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Der französische Aufstand

Foto von Bernard Schmid der Demo in Paris am 24.11.2018„Denken wir darüber nach, was die letzten drei Wochen in Frankreich passiert ist. Kann man das Aufstand nennen? Es kommt darauf an, wie das Wort Aufstand gemeint ist. Natürlich, wie es auch gemeint ist, etwas in dieser Art ist passiert. Und es geht möglicherweise weiter. Es sind nicht unbedingt die gewaltsamen Auseinandersetzungen, die an zwei Samstagen in Paris stattgefunden haben. Es sind nicht die Barrikaden, die brennenden Autos auf den Strassen im Zentrum von Paris und nicht einmal die Jacquerien, die hier und da in Frankreich stattfanden und auch nicht die Straßensperren, die überall wuchsen. Zwei Drittel der Franzosen sagen, dass sie die Bewegung grundsätzlich befürworten, die von der Erhöhung des Benzinpreises ausgelöst wurde. Diese Zustimmung übersteigt die Ablehnung der Unruhen bei weitem. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Zeichen von Befehlsverweigerungen, die ansteckend waren bei der Feuerwehr und dem Polizeikorps. Offensichtlich gibt es nun in Frankreich eine Multitude, die sich gewaltvoll gegen die neue Misere auflehnt, die die neoliberale Reform verursacht hat. Proteste gegen den Verschleiß von Arbeitskräften im Prekariat und für die Ermöglichung eines anständigen Lebens trotz sozial-öffentlicher Dienstleistungen, gegen die ungeheure Besteuerung jeder Wohlfahrtsleistung, gegen enorme Einschnitte bei Finanzen der munizipalen Verwaltungen und nun immer mehr gegen die Effekte des sich abzuzeichnen beginnenden Loi Travail; man sorgt sich um die nahenden Angriffe des Regimes auf die Pensionen und auf die Finanzierung der nationalen Bildungsinstitutionen (Universität und Sekundarschulen). Es gibt in Frankreich also etwas, das sich gewaltvoll gegen die Misere auflehnt und darauf ein «Macron, démission!» folgen lässt – ein Angriff gegen die Entscheidungen des Bankiers Macron zu Gunsten der herrschenden Klasse. Die Gründe für den Aufstand sind Macron und seine Steuern. Es ist keine traditionelle soziale Bewegung, die sich um diese Parolen herum zusammenfindet. Sie ist es nicht, zumindest nicht in der Form des 20. Jahrhunderts, wo eine Bewegung Ziele präsentierte, die die staatlichen Institutionen annehmen oder ablehnen sollten, nachdem sie von einem vermittelnden sozialen Körper übermittelt wurden. Das ist eine multitudinäre Bewegung, die keine Vermittlung will, die ein Ausdruck ist des enormen sozialen Leidens, das sich akkumuliert hat…“ Essay von Toni Negri bei trend infopartisan 12/2018 externer Link (deutsche Übersetzung von Michael Grieder und Adrian Hanselmann)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=142072
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