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Frankreich: Disziplinarrechtliche Sanktionen wegen der Streikbeteiligung gegen die Renten“reform“ durch La Poste und Eurodisney – und den Staat

Dossier

Frankreich: Protest der CGT-FAPT 66 gegen disziplinarrechtliche Sanktionen von La Post gegen den Generalsekretär des BezirksverbandsStreikteilnehmer/innen sind, im französischen wie im deutschen Recht, vor Maßregelung durch den Arbeit„geber“ – d.h. vor jeglichen disziplinarrechtlichen Sanktionen wegen ihrer Streikbeteiligung – geschützt. Im derzeitigen Klima, und mutmaßlich ermutigt durch die allgemeine Haltung des Regierungslagers, versuchen nun gleich mehrere prominente Arbeitgeber diese Beschränkung abzuschütteln. Einer von ihnen ist La Poste. Das französische Postunternehmen gehört zu 34 % direkt dem französischen Staat, und zu 66 % der durch die öffentliche Hand kontrollierten Bank CDC (…) Ein weiterer, dieses Mal privater, bekannter Arbeitgeber ist der Freizeitpark Eurodisney (…) Vorige Woche nun wurde die Drohungen gegen einen (ersten) der Betroffenen wahrgemacht. Als Vorwand für die nunmehr ausgesprochene Kündigung diente eine Waffel, die angeblich Kund/inne/en des Vergnügungsparks schlecht serviert worden war…“ Artikel von Bernard Schmid vom 23.8.2023 – wir danken! Siehe nun auch Informationen zur staatlichen Repression:

  • Sébastien Menesplier, CGT-Funktionär, wegen Mobilisierung gegen die Rentenreform zur Gendarmerie vorgeladen – internationaler Tag der Solidarität am 6. September New
    • Ein neuer inakzeptabler Schritt bei der Unterdrückung von Gewerkschaften: Sébastien Menesplier, ein CGT-Konföderationssekretär, zur Gendarmerie vorgeladen
      Sébastien Menesplier, Generalsekretär der Fédération Nationale des Mines et de l’Energie und Mitglied des CGT-Konföderationsvorstands, wurde im Rahmen der Aktionen der Elektriker und Gasarbeiter anlässlich der Mobilisierung gegen die Rentenreform für den 6. September um 8.30 Uhr persönlich in die Gendarmerie von Montmorency vorgeladen. Das ist eine Premiere!
      Diese Vorladung ist hochpolitisch: Die Machthaber gehen einen neuen, gravierenden und beispiellosen Schritt in der gewerkschaftlichen Repression gegen die Aktivistinnen und Aktivisten der CGT. Angesichts einer neoliberalen Regierung, die in den letzten Monaten immer mehr antidemokratische Maßnahmen ergriffen hat, werden wir nicht zulassen, dass die CGT und ihre Spitzenfunktionäre vom Repressionsapparat der Regierung eingeschüchtert und verurteilt werden.
      Die CGT, die im Kampf gegen die Rentenreform an vorderster Front steht, wird jeden Genossen verteidigen, der von Repression betroffen ist. Das Thema der Repression und Kriminalisierung von Gewerkschaften im Allgemeinen und die Vorladung von Sébastien Menesplier im Besonderen werden daher auf der Tagesordnung des Treffens von Sophie Binet, der Generalsekretärin der CGT, mit dem Präsidenten der Republik, Emmanuel Macron, am 29. August 2023 stehen.
      Die gesamte CGT ist entschlossen, ein Ende dieser allgemeinen gewerkschaftlichen Repression, die Achtung der gewerkschaftlichen Freiheiten und die Einhaltung des Streikrechts zu erreichen. Die CGT ruft bereits jetzt dazu auf, sich am 6. September 2023 um 8.30 Uhr in Anwesenheit von Sophie Binet vor der Gendarmerie von Montmorency (Val-d’Oise) massiv zu versammeln.“ franz. Pressemitteilung der CGT vom 23.8.2023 externer Link (maschinenübersetzt), siehe auch:
    • Französische Gewerkschafter rufen angesichts der Angriffe auf grundlegende Rechte zur Solidarität auf
      Die Gewerkschaftsrechte werden in ganz Europa immer stärker in Frage gestellt. In Frankreich wird derzeit eine Reihe von aktiven Gewerkschaftern zu polizeilichen Befragungen vorgeladen. Diese Vorladungen stehen in direktem Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an Aktionen wie Demonstrationen, Streiks und anderen Aktivitäten im Zusammenhang mit der französischen Rentenreform. Ein bedeutender Schritt in dieser fortlaufenden Unterdrückung von Gewerkschaften ist die Vorladung von Sébastien Menesplier, dem Generalsekretär der Nationalen Föderation für Bergbau und Energie (FNME) der CGT und Mitglied der nationalen Führung des Gewerkschaftsbundes CGT. Menesplier wurde von der Polizei in Montmorency vorgeladen, weil er „verdächtigt wird, im Zusammenhang mit den Protestaktionen der Energiearbeiter gegen die Rentenreform den Straftatbestand der Gefährdung anderer durch vorsätzliche Verletzung einer gesetzlichen Sicherheits- oder Sorgfaltspflicht begangen oder versucht zu haben“. Dies ist der erste Fall, in dem ein Gewerkschaftsführer wegen gewerkschaftlicher Betätigung vor Gericht gestellt wurde. Abgesehen von ihren unmittelbaren Auswirkungen ist diese Vorladung eine hochpolitische Aktion. Sie richtet sich nicht nur direkt gegen die CGT, sondern gegen die gesamte Belegschaft des Energiesektors, die für ihre Rechte eintritt. Die jüngste Unterdrückung der Arbeitnehmerrechte und des Streikrechts durch die französische Regierung ist Teil eines größeren, beunruhigenden Trends. Überall in Europa werden gesetzliche Maßnahmen eingeführt, die darauf abzielen, die Möglichkeiten von Gewerkschaften und anderen Aktivisten, Demonstrationen zu veranstalten, zu beschneiden…“ engl. Erklärung vom 24. August 2023 der European Federation of Public Service Unions externer Link (EPSU) („French trade unionists call for solidarity amidst attacks on essential rights“, maschinenübersetzt) mit Muster-Solidaritätsschreiben in Englisch und Französisch
    • Auch industriAll Europe ruft auf externer Link: Standing in solidarity with French energy union leaders facing union repression / Solidarität mit den französischen Energiegewerkschaftsführern, die mit gewerkschaftlicher Repression konfrontiert sind – industriAll Europe und EGÖD rufen gemeinsam zu Solidaritätsaktionen mit unserer französischen Mitgliedsorganisation FNME-CGT am 6. September auf – ebenfalls mit Muster-Solidaritätsschreiben in Englisch und Französisch
    • Beide rufen zur Aktion von Solidarität am 6. September in Brüssel auf (EPSU auf Twitter externer Link)
    • Siehe auch #RepressionSyndicale
    •  Und den Twitter-Account von Sébastien Menesplier externer Link und den Twitter-Account der FNME-CGT externer Link (Fédération Nationale des Mines et de l’Energie in der CGT)

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Frankreich: Disziplinarrechtliche Sanktionen wegen der Streikbeteiligung
gegen die Renten“reform“ durch La Post und Eurodisney

Streikteilnehmer/innen sind, im französischen wie im deutschen Recht, vor Maßregelung durch den Arbeit„geber“ – d.h. vor jeglichen disziplinarrechtlichen Sanktionen wegen ihrer Streikbeteiligung – geschützt. Im derzeitigen Klima, und mutmaßlich ermutigt durch die allgemeine Haltung des Regierungslagers, versuchen nun gleich mehrere prominente Arbeitgeber diese Beschränkung abzuschütteln.

Einer von ihnen ist La Poste. Das französische Postunternehmen gehört zu 34 % direkt dem französischen Staat, und zu 66 % der durch die öffentliche Hand kontrollierten Bank CDC (Caisse des dépôts et consignations).

Während der Protestbewegung zur Bekämpfung der, am 15. April d.J. in Kraft gesetzten Renten„reform“ im Frühjahr 2023 mobilisierten Postbediensteten im südwestfranzösischen Bezirk Pyrénées-Orientales (Bezirk Nummer 66, Ostpyrenäen, Hauptstadt Perpignan) und hielten drei Wochen lang einen Streikposten durch. Die Unternehmensleitung leitete deswegen gerichtliche Verfolgungsschritte gegen sechs von ihnen ein, weil sie angeblich – durch das Streikpostenstehen, ohne jegliche Form von Gewaltanwendung – „auf illegale und konzertierte Weise die Arbeit von Anderen behindert“ hätten.

Auf arbeits- bzw. disziplinarrechtlicher Ebene lud der Arbeitgeber unterdessen den Generalsekretär des Bezirksverbands der CGT-Gewerkschaft der Postbediensteten (CGT-FAPT 66), Alexandre Pignon, am 04. Juli d.J. zu einem Disziplinargespräch vor. (Vgl. dazu einen Kundgebungs-Aufruf: http://www.npa66.org/militer/article/mardi-4-juillet-rassemblement-en externer Link)

In diesen Tagen nun erhielt der Betreffende die Sanktion: 18 Monate, also anderthalb Jahre mise à pied, d.h. Beschäftigungssperre/Arbeitsverbot/Entfernung vom Arbeitsplatz ohne Bezahlung.

Ein weiterer, dieses Mal privater, bekannter Arbeitgeber ist der Freizeitpark Eurodisney, also der in den frühen 1990er Jahre eröffnete französische Disneyland-Ableger in der Nähe von Marne-la-Vallée, südöstlich von Paris.

Dort fanden im Mai und Juni dieses Jahres mehrere Mobilisierungen von abhängig Beschäftigten und Demonstrationen für Lohnerhöhungen in Inflationszeigen statt. (Wir berichteten: https://www.labournet.de/?p=212243)

In den letzten Wochen wurden daraufhin Kündigungsversuche gegen fünf Lohnabhängige bei Eurodisney eingeleitet. (Vgl.: https://www.liberation.fr/economie/social/a-disneyland-cinq-salaries-grevistes-menaces-de-licenciement-20230726_4GXPIVJR45BGDPY5S3UVQMFBGQ/ externer Link oder https://www.bfmtv.com/economie/economie-social/social/disneyland-paris-cinq-salaries-en-procedure-de-licenciement-apres-leur-participation-a-la-greve_AV-202307260531.html externer Link sowie: https://www.mediapart.fr/journal/economie-et-social/030823/j-ai-ete-accueilli-par-une-quarantaine-d-agents-de-securite-disneyland-paris-des-grevistes-en externer Link)

Vorige Woche nun wurde die Drohungen gegen einen (ersten) der Betroffenen wahrgemacht. Als Vorwand für die nunmehr ausgesprochene Kündigung diente eine Waffel, die angeblich Kund/inne/en des Vergnügungsparks schlecht serviert worden war.

Wer hat da einen an der Waffel..?

Artikel von Bernard Schmid vom 23.8.2023 – wir danken!

Vgl. dazu ausgewählte Links:

Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Frankreichs Präsident Macron will »Rentenreform« jetzt aber doch durchboxen – Gewerkschaften geschlossen im Widerstand

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=214610
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