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Das angebliche Ende der Krise in Griechenland provoziert Debatten – auch über die Zukunft der Gewerkschaften
And the winner is: Deutschlandfunk. Wirklich preisträchtig alleine schon der Titel der Meldung „Ab jetzt ohne Hilfe“ vom 20. August 2018 , in der es unter anderem heißt: „Griechenland muss erstmals seit acht Jahren ohne internationale Finanzhilfen auskommen. Das dritte Kreditprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM endet heute. Mit Spannung wird dazu eine Rede von Ministerpräsident Tsipras erwartet. Griechenland hat seit 2010 Darlehen der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds in Höhe von knapp 274 Milliarden Euro erhalten. Im Gegenzug musste die Regierung Reformen umsetzen…“ – zu diesen nicht näher definierten „Reformen“ wird in der Meldung nichts weiter ausgeführt, dafür aber die Tatsache vermeldet, dass „erst ab 2032“ zurück bezahlt werden müsse. Womit wohl auch die uninteressante Frage beantwortet wäre, was denn der Herr Schäuble heute so macht, nachdem er keine Diktate mehr erlassen und durchsetzen darf. Diktieren… Zur Debatte um die aktuelle Situation in Griechenland drei weitere Beiträge, sowie eine Bestandsaufnahme der Gewerkschaften in Griechenland und der Hinweis auf unseren ersten Beitrag „zum Ende der Krise“, der unter anderem Sozialbilanzen enthält:
- „Masters of Desaster“ von Robert Misik am 20. August 2018 in der taz unterstreicht in seinem Kommentar unter anderem: „Aber die Schocktherapie, mit der die griechische Volkswirtschaft kaputtgeschrumpft wurde, war viel zu brutal, um irgendwelche effizienten Folgen haben zu können. Der Sparkurs, der verordnet wurde, machte die Schulden noch drückender, wie jeder Kreditnehmer schnell hätte verstehen können: Wenn deine Schulden langsam sinken, dein Einkommen sich aber halbiert – dann hast du mehr Probleme mit deinen Schulden, nicht weniger. Nahezu alles, was die Troika und die Eurogruppe Griechenland an Medizin verabreichte, war fatal. Klar brauchte das Land Strukturreformen: Aber eine Modernisierung der Wirtschaft kriegst du eher schlecht hin, wenn du sie abwürgst – und leichter, wenn du investierst. Und die Generationen, die jetzt ein nahezu ganzes verlorenes Jahrzehnt hinter sich haben – die holen die verlorenen wirtschaftlichen Möglichkeiten nie wieder auf. Mag man sogar die Privatisierung von Staatseigentum für unumgänglich halten; wenn ein Land hohe Schuldenstände abbauen muss, dann ist erstens schon fraglich, ob das denn ökonomisch langfristig so effizient ist (dem Staat entgehen ja auch künftige Einnahmen), vor allem aber weiß jedes Kind, dass es sehr verrückt ist, inmitten einer globalen Krise fast alles auf den Markt zu werfen – dann verfallen nämlich die Preise, und die Erlöse aus den Privatisierungen bleiben weit unter den Erwartungen. Beinahe im Monatstakt wurden Griechenland aber genau solche Unfug-Rezepte verschrieben…“
- „Ex-Finanzminister Varoufakis: Griechenland ist noch nicht gerettet“ am 20. August 2018 bei der NZZ ist eine dpa-Meldung, in der unter anderem informiert wird: „Griechenland ist aus Sicht des ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis auch nach dem Auslaufen des dritten Rettungspakets noch nicht gerettet. «Griechenland steht am selben Punkt, im gleichen schwarzen Loch, und es versinkt jeden Tag tiefer darin.» Dies sagte Varoufakis der deutschen «Bild»- Zeitung vom Montag. Die Situation sei zudem so schlecht, weil die Sparvorgaben der Gläubiger neue Investitionen und den Konsum behinderten, führte Varoufakis weiter aus. Die Staatsschulden seien nicht weniger, sondern mehr geworden: «Wir haben jetzt nur mehr Zeit, um noch mehr Schulden zurückzuzahlen», sagte der Ex-Finanzminister. Der Staat sei aber noch immer pleite, die privaten Leute seien ärmer geworden, Firmen gingen noch immer bankrott und das Bruttosozialprodukt sei um 25 Prozent gesunken…“
- „Tsipras, der tragische Held“ von Jürgen Gottschlich am 19. August 2018 in der taz ist ein Kommentar, der neben einem Loblied auf den griechischen Regierungschef auch folgende Passage enthält: „Seitdem, bis zu diesem 20. August 2018, an dem nun endlich das dritte „Hilfspaket“ ausläuft, hat Tsipras nichts anderes mehr getan, als die Vorgaben aus Brüssel und Berlin so schnell wie möglich und so sozialverträglich wie möglich umzusetzen, um sie endlich loszuwerden und dann seine eigentliche Politik machen zu können. Doch dazu wird es wohl nicht mehr kommen. Zum einen sind die maßgeblich von Deutschland durchgesetzten weiteren Auflagen für Griechenland so engstirnig und kleinlich, dass ein echter Aufschwung nur schwerlich zu machen ist und Tsipras weiter an Zustimmung bei den Wählern verlieren wird. Längst ist er in weiten Teilen der Bevölkerung zum Gesicht der Krise geworden, bei der Rechten verhasst und von vielen Linken als Verräter geschmäht…“ – wobei die Erklärung des Schlüsselworts „sozialverträglich“ ausbleibt…
- „Die Krise und die griechische Linke“ von Carolin Philipp am 19. August 2018 in neues deutschland befasst sich neben den „Syriza-Ausgründungen“ auch mit den griechischen Gewerkschaften: „Mit den Gewerkschaften überwarf sich die SYRIZA-geführte Regierung nicht nur aufgrund der Durchsetzung immer neuer Sparmaßnahmen. Auch die von den Geldgebern geforderten Verschärfungen des Streikrechts Anfang 2018 wurde von den Verbänden GSEE, ADEDY und PAME scharf kritisiert. Die positiven Einschätzungen bezüglich der Wirtschaftsentwicklung wurden vom Vorsitzenden des gewerkschaftlichen Instituts für Arbeit, Giorgos Argitis, als »unbegründet« bezeichnet. Sie seien Illusionen und Selbsttäuschungen. Allerdings betrifft die Desillusionierung der Bevölkerung nicht nur die politischen Parteien, sondern auch die großen Gewerkschaftsverbände GSEE und ADEDY. Beide bringen kaum mehr Massen auf die Straße, wenn sie zu Demonstrationen oder Generalstreiks aufrufen. Besonders die GSEE steht in der Kritik von Basisgewerkschaften, nicht erst seitdem sie beim Referendum dazu aufriefen, mit Ja zu stimmen. Basisgewerkschaften und linke Organisationen kritisieren die Entpolitisierung der Gewerkschaften und die Zusammenarbeit mit Berufsverbänden in der sogenannten Sozialen Allianz. Diese würde den Forderungen von Unternehmen für Wirtschaftsförderung näher stehen als den Werktätigen. Der Allianz wird vorgeworfen, weder explizit gegen die Ausweitung der Arbeitszeiten auf Sonn- und Feiertage, noch für Lohnerhöhungen einzutreten. Doch neben der verbreiteten Enttäuschung gab es seit dem Wendepunkt im Sommer 2015 auch eine Neuorientierung in der Bevölkerung: Statt die Regierungspolitik durch Protest unter Druck zu setzen, organisieren die Menschen sich nun eher in Basisgewerkschaften, Stadtteilorganisationen und politischen Kleingruppen. Denn wenn auch eine Partei wie SYRIZA, die sich als links und antikapitalistisch versteht, nicht gegen den Druck aus Europa und vor allem aus Deutschland ankommt, dann, so scheinen viele zu schlussfolgern, müssen andere Strategien her…“
- Zum „Ende der Krise“ – und vor allem ihren sozialen Auswirkungen zuletzt: „Die Krise in Griechenland ist vorbei. Offiziell beschlossen und verkündet. Für die von den Krisenmaßnahmen betroffenen Menschen bedeutet das: Nichts – außer weitere 42 Jahre Austeritätsdiktatur“ am 15. August 2018 im LabourNet Germany