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Streiks bei Amazon in Polen und in Frankreich: Mehr Sicherheit und eine Prämie für alle angesichts des explodierenden Weihnachtsgeschäftes und schwarzen Freitags
Dossier
„… Um neues Personal anzuwerben, hat Amazon in einem Teil seiner Lager einen einmaligen Bonus in Höhe von 2 000 Zł (umgerechnet 445,47 €) eingeführt. Um ihn zu erhalten, reicht es aus, am ersten Arbeitstag zu erscheinen. Der Bonus wird nur neuen Arbeiter*innen angeboten, die für die Feiertage von Zeitarbeitsagenturen entsandt werden. Trotz der astronomischen Gewinne, die das Unternehmen während der Pandemie erzielt hat, und des ebenfalls erneut gewachsenen Vermögens des Eigentümers, Jeff Bezos, bekam die übrige Belegschaft in diesem Jahr keine Lohnerhöhung (erstmals seit fünf Jahren!), ist die Weihnachtsprämie die geringste seit Jahren. Die Arbeiter*innen von Amazon, die damit gerechnet haben, dass sich ihr persönliches Budget nach den geringen Einkünften im Jahresverlauf während der Feiertage verbessern würde, fordern daher eine Auszahlung an alle Beschäftigten in den Lagerhäusern des Unternehmens. So haben am 5. November 2020 um 12:30 die Staplerfahrer*innen im Amazonlager WRO1 (in Bielany Wrocławskie) unter dem Motto „2 000 Zł für alle“ spontan die Arbeit niedergelegt. An der Aktion haben sich ca. 96% von ihnen beteiligt – 115 Personen!...“ – so beginnt der Bericht „„2000 Zł für alle!“ – Arbeitskampf bei Amazon in Polen“ am 18. November 2020 bei der FAU , worin auch noch über weitere Aktionen in anderen Niederlassungen und ihre Unterstützung durch die alternative Gewerkschaft OZZ Inicjatywa Pracownicza Amazon informiert wird. Siehe dazu auch einen aktuellen Bericht aus Frankreich – worin außerdem darauf verwiesen wird, dass der schwarze Freitag und das Weihnachtsgeschäft bruchlos ineinander übergehen:
- Arbeiten so viel wie nie (fürs deutsche Weihnachtsgeschäft) bei Amazon Wroclaw. Dafür gibt es: Erstmals keine Prämie. Deswegen gibt es jetzt: Blockade an den Werkstoren
„Blockade von Amazon in Wrocław läuft. Gegen die Lohnbenachteiligung polnischer Arbeiter*innen im Vergleich zu Westeuropa“ am 15. Dezember 2020 im Twitter-Kanal von kapturak war der erste (deutsche) Bericht (mit Foto) von der Blockadeaktion für eine Weihnachtsprämie. Im weiteren Thread dazu heißt es unter anderem: „Während in den polnischen Amazon-Lagern vor allem für den deutschen Markt zum Fest auf Hochtouren unter miesen Bedingungen geschuftet wird, ist das Weihnachtsgeld deutlich niedriger als in Westeuropa (auch im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten) … 80 LKWs konnten blockiert und die Lieferkette damit unterbrochen werden…2020 gab es zum ersten Mal seit Jahren keine Lohnerhöhungen. Dazu die Weihnachtsgeld-Diskriminierung. Erneut im Vergleich zu D oder ESP als billige Arbeitskräfte behandelt zu werden, sorgt für massive Empörung – erläutert Agnieszka Mróz von der Basisgewerkschaft pracownicza“. Siehe dazu zwei weitere aktuelle Meldungen – darunter auch ein Videobericht von der Aktion und eine Dokumentation erster Solidaritäts-Bekundungen:- „Heute haben über 100 Arbeiter:innen u.a. unserer polnischen Schwestergewerkschaft IP pracownicza das Amazon-Logistiklager in Bielany Wrocławskie (WRO2) im Rahmen der Kampagne MakeAmazonPay blockiert“ am 15. Dezember 2020 im Twitter-Kanal der FAU berichtet ebenfalls über die Blockade-Aktion in Wroclaw und ergänzt dies um einen Videobericht darüber, worin auch eine Sprecherin der Basisgewerkschaft die Gründe für die Aktion nochmals darlegt.
- „Wrocławski Amazon zablokowany“ am 15. Dezember 2020 im Twitter-Kanal der Federacja Anarchistyczna Wrocław meldet ebenfalls die Blockadeaktion – und dokumentiert außerdem die ersten Solidaritätsbekundungen (auch für des Polnischen nicht Mächtigen lesbar).
- „2.000 Złoty für alle“ – Polnische Amazon-Arbeiter*innen fordern Bonuszahlung
„Am 5. November 2020 legten Amazon-Arbeiter*innen aus dem Lager in der Nähe von Wroclaw, Polen (WRO1) die Arbeit nieder und forderten „2.000 Złoty für alle“. In den folgenden Tagen schlossen sich Arbeiter*innen aus anderen polnischen Standorten dem Protest an und erklärten, dass sie während des bevorstehenden Black Friday weitermachen wollen. Das Amazon-Lager WRO1 ist das einzige Amazon Fulfillment Center in Polen für sperrige, große und schwere Güter und Waren. Mehr als tausend Gabelstaplerfahrer*innen sind dort beschäftigt und lagern Waren in den Hochregalen ein (stow) bzw. kommissionieren (pick) sie. Insgesamt beschäftigt Amazon in Polen 18.000 Festangestellte und dazu 10.000 Zeitarbeiter*innen in seinen acht Fulfillment Centern, die für die Online-Plattform amazon.de, also für deutsche Kund*innen arbeiten. (Amazon verkauft nicht in Polen). In diesem Jahr haben die Zeitarbeitsfirmen einen zusätzlichen Einstellungsbonus von 2.000 Zloty (etwa 450 Euro) für neu angeworbene Beschäftigte geboten, da sie offensichtlich Schwierigkeiten haben, genügend Arbeitskräfte zu finden. Der Einstellungsbonus führte zu Unruhe unter den bereits seit mehreren Monaten beschäftigten Festangestellten und Zeitarbeiter*innen, weil diese keinen Anspruch darauf hatten. In den Lagern und Internetforen diskutierten viele von ihnen darüber, dass Amazon sich nur um die Erfüllung von Bestellungen vor Weihnachten kümmert, nicht aber um seine Arbeiter*innen. (…) Die Unzufriedenheit unter den Beschäftigten hat auch deshalb zugenommen, weil die Mehrheit der polnischen Amazon-Lagerarbeiter*innen in diesem Jahr keine Lohnerhöhung erhalten hat. (…) Es sei noch erwähnt, dass Amazon einen „Weihnachtsbonus“ von 4 Złoty (0,90 Euro) für jede Arbeitsstunde zwischen dem 8. November und dem 26. Dezember 2020 eingeführt hat. Die Gewerkschaften wurden über den Bonus informiert, hatten jedoch einen höheren Betrag erwartet. Amazon war nicht bereit, Zugeständnisse zu machen. Ebenso sollte daran erinnert werden, dass nach den diesjährigen Protesten von Amazon-Arbeiter*innen in verschiedenen Ländern von Mitte März bis Mitte Mai 2020 auch Amazon in Polen einen „Covid“-Bonus gewährt hat. Allerdings betrug dieser 4 Złoty (0,90 Euro) und nicht 2 Euro bzw. 2 US-$, wie in den meisten europäischen und den US-amerikanischen Lagern. Offensichtlich ist die Pandemie noch nicht beendet, und die zweite Welle hat Polen vor kurzem schwer getroffen. Die Arbeiter*innen von Amazon werden, wie andere Lager- und Logistikarbeiter*innen, werden als Held*innen bezeichnet, dank derer es möglich ist, während des Lockdowns die Versorgung aufrecht zu erhalten. Aufgrund der anhaltenden Masseneinstellung durch Amazon kommen täglich noch mehr Menschen in Firmenbussen, Kontrollbereichen, Kantinen und den Hallen miteinander in Kontakt und riskieren dabei ihre Gesundheit. (…) Aus diesem Grund fanden in den polnischen Amazon-Lagern ab dem 5. November 2020 eine Reihe von selbstorganisierten Protesten statt, darunter auch Arbeitsniederlegungen, die von wenigen Minuten bis zu einer Stunde dauerten. Arbeiter*innen aus verschiedenen Standorten drückten ihre Forderung aus, indem sie bei der Arbeit orangefarbene Warnwesten mit der handgeschriebenen Parole „2.000 für alle“ trugen. Sie verbreiteten die Bilder online und forderten andere auf, sich anzuschließen: „Wer uns unterstützt, sollte auch eine solche Weste tragen!“ (…) Die Gewerkschaft unterstützt die selbstorganisierten Aktionen der Arbeiter*innen. Wir haben gehört, dass sich mehr Leute beteiligen wollen, insbesondere während des anstehenden Black Friday, wenn die Arbeitsdichte zunimmt. Die Gewerkschaft will diese Proteste unterstützen und, falls erforderlich, den Teilnehmenden rechtlichen Beistand leisten.“ ..“ Bericht der Aktivistinnen von der IP in Polen über die Gabelstaplerfahrer*innenaktion bei Amazon in WRO1 ins Deutsche übersetzt bei der Gewerkschaft Inicjatywa Pracownicza, dort auch Bilder der Aktion- Siehe auch eine englische Fassung sowie das Leaflet on current wildcat actions at Amazon Poland
- „Covid-19: deux syndicats d’Amazon dénoncent des „risques“ de contamination dans les entrepôts“ am 18. November 2020 bei france.info berichtet von der gemeinsamen Stellungnahme von SUD Commerce und CGT (die beiden Gewerkschaften mit der größten und drittgrößten Mitgliederzahl bei Amazon France) in der die besonderen Gefahren für die Kolleginnen und Kollegen im explodierenden Weihnachtsgeschäft ebenso berichtet wird, wie auf spontane Streikaktionen in mehreren Niederlassungen hingewiesen – und die Forderung nach einer Prämienzahlung, die bei diesen Aktionen erhoben wurde unterstützt
- Siehe auch unser Dossier: Kampf bei Amazon in Poznan/Polen: Flugblätter, Berichte etc. zu den Arbeitsbedingungen und Arbeiterkämpfen