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Überwachung nicht nur der Presse in China: Leben unter strengen Augen
Dossier
Der taz-Korrespondent in Peking fühlt sich beobachtet. Wenn er ins Internet geht, trifft er Vorsichtsmaßnahmen. Die totale Kontrolle hat China aber nicht. Artikel von Felix Lee in der TAZ vom 02.08.2013 („Überwachung in China: Leben unter strengen Augen“). Aus dem Text: „(…) Ich persönlich gehe zwar davon aus, dass ich hier für die NSA nicht so interessant bin wie für die chinesischen Behörden. Und dennoch: Auch chinesische Netzaktivisten, von denen die meisten ebenfalls über VPN-Zugänge verfügen, sind enttäuscht von den USA. „Vom chinesischen Staat wussten wir, dass er nicht viel von Datenschutz hält“, schreibt die Bloggerin Akid. „Nun müssen wir uns zusätzlich vor den USA schützen.“ Und Netzaktivist Mingli bedauert: „Die Hemmschwelle vor der totalen Überwachung ist mit den Machenschaften des NSA komplett gefallen.“…“ Siehe dazu:
- [Kampagne zum Mitzeichnen] China: Xinjiang-Journalisten verhaftet, andere verurteilt – inhaftierte JournalistInnen und Medienschaffende sofort freilassen
„Zu Beginn dieses Jahres verhaftete China zwei ethnisch kasachische Journalisten in der nordwestlichen Provinz Xinjiang, während die inhaftierte Journalistin und Aktivistin Sophie Huang Xueqin am 14. Juni zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt wurde.
Die Internationale Journalisten-Föderation (IFJ) verurteilt Chinas rechtliche Angriffe auf die Medien und fordert die rasche Freilassung aller inhaftierten Journalisten. Die IJF sagte: „Es kann keine freien Medien geben, wenn Journalisten monatelang verschwinden können, ohne dass es Informationen über ihren Aufenthaltsort oder ihren Zustand gibt. Während Journalisten und Medienschaffende in China weiterhin unter undurchsichtigen Bedingungen verhaftet und inhaftiert werden, wird das verfassungsmäßige Recht auf Pressefreiheit verunglimpft. Die IJF verurteilt die Verhaftungen und anhaltenden Inhaftierungen von chinesischen Medienschaffenden und fordert ihre sofortige Freilassung.“ engl. LabourStart-Kampagne vom 11.7.2024 (maschinenübersetzt) zum Mitzeichnen, siehe Hintergründe bei IFJ:- China: Xinjiang-Journalisten verhaftet, andere verurteilt
„Zu Beginn dieses Jahres hat China zwei ethnisch kasachische Journalisten in der nordwestlichen Provinz Xinjiang verhaftet, während die inhaftierte Journalistin und Aktivistin Sophie Huang Xueqin am 14. Juni zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Die Internationale Journalisten-Föderation (IFJ) verurteilt Chinas rechtliche Angriffe auf die Medien und fordert die rasche Freilassung aller inhaftierten Journalisten.
Einem Bericht des vom US-Kongress finanzierten Radio Free Asia zufolge wurden zwei Rundfunkjournalisten des staatlichen chinesischen Medienunternehmens Xinjiang TV Anfang des Jahres verhaftet, wobei ihr derzeitiger Aufenthaltsort oder Status unbekannt ist. Berichten zufolge wurden Kairat Domalin und Kuandyk Koben im April in Polizeigewahrsam genommen, wobei die Gründe für ihre Verhaftung unklar sind.
In einem anderen Fall wurde die inhaftierte Journalistin und prominente #MeToo-Aktivistin Sophie Huang Xueqin am 14. Juni wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ zu fünf Jahren Haft verurteilt. Huang, die sich seit September 2021 in Untersuchungshaft befindet, hat seit ihrer Verhaftung am Flughafen von Guangzhou vor fast drei Jahren einen erheblichen gesundheitlichen Rückschlag erlitten. Nach Angaben von Unterstützern von Huang und dem inhaftierten Arbeitnehmerrechtsaktivisten Wang Jianbing werden der Journalistin außerdem vier Jahre lang die politischen Rechte entzogen und sie muss eine Geldstrafe von 100.000 CNY, etwa 13.750 USD, zahlen. Bei der Verurteilung wird die bereits verbüßte Zeit berücksichtigt.
Unterdessen berichtete der National Press Club der Vereinigten Staaten am 1. Juli in einer Pressemitteilung, dass die Haftzeit des Journalisten und Schriftstellers Dong Yuyu bis mindestens 27. September 2024 verlängert wurde, nachdem er im Februar 2022 wegen des Vorwurfs der Spionage bei einem Treffen mit einem japanischen Diplomaten festgenommen worden war. Der Journalist wurde im Juli 2023 vor Gericht gestellt, ohne dass ein Urteil in diesem Fall gefällt wurde.
Die IJF erklärte: „Es kann keine freien Medien geben, wenn Journalisten monatelang verschwinden können, ohne dass es Informationen über ihren Aufenthaltsort oder ihren Zustand gibt. Während Journalisten und Medienschaffende in China weiterhin unter undurchsichtigen Bedingungen verhaftet und inhaftiert werden, wird das verfassungsmäßige Recht auf Pressefreiheit verunglimpft. Die IJF verurteilt die Verhaftungen und anhaltenden Inhaftierungen von chinesischen Medienschaffenden und fordert ihre sofortige Freilassung.“ engl. Meldung vom 04. Juli 2024 bei IFJ (maschinenübersetzt)
- China: Xinjiang-Journalisten verhaftet, andere verurteilt
- Pressefreiheit in China: Schikaniert, bedroht und mit Drohnen verfolgt
„Die Spielräume für Berichterstattung werden auch für die ausländische Presse in China immer enger. In einer Umfrage beklagen drei Viertel der Auslandskorrespondent:innen im Land Schikanen und Behinderungen ihrer Berichterstattung.
Die Arbeit für Journalist:innen wird in China auch nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie weiter beeinträchtigt. Das ergibt eine Umfrage unter 101 Auslandskorrespondent:innen , welche der Foreign Correspondents’ Club of China heute veröffentlicht hat. Der Verband gibt jährlich solche Berichte über die Medienfreiheit im Land heraus. Mit 99 Prozent beklagten fast alle Befragten, dass die Pressefreiheit selten oder nie internationale Standards erreiche. Die Möglichkeiten der Berichterstattung erreichten nicht mehr das – auch damals niedrige – Niveau aus Vor-Corona-Zeiten.
Laut der Umfrage wurden vier von fünf Auslandsjournalist:innen während ihrer Arbeit behindert, belästigt oder gar Opfer von Gewalt. Dies ist insbesondere in „sensiblen Regionen“ wie Xinjiang der Fall, wo die uigurische Minderheit verfolgt wird. Dort wurden 85 Prozent der Befragten bei der Arbeit schikaniert. In mindestens zwei anderen Fällen setzte die Polizei sogar Drohnen ein, um die Journalist:innen bei der Arbeit zu überwachen und zu stören. (…)
Große Mehrheit geht von engmaschiger Überwachung aus
Etwa drei Viertel der Befragten gehen davon aus, dass der chinesische Staat ihre Telefone überwacht, und mehr als die Hälfte, dass die Redaktionsräume und Wohnungen verwanzt sind. Die Arbeit der Presse wird aber auch auf anderem Wege erschwert: So berichten zahlreiche Redaktionen, dass China keine neuen Visa für Journalisten erteile und die Redaktionen deswegen unterbesetzt seien. Neben solchen Methoden schüchtert der Staat auch Interviewpartner:innen ein. Laut der Umfrage hat etwa ein Drittel die Erfahrung gemacht, dass Interviews und Termine wegen Einschüchterungen in letzter Minute abgesagt wurden. Eingeschüchtert werden auch die chinesischen Mitarbeiter:innen der Auslandsredaktionen. Dass dies geschehe, berichtet knapp die Hälfte der Befragten.
Einengung der Berichterstattung
Die Journalist:innen, die nur noch eingeschränkt reisen und nicht mehr auswählen könnten, mit wem sie sprechen, seien nicht in der Lage, Themen zu vertiefen und ein nuanciertes Bild des Landes zu zeichnen, beklagt der Verband. „Das Ergebnis ist eine Berichterstattung über China, die weniger und weniger repräsentativ ist und sich mehr auf die Geopolitik und die bilateralen Beziehungen konzentriert als auf die Lebenserfahrungen des chinesischen Volkes“, so der Verband weiter.
Nicht Eingang in die Befragung hat das kürzlich beschlossene „Sicherheitsgesetz“ in Hongkong gefunden, das die Grundrechte der Bewohner:innen und der Presse weiter beschneidet. Schon zuvor hatte China wiederholt regierungskritische Medien in der britischen Ex-Kolonie kaltgestellt . Insgesamt ist ein klarer Trend zu mehr Repression zu beobachten: Zuletzt hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Macht in der Einparteiendiktatur China noch weiter ausgebaut .“ Beitrag von Markus Reuter vom 08.04.2024 in Netzpolitik
- Totale präventive Kontrolle: China baut an einem Überwachungsystem, das jedes Individuum rund um die Uhr überwacht
„… Der chinesische Staat baut ein totalitäres System digitaler Überwachung auf, das nicht nur Vergangenheit und Gegenwart überwacht, sondern auch Vorhersagen über die Zukunft machen soll. China sei auf dem Weg in den Techno-Totalitarismus, seine Überwachungstechnologie fände aber schon längst Eingang in andere Länder, heißt es in einer Recherche der New York Times. Ein Rechercheteam hat mehr als 100.000 Seiten aus Dokumenten ausgewertet (…) Aus den Dokumenten ergibt sich ein Gesamtbild der technischen Möglichkeiten chinesischer Überwachung. Als Grundlage der Überwachung sammelt der chinesische Staat erst einmal so viele biometrische Merkmale seiner Bürger:innen wie möglich: Von der Gesichtsbiometrie über Iris-Scans, Stimm-Mitschnitte bis hin zur DNA. Je mehr identifizierende Merkmale der Staat hat, desto genauer und schneller kann er die Individuen identifizieren. Als Experimentierfeld für die Sammlung biometrischer Daten diente die Provinz Xinjiang. Dort lebt vor allem die uigurische Minderheit, die seit Jahren von der Zentralregierung Chinas unterdrückt wird. Umgesetzt wird die Massenüberwachung unter anderem mit allgegenwärtigen Überwachungskameras. (…) Weitere Schichten der Überwachung sind Handy-Tracker, die über IMSI-Catcher und WLAN-Sniffer erlauben, Menschen zu lokalisieren und zu verfolgen. Kfz-Kennzeichenscanner verfolgen die Bewegungen von Fahrzeugen. (…) Hinzu kommen Einkaufsdaten, Zahlungsdaten, Verbrauchsdaten für Wasser und Strom oder die personalisierten Bestellungen von Zugtickets und anderen Reisemitteln. Die Recherche zeigt, dass der chinesische Staat daran arbeitet, all diese Daten zusammenzuführen und zu zentralisieren. (…) Auch gegen (…) Bittsteller, von denen es in China viele gibt, richten sich die Überwachungssysteme. So zum Beispiel eine Plattform der Firma Hikvision für die Polizei. Mit der Plattform soll die Polizei Aufstände und Proteste bekämpfen und Demonstrierende live verfolgen können. (…) Offenbar muss aber nicht jeder chinesische Bürger diese Form der Überwachung fürchten. In den Ausschreibungsunterlagen sind laut NYT Anforderungen zu finden, in denen so genannte „Rote Listen“ für VIP-Personen beschrieben sind…“ Beitrag von Markus Reuter vom 27. Juni 2022 bei Netzpolitik.org - China: Freiwillige digitale Knechtschaft
„„Es gibt gute Menschen, und es gibt schlechte Menschen. Nun stell dir eine Welt vor, in der die Guten belohnt und die Schlechten bestraft werden“, sagt der chinesische Computerwissenschaftler Zhang Zheng und umreißt damit die Utopie der chinesischen Staatsführung. Schon in Harald Welzers Buch Die smarte Diktatur war ich auf das „soziale Kreditsystem“, das man in China praktiziert, um die Massen zu gesellschaftskonformem Verhalten anzuhalten, gestoßen. Am Wochenende nun berichtete die Süddeutsche Zeitung unter der Überschrift Schuld und Sühne ausführlich über dieses Projekt. (…) Es gibt zum Beispiel eine App namens „Ehrliches Shanghai“. Jeder Beteiligte erhält eine gewisse Anzahl von Punkten, die man durch „gutes Verhalten“ vermehren kann, und die sich durch „schlechtes Verhalten“ verringern. Die App sammelt Daten aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen. Stromrechnung bezahlt? Blut gespendet? Mit den Steuerzahlungen in Rückstand? Schwarz mit der U-Bahn gefahren? Mal für einen kranken Nachbarn eingekauft? Schnee geschippt? Die App speist das Handeln ein und rechnet den jeweiligen Kontostand aus. Wer im Plus ist, kann in der städtischen Bücherei Bücher ausleihen, ohne die sonst übliche Kaution zu hinterlegen. „System für soziale Vertrauenswürdigkeit“ heißt das Projekt, das bis zum Jahr 2020 Wirklichkeit werden und alle Chinesen erfassen soll. In Shanghai betrifft es schon jetzt jeden Bürger. Algorithmen bewerten und trennen die Menschen in „gute“ und „schlechte“. Einer der Initiatoren erklärt: „Es geht um die Frage: ‚Bist du ein vertrauenswürdiger Mensch?‘ Es geht um die Ordnung des Marktes. Und letztlich geht es um nicht weniger als um die Ordnung der Gesellschaft.“ China experimentiert mit Formen einer digitalen Diktatur, die es so noch nicht gegeben hat und die sich selbst Orwell nicht vorstellen konnte…“ Beitrag von Götz Eisenberg vom 22. Mai 2017 bei den NachDenkSeiten (Götz Eisenberg ist Sozialwissenschaftler und Publizist. Er arbeitete mehr als drei Jahrzehnte lang als Gefängnispsychologe im Erwachsenenstrafvollzug)