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Der Ausverkauf Griechenlands geht weiter: Flughafen-Beteiligung, Maut-Konzessionen, Häfen…

Dossier

Demonstration gegen Privatisierung der Müllabfuhr in athen am 23.10.2019Eine Flughafen-Beteiligung, Maut-Konzessionen, Häfen: Griechenland will sich offenbar von haufenweise Staatsvermögen trennen – und dadurch seine Haushaltsprobleme in den Griff bekommen. (…) Die aktuellen Pläne sehen vor, dass die Vergabe von Konzessionen für die Egnatia-Autobahn viel Geld einbringt. (…) Auch durch eine lang laufende Konzession für die Attika-Autobahn, eine 70 Kilometer lange Umgehungsstraße um Athen, soll Geld sprudeln. Ebenso geplant ist der Verkauf eines 30-prozentigen Anteils am Athener Flughafen im Rahmen eines Börsengangs. (…) Politis zufolge soll bis Ende 2023 auch der Verkauf eines 67-prozentigen Anteils am Hafen in Lavrion südöstlich von Athen in die Wege geleitet werden. Auch Angebote für Jachthäfen auf der Insel Korfu und im Golf von Korinth sollen eingeholt werden…“ Agentur-Meldung vom 11.10.2023 im Spiegel online externer Link („Griechenland will offenbar Staatsvermögen verscherbeln“) und die (erneute) Fortsetzung:

  • Billiglohn und Tourischwemme: »Investoren« übernehmen Griechenland, rechte Regierung setzt auf Großprojekte. Landesweit Massenproteste gegen Privatisierung New
    Zehntausende Griechen blockierten am vergangenen Sonntag überall im Land Straßen und protestierten gegen eine Regierung, die unter ihrem rechten Premierminister Kyriakos Mitsotakis die juristische und politische Aufarbeitung eines schweren Eisenbahnunglücks quasi verweigert. Es ging, vordergründig, um die Katastrophe nahe dem kleinen Ort Tempi, wo am 28. Februar 2023 zwei Züge zusammenstießen und 57 meist junge Menschen auf der Reise von Athen nach Thessaloniki starben. In Wirklichkeit ging es bei dem Massenprotest am Wochenende um Grundsätzliches: Gegen die seit rund zehn Jahren rücksichtslos durchgezogene Privatisierung von Staatsbetrieben – Eisenbahn, Busse, Flug- und Seehäfen, Krankenhäuser –, mit der Mitsotakis die von Brüssel seit 2010 verordnete neoliberale Neuordnung an der Ägäis abschließen will.
    »Tausende wollen die Wahrheit«, titelte am vergangenen Montag die kretische Regionalzeitung Chaniotika Nea – aber natürlich wissen die elf Millionen Griechen längst, dass ihre Kinder auf den Gleisen von Tempi Opfer der Reduzierung von Personal wurden. (…)
    Der Regierungschef, seit seiner Ausbildung in den USA ein Anhänger von »schlankem Staat« und der »Heilkräfte des Marktes«, setzt seit 2019, als er mit seiner Partei Nea Dimokratia (ND) zum ersten Mal an die Macht kam, auf Großprojekte. Seinen Entwicklungsplan »Kreta 2030« etwa lässt Mitsotakis die Steuerzahler knapp acht Milliarden Euro Kosten. Im Bau sind, wie er jüngst stolz verkündete, »einer der größten Flughäfen Europas« in der Region Kastelli nahe der kretischen Metropole Heraklion sowie die gewaltige neue Autobahn VOAK (Nordachse), die die beiden Enden der langgestreckten Insel verbinden und den erhofften Touristenstrom schnellstens über die entstehenden Hotelburgen verteilen soll. Der Plan ist klar: Die Regierung öffnet dem Massentourismus einen breiteren Zugang, der – so die Statistiken unabhängiger Institute – bisher rund 810.000 neue Stellen geschaffen und die schlechten Ziffern des Arbeitsmarktes zumindest auf den ersten Blick positiv verändert habe. Aus den zeitweise mehr als 30 Prozent Beschäftigungslosigkeit wurden nach Regierungsangaben inzwischen rund sieben Prozent, Tendenz fallend. Unberücksichtigt blieben dabei freilich die bis zu 600.000 jungen Menschen, die ihre Heimat in den sogenannten Krisenjahren seit 2012 wegen Perspektivlosigkeit verlassen haben. Unberücksichtigt bleiben bei Mitsotakis’ Elogen auch die sozialen Bedingungen, unter denen man sich Achtung bei ausländischen »Investoren« – Hedegefonds, Immobilienhaien, Logistikkonzernen – verschafft habe: Mit einem gesetzlichen Mindeststundenlohn von 4,50 Euro – Stand Januar 2024 – stehen griechische Lohnabhängige zusammen mit Bulgaren oder Rumänen am untersten Ende der EU-Skala
    …“ Artikel von Hansgeorg Hermann in der jungen Welt vom 29.01.2025 externer Link, siehe für Hintergründe:

  • Obsession Privatisierung: Griechische Regierung verscherbelt das letzte Tafelsilber – v.a. kollabierendes Gesundheitssystem als Begründung und Folge zugleich
    • Athener Privatisierungswahn: Griechische Regierung verscherbelt das letzte Tafelsilber: Flughäfen, Autobahnen und Seehäfen sollen in den kommenden Monaten privatisiert werden
      „In Europa und anderswo auf der Welt gilt allgemein die ökonomische Regel, dass staatliche Autobahnen und die meisten Flughäfen sichere Einnahmequellen der öffentlichen Hand sind. Trotzdem ist Griechenland in diesen Tagen dabei, die letzten und besten Stücke seines Tafelsilbers an Private zu verhökern. Die Hellenen, die für dieses Jahr erneut einen gewaltigen Schub im Tourismusgeschäft erwarten, werden in den kommenden Wochen nicht nur den zentralen Hauptstadtflughafen Eleftherios Venizelos an der Börse vollends in fremde Hände geben; geplant ist auch die Vergabe der Lizenzen für die Ausbeutung der größten Autobahnstrecke zwischen Igoumenitsa und der türkischen Grenze bei Alexandroupolis, sowie des Athener Schnellstraßenrings Attiki Odos. Der neoliberalen Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie, die in Frankreich seit 2017 der rechte Präsident Emmanuel Macron in die Praxis umsetzt, huldigt seit seinem ersten Wahlsieg im Juli 2019 auch der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. (…) Dabei hatte der Pariser Rechnungshof, die oberste Finanzkontrollbehörde der Republik, den Staatschef und seine seit 2017 amtierende Regierung noch vor einem Jahr zur Umkehr gemahnt: Seit 2015, als Macron – damals noch als Wirtschaftsminister des sozialdemokratischen Präsidenten François Hollande – die staatlichen Autobahnen für eine neue, auf 40 Jahre festgeschriebene Pacht an zwei private Konzerne freigab, habe die Haushaltskasse der Republik rund 55 Milliarden Euro verloren und sich statt dessen mit einer Pacht von einer Milliarde Euro für zehn Jahre begnügt. (…) Welche wirtschaftlichen und sozialen Folgen die ungebremste Privatisierungswut des Regierungschefs und seiner Handlanger wie Latsis haben kann, konnten die Griechen vor einem Jahr auf der Bahnstrecke Athen – Thessaloniki in der Praxis beobachten. Nahe der Kleinstadt Tempi (Larissa) war in der Nacht zum 28. Februar ein Schnellzug aus der Hauptstadt, besetzt vor allem mit jungen Leuten auf dem Weg zur Universität Thessaloniki, frontal mit einem Güterzug ­zusammengestoßen. Bilanz: 57 Tote und mehr als 200 Schwerverletzte. Ursache: Personalabbau und Inkompetenz des neuen italienischen Eigentümers Ferrovie dello Stato Italiane der ehemals staatlichen griechischen Eisenbahngesellschaft OSE, die die Regierung in Athen 2017 für lächerliche 45 Millionen Euro verscherbelt hatte.“ Artikel von Hansgeorg Hermann in der jungen Welt vom 10. Februar 2024 externer Link
    • Obsession Privatisierung: Krankenhäuser und Unis
      „… In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass Georgiadis kürzlich die so genannten „Nachmittagsoperationen“ eingeführt hat, die am 1. März beginnen sollen. Die Nachmittagsoperationen finden innerhalb des staatlichen Gesundheitswesens (NHS) statt, werden aber von den Patienten bezahlt. Es reicht nicht aus, dass die griechischen Bürgerinnen und Bürger riesige Summen an Steuern für den NHS zahlen und im Gegenzug ein kollabierendes Gesundheitssystem erhalten; jetzt müssen sie auch noch extra zahlen, um die Reihenfolge der regulären NHS-Operationen zu umgehen. Das bedeutet, dass diejenigen, die es sich leisten können, früher operiert werden können. Der Rest muss warten – und wahrscheinlich werden einige beim Warten sterben. Die gesamte Sozialfürsorge des Landes bricht zusammen, und nicht einmal die Kinder werden verschont. Die Regierung behauptet jedoch immer wieder, sie sei besorgt über die niedrige Geburtenrate des Landes. Wir fragen uns, warum viele Griechen beschließen, keine Kinder zu bekommen. (…) „Es wird geschätzt, dass sich heute mehr als 100 Kinder mit einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung in Krankenhäusern befinden, ohne dass es einen Grund für ihre Gesundheit gibt“, betonte der POEDIN-Präsident. „Und dennoch sind Dutzende von Unterbringungsplätzen in Sozialstationen wegen Personalmangels geschlossen.“…“ Übersetzung aus AthensLive Wire 238 vom 10.2.2024 am 11.2.2024 in griechenlandsolidarität externer Link (mit Ausführungen zu den Privatuniversitäten, siehe dafür unser Dossier: Griechenlands rechte Regierung plant – entgegen der Verfassung – die Gründung privater Universitäten – Proteste absehbar)

Siehe für viele Einzelbereiche – und den Kampf dagegen – unsere Rubrik Kampf gegen Privatisierung in Griechenland

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=215645
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