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(Folge 2) Das Monster vor der Tür: Der Corona-Kapitalismus.
Wenn wir vor zwei Tagen, bei der Einleitung der ersten kommentierten Materialsammlung zu diesem Thema, geschrieben haben: „Polizeiaufgebote wie sonst höchstens bei irgendwelchen Gipfeltreffen der herrschenden Klasse, geschlossenen Grenzen wie sonst bei Orban, Trump und Konsorten und Hausarrest, von Spaniens Sozialdemokraten verhängt. Die Art und Weise, wie die bürgerliche Politik auf das Virus reagiert ist mehr als eindeutig: Gehorcht, tut nichts – außer, natürlich, malochen“ – dann muss man jetzt hinzufügen, dass in jedem Augenblick die Verbotsliste länger, die Kontrollen intensiver und die Drohungen offener werden. Und dass immer mehr Vorstellungen (die längst keine Fantasien irgendwelcher rechtsradikaler Einzeltäter mehr sind) verbreitet werden, die über totale Datenkontrolle (längst begonnen) und elektronischen Fußfessel für Kranke bis hin zum angekündigten gewalttätigen Vorgehen gegen Ungehorsame gehen – wofür das nicht vorhandene „mediale Echo“ auf die Ermordung rebellierender Gefangener in Italien nur das deutlichste Indiz ist. Die gesamte Vorgehensweise erfüllt die Vorstellungen der Rechtsaußen in jedem Land und die österreichische Rechtsregierung wird zum Vorbild – also, alles gut fürs Kapital. Wenn da nicht die wachsende Anzahl jener wäre, die sich – von Italien und Portugal über Nigeria und Südafrika bis Brasilien und Chile – zur Wehr setzen gegen ein Diktat, das sie zur Maloche zwingen sollte und immer noch soll. Und wenn da nicht die wachsende Kritik am Polizeistaat wäre, die nicht nur auf widerständige Selbstorganisation orientiert, sondern auch deutlich macht, dass die Quintessenz dieser reaktionären Offensive unter anderem schlicht bedeutet: Lasst die Alten alleine verrecken… Siehe dazu die zweite Folge unserer kommentierten Materialsammlung „Das Monster vor der Tür: Der Corona-Kapitalismus“ vom 18. März 2020:
„Das Monster vor der Tür: Der Corona-Kapitalismus“ – Folge 2
(18. März 2020)
Der Ausbau des Notstandsregimes – und die wachsende Kritik daran
Frankreichs Präsident hat es wohl auf den Punkt gebracht: Das Kapital befindet sich im Krieg. Gegen das Virus, sagen sie. Dessen Träger aber nun mal Menschen sind, deswegen…
„Davon träumen Autokraten“ ist ein Kommentar von Hasnain Kazim am 16. März 2020 in der Zeit online zur Ausgangssperre der rechtsgrünen Regierung in Wien, die inzwischen auch längst ähnlich etwa in der BRD gilt: „… Die Straßen sind gespenstisch leer, im ganzen Land gilt eine Ausgangsbeschränkung. Nur wer zur Arbeit muss, die nicht aufzuschieben ist, wer dringend Lebensmittel oder Medikamente besorgen oder jemandem helfen muss, soll das Haus verlassen dürfen. Wer in einem dieser dringenden Fälle raus möchte, „der darf das ausschließlich allein machen oder mit den Personen, mit denen er in der Wohnung gemeinsam zusammenlebt“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz gestern bei der Bekanntgabe des Gesetzes. Das Ausführen des Hundes wird also unter dieser Einschränkung noch möglich sein. Geschäfte müssen vorerst schließen, nur Lebensmittelläden, Drogerien und Apotheken dürfen geöffnet bleiben. Brötchen kann man also weiterhin besorgen. (…) Wozu doch so ein Virus in der Lage ist. Plötzlich sind Maßnahmen gesellschaftsfähig, von denen Autokraten und Diktatoren nur träumen können: Ausgangssperren, Abschaffung der Versammlungsfreiheit, größtmögliche Kontrolle des öffentlichen Lebens. In diesen Tagen wird deutlich, dass auch in sehr demokratischen Ländern wie Österreich Sondersituationen Sondermaßnahmen erfordern können. Demokratisch beschlossen und gut kommuniziert, dürfen es auch Einschränkungen von Freiheitsrechten sein, die bislang undenkbar erschienen…“
„Macron verhängt Ausgangssperre für Frankreich“ am 16. März 2020 beim Spiegel online meldet am selben Abend, dass Frankreich „nachgezogen“ ist (und wir verzichten hier darauf, eine Zeitliste dazu zu machen, die die folgenden Nachahmer festhalten würde): „… Wegen der Coronakrise hat Frankreichs Regierung eine Ausgangssperre für alle Bürgerinnen und Bürger verhängt, das verkündete Präsident Emmanuel Macron in einer Fernsehansprache. Die Menschen in Frankreich dürfen ab Dienstagmittag ihre Häuser oder Wohnungen für 15 Tage nur verlassen, um essentielle Dinge einzukaufen, Verstöße würden bestraft, sagte Macron. Alle Unternehmen müssten Vorkehrungen treffen, damit Angestellte von zu Hause aus arbeiten könnten. Macron kündigte ebenfalls an, sämtliche von ihm geplanten Reformen auszusetzen, allen voran die umstrittene Rentenreform. Die Regierung und das Parlament müssten sich nun auf den Kampf das Coronavirus konzentrieren. Kein Unternehmen solle dem Risiko einer Pleite ausgesetzt werden, sagte er. Er kündigte Steuerstundungen sowie Garantien für Unternehmenskredite in Höhe von 300 Milliarden Euro an…“
„Mobilfunker A1 liefert Bewegungsströme von Handynutzern an Regierung“ von Markus Sulzbacher und Muzayen Al-Youssef am 17. März 2020 im Standard zum nächsten Schritt in Wien, der ohne weitere Rechtsgrundlage getan wurde: „… Die Daten sollen dem Krisenstab zeigen, wie und ob die sozialen Kontakte, die für die Verbreitung der neuen Lungenkrankheit verantwortlich sind, abnahmen oder nicht. A1-Sprecher Michael Höfler bestätigte dem STANDARD, dass sein Unternehmen die Bewegungsprofile sammelt, auswertet und der Regierung liefert. A1 betonte, dass sich anhand der Daten keinerlei Rückschlüsse auf den einzelnen Handy-Benutzer ziehen lassen. Jedes Handy bekomme eine für das Tracking automatisch zufällig generierte Nummer zugewiesen. All diese Nummern werden alle 24 Stunden frisch vergeben (also erneut anonymisiert). Damit ist es nicht einmal möglich, nachzuvollziehen, wohin sich die anonymisierte User über längere Zeiträume hinbewegen. „Man kann in keinster Art schauen, wo sich der Einzelne aufhält“, versicherte die Sprecherin. Es gehe ausschließlich darum, festzustellen, um wie viel die Bewegungen im öffentlichen Raum insgesamt abgenommen haben. Auch werden die Daten in „20er“-Schritten geliefert. Das heißt, ablesbar ist nur, ob sich „bis zu“ 20 User bewegen (ab 21 Personen „bis zu 40“, usw.). Damit kann aber nicht ausgesagt werden, dass etwa drei Personen „von A nach B gehen“, so A1. Das Unternehmen bietet die Bewegungsanalysen gemeinsam mit Invenium, einem Spin Off der TU Graz, an. Rechtlich sieht man bei A1 keinerlei Probleme, die Methode sei DSGVO-konform. Auch wird betont, dass die Weitergabe der Profile helfen soll, die „Pandemie einzudämmen“. Laut dem Datenschutzrechtler Christof Tschohl des Research Institute – Digital Human Rights Center gebe es für den Zugriff auf historische Daten keine Rechtsgrundlage. „Da müsste man diese schon konstruieren.“...“
„Infiziert und ausspioniert“ von Judith Poppe am 17. März 2020 in der taz online zur geheimdienstlichen Machtübernahme in Israel, der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“: „… Am Sonntag hatte das Kabinett eine Notstandsregelung erlassen. Demnach darf der israelische Inlandsgeheimdienst Schabak nun die Standortdaten von sämtlichen israelischen Handynutzer*innen nachverfolgen, um Personen zu identifizieren, die sich mindestens zehn Minuten lang und weniger als zwei Meter entfernt von einer Person aufgehalten haben, die positiv auf das Virus getestet wurde. Diese Personen erhalten dann vom Gesundheitsministerium eine Aufforderung, sich in Quarantäne zu begeben. Außerdem soll überprüft werden, ob Infizierte gegen Heimquarantäne verstoßen. Der Geheimdienst ist Berichten zufolge autorisiert, rund um die Uhr den Aufenthaltsort jedes Handynutzers in Israel zu orten. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist das Coronavirus mittlerweile bei mehr als 300 Personen in Israel nachgewiesen worden. Todesfälle sind bisher nicht erfasst worden.Das Pikante an der neuen Maßname: Für die Handyüberwachung wird kein Gerichtsentscheid notwendig sein. Und auch das Vorgehen der Regierung ist umstritten. Eigentlich hätte die Regelung von einem Geheimdienstausschuss des Parlaments abgesegnet werden müssen, doch Gabi Ashkenazi vom blau-weißen Bündnis verweigerte seine Zustimmung...“
„Coronavirus: le cabinet De Block dit «oui» à l’utilisation des données télécoms“ von Amandine Cloot am 12. März 2020 in Le Soir (abopflichtig, aber im offen lesbaren Teil bereits aussagekräftig genug) beweist, dass die belgische Rechtsregierung schneller war, als die israelische – die Vorratsdatenspeicherung wird zur Vollkontrolle benutzt. Die entsprechenden Unternehmen haben – Überraschung! – bereits ihre Bereitschaft, daran per Datenüberlassung mitzuwirken öffentlich erklärt.
„Armenia institutes COVID-19 state of emergency“ am 16. März 2020 im Eurasianet meldet, dass die armenische Regierung an diesem Tag ebenfalls den Notstand ausgerufen habe – und steht hier auch als Beispiel für diesen Schritt in einer ganzen Reihe von Ländern, die hierzulande wenig mediales Interesse finden. Wobei auch hier eine „nationale Besonderheit“ den Charakter der Maßnahme verdeutlicht: Neben dem Verbot jeglicher Zusammenkunft mit 20 Personen oder mehr, gibt es auch neue, strenge Regeln: Für die Berichterstattung…
„La Malaisie et les Philippines adoptent des mesures radicales“ am 18. März 2020 im Ze-mag.info berichtet unter anderem von ausführlichen Verbotskatalogen und massiven Polizeikontrollen – die einem philippinischen Präsidenten, weltweit als jemand bekannt, der bestimmt Italiens Einsatz gegen protestierende Gefangene zu würdigen weiß, vermutlich insofern leicht gefallen sind, als er solcherart Dekrete wohl längst in der Schublade hatte.
„Notstand in Südafrika verkündet“ von Christian Selz am 18. März 2020 in der jungen welt berichtet zu diesem südafrikanischen Schritt unter anderem: „… Staatspräsident Cyril Ramaphosa rief in einer Fernsehansprache am Sonntag Abend den nationalen Notstand aus und verkündete entsprechende Schließungen und Verbote. Zudem verfügte Ramaphosa ein Einreiseverbot für Ausländer aus stark von den Infektionen betroffenen Ländern, das ab dem heutigen Mittwoch in Kraft treten soll. Als der Staatschef am Sonntag mit zweieinhalbstündiger Verspätung vor die Kameras trat, verkündete er zunächst die zu dem Zeitpunkt aktuelle Zahl von 61 bestätigten Infektionen im Land. Im Laufe des Tages war sein Kabinett offensichtlich von den Ereignissen »überrollt« worden. Noch am Morgen hatte Gesundheitsminister Zweli Mkhize von 51 positiv getesteten Menschen gesprochen, die alle aus dem Ausland – vornehmlich aus Europa – eingereist waren. Am Abend erklärte Ramaphosa dann, dass es auch Ansteckungen innerhalb Südafrikas gebe. Für Südafrikaner gilt deshalb ein Reiseverbot in Risikogebiete. Wer aus den betreffenden Ländern zurückkehrt, soll an den Grenzen getestet werden und sich in eine zweiwöchige Quarantäne begeben. 35 der insgesamt 53 Grenzübergänge des Landes wurden geschlossen. Auch innerhalb des Landes riet Ramaphosa ausdrücklich von nicht notwendigen Reisen ab – ob per Flugzeug, Zug, Sammeltaxi oder Bus. Da das Arbeitsleben im Land vorerst aufrechterhalten werden soll, dürfte dieser Rat jedoch insbesondere für die Beschäftigten aus den Townships kaum umsetzbar sein. Die Armenviertel liegen in der Regel weit außerhalb der südafrikanischen Städte – ein Relikt der Apartheid und eine Folge der anhaltenden Verdrängung ärmerer Menschen aus den Innenstädten. So sind diese auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen…“
„Die Solidarität der EU (II)“ am 18. März 2020 bei German Foreign Policy zur neuen Grenzziehung innerhalb einer Festung: „… Heftigen Unmut hat die Bundesregierung mit der weitgehenden Schließung der deutschen Grenzen unter anderem in Frankreich hervorgerufen. Präsident Emmanuel Macron hatte sich bereits am Donnerstag in einer Fernsehansprache kritisch gegenüber einer Abriegelung der Grenzen innerhalb der Union gezeigt und bekräftigt, diese müsse, wenn sie denn vorgenommen werden solle, „auf EU-Ebene“ beschlossen werden. Nur einen Tag später wurde gemeldet, die Bundesrepublik habe einseitig ihre Kontrollen an der Grenze nach Frankreich verstärkt. Gleichfalls am Freitag forderte der Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans, Pendler aus Frankreich auf, ihrer Erwerbsarbeit in Deutschland nicht mehr nachzugehen; den Vorstoß unterstützten Berichten zufolge Konzerne mit Standorten im Saarland wie Ford oder ZF. Zuständige Stellen in Frankreich wurden von den Grenzkontrollen überrascht: „Ich bin von meinen eigenen Polizeibeamten darüber informiert worden“, protestierte etwa Josiane Chevalier, Präfektin der betroffenen französischen Region Grand Est; der Schritt sei gänzlich „ohne Absprache“ unternommen worden.[3] Die fehlende Abstimmung mit dem Nachbarland glich die Regierung des Saarlandes durch das Hissen der französischen Flagge vor saarländischen Behördengebäuden aus…“
„Alles im grünen Bereich“ von David Rutschmann am 16. März 2020 in der taz online zur verbliebenen Freiheit in der BRD (für Teiglinge aus Polen und Joghurtbecher aus Marokko gilt das bestimmt auch): „… Am Montagmorgen sind die Grenzschließungen Deutschlands zur Schweiz, zu Österreich und zu Frankreich in Kraft getreten. Wegen der Coronakrise haben immer mehr Länder in Europa ihre Grenzen geschlossen – für den Personenverkehr. Der Warenverkehr soll davon nicht beeinträchtigt werden. Die Versorgungslage in Europa, auch im derzeitigen Epizentrum der Coronakrise in Norditalien, ist gut. Das gilt auch für Deutschland, wo sich in der vergangenen Woche viele Menschen mit Nudeln, Eiern oder Toilettenpapier eingedeckt haben. In Deutschland könnten zwar bald die Läden geschlossen werden – aber die Supermärkte bleiben offen. Und sie werden auch genug Nachschub bekommen. „Die Waren für die Bevölkerung sind da“, betont Martin Bulheller vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). (…) In Deutschland haben die Bundesländer bereits reagiert, damit der Nachschub an Haferflocken, Zwiebeln oder Hygieneartikeln für Supermärkte und Drogerien gewährleistet bleibt. So ist das Sonntagsfahrverbot für Lkw faktisch nicht mehr in Kraft. „Aber damit haben die Fahrer noch keine flexibleren Lenk- und Ruhezeiten“, sagt Bulheller. Die zulässigen Fahrzeiten sollen verlängert werden, fordert der Verband. Über solche Maßnahmen will das Bundesverkehrsministerium noch in dieser Woche mit Verbänden der Logistikbranche sprechen…“ – die Dankbarkeit der LKW-Fahrer, endlich länger fahren zu dürfen wird diese Landesregierungen vermutlich ewig verfolgen und nie erreichen…
„Japan hält weiter an Olympia fest“ am 17. März 2020 bei tagesschau.de über ein weiteres finanzielles Großprojekt, das unangetastet bleiben soll: „… Aber was ist mit den Olympischen Sommerspielen in Tokio? Bislang hält Japans Premier Abe an ihnen fest – unterstützt von den G7. In der Frage, ob wegen der Ausbreitung des Coronavirus die Olympischen Spiele wie geplant stattfinden können, hat der japanische Premierminister Shinzo Abe Rückenwind von den G7 bekommen. Die Staats- und Regierungschefs der Gruppe hätten sich bereiterklärt, „umfassende“ Spiele zu unterstützen, so Abe. „Wir tun alles in unserer Macht stehende, um uns für die Spiele vorzubereiten, und wir wollen ein komplettes Ereignis als Beweis dafür liefern, dass die Menschheit das neue Coronavirus besiegen kann.“ Zuvor hatten sich die Staats- und Regierungschefs der G7 – sieben führender westlicher Industrieländer, zu denen auch Deutschland gehört – per Videokonferenz abgestimmt...“
„“Der ultimative Niedergangsbeschleuniger““ von Matthias Quent am 15. März 2020 in der Zeit online machte bereits deutlich, wer sich in der BRD außer hiesigen Transportunternehmen, wie philippinischen Bürgerkriegspräsidenten und Wiener Rechtsaußen auch noch über diese Entwicklung besonders freut: „… Am Dienstagabend wurde in München eine 45-jährige Münchnerin mit chinesischen Wurzeln von einem Nachbarn angriffen und mit Desinfektionsmittel besprüht. Der Täter schrie laut Polizei das Wort „Corona“. Aus der ganzen Welt wird im Zusammenhang mit dem Virus über eine massive Zunahme von antiasiatischen Diskriminierungen berichtet. Das Netz ist voll mit Erfahrungsberichten (…) Schon jetzt versuchen Rechtsradikale, die Situation auszunutzen, und fordern zum Beispiel generelle Grenzschließungen. Sie verbinden die Corona-Krise mit der humanistischen Krise an der griechisch-türkischen Grenze und missbrauchen die Pandemie dazu, jede Aufnahme von geflüchteten Menschen in Notsituationen abzulehnen. Ihr Interesse an der Schaffung eines Ausnahmezustands liegt nicht nur in der Sorge um die „Volksgesundheit“, von der etwa AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen spricht, begründet: Rechts-außen hofft, politisches Kapital aus der Angst und den besorgniserregenden Aussichten schlagen zu können…“ – und macht indirekt deutlich, dass jene Kräfte, die er die „Liberalen“ nennt, dieses Programm der „Entsolidarisierung“ längst praktizieren…
„Nach der Freiheit wird den italienischen Häftlingen jetzt das Leben genommen“ von Pier Rot am 17. März 2020 im Lower Class Magazine erinnert (ja: Erinnert) an die bisher tödlichste Ausprägung der Notstandsregimes beim Gefängnisaufstand in Italien: „… Seit dem 10. März wurde die bisher nur in den “roten Zonen” umgesetzte Verordnung zur Bekämpfung des Covid-19 auf das ganze Staatsgebiet ausgedehnt. In dieser heißt es, dass “es absolut zu vermeiden ist, sich aus der eigenen Region sowie innerhalb derselben zu bewegen, es sei denn, unvermeidliche Arbeitserfordernisse oder Notfallsituationen liegen vor”; dazu kommt eine Reihe von Einschränkungen und Gesundheits- und Hygieneangaben. Es gibt jedoch Orte an denen die Ansteckungsgefahr den italienischen Staat jedoch nur am Rande zu beschäftigen scheint. Die Gefängnisse, ganz zu schweigen von den Abscheibeknästen (CPR), werden von den vermeintlichen ausgeklügelten Präventionsmaßnahmen der Expert*innen und Politiker*innen offenbar systematisch außer Acht gelassen. Alternative Maßnahmen zur Prävention werden in Gefängnissen nicht ernsthaft in Betracht gezogen. Auf Erlass der Regierung sind seit letzter Woche die Gespräche der Gefangenen mit Familienangehörigen und Anwälten sowie die Arbeit außerhalb der Gefängnisse wegen des Coronavirus zwar ausgesetzt. Das ändert aber nichts daran, dass Gefängnisse praktisch permanent überfüllte öffentliche Orte sind. Italienische Knäste sind um 131% überbelegt, Lieferant*innen und Personal gehen permanent ein und aus. Wie soll man in einer solchen Struktur den Kontakt mit anderen Menschen vermeiden, in einer Struktur in der es sowieso keine Freiheit gibt? Das Fehlen von hinreichenden Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Ansteckungen innerhalb der Gefängnispopulation gefährdet immerhin 61.000 Menschen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass etwa 50% der Gefängnisinsass*innen zwischen 40 und 80 Jahren alt sind und mehr als 70% an mindestens einer chronischen Krankheit leiden und ein geschwächtes Immunsystem haben. Gefängnisse können also zu ernsthaften Ansteckungsräumen werden. Die Folge wäre eine Epidemie in der Epidemie. Im Gefängnis von Vicenza war die erste infizierte Person ein Gefängniswärter, der zwangsweise in Kontakt mit anderen Kollegen und mit den Gefangenen stand. Bis heute wurde scheinbar weder eine antiseptische Säuberung der Räume vorgenommen, noch wurden Häftlinge und Wärter auf den Virus getestet. Als ob es eine vorgelagerte Entscheidung gäbe, diese Menschen “aufzuopfern”. Angesichts dieser Zustände ist das Klima der Angst und Unsicherheit, das in der italienischen Bevölkerung sowieso schon vorhanden ist, in den Knästen zehnmal stärker ausgeprägt. Das hat zur Entstehung der Gefängnisaufstände beigetragen. Die haben indes ein bisher beispielloses Ausmaß erreicht. Zwölf Menschen sind bei den Aufständen schon ums Leben gekommen. Neun davon starben in Modena: vier unmittelbar innerhalb der Gefängnismauern, vier bei Verlegungen in andere Gefängnisse und eine Person starb im Krankenhaus. In Rieti starben drei Häftlinge nach der Einnahme von aus der Krankenstation gestohlenen Drogen. Weitere acht wurden in ein Krankenhaus transportiert, von denen sich drei derzeit auf der Intensivstation befinden, während ein weiterer, schwer verletzer Gefangener per Hubschrauber nach Rom verlegt wurde. Nach Angaben der Gefängnispolizei sind nach ersten Erkenntnissen alle Todesfälle auf Überdosen zurückzuführen, die der Einnahme von Drogen und Psychopharmaka, die während der Unruhen aus der Krankenstation gestohlen wurden, geschuldet seien. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft den tödlichen Zusammenhängen und den realen Gründen dieser Todesfälle weiter auf den Grund gehen wird…“
„Bologna in Zeiten des Coronavirus“ am 17. März 2020 im Untergrundblättle ist das Wu Ming Tagebuch zur aktuellen Entwicklung in Italien, worin unter anderem zur „häuslichen Ideologiebildung“ hervor gehoben wird: „… Das Versammlungsverbot hat sich in der Tat in ein Ausgehverbot verwandelt, hier in Bologna werden Dutzende von Menschen für das „grundlose“ Umhergehen strafrechtlich verfolgt. Sie trafen sich mit niemandem, sie waren niemandem auch nur weniger als einen Meter nahe: Sie waren einfach an die frische Luft gegangen. Sie sagen uns, dass wir uns zurückziehen und paranoid bleiben müssen, wenn es so weitergeht, werden wir bald einen Gipfel der Entmündigungen, der psychischen Krisen, der Frauenmorde, der häuslichen Massaker und der Zwangsinternierung erleben. Von nun an sind viele Menschen in psychischem Leiden ohne soziale Kontakte, ohne Hilfsdienste. Ich kenne einige von ihnen. Der Befehl „Bleib zu Hause“ entstand aus einer sehr präzisen Vorstellung von „Zuhause“. Er hängt mit dem Wunsch zusammen, dass Fremde „zu Hause“ bleiben und sich „zu Hause“ fühlen. Er ist der Bruder des Ausdrucks „dieser Typ weiss nicht, wo er wohnt“, um auf jemanden hinzuweisen, der nicht normal ist. Er entsteht aus dem Gegensatz zwischen der Heimat als privatem Territorium und den öffentlichen, offenen, von jedermann betretbaren Orten. Er drückt in seinem Kern den Willen aus, dass auch diese Orte „Heimat“ werden: immer privater, geschlossener, sauberer. Er zeugt von der wachsenden Agoraphobie der Gegenwart. Um der Ausbreitung entgegenzuwirken, sollte ein enger Kontakt mit anderen Menschen vermieden werden, aber dieses Gebot könnte auf viele andere Arten vermittelt werden: Es ist bezeichnend, dass das Diktat „zu Hause bleiben“ gewählt wurde. Ein Mantra, das nicht nur eine bestimmte Art von Zuhause voraussetzt – aus der Sicht der Innenräume, des Komforts, der Fläche – sondern auch ein Zuhause als „sicherer Ort“, während, wie ein Kommentator bemerkte, das Zuhause für viele Frauen überhaupt kein Ort ist, an dem sie sich sicher fühlen. Bei genauerem Hinsehen ist es auch nicht sicher für viele ältere Menschen, die sich ruhig im Freien bewegen, während sie zu Hause oft schwere häusliche Unfälle erleiden und noch mehr Einsamkeit erfahren. „Bleib zu Hause“ war schon immer ein patriarchalischer Refrain, der sich an Frauen richtete, die nicht an ihrem Platz bleiben. Auch hier gibt es leider eine Verlangsamung des kritischen Denkens: Wie viele von uns, Frauen und Männer, haben auf diesen Zufall hingewiesen? Wie viele haben diesen Versprecher untersucht? „Bleiben Sie zu Hause“ sagt uns, dass unser Zuhause nicht länger ein Ort der Geselligkeit, der Zusammenkunft, der Begegnung ist. Die Verfügung sagt uns, dass unsere Häuser keine „Orte“ mehr sind, denn ein Ort ist nur dann ein solcher, wenn er als Knotenpunkt zwischen mehreren Wegen dient, und nicht durch die Gnade einer Tür, eines Tores. Ambrose Bierce gibt in seinem „Wörterbuch des Teufels“ diese Definition des Hauses: „Hohle Konstruktion, errichtet, um von Menschen, Ratten, Kakerlaken, Fliegen, Mücken, Flöhen, Bazillen und Keimen bewohnt zu werden“. Wir werden im Gegenteil in der Illusion eingelullt, eine aseptische, saubere Unterkunft ohne ungebetene Gäste zu haben. Oder besser gesagt: ganz ohne Gäste…“
„The Worst Virus Ever…Authority…“ am 17. März 2020 bei Enough is Enough ist die Übersetzung eines Beitrags, der ursprünglich bei Nantes.indymedia auf französisch erschienen war – und die aktuellen Notstandsmaßnahmen in Zusammenhang stellt mit jenen, die in Frankreich 2015, nach den Pariser Terroranschlägen verhängt worden waren – und mehrfach verlängert wurden. Womit die Schlussfolgerung nahe gelegt wird, dass der übelste Virus die staatliche Autorität sei, die jetzt wie immer bekämpft werden müsse…
„Estado de Emergência: um erro colossal“ von Raquel Varela am 16. März 2020 auf ihrem Blog ist ein Beitrag der bekannten portugiesischen Historikerin, in dem sie die Ausrufung des Ausnahmezustandes durch die sozialdemokratische Regierung Portugals scharf kritisiert: Nachdem diese Regierung dabei versagt habe, auf die im Zusammenhang mit der Virus-Krise verschärften sozialen Probleme von Rentnerinnen und Rentnern, Mieterinnen und Mietern und vor allem prekär Beschäftigten in irgendeiner Weise zu reagieren, reagiere man jetzt mit ausschließlich polizeistaatlicher Logik von Verboten aller Art – gegen einzelne Menschen, denn alle Maßnahmen der zahlreichen Unternehmen, die Beschäftigten gegen ihren Willen zur Arbeit zu zwingen, blieben ohne jegliche Reaktion dieser Regierung. Nicht allerdings der Betroffenen…
„Wertlos [In corpore vili]“ von zeckenepidemie am 15. März 2020 bei de.indymedia dokumentiert, hält zur Besonderheit des aktuellen Notstandsregimes (nicht nur) in Italien hervor: „… Denn, das muss man zugeben, nichts kann mehr Terror säen als ein Virus. Er ist der perfekte Feind, unsichtbar und potentiell allgegenwärtig. Im Gegensatz zu dem, was mit den Dschihadisten des Nahen Ostens geschieht, weitet seine Bedrohung die Notwendigkeit der Kontrolle beinahe unbegrenzt aus und legitimiert sie. Die möglichen Henker (einige) sollten nicht von Zeit zu Zeit überwacht werden, sondern immer die möglichen Opfer (allesamt). Nicht „der Araber“ ist verdächtig, der an Orten verdächtig umherwandert, die als sensibel gelten, sondern diejenigen, die atmen, weil sie atmen. Wenn man ein Gesundheitsproblem in ein Problem der öffentlichen Ordnung verwandelt, wenn man glaubt, dass der beste Weg zur Genesung die Repression sei, dann wird klar, warum einer der Kandidaten für die Rolle des Superkommissars für den Kampf gegen das Coronavirus der ehemalige Polizeichef zur Zeit des G8-Gipfels in Genua 2001 und der derzeitige Präsident der wichtigsten italienischen Kriegsindustrie wäre (aber da Geschäft Geschäft ist, wird letztlich ein Manager mit militärischer Ausbildung bevorzugt, der Geschäftsführer der staatlichen Agentur für Investitionen und Unternehmensentwicklung). Geht es vielleicht darum, auf die im Senat geäußerten Forderungen eines namhaften Politikers zu antworten, welcher erklärte, dass „dies der dritte Weltkrieg ist, welche unsere Generation verpflichtet ist zu durchleben und der dazu bestimmt ist, unsere Gewohnheiten stärker als der 11. September zu ändern“? Nach Al-Qaida haben wir also Covid-19. Und hier sind auch die Bulletins dieses Krieges gleichzeitig virtuell und viral, die Zahlen der Toten und Verwundeten, die Chroniken von den Schlachtfronten, die Erzählung der Opfer- und Heldentaten. Nun, wozu hat die Rhetorik der Kriegspropaganda im Laufe der Geschichte jemals gedient, wenn nicht, um jegliche Divergenz beiseite zu legen und sich um die Institutionen zu scharen? Im Augenblick der Gefahr darf es weder Spaltungen und weniger noch Kritik geben, sondern nur einhellige Unterstützung hinter der Fahne des Heimatlandes. So wird in diesen Stunden im Inneren der Gebäude die Idee einer Regierung für das öffentliche Gesundheitswesen belüftet. Ohne eine erste Folgewirkung zu vergessen, die keineswegs unwillkommen ist: Wer auch immer aus der Reihe tanzt, kann nur ein Defätist sein, der sich das Lynchen wegen Hochverrats verdient...“
„Vorläufige Thesen zum Ausnahmezustand“ von jemand aus berlin am 16. März 2020 bei de.indymedia hebt keineswegs nur für die BRD hervor: „… Und hier liegt ein weiterer Grund für die positive Wahrnehmung der staatlichen Verordnungen: In der deutschen Presse findet Dissens fast nicht mehr statt, herrscht nahezu völlig Einigkeit in der Beschreibung des Problems und der vermeintlich richtigen Lösungen. (Einige wenige, schon eher linksradikalen Medien mal ausgenommen.) Dies erinnert ein wenig an die Stimmungsmache mit der seinerzeit die Austeritäts-Maßnahmen gegen Griechenland hierzulande befeuert wurden, geht aber über die damalige Homogenisierung der öffentlichen Meinung noch hinaus. Von den Verfechtern der bürgerlichen Demokratie, die gerne betonen, dass jedem Eingriff in Grundrechte eine Güterabwägung und öffentliche Diskussion der Angemessenheit vorausgehen muss, ist momentan nichts zu hören. Wenn es darum geht, staatliche Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, „gibt es keine Parteien mehr sondern nur noch Deutsche“, wie die ganz große Koalition von Linkspartei bis AfD bei der Annahme des Gesetzes zur Kurzarbeit in Rekordtempo gezeigt hat. Mit den in diesen Tagen erlassenen wirtschaftlichen Sofortmaßnahmen dürften bereits erste Weichen gestellt werden, wie die Kosten der Krise verteilt werden sollen – ohne störende Debatten. 5. Die Beseitigung von Freiheitsrechten, die Beschwörung eines nationalen „Wir“ und die Homogenisierung der öffentlichen Debatte – all das sind Elemente einer faschistischen Formierung der Gesellschaft. Es macht aber keinen Sinn, die Entwicklung der letzten Tage als faschistisch zu beschreiben (unter anderem fehlt eine faschistische Bewegung die sie trägt und vorantreibt). Dennoch demonstriert die aktuelle Entwicklung, wie schwach die gesellschaftlichen Kräfte sind, die eine faschistische Entwicklung im Ernstfall im Schach halten würden. Die gegenwärtige Ergebenheit in den Ausnahmezustand mag auch mit rationaler Einsicht in die Notwendigkeit gewisser Einschränkungen zusammenhängen, zwei andere Momente dürften aber weit bedeutsamer sein: Zum einen das Auftreten von Expert*innen, die die Notwendigkeit der ergriffenen Maßnahmen unterstreichen und die Maßnahmen selbst – frei nach dem Motto, wenn der Staat einen solch hohen Aufwand betreibt, muss es sich um ein ernstes Problem handeln. Beides wäre auch zu haben, wenn der Anlass nicht rational sondern in hohem Maße inhuman wäre. Und schließlich herrscht momentan das perfekte Klima für Tabubrüche. Sei es der Einsatz der Bundeswehr im Inneren oder bei weiter andauernder Eskalation vielleicht sogar die erstmalige Anwendung der Notstandsgesetze. Grundsätzlich gilt: Alles was jetzt schon einmal stattfindet, ist in der nächsten Ausnahmesituation mit deutlich geringeren politischen Kosten zu haben. 6. Es ist davon auszugehen, dass der gegenwärtige Ausnahmezustand mit Bezug auf den Corona-Virus ein paar Wochen oder auch einige Monate andauern wird. Er ist zugleich die erste Phase einer globalen Verwertungskrise des Kapitalismus, die vermutlich mehrere Jahre andauern und die vorherige Krise (Lehmann-Brothers, Euro-Krise…) an Schwere übertreffen wird. Dies liegt teils an den durch Virus und Quarantäne global unterbrochenen physischen Wertschöpfungsketten, in hohen Maße aber auch am Platzen der an den Finanzmärkten entstandenen Spekulationsblasen, die nach der unzureichenden Überwindung der letzten Krise unweigerlich entstehen mussten. Gerade für eine antikapitalistische Linke könnte es sich als fatal erweisen, dass der Auftakt einer neuen Krise mit der Verhängung des politischen Ausnahmezustands zusammen fällt. Erinnert sei an die Klimaverhandlungen Ende 2015 in Paris: Damals wurden Proteste größten Teils verhindert – auf Basis von Notstandsgesetzen, die aufgrund eines islamistischen Terroranschlages erlassen worden waren. Es besteht die Gefahr, dass sich dieses Muster in diversen Staaten, auch in Deutschland, wiederholt. Helfen könnte eine wachsame Linke, die rechtzeitig mit gesellschaftlichen Interventionen beginnt…“
- Siehe für grundrechtliche Aspekte (v.a.) in Deutschland unser Dossier: Datenschutz vs. Corona-Virus – Was [nicht nur] Unternehmen beachten müssen
Von Neapel bis Santiago: Eine Streikbewegung, die das Diktat zur Maloche fürs Kapital ins Wanken bringt
Die Autokonzerne waren in diesen Tagen die Branche, die die meisten Streikaktionen verschiedenster Art erleben mussten – mit ihrer diktatorischen Verfügung, es müsse weiter gearbeitet werden, sind sie eklatant gescheitert. (Was sie vermutlich erst recht dazu nutzen werden wollen, möglichst viel der versprochenen Steuergelder abzukassieren, wie es auch andere Tätergruppen bereits von ihren politischen Geschäftsführungen einfordern – vielleicht nutzt ja auf der Gegenseite der eine oder die andere KollegIn mehr als bisher die Zeit, um etwas gründlicher über Produktkonversion und Arbeitszeitverkürzung nachzudenken (#mehrzeitzumlesen)). Aber auch die offen menschenfeindliche Haltung der Amazon-Bosse in verschiedenen Ländern rief grenzübergreifende Proteste hervor – und viele andere entsprechende Aktivitäten, von denen wir nur einige Beispiele zusammen getragen haben:
„Chez Amazon plusieurs sites sont en grève ce matin (Montélimar, Chalon et Douai)“ am 17. März 2020 im Twitter-Kanal Agitations fasst Meldungen über Streiks an drei französischen Amazon-Standorten zusammen, die allesamt begonnen wurden, weil das Unternehmen keinerlei Sicherheitsvorkehrungen treffen will – aber jetzt gezwungen ist, zumindest „Regeländerungen“ einzuführen…
„Prima la salute, sciopero in Amazon“ von Patrizia Pallara am 17. März 2020 bei Rassegna Sindacale berichtet ebenfalls am Dienstag vom Streik bei Amazon in Italien – zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen in Piacenza und Torraza, verbunden mit Meldungen über „Arbeitsverweigerung“ auch in anderen Niederlassungen – stets gerichtet gegen die Rücksichtslosigkeit des Unternehmens – die im Übrigen sogar mit den Abkommen, die die Unternehmerverbände unterzeichnet haben im Gegensatz steht.
„Amazon in der Kritik: Logistikzentren laufen weiter – trotz Coronafällen“ von Markus Gärtner am 17. März 2020 im Amazon-Watchblog berichtete: „… In zwei spanischen Amazon-Lagern bei Madrid und Barcelona sind demnach mindestens drei Fälle aufgetreten, bei denen das Coronavirus bei Mitarbeitern nachgewiesen wurde. Diese befinden sich jetzt in Quarantäne. Amazon will die Logistikzentren aber nicht schließen, wie das Unternehmen erklärt hat. Im Gegenteil: Der Online-Händler will – wohl aufgrund der vermuteten zunehmenden Bestellungen – Dutzende neuer Zeitarbeiter einstellen. In dem Logistikzentrum San Fernando bei Madrid arbeiten allein über 3.000 Mitarbeiter. Die Region um Madrid zählt laut Robert-Koch-Institut zu den internationalen Risikogebieten. Die spanische Gewerkschaft CCOO kritisiert das Vorgehen Amazons. „Sie stellen den finanziellen Gewinn über die Gesundheit der Beschäftigten“, erklärte ein Gewerkschaftssprecher. Die Gewerkschaft will auch vor Gericht gegen den Weiterbetrieb der Logistikzentren vorgehen. Das Einstellen neuer Mitarbeiter sei sogar ein neuer Risikoschwerpunkt. Amazon verweist hingegen auf die Unterstützung für die betroffenen Mitarbeiter des Unternehmens. „Die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter ist unser Hauptanliegen; wir befolgen die Richtlinien der lokalen und internationalen Gesundheitsbehörden und haben eine Reihe von präventiven Gesundheitsmaßnahmen in unseren Zentren auf der ganzen Welt eingeführt“, so ein Amazon-Sprecher. Amazon hat im Zuge der Corona-Krise weltweit seine Regelungen für seine Mitarbeiter angepasst. Auch in den USA und Italien gab es bereits Corona-Fälle bei Amazon…“
„Spanien: 5000 Arbeiter*innen von Mercedes stoppen die Produktion aufgrund der Untätigkeit des Unternehmens“ von Roberto Jara am 16. März 2020 bei Klasse gegen Klasse (in der Übersetzung von Stefan Schneider) berichtet: „… Mit dem Ruf “Schließung jetzt!” und unter Applaus haben die Arbeiter*innen des Mercedes-Werks in Vitoria-Gasteiz, der größten Fabrik im Baskenland mit 5.000 Arbeitsplätzen, das Fließband mit Sit-ins gestoppt. Damit wandten sie sich gegen die Entscheidung des Unternehmens, das Werk wegen der Coronavirus-Krise nicht zu schließen. Als die größte Fabrik in einer der Städte, die das Epizentrum des Coronavirus ist, die Produktion nicht einstellen wollte, haben die Beschäftigten selbst gesagt: Genug ist genug. Der Betriebsrat hat nach tagelangen Forderungen an die Unternehmensleitung nach der Schließung aus gesundheitlichen Gründen, auf die die Bosse nur mit Ablehnung reagierten, endlich mit allen Sektoren der Fabrik gesprochen, um die Schließung mit einem Vollstreik ab Beginn der Frühschicht am Montag, dem 16. März, durchzusetzen, der vorerst 8 Tage dauern wird. Wie Roberto Pastor, Generalsekretär der Gewerkschaftssektion der CCOO bei Mercedes-Benz Vitoria, berichtet, wurden weder die Sicherheitsmaßnahmen eingehalten noch der Abstand zwischen den Menschen. Die Entscheidung, nicht zu schließen, kam von den Büros der Geschäftsleitung, die vollkommen sicher und isoliert waren, während die Arbeiter*innen in das Werk gedrängt wurden. (…) Wie die Gewerkschaftssektion ELA in ihrem Kommuniqué feststellt: “Wir verstehen nicht, dass die Bürger*innen aufgefordert werden, zu Hause zu bleiben, und dass das größte Unternehmen im Baskenland es dem Schicksal überlässt, ob wir in dieser Krise zu einer katastrophalen Situation beitragen”. Tatsache ist, dass zeitgleich mit der Verallgemeinerung repressiver Maßnahmen im Namen der Quarantäne Millionen von Menschen weiterhin unnötigen Risiken ausgesetzt sind, um weiter produzieren zu können. Aber die Mercedes-Belegschaft gibt uns einen anderen Weg vor, so wie es auch die Beschäftigten in italienischen Fabriken in den letzten Tagen angesichts der Untätigkeit der Bosse getan haben...“
„Coronavirus: arrêt de travail à l’usine Audi de Forest“ am 16. März 2020 bei La Capitale (abopflichtig) berichtet von der Schließung des Audi-Werkes nahe der belgischen Hauptstadt – nach Protestaktionen der Belegschaft…
„Autoeuropa suspendeu produção esta segunda-feira“ am 16. März 2020 im Esquerda.net berichtet, dass auch VW Portugal die Produktion eingestellt habe (nach den Aktionen der Belegschaft über die wir in unserer ersten Materialsammlung bereits berichtet hatten).
„Fca e le altre: le fabbriche iniziano a fermarsi“ von Stefano Iucci am 16. März 2020 bei Rassegna Sindacale berichtet vom (langsamen) Schließungsprozess der Autokonzerne in Italien – wobei nicht zufällig jener Fiat (FCA) Betrieb bei Neapel der erste war, der geschlossen wurde, in dem auch der erste (von mehreren) Streik gegen das Unternehmensdiktat stattgefunden hatte (worüber wir ebenfalls bereits in unserer ersten Sammlung berichtet hatten).
„Mitarbeiter von DHL die, die Logistik für Mercedes in Spanien durchführen, streiken aufgrund fehlender Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel“ am 16. März 2020 im Twitter-Kanal von Black Mosquito berichtet vom (erfolgreichen) DHL-Streik mit einem Video
„Los sindicatos denuncian la irresponsabilidad de Airbus y llaman a los trabajadores a quedarse en casa“ von María Castañeda am 16. März 2020 bei merca2.es berichtet vom – befolgten – gemeinsamen Streikaufruf aller im Airbus-Werk nahe Madrid vertretenen Gewerkschaften, wegen der Missachtung aller Sicherheitsbestimmungen durch die Unternehmensleitung. Ein Sprecher des gemeinsamen gewerkschaftlichen Ausschusses verwies dabei darauf, dass man „bestraft wird, weil man auf der Straße spazieren geht“, während die Unternehmen sich alle Freiheiten nähmen…
„Saint-Nazaire, #France: Walkout at Atlantic Shipyards“ am 17. März 2020 bei Enough is Enough ist die englische Übersetzung eines Berichts über den Streik bei der Werft in Saint Nazaire, wo die französische CGT viele der über 10.000 Beschäftigten zur Aktion für die Werksschließung mobilisierte – wie auch im nahe gelegenen Airbus-Werk, das die Geschäftsleitung den Forderungen entsprechend geschlossen hat.
„Coronavírus: Trabalhadores dos call centers avançam para a greve“ am 16. März 2020 bei Publico meldet, dass die alternative portugiesische Gewerkschaft bei den Call Centern STCC ab dem 24. März zum Streik aufruft (aus streikrechtlichen Gründen, aber entsprechende Aktionen können bereits vorher stattfinden und tun dies auch).
„Lojistas em revolta pedem encerramento de centros comerciais“ am 15. März 2020 im Esquerda.net berichtet von einer ganzen Reihe vom Streiks in Einkaufszentren und Shopping-Malls in verschiedenen Städten Portugals, mit denen jeweils die Schließung gefordert wurde, meist erfolgreich.
„Chile. Conductores del Transantiago paralizaron acusando nulas medidas frente al Coronavirus“ am 17. März 2020 bei kaosenlared berichtet von einem Streik auf mehreren Linien der Metro Santiago de Chile, um gegen das Verhalten der Unternehmensleitung zu protestieren, die keinerlei Sicherheitsmaßnahmen treffen wollte…was sie jetzt tut.
„Workers at Crush Bar are engaging in a sit-in“ am 18. März 2020 bei den IWW USA (Twitter) berichtet vom Streik der Belegschaft einer alternativen Bar in Portland, die unter anderem Verdienstausfall fordern – und hier auch als Beispiel dafür stehen sollen, wie es in vielen kleinen Unternehmungen in zahlreichen Ländern zu solchen Aktionen gegen die Willkür-Herrschaft der Unternehmer gekommen ist.
„Iran. Strike and assembly of municipal workers in Bandar Abbas, the port town in the south of Iran“ am 18. März 2020 im Twitter-Kanal der Angry Workers berichtet vom Streik der Kommunalbeschäftigten in südiranischen Bandar Abbbas, die ebenfalls für Sicherheitsmaßnahmen kämpfen.
- Siehe im Teil 1 von Das Monster vor der Tür: Der Corona-Kapitalismus die Hinweise auf weitere erste widerständige Aktionen
Wie Notstandsregime und veränderte Erfahrungen eine neue Debatte über soziale Selbstorganisation aufkommen lassen
„Eine Politik der Kämpfe in Zeiten der Pandemie“ von Sandro Mezzara am 17. März 2020 bei medico international ist die deutsche Übersetzung eines Beitrags bei Euronomade am 14. März, in dem die Entwicklung sozialer Bewegungen global unter den aktuellen Umständen so thematisiert wird: „… Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus sind beispiellos. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten wirkt sich eine Krise, die ihren Ursprung in der „Realwirtschaft“ hat, gewaltsam auf die globalen Finanzmärkte aus und verursacht beispiellose Verluste. Im Hinblick auf den globalen Kapitalismus scheint eine Metapher der „Behinderung“ am besten geeignet, um die gegenwärtige Situation zu veranschaulichen. Wie in einem Spiegel wirft die Krise das umgekehrte Bild eines Kapitalismus zurück, dessen Kreisläufe der Aufwertung und Akkumulation vollständig von einer unermüdlichen Bewegung von Kapital, Waren und Menschen abhängen. Die Lieferketten, die das logistische und infrastrukturelle Gerüst der kapitalistischen Globalisierung bilden, scheinen heute weitgehend blockiert zu sein. Die Börsenkurse – die seit geraumer Zeit die Verlängerung der Lieferketten und das damit verbundene Netz von Korridoren, Sonderzonen und Knotenpunkten steuern – sind gezwungen, eine solche Blockade zu erfassen. Es ist nicht abwegig zu sagen, dass die gegenwärtige Pandemie einen Punkt erreicht hat, an dem es in der Entwicklung des globalen Kapitalismus keine Rückkehr gibt. Ich neige keineswegs zu „kollabierenden“ und apokalyptischen Szenarien. Der Kapitalismus wird sicherlich auch nach dem Coronavirus weiter bestehen, aber er wird sich grundlegend von dem unterscheiden, was wir in der jüngsten Vergangenheit gesehen haben (obwohl bereits radikale Veränderungen zum Vorschein gekommen sind, die aus der Finanzkrise von 2007-2008 herrührten). Um zu verstehen, was in Italien geschieht, muss man eine globale Perspektive einnehmen. Im Moment zeigt Italien wieder einmal den Charakter eines „Laboratoriums“, wenn auch in einer völlig anderen Form als in der nicht allzu weit zurückliegenden Vergangenheit. Trotz der Gefahr der Vereinfachung könnte man sagen, dass sich in diesem Moment eine präzise Alternative abzeichnet: Einerseits gibt es eine Linie, die wir als malthusianisch definieren könnten (oder von einem wesentlichen Sozialdarwinismus inspiriert), die ihr Beispiel in der Johnson-Trump-Bolsonaro-Achse findet. Andererseits scheint es eine Linie zu geben, die auf die Neuqualifizierung der öffentlichen Gesundheit als grundlegendes Instrument zur Bewältigung der Notlage abzielt (hier gibt es sehr unterschiedliche Beispiele aus China, Südkorea und Italien). Im ersten Fall werden Tausende von Todesfällen in der Bevölkerung als natürliche Selektion gewertet. Im zweiten Fall wird es aus bedingten Gründen darum gehen, dass die Gesellschaft mit einem variierenden Grad an Autoritarismus und sozialer Kontrolle „verteidigt werden muss“. Um es klar zu sagen: Ich „unterstütze“ keineswegs die von der italienischen Regierung eingeführten Maßnahmen. Ich beschränke mich vielmehr darauf zu sagen, dass in diesem Moment – auf globaler Ebene – ein Konflikt im Gange ist, der wesentliche Konsequenzen nicht nur für die Zukunft des Kapitalismus, sondern auch (schließlich ist es dasselbe) für unser eigenes Leben haben wird. Dieser Konflikt betrifft Länder wie Großbritannien, die Vereinigten Staaten und Brasilien, deren Regierungen die von mir als „malthusianisch“ bezeichnete Lösung befürworten; wo Widerstände sozial und politisch fest verwurzelt sind. Aber der Konflikt durchzieht auch Italien, wo ein solcher Kampf durch die Weigerung der Arbeitnehmer zum Ausdruck kommt, die Entscheidungen der Confindustria – des italienischen Arbeitgeber- und Industrieverbandes – zu akzeptieren und sich der Vormachtstellung der Produktion zu opfern...“
„Las dos soluciones: estados y gobiernos optan por el aislamiento y confinamiento de población. Pero en muchas partes vecinos optan por estrechar lazos de autoorganización“ am dem 16. März 2020 bei Clajadep-LaHaine ist eine (kontinuierlich aktualisierte) Sammlung von Beiträgen, die Aktivitäten und Erfahrungen aus alternativen Ansätzen vor allem auf Stadtteil-Ebene (und aus verschiedenen Ländern) berichten – alternativ zur jeweiligen staatlichen Notstands- und Menschen-Trennungspolitik wird hier als „einiges Band“ versucht, kollektive Formen zu finden, um gegen das Virus aktiv sein zu können. In der ersten Sammlung waren dabei Berichte aus Spanien, Peru und Puerto Rico dokumentiert, verbunden mit einem Überblick über die staatlichen Maßnahmen der lateinamerikanischen Länder.
„Invest in health for all: spread solidarity, not the virus“ am 16. März 2020 beim Europe Health Network ist eine Presseerklärung der europäischen Kampagne, in deren deutscher Fassung es unter anderem heißt: „… Die Gewährleistung der öffentlichen Gesundheit bedeutet, dass wir dafür sorgen, dass auch die Schwächsten unter uns Zugang zu allen zu ergreifenden Gesundheitsmaßnahmen haben. Die ungleiche Verteilung der Ressourcen beeinträchtigt unsere Fähigkeit, das Virus unter Kontrollezu halten, und führt uns heute und morgen zu unnötigem Leid und Tod. Diese Krise ist nur die Spitze des Eisbergs. Sei tmehrerenJahren sind die Gesundheitssysteme der europäischen Mitgliedstaaten starken Angriffen ausgesetzt, Privatisierung, Kommerzialisierung, Unterfinanzierung und Regionalisierung wurden von der Europäischen Union durchSparmaßnahmen bei den Gesundheitsausgaben durchgesetzt. Dies hat die Fähigkeit der Gesundheitssysteme beeinträchtigt, großangelegte Präventionskampagnen zu koordinieren, und hat auch ihre Fähigkeit eingeschränkt, in Krisensituationen kurative Leistungen auszuweiten, während gleichzeitig das Vertrauen der breiten Öffentlichkeit in das Gesundheitssystem als Ganzes untergraben wurde. Deswegen fordern wir ( Europäische Netzwerk*, die Volksgesundheitsbewegung, der EGÖD*, der Alter-Gipfelund der Medact) unsere Entscheidungsträger, unverzüglich Maßnahmen zum Schutz unsereröffentlichen Gesundheit zu ergreifen. Und das auf alle Ebenen. Die aktuelle Krise, veranschaulicht, weswegen wir jedes Jahr am 7. April, dem Europäischen Aktionstag gegen die Kommerzialisierung von Gesundheit und Sozialschutz und dem Tag der Volksgesundheit, kämpfen. Wir wollen ein starkes, solidarisches und für alle zugängliches Gesundheitssystem. Am 7. April und danach, sei es durch Aktionen auf der Straße, in unseren Krankenhäusern, in den sozialen Medien oder in der Presse, fordern wir unsere Entscheidungsträger auf, dafür zu sorgen, dass unser Gesundheitssystem und unser Gesundheitspersonal in der Lage sind, den Bedürfnissen der Bevölkerung durch ein starkes universelles öffentlichesGesundheitssystem gerecht zu werden, das vor lukrativen Logiken und dem Appetit kommerzieller Unternehmen geschützt ist…”
„An Injury To One Is An Injury To All: ILWU/Migrant Orgs Defend Grand Princess Crew & All Workers“ von Laborvideo am 14. März 2020 bei You Tube eingestellt ist ein Bericht über eine der zahlreichen Aktionen der „etwas anderen Art“ die in den letzten Tagen in vielen Ländern stattgefunden haben. Hier in Oakland, Kalifornien – wo ein Kreuzfahrtschiff einlaufen durfte (nach einigem hin- und Her), an dessen Bord Corona-Fälle waren – und die Behörden Kaliforniens gestatteten den Passagieren, an Land zu kommen – wollten dies aber der Besatzung, meist aus den Philippinen, verweigern. Die gemeinsame Aktion der Hafenarbeitergewerkschaft ILWU und mehrerer sozialer Bewegungen sowie der regionalen philippinischen Community sorgen für ein „Umdenken“ der angeprangerten Zuständigen…
„Stop Trump from Bailing Out the Fossil Fuel Industry!“ seit dem 14. März 2020 bei Greenpeace USA ist eine Petitions-Kampagne gegen neue Steuergeschenke an die US-Ölkonzerne – die aber, eher untypisch für Greenpeace ausdrücklich mit den aktuellen Problemen argumentiert, die im Corona-Kapitalismus von prekär Beschäftigten oder Beschäftigten im Gesundheitswesen gegenwärtig überwunden werden müssen…
„#Italy: ‘Interruptions…’ – About the #Coronavirus and more…“ am 16. März 2020 bei Enough is Enough dokumentiert eine Stellungnahme der Biblioteca Anarchica Disordine aus Lecce, in der aus den Maßnahmen des Notstandsregimes sehr konkret die Überflüssigkeit des Staatsapparates heraus gehoben wird. Kein neuer Gedanke – aber hier eben konkretisiert und aktualisiert.
„Kapitalismus kaputt?“ von Tomasz Konicz am 17. März 2020 bei telepolis zieht nach ausführlichen Überlegungen zu globalen ökonomischen Entwicklungen Schlussfolgerungen: „… Die eingangs erwähnten, krassen Maßnahmen, die von den politischen Funktionseliten implementiert werden – von der Billionenflut der Notenbanken über unbegrenzte Kredite bis zu Verstaatlichungen – sind Ausdruck dessen, dass die Politik sich der existenziellen Krise bewusst ist, in der sich nun das kapitalistische Weltsystem befindet. Es stellt sich die nur allzu berechtigte Frage, ob es noch möglich sein wird, die Lage zu stabilisieren. Je länger die notwendige Bekämpfung der Pandemie dauert, desto größer das Risiko einer Kernschmelze des Weltfinanzsystems, in deren Folge der wachsende globale Schuldenberg des Spätkapitalismus unter sich begräbt und den Wert in all seinen Aggregatzuständen entwertet. Fazit: Offensichtlich wird, dass der labile, von Grund auf marode Spätkapitalismus inzwischen unfähig ist, größere externe Schocks zu verkraften. Wochenlange Produktionsausfälle lassen das auf uferloses Wachstum geeichte System in eine existenzbedrohende Krise stürzen. Eine grundlegende Systemtransformation scheint – auch vor dem Hintergrund der eskalierenden Klimakrise – unabdingbar. Am Beginn der voll einsetzenden Klimakrise, die eine Vielzahl unterschiedlichster externer Schocks mit sich bringen wird, gewinnt die Überführung des Kapitals in Geschichte, der Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft, die den kommenden externen Schocks gewachsen sein wird, den Charakter einer Überlebensnotwendigkeit der menschlichen Zivilisation. Feststeht schon jetzt, dass diese Pandemie die spätkapitalistische Gesellschaft, in der wir zu leben genötigt sind, grundlegend verändern wird. Es stellt sich nur die Frage, ob diese Veränderungen in eine progressive, emanzipatorische, oder in eine reaktionäre und autoritäre Richtung verlaufen werden. Hier, beim Kampf um die Ausgestaltung dieser objektiv anstehenden Transformation, öffnen sich neue Kampffelder für progressive und emanzipatorische Kräfte, die dem Drang des in Agonie befindlichen Systems zu autoritärer Krisenverwaltung und Faschismus entgegenwirken müssen...“
- Siehe im Teil 1 von Das Monster vor der Tür: Der Corona-Kapitalismus die Verweise auf weitere Dossiers zum Thema im LabourNet Germany