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Gelbwesten sehen rot: Der Benzinpreis war nur der Auslöser

Foto von Bernard Schmid der Demo in Paris am 24.11.2018„… Neu ist zunächst, wie viel der spontane Ausbruch sozialen Netzwerken zu verdanken hat. Der Vorschlag, gegen die angekündigte Benzinpreiserhöhung Verkehrskreisel und Autobahn-Auffahrten zu sperren und dabei Warnwesten als Erkennungszeichen zu tragen, wurde Anfang Oktober von zwei völlig unbekannten Bürgern auf Facebook lanciert. (…) Selbst wenn die Blockaden und Demos spektakulärer und die persönlichen Begegnungen dort wichtiger sind, der digitale Unterbau ist entscheidend. Er ermöglicht eine direkte Kommunikation und hat bisher sowohl eine feste Organisationsstruktur überflüssig gemacht, als auch verantwortliche VertreterInnen. Das ist ein Problem für die Medien und vor allem die Regierung, die repräsentative Ansprechpartner aussondern will, um Gespräche zu führen. (…) Doch anders als beim Poujadismus sind die Gelbwesten nicht auf die Sonderinteressen einer Berufsgruppe zu reduzieren. Zudem stellt sich die Frage heute anders. Im Prinzip hat der Neoliberale Macron nichts gegen Steuersenkungen. Andererseits ist Fiskalpolitik der einzig übriggebliebene Handlungsspielraum für Regierungen, die alle andere Steuerungselemente dem Markt überlassen haben. Geht es um Gesundheit, Bildung oder eben Ökologie, der Preis soll das Verhalten bestimmen, und zum Beispiel die Individuen dazu zwingen, umweltbewusst zu leben. So braucht man nicht an den Strukturen zu rütteln. Gelbwesten protestieren nicht gegen Steuern an sich, sondern gegen Steuerungerechtigkeit. (…) es gibt einen wesentlichen Unterschied zu Pegida. Die Gelbwesten erheben sich explizit gegen wirtschaftliche Zustände und nicht gegen MigrantInnen. Die Flüchtlingsfrage spielt da keine Rolle. Vermutlich hütet sich selbst der gemeine Rassist davor, das Thema bei einer Demonstration anzusprechen, um die Aktionseinheit nicht zu gefährden. (…) Abgesehen davon, dass viele Mitglieder linker Organisationen und Gewerkschaften von Anfang an dabei waren, haben sich die Gelbwesten bereits mehrmals mit anderen Protesten zusammengeschlossen. In Toulouse mit einer Demo gegen Gewalt gegen Frauen, in Marseille gegen die desolate Wohnpolitik der Stadt, in Paris mit einem Komitee gegen Polizeigewalt in den Banlieues. (…) Was jetzt auch immer geschieht, das sonderbare Phänomen der Gelbwesten wird entweder in eine allgemeine Bewegung einfließen oder verschwinden müssen.“ Artikel von Guillaume Paoli vom 4. Dezember 2018 beim Mosaik-Blog externer Link

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=141948
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