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Theater-Besetzungen in Frankreich breiten sich aus

Frankreich: Theater, Konzerte, Ausstellungen: Bestreikt„… Mit den Besetzungen wollen die Kulturschaffenden die Wiederaufnahme des Kulturbetriebs mit Hygienekonzepten erreichen. In Frankreich sind die Spielstätten seit Oktober geschlossen. Die Sozialleistungen reichen nicht aus, um die große Leere der Theater zu füllen. Nun haben Kulturschaffende die Öffnung selbst in die Hand genommen. Das Théâtre de l’Odéon in Paris ist seit einer Woche besetzt. An der Fassade hängen Transparente mit der Forderung „Wir machen auf“ und Fahnen der Gewerkschaft CGT. In den Theatern werden Versammlungen und Schlafplätze organisiert. Die Kultur ist mit einer krachenden Premiere zurück auf der Bühne der Proteste. Damit steht das Théâtre de l’Odéon in der Tradition der 1968er, wo Kulturschaffende wochenlang das Theater in Paris besetzten, um gegen die Politik zu revoltieren. Mit der Besetzung vergangene Woche haben sie eine Welle der Proteste ausgelöst. Während in ganz Frankreich immer mehr Theater besetzt werden, bezeichnet die Kulturministerin Roselyne Bachelot diese als „unnütz und gefährlich“. Unter dem Druck musste die Regierung allerdings einige Soforthilfen ankündigen, um die auflodernde Unzufriedenheit einzudämmen. Jedoch können diese Almosen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kultur bereitwillig geopfert wird, während Konzerne mit hohen Beträgen gerettet werden. Die Verluste der Kulturszene belaufen sich in Frankreich im Jahr 2020 auf zweistellige Milliardenbeträge und die Arbeitsplätze einer ganzen Branche sind bedroht. Nicht nur Schauspieler:innen und Regisseur:innen sind davon betroffen, sondern auch Beschäftigte in der Tontechnik, Gastronomie, Bühnenbau und vielen weiteren Bereichen...“ – aus dem Bericht „Kulturschaffende besetzen Theater in Frankreich“ von Johannes Kuhn am 14. März 2021 bei Klasse gegen Klasse externer Link über die Entwicklung der aktuellen Besetzungsbewegung quer durch Frankreich. Siehe dazu auch einige weitere aktuelle Berichte über die Entwicklung der Theater-Besetzungen in ganz Frankreich:

  • „“Wir machen auf““ von Nadia Pantel am 11. März 2021 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link berichtete vor beinahe einer Woche bereits regierungsfreundlicher: „… Iphigenie, die Brüder Karamasow – das Pariser Odéon hatte sich auf die ganz großen Figuren eingestellt und auf die ganz großen Themen. Jetzt, im März hätte ein Stück von Tiphaine Raffier laufen sollen, inspiriert von Caravaggios „Die sieben Werke der Barmherzigkeit“. Was ist richtiges Handeln, was ist gerecht? Doch statt der vielen Premieren kam nur die große Leere. Seit Oktober sind alle Theater Frankreichs geschlossen. Und seit einer Woche wird die Frage, ob das richtig und gerecht ist, nicht mehr im Stillen hin und her gewendet. Sondern in, vor und auf dem Theater Odéon verhandelt. 50 Theatermacher und Gewerkschafter haben das Haus besetzt. „Wir machen auf“, steht schwarz auf gold auf einem der Plakate, die an der Absperrung vor dem Theater lehnen. Und damit ist die Hauptforderung schon genannt: Schauspieler wollen wieder auf die Bühne, Regisseurinnen wollen ihre Stücke zeigen und alle diejenigen, die hinter den Kulissen die Vorstellungen erst ermöglichen, wollen endlich wieder ein stabiles Einkommen. Hoch oben auf dem Dach des Theaters stehen Männer und Frauen und recken ihre Fäuste in die Luft. Seit Donnerstag schlafen und diskutieren sie im Theater, geduldet von der Leitung des Hauses, die auf der großen Bühne weiter Proben abhält. Unten auf dem Vorplatz, wo im Frühling normalerweise Weißwein ausgeschenkt wird, trommelt eine Sambaband übers Kopfsteinpflaster. Abgeordnete der Grünen und der Kommunistischen Partei stehen daneben, sie tanzen nicht, aber sie zeigen sich. Und darin liegt der erste Erfolg dieser Besetzung: Die Politik ignoriert sie nicht. Am Samstag besuchte die Kulturministerin Roselyne Bachelot die Besetzer und versicherte, dass sie „dieselbe harte Zeit“ durchmache. Zwar sagte sie kurz darauf in der Nationalversammlung, dass sie es für „unnütz und gefährlich“ halte, historische Gebäude wie Theater zu besetzen. Doch eigentlich zeigt sich Bachelot als Verteidigerin der Kultur, als eine, die eine Perspektive für mögliche Öffnungen fordert…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=187866
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