte, ohne zu sehen, dass der Aufstand in Syrien seit Jahren nicht nur gegen das Regime, sondern auch gegen extremistische islamistische Gruppen gerichtet ist, nicht nur gegen „Daech“, sondern auch gegen Gruppen wie „Ahrar Al-Sham“ oder „Jaych Al-Islam“, die offiziell Teil des Anti-Assad-Kampfes waren (im Gegensatz zu „Daech“) und dennoch auf starken lokalen Widerstand stießen. Die Militarisierung hat in der Tat aus verschiedenen Gründen zu einer Islamisierung geführt, bis zu dem Punkt, an dem Islamisten die militärische Opposition gegen das Regime zu dominieren begannen. Aber es sollte daran erinnert werden, dass die zivile Opposition immer überwiegend demokratisch, „inklusiv“ und antiislamistisch geblieben ist…“

Grenze auf, Leben retten! Aufruf von Seebrücke zu bundesweiten Protesten gegen die mörderische Abschottung der europäischen AußengrenzeSiehe zum Thema zuletzt im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=163878
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