- Afghanistan
- Afrika
- Ägypten
- Albanien
- Algerien
- Angola
- Antigua
- Äquatorialguinea
- Arabien - Arabische Welt
- Argentinien
- Armenien
- Aruba
- Aserbaidschan
- Asien
- Äthiopien
- Australien
- Bahamas
- Bahrain
- Bangladesch
- Barbados
- Belarus (Weißrussland)
- Belgien
- Belize
- Benin
- Bhutan
- Bolivien
- Bosnien-Herzegowina
- Botswana
- Brasilien
- Bulgarien
- Burkina Faso
- Burundi
- Chile
- China
- Costa Rica
- Dänemark
- Dominica
- Dominikanische Republik
- Dschibuti
- Ecuador
- El Salvador
- Elfenbeinküste
- Eritrea
- Estland
- Europa
- Fidschi
- Finnland
- Frankreich
- Gabun
- Gambia
- Georgien
- Germany
- Ghana
- Grenada
- Großbritannien
- Guatemala
- Guinea
- Guinea-Bissau
- Guyana
- Haiti
- Honduras
- Indien
- Indonesien
- Irak
- Iran
- Irland
- Island
- Israel
- Italien
- Japan
- Jemen
- Jordanien
- Kambodscha
- Kamerun
- Kanada
- Kap Verde
- Kasachstan
- Katar
- Kenia
- Kirgisistan
- Kolumbien
- Kongo (Demokratische Republik)
- Kongo (Republik)
- Korea - Volksdemokratische Republik
- Kosovo
- Kroatien
- Kuba
- Kuwait
- Laos
- Latein- und Zentralamerika
- Lesotho
- Lettland
- Libanon
- Liberia
- Libyen
- Liechtenstein
- Litauen
- Luxemburg
- Madagaskar
- Malaysia
- Malediven
- Mali
- Malta
- Marokko
- Mauretanien
- Mauritius
- Mexiko
- Moldawien / Republik Moldau
- Mongolei
- Montenegro
- Mosambik
- Myanmar
- Namibia
- Nauru
- Nepal
- Neuseeland
- Nicaragua
- Niederlande
- Niger
- Nigeria
- Nordmazedonien
- Norwegen
- Oman
- Österreich
- Pakistan
- Palästinensische Gebiete - Westbank und Gaza
- Palau
- Panama
- Papua-Neuguinea
- Paraguay
- Peru
- Philippinen
- Polen
- Portugal
- Ruanda
- Rumänien
- Russland
- Salomonen
- Sambia
- Sankt Lucia
- São Tomé und Principe
- Saudi-Arabien
- Schweden
- Schweiz
- Senegal
- Serbien
- Sierra Leone
- Simbabwe
- Singapur
- Slowakei
- Slowenien
- Somalia
- Spanien
- Sri Lanka
- Südafrika
- Sudan
- Südkorea
- Südsudan
- Suriname
- Swasiland/Eswatini
- Syrien
- Tadschikistan
- Taiwan
- Tansania
- Thailand
- Timor-Leste
- Togo
- Trinidad und Tobago
- Tschad
- Tschechien
- Tunesien
- Türkei
- Turkmenistan
- Uganda
- Ukraine
- Ungarn
- Uruguay
- USA
- Usbekistan
- Vanuatu
- Venezuela
- Vereinigte Arabische Emirate
- Vietnam
- Westsahara - Demokratische Arabische Republik Sahara
- Zentralafrikanische Republik
- Zypern
- Ansätze der Selbstverwaltung in Griechenland
- Arbeitsbedingungen in Griechenland
- Arbeitskämpfe in Griechenland
- Aus der Geschichte Griechenlands
- Gewerkschaften in Griechenland
- Kampf gegen Privatisierung in Griechenland
- Krise in Griechenland
- Lebensbedingungen in Griechenland
- Menschenrechte in Griechenland
- Politik in Griechenland
- Wirtschaft in Griechenland
- Afghanistan
- Afrika
- Ägypten
- Albanien
- Algerien
- Angola
- Antigua
- Äquatorialguinea
- Arabien - Arabische Welt
- Argentinien
- Armenien
- Aruba
- Aserbaidschan
- Asien
- Äthiopien
- Australien
- Bahamas
- Bahrain
- Bangladesch
- Barbados
- Belarus (Weißrussland)
- Belgien
- Belize
- Benin
- Bhutan
- Bolivien
- Bosnien-Herzegowina
- Botswana
- Brasilien
- Bulgarien
- Burkina Faso
- Burundi
- Chile
- China
- Costa Rica
- Dänemark
- Dominica
- Dominikanische Republik
- Dschibuti
- Ecuador
- El Salvador
- Elfenbeinküste
- Eritrea
- Estland
- Europa
- Fidschi
- Finnland
- Frankreich
- Gabun
- Gambia
- Georgien
- Germany
- Ghana
- Grenada
- Großbritannien
- Guatemala
- Guinea
- Guinea-Bissau
- Guyana
- Haiti
- Honduras
- Indien
- Indonesien
- Irak
- Iran
- Irland
- Island
- Israel
- Italien
- Japan
- Jemen
- Jordanien
- Kambodscha
- Kamerun
- Kanada
- Kap Verde
- Kasachstan
- Katar
- Kenia
- Kirgisistan
- Kolumbien
- Kongo (Demokratische Republik)
- Kongo (Republik)
- Korea - Volksdemokratische Republik
- Kosovo
- Kroatien
- Kuba
- Kuwait
- Laos
- Latein- und Zentralamerika
- Lesotho
- Lettland
- Libanon
- Liberia
- Libyen
- Liechtenstein
- Litauen
- Luxemburg
- Madagaskar
- Malaysia
- Malediven
- Mali
- Malta
- Marokko
- Mauretanien
- Mauritius
- Mexiko
- Moldawien / Republik Moldau
- Mongolei
- Montenegro
- Mosambik
- Myanmar
- Namibia
- Nauru
- Nepal
- Neuseeland
- Nicaragua
- Niederlande
- Niger
- Nigeria
- Nordmazedonien
- Norwegen
- Oman
- Österreich
- Pakistan
- Palästinensische Gebiete - Westbank und Gaza
- Palau
- Panama
- Papua-Neuguinea
- Paraguay
- Peru
- Philippinen
- Polen
- Portugal
- Ruanda
- Rumänien
- Russland
- Salomonen
- Sambia
- Sankt Lucia
- São Tomé und Principe
- Saudi-Arabien
- Schweden
- Schweiz
- Senegal
- Serbien
- Sierra Leone
- Simbabwe
- Singapur
- Slowakei
- Slowenien
- Somalia
- Spanien
- Sri Lanka
- Südafrika
- Sudan
- Südkorea
- Südsudan
- Suriname
- Swasiland/Eswatini
- Syrien
- Tadschikistan
- Taiwan
- Tansania
- Thailand
- Timor-Leste
- Togo
- Trinidad und Tobago
- Tschad
- Tschechien
- Tunesien
- Türkei
- Turkmenistan
- Uganda
- Ukraine
- Ungarn
- Uruguay
- USA
- Usbekistan
- Vanuatu
- Venezuela
- Vereinigte Arabische Emirate
- Vietnam
- Westsahara - Demokratische Arabische Republik Sahara
- Zentralafrikanische Republik
- Zypern
- Ansätze der Selbstverwaltung in Griechenland
- Arbeitsbedingungen in Griechenland
- Arbeitskämpfe in Griechenland
- Aus der Geschichte Griechenlands
- Gewerkschaften in Griechenland
- Kampf gegen Privatisierung in Griechenland
- Krise in Griechenland
- Lebensbedingungen in Griechenland
- Menschenrechte in Griechenland
- Soziale Konflikte in Griechenland
- Wirtschaft in Griechenland
Exarchia: Der letzte Aufmarsch der griechischen Rechtsregierung gegen alternatives Stadtviertel Athens?
Dossier
„… Dieser Moment ist sehr groß in unserer Geschichte, weil alles darauf hin ausgerichtet war. Alles wurde die letzten 20 Jahre aufgebaut, um Solidarität zu zeigen durch Leute, die sich es nicht leisten können zu überleben. Es gab Gebäude die nicht benutzt wurden (…) Da sind Menschen rein und haben Orte geschaffen, um sich auszudrücken, in denen man Musik, Theater und Kunst machen konnte und auch Unterricht für Kinder gemacht wurde und wo man leben konnte. Als die Geflüchteten kamen, wurden viele dieser Orte um Solidarität auszudrücken zu Unterkünften gemacht, wo sie ihre ersten Schritte in ihrem neuen Leben machen konnten. In diesem Moment sind diese Orte Ziele, viele der besetzten Häuser waren Eigentum, auch von der Universität. Aber sie wurden nicht benutzt. Die Universitäten sollen jetzt verkauft werden, sie wollen die ganzen Häuser nehmen und an Unternehmen verkaufen. Sie wollen die ganzen Häuser nutzen, um Geld zu verdienen…“ aus den Antworten eines Athener Aktivisten in dem Interview „“Sie werden uns nie die Straßen nehmen können““ am 03. Dezember 2019 bei Radio Dreyeckland aus Anlass der Demonstration am 05. Dezember 2019 in Athen zur Verteidigung gegen die Angriffe der Regierung. Siehe dazu weitere Beiträge zur Situation in Athen:
- Gentrifizierung in Athen: «Kommt nicht nach Exarchia!»
„Mitten in einem linken Athener Viertel entsteht derzeit eine neue Metrostation. Die Baustelle ist ein Symbol der Verdrängung, und eine Machtdemonstration der Regierung. Doch die Bewohner:innen geben sich kämpferisch. (…) Es ist der 18. Mai, um ein Uhr nachts haben Anarchist:innen Blendgranaten auf die Polizist:innen geworfen, die eine grosse Baustelle bewachen. Hier entsteht eine Metrostation, die die Plateia Exarcheion dereinst mit der Linie 4 erschliessen soll. Der Platz ist das Zentrum Exarchias, und er ist eine der wenigen Grünflächen im Viertel mit grosser historischer Symbolkraft: Von hier aus begannen während des Zweiten Weltkriegs Student:innen mit dem Widerstand gegen die faschistische Besetzung. Seit den Siebzigern ist es ein Zentrum der Linken, der Anarchist:innen, von Intellektuellen und Künstler:innen. Weil Stadtverwaltung und Regierung fürchten, dass Anarchist:innen ihr Bauprojekt sabotieren könnten, stationieren sie 24 Stunden am Tag mehrere Dutzend Bereitschaftspolizist:innen um die Metrobaustelle herum. (…) Zwischen all den politischen Plakaten und Malereien hängt mancherorts noch etwas anderes: wissenschaftliche Gutachten, auf Papier ausgedruckt, in denen der Bau der Metrostation problematisiert wird. Chryssoula Papageorgiou, eine Quartierbewohnerin, hat diese Berichte zum Mittel ihres Widerstands gemacht. Die alleinerziehende Mutter hat zwei Jobs, um sich die Miete und das Leben in Exarchia leisten zu können: einen als Lehrerin und einen in einem Büro. Wegen ihres Engagements gegen den Bau der Metro nahm die Polizei sie letzte Woche, wie schon einmal im vergangenen Jahr, mit auf die Wache. Die Begründung diesmal: Papageorgiou habe den Bauarbeiter:innen auf der Plateia Exarcheion Angst eingejagt. Obwohl Papageorgiou das Viertel, in dem sie schon ihre Jugend verbracht hat, heute kaum mehr wiedererkennt, gibt sie ihre Nachbarschaft nicht auf. Zusammen mit «No Metro» geht sie gerichtlich gegen das Unternehmen Elliniko Metro vor, das die Station baut. Ihr Vorwurf: Die Firma halte sich weder an Sicherheits- noch an Umweltauflagen. (…) Allein auf der Plateia Exarcheion hat Elliniko Metro bislang 72 Bäume gefällt, nur 29 sind noch übrig. Das Problem beschränkt sich aber nicht auf diese eine Baustelle: In ganz Athen, dieser heissen und weitgehend mit Beton und Asphalt versiegelten Stadt, sollen es über 2400 Bäume sein, die der Metrolinie 4 weichen müssen. Deren Bau wurde unter anderem mit umweltpolitischen Argumenten begründet, weil sie den Autoverkehr zu drosseln helfe. «Wie kann etwas, das so viele Bäume zerstört, gut für die Umwelt sein?», fragt Papageorgiou. Aufgrund der Bauarbeiten bestehe zudem die Gefahr von Erschütterungen und dem Einsturz darüberliegender Gebäude, sagt die vielbeschäftigte Aktivistin. (…) Die Anarchist:innen von Exarchia aber wollen nicht aufgeben. Zum Beispiel Nikos mit den ergrauten Haaren: «In unserem Kampf um soziale Befreiung ist die Plateia Exarcheion eine Festung, die wir niemals aufgeben sollten», bekräftigt er. Er wirkt müde – aber noch immer wütend genug, um zu kämpfen.“ Bericht aus Athen von Alieren Renkliöz in der WOZ vom 27. Juni 2024 - Proteste in Griechenland: Angriff auf Exarchia. Der alternative Athener Stadtteil wird gentrifiziert – und mit einer Aufstandsbekämpfungskampagne verbunden
„Am 9. August 2022 gegen halb fünf Uhr morgens besetzen Spezialeinheiten der griechischen Polizei den zentralen Platz im alternativen Stadtteil Exarchia. Ziel des Einsatzes ist es, den Platz – genannt Platia – mit einem sechs Meter hohen Zaun abzuriegeln, um mit den Bauarbeiten für die dort geplante Metrostation zu beginnen. Für die Bewohner und die dort verankerte anarchistische Bewegung ist das ein weiterer Angriff auf die Nachbarschaft, die seit Jahren von Gentrifizierung und Verdrängung betroffen ist. Am selben Abend findet eine Demonstration unter dem Motto »Verteidigen wir die Platia, verteidigen wir Exarchia!« statt. Etwa anderthalb Monate später spielt sich eine ähnliche Szene auf dem Strefi-Hügel ab, keine fünf Minuten von der Platia entfernt. Polizeieinheiten sperren den gesamten Park ab, um die Errichtung eines meterhohen Zauns zu ermöglichen. Dahinter soll, inmitten des Parks, ein hochpreisiges Café entstehen. Weitere Maßnahmen, wie der Ausbau von Wegen, die Installation von Beleuchtung sowie die Errichtung einer Aussichtsplattform auf dem Gipfel sollen folgen. Erneut gibt es Demonstrationen und Widerstand, doch das Aufgebot der Polizei kann nicht verjagt werden. (…) Beide Momente reihen sich in eine seit Jahren vorangetriebene Aufwertungs- und Aufstandsbekämpfungsstrategie des griechischen Staates ein. Die rechtsliberale Regierung von der Nea Dimokratia, die seit 2019 im Amt ist, hatte im Wahlkampf versprochen, mit Exarchia und den dortigen Anarchisten »aufzuräumen«, um ihre teils rechtsradikale Klientel zu bedienen. (…) Das Viertel kommt nicht zur Ruhe, fast schon im Wochentakt werden neue Skandale und Grenzüberschreitungen der Regierung bekannt, auf die bislang noch keine angemessene Antwort gefunden worden ist. Zwar gibt es Demonstrationen, die auch oft in Straßenschlachten enden, doch allein sie werden nicht zu einem Einlenken der Regierung führen. (…) Eine der letzten großen Demos gegen Gentrifizierung und Aufwertung in Exarchia fand am 4. November 2022 statt und sollte durch die Innenstadt gehen, wurde aber schon während der Auftaktkundgebung von der Polizei mit Tränengas und Schlagstöcken angegriffen und zurück nach Exarchia getrieben, wo es daraufhin zu Straßenschlachten kam und die Nacht hindurch immer wieder brennende Barrikaden errichtet wurden. Das Viertel ist weiterhin das Zentrum für militante Auseinandersetzungen. Auch wenn die Kämpfe zuletzt an Intensität verloren haben, kommt es immer wieder zu kleineren Aktionen. Als ein Polizist am 5. Dezember den 16jährigen Rom Kostas Fragoulis wegen einer nicht bezahlten Tankrechnung in Höhe von 20 Euro in Thessaloniki erschoss, kam es in Exarchia zu Straßenschlachten. (…) Inzwischen werden die Demonstrationen gegen die Gentrifizierung wieder größer und es beteiligen sich geschätzte drei- bis viertausend Menschen. (…) Die Nachbarschaftskoordination in Exarchia jedenfalls konnte bereits Teilerfolge erzielen. Anwohner hatten gegen die Bauarbeiten geklagt, weil die unnötigen Eingriffe zu irreversiblen Umweltschäden führen würden. Die Baufirma Prodea Investments ließ den Gerichtstermin verstreichen, woraufhin das Gericht einen Baustopp bis zum nächsten Termin am 2. März 2023 erließ. Die Polizei, die die Baustelle rund um die Uhr bewacht und Anwohnern und Touristen bisweilen den Weg in den Park versperrt, wurde indessen nicht abgezogen. Dadurch wird die Absurdität der Lage noch deutlicher. Denn jetzt bewachen Polizisten eine Baustelle, auf der nicht gebaut werden darf. Die Präsenz der Polizei hinterlässt den Eindruck, dass es bei den Bauvorhaben um mehr geht als um eine einfache Renovierung eines öffentlichen Parks oder um Infrastrukturmaßnahmen. Es geht darum, die letzten verbliebenen Begegnungsorte der antiautoritären Bewegung in Exarchia zu zerstören. (…) Eines ist klar: Es brodelt in Athen. Nicht nur der Angriff auf das Viertel und die politischen Strukturen, auch die Energie- und Inflationskrise trägt dazu bei. Während in den vergangenen Jahren die Arbeiterrechte immer weiter eingeschränkt und die basisgewerkschaftliche Organisierung kriminalisiert wurde, kommen Vollzeitbeschäftigte am Monatsende oft nicht über tausend Euro netto. (…) Am 9. November 2022 hatten deshalb die Dachgewerkschaften zu einem Generalstreik aufgerufen, der Häfen, Flughäfen und den öffentlichen Nahverkehr fast im gesamten Land lahmlegte und mit dem etliche Zehntausende Teilnehmer ein starkes Zeichen gegen die von oben aufgezwungenen neoliberalen Transformationen des Landes setzten. In Athen kam es gegen Ende der Demonstrationen zu Straßenschlachten vor dem Parlament, die an die Krisenproteste in den 2010er Jahren erinnerten.“ Artikel von Till Hanauer und Philipp Leserer in der jungen Welt vom 6. Februar 2023 - Angriff auf Exarchia als Symbol des autoritären Umbaus der griechischen Gesellschaft durch die Rechtsregierung
„… Der Kampf der rechten Regierung in Griechenland gegen das Athener Stadtviertel Exarchia hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Unter starkem Polizeischutz sind Anfang August morgens um 4.30 Uhr die Bulldozer in das Viertel eingerückt, das vielen als das Herz der griechischen alternativen Linken gilt. Auf dem zentralen Platz, dem Platia Exarchion, sollen sie mit den Bauarbeiten für die neue Athener U-Bahn-Linie 4 beginnen, deren Eröffnung für frühestens 2029 geplant ist. Nur wenige Menschen kamen am Morgen des 9. August zusammen, um gegen den Baubeginn zu protestieren. Die meisten Bewohner*innen des studentisch geprägten Viertels befanden sich in den Sommermonaten nicht in der Stadt. Außerdem wurde das Bauunternehmen vom griechischen Verkehrsministerium erst einen Tag zuvor über den Beginn der Arbeiten informiert, um im Falle möglicher Leaks die Vorbereitungszeit für Proteste gering zu halten. Dennoch musste die Polizei Tränengas einsetzen, denn mehrere Demonstrant*innen versuchten, die Polizeiketten zu durchbrechen, die den zentralen Platz abriegelten. Der Protest in diesem Viertel wird keineswegs nur von jungen Student*innen getragen. Exarchia hat eine lange Tradition als linker, autonomer, anarchischer Stadtteil. Hier kämpften 1944 die Kommunisten gegen die Rechten, hier begannen im November 1973 die Proteste an der polytechnischen Universität, mit denen der Anfang vom Ende der Militärjunta eingeläutet wurde. Damals rückten Panzer auf den Campus ein, es starben 44 Menschen. Der Platia Exarchion ist so etwas wie ein Wallfahrtsort für junge Linke aus Westeuropa. Dass nun dieses lebendige Zentrum einer Metro-Station weichen soll, ist mehr als nur ein symbolträchtiger Angriff: Es ist die nächste Eskalationsstufe des griechischen Staats beim Versuch, seine autoritären Ordnungsvorstellungen durchzusetzen und das zentrale Athener Stadtgebiet weiter aufzuwerten. Die konservative Partei Nea Dimokratia (ND), seit Juli 2019 Regierungspartei, hatte schon im Wahlkampf mit martialischen Worten zum Angriff auf das Viertel geblasen. (…) Allgemein treibt die Rechtsregierung den autoritären Umbau der gesellschaftlichen Ordnung voran. Exarchia ist dabei nur ein Baustein. (…) Mit einem neuen Investitionsgesetz wurde die Möglichkeit zur Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen geschaffen. Investitionen sollen erleichtert und Arbeitsschutz- und Umweltschutzvorschriften ausgehöhlt werden. Bislang war Polizei in der Universität verboten, eine Folge des Massakers, das Armee und Polizei 1973 auf dem Campus angerichtet hatten. Nun wurde eine neue Campus-Polizei installiert, ein entsprechendes Gesetz wurde im Februar beschlossen. An den wichtigen Universitäten des Landes sollen 400 Polizisten patrouillieren. Das wurde im Mai vom obersten Gericht Griechenlands bestätigt. Die ersten Campus-Polizisten sind schon im Einsatz. (…) Ende Juli haben die Arbeiter*innen der vor allem mit Retsina bekannt gewordenen Kellerei Malamatina ein Fabrikgelände in West-Thessaloniki besetzt, was eine Welle der Solidarität auslöste. Sie fordern die Wiedereinstellung von 15 Kolleg*innen und den Abschluss eines neuen Tarifvertrags. Das Unternehmen hingegen möchte den Arbeiter*innen lieber Einzelverträge anbieten, ermöglicht durch ein neues Arbeitsrecht der rechten Regierung.“ Artikel von Matthias Ebbertz vom 15. September 2022 in neues Deutschland online („Angriff auf Exarchia“)- Siehe auf Twitter einige Videos der fortgesetzten Proteste und der Polizeigewalt:
- Petition: Rettet den Exarchia-Platz!
„Es war eine heiße Mittsommernacht im Zentrum Athens. Die Stadt lag still und die Bewohner waren im Urlaub. Die Geschäfte waren geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt, am 9.8.2022 morgens um 4:30 Uhr, startete der griechische Staat einen beispiellosen Angriff auf einen der symbolträchtigen Orte Athens, den Exarchia-Platz. Hunderte von Polizisten füllten die Straßen rund um den Platz, um den Bau einer unpopulären U-Bahn-Station durchzusetzen und den Widerstand der Bürger dagegen zu unterdrücken. Seitdem sind sie dort geblieben – ebenso wie die Menschen in Exarchia. Trotz der zu erwartenden polizeilichen Repressionen sind am Tag der Polizeiaktion mehr als tausend Menschen auf die sonst leeren sommerlichen Straßen Athens gegangen, um ihren Protest und ihre Solidarität für Exarchia zu demonstrieren. Hunderte haben sich an den offenen Versammlungen im Stadtteil beteiligt. Lokale Unternehmen haben eine einstweilige Verfügung gegen die Baufirma eingereicht. Dutzende versammeln sich jeden Tag um 6 Uhr morgens gegenüber den schwer bewaffneten Polizisten. Eine große Zahl von Intellektuellen, Akademikerinnen und Künstlerinnen hat gegen das Projekt und die autoritären Praktiken der Regierung protestiert.“ (…) Er war immer ein Bezugspunkt für LGBTQI+-Kämpfe und ein sicherer Raum für alle Unterdrückten, Verfolgten oder Marginalisierten. ALL DIES STEHT GEGENWÄRTIG AUF DEM SPIEL, weil die Regierung davon besessen ist, ein gesellschaftlich abgelehntes Projekt voranzutreiben und unseren Platz, der allen Menschen gehört, als Trophäe und Markstein ihrer exklusivistischen Agenda zu präsentieren. Die geplante U-Bahn-Station würde einen der wenigen öffentlichen Räume im Zentrum von Athen und den einzigen Platz in der Nachbarschaft zerstören. Mitten in der Klimakrise würden 70 alte Bäume auf dem Platz geopfert, um Rolltreppen und Belüftungsboxen aus Beton zu bauen, die unseren Atemraum in eine urbane Wüste verwandeln. (…) Die geplante U-BahnStation würde zu einem unkontrollierten Anstieg der Immobilienpreise führen, wodurch die derzeitigen Mieter*innen und kleinen Unternehmen vertrieben würden und sich der Charakter des Viertels veränderte. (…) Unsere Petition zielt darauf ab, den Bau der U-Bahn-Station auf dem Exarchia-Platz zu stoppen, weil er: a. die Bedürfnisse unserer community vernachlässigt; b. die Lebensqualität untergräbt, die uns und unseren Kindern zusteht; c. Steuergelder dazu verwendet, eine ideologische Agenda voranzutreiben und die Gewinne privater Unternehmen zu steigern; d. Polizeibrutalität und Unterdrückung normalisiert…“ „RETTUNG DES HISTORISCHEN EXARCHIA-PLATZES – DES EINZIGEN ORTS ZUM LUFTHOLEN IN UNSEREM VIERTEL als dt. Übersetzung der engl. Petition von No Metro in Exarchia Square Open Assembly bei change.org: Saving the historic Exarchia square; our neighbourhood’s only breathing space - Proteste und Tränengas gegen U-Bahnstation in Exarchia
„„Nein zu einer U-Bahn am Exarchia-Platz.“ Mit diesem Motto haben am Dienstag (9.8.) Einwohner dieses Athener Stadtteils gegen den Beginn der Bauarbeiten für eine neue U-Bahnstation demonstriert, die direkt am Exarchia-Platz gebaut werden soll. Integriert werden soll diese Station in die in Planung befindliche Linie 4. Gegen die Demonstranten war ein hohes Polizeiaufgebot im Einsatz. Im Laufe des Protestes setzten die Ordnungshüter Tränengas ein. Eine Bürgervereinigung, die sich besonders stark gegen den Bau der U-Bahnstation einsetzt, sprach von einem „Versuch, den einzigen Platz in unserer Nachbarschaft zu zerstören“. Der Protest richtet sich auch gegen die angekündigte Aufwertung einer Fläche von etwa vier Hektar am Strefi-Hügel, der sich oberhalb des Stadtteils befindet. Dafür wurde bereits ein Budget in Höhe von 1,15 Millionen Euro zugesagt. Viele der Kritiker befürchten, dass die Natur am Hügel zerstört wird und dass etwa auch Bäume gefällt werden. Auch ein Gerücht, dass dort ein Einkaufszentrum entstehen soll, machte die Runde. Anwohner verweisen darauf, dass durch solche Projekte das Stadtbild und die historische Nachbarschaft in Mitleidenschaft gezogen würden. Auf Transparenten der Demonstranten waren Sprüche zu lesen wie: „Wenn wir uns nicht wehren, werden alle Nachbarschaften in moderne Gefängnisse umgewandelt.“…“ Artikel von Elisa Hübel vom 10. August 2022 in der Griechenland-Zeitung- siehe für viele Meldungen und Videos der vielen Proteste #Exarchia
- Am 25. 6.2022 hat es einen „International day of action in defence of Exarchia neighborhood“ gegeben
- „Die Neue Demokratie in Griechenland“ am 27. November 2019 ebenfalls bei Radio Dreyeckland fasst die aktuelle Situation unter anderem so zusammen: „… Die neue Linie der neuen Regierung wurde schnell offensichtlich: Am 26. August wurden vier besetzte Häuser im Athener Stadtviertel Exarchia mit einem Großeinsatz der Polizei geräumt. Einige dieser Häuser beherbergten Geflüchtete, welche nun wieder in den Lagern der griechischen Regierung eingesperrt sind. Die Autonomie der Universitäten wurde per Gesetz insoweit eingeschränkt, das die Polizei nun auf Universitätsgelände darf ohne Erlaubnis des jeweiligen Dekans. Den ersten vier Räumungen folgten weitere Häuser, unter anderem ein Haus am 24. September in dem 56 minderjährige Geflüchtete gewohnt hatten. Eben dieses Stadtviertel, Exarchia, ist derzeit das Hauptziel einer politischen Repressionskampagne unter Führung der Nea Dimokratie. Am letzten Freitag, den 22. November, setzte die Regierung den anderen besetzten Häusern eine Frist: Bis zum sechsten Dezember sollen sie entweder eine Einigung mit den Eigentümern finden, oder sie würden geräumt werden. Exarchia ist weltweit vielen bekannt als ein Zentrum für antiautoritäre, anarchistische Praxis. Über viele Jahre haben dort nun Anarchist*innen und geflüchtete zusammen gearbeitet, um Häuser zu besetzen, Wohnkollektive zu gründen und soziale Zentren zu schaffen, welche eine Vielzahl an Angeboten jenseits staatlicher Kontrolle anbieten...“
- „3.000 Leute. Sehr kraftvoll. Blackbloc mittendrin. Cops in 100 m Entfernung vornweg. Alles friedlich. Morgen gehts weiter“ am 05. Dezember 2019 im Twitter-Kanal von InterpoolTV ist mit diesem Link einfach nur ein Foto von der abendlichen Demonstration (im Kanal selbst gibt es mehr) aus dem deutlich wird, dass die Mobilisierung stark war.
Siehe im LabourNet Germany zu Exarchia u.a.:
- Zur Offensive der griechischen Rechtsregierung gegen alles „Alternative“ zuletzt: „Griechenlands Rechtsregierung lässt aufmarschieren: Zuerst gegen „die Anarchie““ am 22. November 2019
- Tausende auf Athens Straßen: Gegen den staatlichen Terror im Stadtteil Exarchia und Die Räumungsoffensive in Athen: Ein Krieg für die kapitalistische Stadtentwicklung
- Jetzt wird es ernst: Griechische Polizei überfällt Hausbesetzungen in Exarchia/Athen, Massenfestnahmen von MigrantInnen und Athener Hausbesetzungen: Im Widerstand gegen die Offensive der neuen Rechtsregierung :
- Siehe frühere Berichte zu Exarchia im LabourNet-Archiv in der Rubrik Griechenland: Widerstand und Streiks gegen die Krise