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Ecuadors Gewerkschaft der Bananen-Plantagen ASTAC zieht Bilanz des Freihandelsabkommens mit der EU: Wachsende Ausbeutung – und wird selbst bekämpft

Dossier

ASTAC Logo - Gewerkschaft auf Ecuadors BananenplantagenMehr Ausbeutung statt versprochener Wohlstandsgewinne – das ist die Erfahrung von Beschäftigten in der Bananenindustrie Ecuadors zwei Jahre nach Inkrafttreten des Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union (EU). Der Handelsvertrag sollte zu mehr Fairness, Nachhaltigkeit und Umweltschutz führen. Doch eine Untersuchung im Auftrag der ecuadorianischen Gewerkschaft ASTAC konstatiert eine deutliche Zunahme unsicherer Arbeitsverhältnisse, schlechter Bezahlung und der Missachtung von Gewerkschaftsrechten. ASTAC hat deshalb Beschwerde bei der Regierung Ecuadors eingelegt (…) Eine Studie des Instituto de Estudios Ecuatorianos (IEE) kommt zu dem Ergebnis, dass seit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der EU und Ecuador die Arbeiter*innen auf den Bananenplantagen kürzere oder gar keine Arbeitsverträge erhalten, unbezahlte Überstunden zugenommen haben, der Mindestlohn unterlaufen wird und international verbriefte Gewerkschaftsrechte missachtet werden…“ – aus der Pressemitteilung „Ausbeutung statt Wohlstand“ von Oxfam am 27. März 2019 bei epo externer Link dokumentiert, aus Anlass des Besuchs der Delegation der ASTAC in Europa. Siehe dazu:

  • Gewerkschaftliche Organisation im Bananensektor in Ecuador: „Wir müssen den Kampf vereinen“ New
    Der Bananensektor ist einer der Bereiche der Lebensmittelproduktion, in dem Arbeitende am stärksten ausgebeutet werden. Schlechte Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsbedingungen prägen den Alltag vieler Arbeitenden.“ Anna-Lena Hartung und Carla Venneri (Übersetzung: Sarah Schaarschmidt) von den Lateinamerika Nachrichten (Textwiedergabe bei amerika21 am 26. November 2024 externer Link) sprachen mit Jorge Acosta, dem Gründer der Gewerkschaft Asociación Sindical de Trabajadores Agrícolas y Campesinos (Astac) über die aktuelle Lage von Gewerkschaften, ihren Herausforderungen und wie es dazu kam, dass Sie die erste Gewerkschaft der Bananenbranche gegründet haben. [Jorge Acosta:] „Es wurden mehrere Gesundheitsprobleme festgestellt, die auf den Einsatz des Pestizids Mancozeb zurückzuführen sind. Viele Menschen klagten über Kopfschmerzen, Herzrasen und Schwindelgefühl. Als sich diese Nachricht international verbreitete, begannen wir, uns zu treffen und über die schlimme Ausbeutung der Arbeiter und die Menschenrechtsverletzungen im Bananensektor zu diskutieren. Dies motivierte uns zur Gründung einer Gewerkschaft. Jedoch wurden die Arbeiter von den Unternehmen an der Registrierung behindert. Auch die Anzahl der Beschäftigten, die für die Gründung einer Gewerkschaft erforderlich ist, stellte ein großes Hindernis dar. Die Mindestzahl beträgt 30 und es gibt viele Plantagen mit weniger als 15 Beschäftigten. Unser Antrag auf Registrierung blieb erfolglos. Ursprünglich umfasste die Koordination der Bananenarbeiter auch nur die Beschäftigten aus Quevedo und Buena Fe. Es war nicht leicht, die Arbeiter von der Notwendigkeit eines Gewerkschaftsbeitritts zu überzeugen. Viele von ihnen hatten negative Erfahrungen gemacht. Sicherlich hat die Aufmerksamkeit einiger internationaler Medien über die Gesundheitsrisiken dazu beigetragen, dass sich mehr Beschäftigte dem gewerkschaftlichen Kampf anschlossen. Auch besuchte uns 2010 die UN-Sonderberichterstatterin Gulnara Shahinian, mit der wir über die heutigen Formen der Sklaverei sprachen, die die Arbeiter tagtäglich erleben. (…) Dank unserer ersten Beschwerde, die wir bei der Ombudsstelle eingereicht haben, wurde bekannt, dass 70 Prozent der Beschäftigten in der Bananenproduktion nicht sozialversichert waren. Daher entwickelte die Regierung eine Kampagne für die Mitgliedschaft. Der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder stieg enorm an, auch wenn die Regierung dies niemals als Gewerkschaftserfolg anerkennen wird. Was die Besprühung angeht, so hat die Regierung ein Verbot von Mancozeb ausgesprochen. Auch wenn dieses Verbot nur ein Jahr Bestand hatte, wurden wichtige Vorschriften für den Einsatz von Pestiziden beschlossen, die es vorher nicht gab. Wir haben auch erreicht, dass ein Handbuch für die Bananenindustrie zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz erstellt wurde. (…) In allen europäischen Ländern versuchen wir, Solidarität und Netzwerke zwischen Arbeitern und Verbrauchern aufzubauen. Advocacy-Aktivitäten sind bei Regierungen nicht immer erfolgreich, aber die Beziehungen zu Organisationen und Gewerkschaften in Europa sind von entscheidender Bedeutung, denn wir müssen den Kampf vereinen und globalisieren, so wie die Unternehmen auf internationaler Ebene eine einheitliche Position vertreten. Daran müssen wir Gewerkschaften noch ein wenig arbeiten. Wir müssen auch Wege finden, um unsere Verbindungen zu sozialen Organisationen zu stärken. Das ist eine Schwäche, überall auf der Welt, denn zahlenmäßig sind wir viel mehr als die Unternehmen.“
  • »Massives antigewerkschaftliches Klima«: Gewerkschafter Jorge Acosta über Verstöße gegen Arbeitsrechte auf Ecuadors Bananenplantagen
    Im Interview von Knut Henkel am 16. Oktober 2024 in Neues Deutschland online externer Link erzählt der Gewerkschafter Jorge Acosta über den aktuellen Stand: „… In Ecuador herrscht ein massives antigewerkschaftliches Klima, das gilt für internationale Konzerne wie Dole, aber auch für nationale Konzerne wie Noboa. Beide Konzerne exportieren Bananen in großem Stil aus Ecuador in alle Welt – auch nach Deutschland. (…) [Wir] haben Beschwerden im Kontext des Lieferkettengesetzes gegen Rewe und Edeka vorgebracht, die Bananen von zwei Betrieben importieren, die nachweislich für Verstöße gegen die Arbeitsrechte verantwortlich sind: Otisgraf und Megabaano, ein Unternehmen des Dole-Konzerns. (…)  Ja, vor allem bei Otisgraf erhalten die Arbeiter*innen nach unseren Beschwerden und den vorgelegten Beweisen für die extreme Ausbeutung nun höhere Löhne. Zuvor hatte viele der Arbeiter*innen Verträge als Halbtagskräfte erhalten, arbeiteten jedoch in Vollzeit und oft mit Überstunden bis zu 20 Stunden wöchentlich. Sie wurden hemmungslos ausgebeutet. Das ist vorbei – statt 200 erhalten sie nun 600 US-Dollar im Monat. An diesem Punkt waren unsere Beschwerden erfolgreich. Das heißt aber nicht, dass alle Missstände bei Otisgraf abgestellt sind. Das Unternehmen akzeptiert unsere Aktivist*innen nicht und spricht nicht mit uns. (…) [Frage:] Welche Rolle spielt in diesem Kontext das deutsche Lieferkettengesetz? [Jorge Acosta:] Eine zentrale, denn dieses Gesetz sorgt dafür, dass wir hier in Deutschland, wo die Bananen konsumiert werden, auf Arbeitsrechtsverstöße aufmerksam machen können und dass dem nachgegangen wird. Das ist ein immenser Fortschritt angesichts einer Justiz in Ecuador, die nur partiell unabhängig ist und oft im Interesse der Unternehmen agiert. Das Lieferkettengesetz liefert uns die Handhabe, hier vor Ort zu agieren, und wir hoffen, dass es dabei bleiben und das Gesetz nicht gestrichen wird, was einigen Gerüchten zufolge drohen könnte. (…) [Es] läuft noch ein Prozess vor dem Verfassungsgericht, das definieren muss, ob eine Branchengewerkschaft verfassungskonform ist. Die Entscheidung steht noch aus und die Klage hat die Regierung eingereicht. Die erschwert unsere Arbeit jedoch deutlich weniger, als es in der Vergangenheit der Fall war. (…) Wir haben zwischen 3500 und 5000 Mitglieder beiderlei Geschlechts. Wir sind in acht Provinzen, darunter den drei großen Bananen-Anbaugebieten Guayas, Los Ríos und El Oro, aktiv. Das sind große Entfernungen, was unsere Arbeit erschwert. Es kommt immer wieder zu Entlassungen, weil sich Arbeiter*innen organisieren. Daher variieren die Zahlen, und wir haben in aller Regel auch keinen Zugang zu den Plantagen, treffen uns zum Schutz der organisierten Arbeiter*innen undercover, in Cafés, am Straßenrand, nahe ihres Wohnorts…“

    • Jorge Acosta (64) ist Koordinator der Branchengewerkschaft ASTAC, die in Ecuador Erntearbeiter vor allem aus dem Bananensektor des Landes zu organisieren versucht. Sie steht unter permanentem Druck der Plantagen-Unternehmen.
  • Klima der Angst. Wer sich in Ecuador gegen die mächtigen Besitzer der Bananenplantagen zur Wehr setzt, lebt gefährlich
    Ein paar Mutige tun es trotzdem. Dabei hilft ihnen das deutsche Lieferkettengesetz. (…) Die natürlichen Voraussetzungen wie auch die Missachtung von Umweltschutz und Arbeitsrechten haben Ecuador zum weltweit wichtigsten Bananenexporteur gemacht. Aktuell eskaliert die Gewalt in dem Land. Präsident Daniel Noboa hat im Kampf gegen die mächtige Drogenmafia den Notstand ausgerufen und versucht, gegen die kriminellen Gruppen zu kämpfen, die die staatliche Gewalt herausfordern. Für Beschäftigte gehört das Land, das lange als relativ ruhig galt, laut aktuellem Ranking des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) zu den zehn schlimmsten der Welt. Im Herbst 2023 gab es Morddrohungen gegen mehrere führende Köpfe des Gewerkschaftsbundes ASTAC, worauf manche von ihnen mit Unterstützung der EU für einige Zeit ins Ausland gegangen sind. Auf einen der Gewerkschafter, die blieben, wurde zum Jahresende ein Attentat verübt, das scheiterte. Die Verantwortung übernahm die größte Drogenbande Ecuadors, die Choneros – und forderte explizit die Einstellung der Arbeit für die Rechte der Bananenarbeiter. Eine Zusammenarbeit der Narcos mit einflussreichen Wirtschaftsinteressen lässt sich in  Ecuador immer wieder beobachten.  Vor diesem Hintergrund ist es sehr beunruhigend, dass fünf deutsche Supermarktketten, die mit dem lokalen Unternehmerverband, und koordiniert von der GIZ, ein Projekt zur Verbesserung der Lohnsituation organisieren, nicht den Mut aufbringen, die Drohungen und das Attentat gegen ASTAC öffentlich zu verurteilen.
    Der US-Multi Dole will sparen
    Megabanana gilt im Bananengürtel als einer der besseren Betriebe. Hier, bei Dole, gibt es eine Betriebsgewerkschaft und einen Betriebsrat. Die Früchte, die auch in deutschen Edeka-Supermärkten verkauft werden, tragen das Panda-Logo des WWF und den grünen Frosch der Rainforest Alliance, die „gemeinsame soziale und ökologische Anstrengungen“ bescheinigen. Doch selbst hier hat es der Gewerkschaftsbund ASTAC, der die Bananenbauern und Landarbeiter vertritt, mit einem Arbeitgeber zu tun, der versucht, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. „Seit über einem Jahr erreichen wir keine Übereinkunft zur Erneuerung des Tarifvertrages“, sagt Ruben Caicedo* vom Betriebsrat. Sein richtiger Name und sein Gesicht sollen nicht in einer Zeitung erscheinen, auch nicht weit entfernt in Deutschland, wo die Bananen aus Ecuador oft nur halb so viel kosten wie heimische Äpfel. (…) „Etwa 100 der älteren Männer und Frauen mit fast 20 Jahren Betriebszugehörigkeit wurden in letzter Zeit entlassen und durch Jüngere ersetzt, die nur befristete Zweijahresverträge erhalten“, erläutert Julio Vanegas*, einer der dienstältesten Betriebsräte. Diese Verträge sollten in der Coronazeit Arbeitsplätze schaffen. Jetzt dienen sie dem Fruchtmulti dazu, Betriebsrenten für Ältere zu vermeiden und befristet Beschäftigt nicht für den Betriebsrat zuzulassen. Dazu kamen Verstöße beim Arbeitsschutz: Pestizide wurden auch hier mit Flugzeugen ausgebracht, während noch Beschäftigte auf der Plantage arbeiteten. (…)
    Dies alles waren Gründe für die Beschwerde, die ASTAC und die Entwicklungsorganisation Oxfam im November 2023 gegen Edeka im fernen Deutschland beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einreichten – in der Hoffnung, etwas zu bewegen. Immerhin wurde der Betriebsrat von den Rainforest-Auditoren bei der kurzfristig angesetzten Inspektion nach der Beschwerde angehört. Auch wurde kürzlich die Ausbringung von Pestiziden per Flugzeug vom Management so geregelt, wie es das Gesetz vorschreibt: ohne Beschäftigte im besprühten Teil der Plantage. Der WWF dagegen hat die Gewerkschafter bislang nicht konsultiert. Eine weitere Beschwerde richtet sich gegen den Lebensmittel-Einzelhändler Rewe wegen diverser Rechtsverletzungen beim ecuadorianischen Unternehmen Otisgraf, einem langjährigen Lieferanten. Vor einem Jahr war hier bezahlter Urlaub ebenso unbekannt wie bezahlte Überstunden. Regelmäßig zogen Flugzeuge über die Plantage und sprühten teils hochgiftige Pestizide auf die Bananen und vielfach auch auf die Menschen.  Einige  Frauen wurden besonders schlecht behandelt – sie hatten einen Vertrag über 20 Wochenstunden, arbeiteten aber mindestens 40  – also für den halben Lohn. Jetzt, nach der BAFA-Beschwerde, wird die neue Betriebsgewerkschaft zumindest toleriert, wenn sie auch immer noch nicht vom Arbeitsministerium anerkannt wurde
    …“ Artikel von Frank Braßel im Magazin Mitbestimmung der HBS Ausgabe 01/2024 externer Link
  • Wenn Protest Früchte trägt: Branchengewerkschaft in Ecuadors Bananenindustrie 
    Nur, weil etwas nicht verboten ist, muss es noch lange nicht erlaubt sein: Gegen Branchengewerkschaften in Ecuador ziehen Unternehmer:innen und Regierung an einem Strang. Beschäftigte sollen bei dem weltweit größten Lieferanten von Bananen nicht für ihre Rechte eintreten dürfen. Eine erste Anerkennung der Branchengewerkschaft wurde jetzt allerdings erreicht.
    Um eine Branchengewerkschaft in Ecuador zu gründen, müssen sich mindestens 30 dauerhaft Beschäftigte einer Firma finden und die Gründungsurkunde mit allen Namen beim Arbeitsministerium einreichen.Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung und des ecuadorianischen Forschungsinstituts IEE externer Link aus dem Jahr 2022 zeigt am Beispiel der Bananenindustrie anschaulich, was dann passiert. Einige Kolleg:innen wurden eingeschüchtert externer Link, anderen Geld angeboten, wenn sie ihre Unterschrift zurückziehen. In einigen Fällen wurde sogar „entdeckt“, dass die Person vom Betrieb nicht sozialversichert wurde und sie deshalb nicht „ordentlich“ beschäftigt war. Und wer dennoch hartnäckig blieb, wurde entlassen. Die Studie zählt eine ganze Reihe solcher Fälle von Gewerkschaftsunterdrückung auf – und zwar bei großen Agrarunternehmen, die Bananen an europäische Supermarktketten liefern.
    „Wir haben seit Jahren diese Repressionen erlebt und daraus unsere Lehren gezogen: Es braucht eine Branchengewerkschaft für den gesamten Sektor mit seinen 200.000 Arbeiter:innen“, erläutert Jorge Acosta, Gründer von ASTAC, der Gewerkschaft der Land- und Bananenarbeiter*innen. Als solche haben sie sich unabhängig im Februar 2014 gegründet, wie es ihnen von Gesetz her zusteht. Das Arbeitsministerium lehnte jedoch den entsprechenden Antrag ab. Die Folge war ein jahrelanger Rechtsstreit. Das Ministerium entschied stets negativ, da die Mitglieder in verschiedenen Betrieben arbeiteten und deshalb vermeintlich nicht einer Gewerkschaft angehören könnten. (…)
    Es war eine kleine Sensation, als im April 2021 ein Gericht das Arbeitsministerium verpflichtete, ASTAC als Branchengewerkschaft anzuerkennen und öffentlich um Entschuldigung für die bisherige Blockadepolitik zu bitten. Das Ministerium kam beiden Schritten nach. „Damit hatten wir nicht gerechnet, denn die Justiz ist in Ecuador meistens aufseiten der Unternehmen“, erklärt Jorge Acosta. „Sicher war der langjährige Protest von Gewerkschaften und NGOs aus den Ländern, wo unsere Bananen verkauft werden, hilfreich.“ In Österreich haben sich Südwind und „weltumspannend arbeiten“ des ÖGB für ASTAC engagiert. Inzwischen hat die Regierung Widerspruch gegen das Urteil eingelegt und verzögert seine Umsetzung. (…)
    Woher rührt der Widerstand der ecuadorianischen Regierung, grundlegende Arbeitsrechte in der Praxis umzusetzen? „Traditionell stehen unsere Regierungen aufseiten der Unternehmen. Das war in Bezug auf Gewerkschaftsrechte selbst unter der linken Regierung von Rafael Correa so“, analysiert Sylvia Bonilla vom CIDDT. „Wir sehen auch immer wieder Unternehmensvertreter im Kabinett. So kam der letzte Landwirtschaftsminister aus dem Imperium des Bananenproduzenten und bekannten Gewerkschaftsgegners Álvaro Noboa.“ Selbst innerhalb der wenigen existierenden Gewerkschaften – der Organisationsgrad beträgt keine drei Prozent in dem Andenstaat – gibt es in Ecuador teilweise Zurückhaltung zum Konzept Branchengewerkschaft. Offenbar gibt es Sorgen, Erreichtes wieder zu verlieren, auch eigene kleine Machtpositionen. Zaghaft zeigt sich ein Umdenken bei den traditionellen Führungspersönlichkeiten, analysieren die Kolleg*innen vom CIDDT. Lohnen würde es sich auf jeden Fall. (…) Der Widerspruch des Arbeitsministeriums gegen das ASTAC-Urteil liegt inzwischen beim Verfassungsgerichtshof. Mit seinem Entscheid wird nicht vor dem kommenden Jahr gerechnet.“ Artikel von Frank Braßel vom 10. März 2023 in arbeit-wirtschaft.at des ÖGB externer Link
  • Bittere Preise für süße Bananen: Ecuadors Bauern wehren sich gegen Dumpingpraktiken und prekäre Arbeitsbedingungen 
    „Edwin Benito Ordoñez schultert ein Bananenbüschel und schleppt die noch grünen Früchte vorsichtig zur Verpackungsstation auf seiner rund sieben Hektar großen Farm. (…) Der 44-Jährige lebt in einem Weiler in der Region von Machala im Süden Ecuadors. Über den Hafen der Stadt gehen die Kühlcontainer mit den Früchten vor allem auf die Reise nach Europa. Einmal pro Woche werden die krummen Südfrüchte bei Ordoñez geerntet. Dann ist die gesamte Familie im Einsatz und manchmal holt sich Ordoñez auch Hilfe, um die rund 200 Kisten, die im Wochenschnitt mit den noch grünen Früchten gefüllt werden, zu packen. Doch in jüngster Zeit seltener, denn wie vielen kleinen Bananenbauern in Ecuador geht es Ordoñez nicht gut. »Der Preisdruck hat in den vergangenen Jahren extrem zugenommen. (…) Dass die Dumpingpreise überhand nehmen, hat mehrere Ursachen. Zum einen drängt die Konkurrenz aus Kolumbien, Costa Rica und Co. auf den Markt, zum anderen ordern Supermarktketten und Discounter längst direkt bei den Produzenten und setzen ihre Markmacht ein, um Preise zu drücken. Jüngstes Beispiel ist Aldi. Der Discounter kündigte im November 2020 an, den Abnahmepreis pro Kiste um rund einen Euro zu senken. (…) Die Kleinbauern wehren sich. Am 12. Juli dieses Jahres blockierten sie Straßen, um die am 24. Mai vereidigte neoliberale Regierung von Präsident Guillermo Lasso auf die Einhaltung von Mindestpreisen zu verpflichten. (…) Unterstützung haben die Kleinbauern von der Justiz erhalten. Das Urteil eines Gerichts in Quito vom 26. Mai dieses Jahres könnte zum Meilenstein werden. Das Urteil mit der Nummer 17981202002407 weist das Arbeitsministerium an, nicht nur die Gewerkschaft ASTAC anzuerkennen und offiziell zu registrieren, sondern sich für das langjährige systematische Ignorieren der Gewerkschaft zu entschuldigen und das Urteil auf der Homepage des Ministeriums zu veröffentlichen. Dabei beziehen sich die drei Richter direkt auf die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die den Umgang der Behörden mit der 2007 gegründeten ASTAC mehrfach kritisierte. Darauf basierend haben ASTAC-Koordinator Jorge Acosta und Rechtsanwältin Silvia Bonilla Klage eingereicht. (…) Relevant sind das Urteil und seine Umsetzung auch für die deutschen Importeure. Denn es bestätigt, dass Gewerkschaftsrechte auf Plantagen, die auch die großen Vier des deutschen Lebensmittelhandels, Rewe, Edeka, Aldi und Lidl, belieferten, verletzt wurden. Das könnte im Kontext des vom Bundestag gerade verabschiedeten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes Folgen haben…“ Artikel von Knut Henkel vom 25. Juli 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • Meilenstein: Gewerkschaft ASTAC in Ecuador wird gerichtlich anerkannt
    Oxfam: Meilenstein: Gewerkschaft ASTAC in Ecuador wird gerichtlich anerkanntNach langjährigem Rechtsstreit wurde unsere Partnerorganisation ASTAC endlich als Gewerkschaft für den Bananensektor in Ecuador anerkannt. Das ist ein bahnbrechender Erfolg für die Gewerkschaftsbewegung und den Schutz von Arbeits- und Menschenrechten auf ecuadorianischen Bananenplantagen. Menschenrechte sind die Grundlage moderner Gesellschaften – oder zumindest sollten sie das sein. Doch nur zu oft werden sie mit Füßen getreten, insbesondere im Wirtschaftsleben. So kann man sich ziemlich sicher sein, dass eine Banane aus Ecuador – wichtigster Lieferant für den deutschen Markt – zumindest einen Makel mit sich bringt: Die Verletzung des Menschenrechts auf Gewerkschaftsfreiheit. Das könnte sich nun ändern. Nach langjährigem Rechtsstreit wurde unsere Partnerorganisation ASTAC (Asociación Sindical de Trabajadores Bananeros Agrícolas y Campesinos) endlich als branchenweite Gewerkschaft für den ecuadorianischen Bananensektor anerkannt. (…) Das ecuadorianische Recht verbietet branchenweite Gewerkschaften zwar nicht, sieht diese aber auch nicht explizit vor. Das Arbeitsministerium wies den Antrag mehrfach zurück und setzte sich auch nicht für die entlassenen Arbeiter*innen ein, die sich in den Plantagen organisiert hatten. Über Jahre hinweg protestierten Organisationen aus der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) gegen diese Politik der ecuadorianischen Regierung…“ Meldung von Frank Braßel vom 16. Juni 2021 bei Oxfam externer Link
  • „Arbeitsbedingungen auf Bananenplantagen in Ecuador, die Lidl beliefern“ am 01. Juni 2017 bei Oxfam externer Link  ist der Bericht der Gewerkschaft Astac (Landarbeiter und Kleinbauern) über die Arbeitsbedingungen auf den Bananen-Plantagen in Ecuador – eine Studie aus Interviews auf fünf Plantagen… Siehe dazu unseren Beitrag von 2017: Gewerkschaft aus Ecuador fordert von Lidl endlich Einhaltung der Verpflichtung zu besseren Arbeitsbedingungen auf Bananenplantagen
  • „Bananen aus Ecuador: Billig isst bitter“ am 30. Dezember 2011 bei n-tv externer Link ist ein nun schon beinahe sechs Jahre alter Bericht, der vor allem eben die Kontinuität des Problems (für die Beschäftigten) deutlich macht. Damals wurde bereits hervor gehoben: „Besonders problematisch sind Löhne, die nicht ausreichen, eine Familie zu ernähren. Der durchschnittlich gezahlte Nettolohn liegt laut der befragten Bananenarbeiter/innen bei lediglich rund 237 US-Dollar, deutlich unter der staatlich definierten Armutsgrenze von 544 US-Dollar für eine vierköpfige Familie“, so Humbert weiter. Insgesamt hätten 83 Prozent der Befragten ein Familieneinkommen unterhalb der Armutsgrenze angegeben. Überstunden werden zudem nicht bezahlt. Denn zu den durchschnittlich 46 bis 48 Wochenstundekommen laut Oxfam noch einmal 24 bis 32 Überstunden pro Monat. (…) Daneben würde die Gesundheit von Arbeitern und Anwohnern durch Pestizide gefährdet. „Obwohl das ecuadorianische Gesetz dies verbietet, werden immer noch gefährliche Pestizide von Flugzeugen aus auf die Felder gesprüht“, kritisiert Humbert. 90 Prozent der Befragten auf den Zulieferplantagen hätten gesagt, dass dies während ihrer Arbeitszeit erfolgte. Auf Plantagen der Noboa-Gruppe, zu der die Marke Bonita gehört, hatten die Arbeiter nach Aussage der dort beschäftigten Befragten nicht einmal Schutzkleidung erhalten. Laut Oxfam sind auf den Bananenplantagen in Ecuador noch immer Entlassungen wegen Gewerkschaftszugehörigkeit an der Tagesordnung“.

Siehe zum Thema auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=146598
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