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Klassenjustiz in Frankreich: 8 Goodyear Arbeiter zu je 9 Monaten Gefängnis verurteilt – wegen angeblicher Entführung
Über den Kampf der Goodyear-Belegschaft aus Amiens um die Erhaltung ihres Werkes bis 2013 haben wir auch im LabourNet Germany ausführlich berichtet, inklusive über das dabei praktizierte Bossnapping. Für diese Aktion wurden jetzt 8 damals streikende Kollegen zu je 9 Monaten Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Für einen Tag festhalten also 72 Monate Strafe – da geht es ums Prinzip, zumal auf Leute auf die Straße werfen nicht nur kein Tag Gefängnis steht, sondern die selbe hier aufschreiende Meute an Managern (die damals serienweise von willfährigen Medien mit ihrem Entsetzen zitiert worden waren) dafür noch gelobt wird, oder wenigstens entschuldigt. Als ob eine Kündigung etwa, also ein Vollzug der privaten Diktatur über das Leben der Anderen, keine Gewalt wäre. Neben dem Thema weitere Einschränkung der gewerkschaftlichen Rechte auch in Frankreich ist in diesem eklatanten Fall von Klassenjustiz zu beachten: In dem Kompromiss, den die CGT am Ende des mehrjährigen Arbeitskampfes mit der Unternehmensleitung abschloss, war die Nichtverfolgung von Streikenden unterschriebener Bestandteil. Weswegen es auch der Aktion des obersten Staatsanwaltes der Republik bedurfte, der sich über dieses Abkommen hinweg setzte und von seiner Seite aus das Verfahren eröffnet hatte (geht kaum ohne Kenntnis der Regierung), in dem nun der Richter alle Anträge der Staatsanwaltschaft treulich zum Urteil machte – 24 Monate Gefängnis für alle, davon 9 Monate ohne Bewährung. Weswegen die CGT in ihrer Stellungnahme „Le gouvernement devra rendre compte!“ vom 12. Januar 2016 nicht nur, wie die Überschrift besagt, Rechenschaft der Regierung fordert, sondern auch zu einer landesweiten Kampagne zur Verteidigung der gewerkschaftlichen Rechte aufruft. Siehe dazu 4 weitere aktuelle Beiträge zur politischen Bewertung des Skandalurteils und eine Solidaritätspetition
- „Qu’ont fait les mecs de Goodyear? Ils se sont juste révoltés contre une injustice“ von Amandine Cailhol am 12. Januar 2016 in Libération , worin nicht nur GewerkschafterInnen zitiert werden mit ihrer Ansicht zu dem Widerstand der Goodyear-Belegschaft, sondern auch hervorgehoben wird, dass die verurteilten Kollegen in der Tat wegen „Entführung“ (zweier Oberentlasser) bestraft werden, was bedeutet, dass man aus diesem Schandurteil eines schrecklichen Juristen die Kriminalisierung der Streikaktion gar nicht mehr herausarbeiten muss – sie wird in aller Frechheit von dieser Klassenjustiz öffentlich gemacht
- „Défendre son emploi n’est pas criminel!!!“am 13. Januar 2016 bei SUD Solidaires ist Stellungnahme und Solidaritätserklärung gleichzeitig, mit der der alternative Gewerkschaftsbund die Einschätzung teilt, dass diese Klassenjustiz einschüchtern und drohen will. Und dies sei auch zu verstehen als ein weiterer Vollzug der aktuellen Notstandsmaßnahmen der französischen Regierung
- „Goodyear: „Le gouvernement veut obtenir un symbole“, déplore un syndicaliste“ vonF ranck Antson und Julien Quelen am 12. Januar 2016 bei RTL – ein Bericht, in dem bereits Vollzug praktiziert wird, indem ganz normal berichtet wird, dass die „wegen Entführung verurteilten“ Einspruch einlegen werden. Im übrigen werden Gewerkschafter vor dem ehemaligen Goodyear-Betrieb interviewt, die das Verfahren als politischen Prozess kritisieren, mit dem ein Symbol gesetzt werden solle
- „Goodyear Amiens, l’inacceptable vengeance“ am 12. Januar 2016 bei der NPA , worin die linke Partei nicht nur das Schandurteil als Racheakt kritisiert, sondern auch ausführlich das Ergebnis der Gewaltakte des Unternehmens berichtet – dass von den 1150 Entlassenen über 750 heute, Jahre danach, immer noch erwerbslos sind beispielsweise
- „L’APPEL DES GOODYEAR“ Petition der CGT Goodyear seit 07. Januar 2016 (bei change.org) „Wir sind alle Goodyear“ ist dabei der Slogan, unter dem Gewerkschaftsrechte verteidigt werden sollen, bisher von rund 9.500 Menschen unterzeichnet