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Deutscher Wirtschaftsmotor brummt dank Zwangsarbeit in China: ECCHR reicht Beschwerde gegen VW, BMW und Mercedes Benz ein

Cover: Driving Force. Automotive Supply Chains and Forced Labor in the Uyghur RegionVW, BMW und Mercedes Benz greifen für die Produktion ihrer Autos auf Rohstoffe und Bauteile zurück, die laut verschiedenen Berichten unter Zwangsarbeit in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang (uigurische Region) abgebaut und produziert werden. Nun hat das ECCHR beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Beschwerde gegen die drei Automobilhersteller eingereicht. Ihnen wird vorgeworfen, keine angemessenen Schritte zu unternehmen, die Menschenrechtsverstöße in ihren Lieferketten feststellen, verhindern oder beseitigen könnten. Dazu verpflichtet sie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Wir fordern die Einstellung der Geschäftstätigkeiten, solange nicht bewiesen werden kann, dass angemessene Sorgfaltspflichten-Prüfungen durchgeführt werden und es nicht zu Verstößen kommt…“ Pressemitteilung vom 21. Juni 2023 des ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights) externer Link und Hintergründe:

  • Hinweis aus eigenen Reihen: Doch Zwangsarbeit bei VW im chinesischen Xinjiang New
    „… Erst ging es um ein Werk im chinesischen Urumqi, dann um Aluminium, jetzt soll beim Bau einer Teststrecke Zwangsarbeit im Spiel gewesen sein. Der deutsche Autohersteller Volkswagen kommt nicht weg von den Vorwürfen, dass er in der chinesischen Provinz Xinjiang nicht ausreichend auf die Einhaltung von Menschenrechten achte. (…) Es sind schwerwiegende Vorwürfe, über die das Handelsblatt derzeit berichtet. Neue Hinweise würden aktuell darauf hindeuten, dass beim Bau einer Teststrecke in der Provinz Xinjiang (westliches China) Uiguren als Zwangsarbeiter involviert waren. Dabei beruft sich das Blatt auf den Xinjiang-Forscher Adrian Zenz. Dieser soll von VW-Mitarbeitern Tipps erhalten haben, woraufhin er Unterlagen der am Bau beteiligten Firmen ausgewertet habe. (…) „Zudem haben Mitarbeiter der Organisationen, die an dem Bau der Teststrecke beteiligt waren, aktiv an Maßnahmen zur Kontrolle und Unterdrückung der Uiguren teilgenommen“, zitierte das Handelsblatt Zenz, der außerdem Senior Fellow bei der Erinnerungsstiftung für die Opfer des Kommunismus in Washington ist. Zenz forscht seit mehreren Jahren zu Zwangsarbeit und Internierungslagern in Xinjiang. (…) Jetzt hat sich der Autobauer selbst in die Debatte eingeschaltet. Aktuell, so berichtet die Nachrichtenagentur AFP, befinden sich Vertreter von Volkswagen im Austausch mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC, um die „künftige Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten“ zu überprüfen. VW prüfe verschiedene Szenarien, erklärte ein Konzernsprecher. (…) Volkswagen hatte schon mehrfach wegen der Xinjiang-Thematik in der Kritik gestanden. Erst im Dezember sollte ein Audit Klarheit darüber schaffen, ob im VW-Werk in Urumqi Zwangsarbeit eingesetzt würde. (…) In den vergangenen Tagen war VW zunehmend ins Visier der Öffentlichkeit geraten, weil der deutsche Chemiekonzern BASF sich erst aus Xinjiang zurückgezogen hatte. Nach Berichten über Menschenrechtsverletzungen bei seinen Aktivitäten in der Region hatte BASF die Reißleine gezogen und den Verkauf seiner Anteile an zwei Joint-Venture-Unternehmen dort in Aussicht gestellt. Die VW-Teststrecke ist aktuell noch im Einsatz. Sie dient vorrangig dem Fahrzeugtest bei extremen Temperaturen. Laut dem Experten Zenz waren Arbeiter aus „Armutsbekämpfungsprogrammen“ am Bau beteiligt. Die Regierung in Peking hatte wiederholt international vorgebrachte Vorwürfe der Unterdrückung zurückgewiesen und angegeben, das Vorgehen in der Region diene der Bekämpfung von Extremismus.“ Artikel von Lars-Eric Nievelstein vom 14. Februar 2024 in der Frankfurter Rundschau online externer Link („Hinweis aus eigenen Reihen – Doch Zwangsarbeit bei VW?“)
  • [VW-Audit des VW-SAIC-Werks in Ürümchi] Zwangsarbeitsrisiken bei Volkswagen: Audit ignoriert repressiven Kontext
    Glaubwürdiges und unabhängiges Audit in der uigurischen Region nicht möglich
    Audit scheint repressiven politischen Kontext nicht zu beachten
    Volkswagen muss effektive und präventive Maßnahmen gegen Zwangsarbeitsrisiken in der gesamten Lieferkette ergreifen
    Jüngst veröffentlichte die Volkswagen AG die Ergebnisse ihres lang erwarteten Audits externer Link des VW-SAIC-Werks in Ürümchi, der Hauptstadt der uigurischen Region Xinjiang / Ostturkestan. Das Audit sollte die Beratungsfirma des ehemaligen Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning (Loening- Human Rights & Responsible Business GmbH) durchführen, die eine Anwaltskanzlei in Shenzhen damit beauftragte. Nach monatelanger Ankündigung und Anmeldung gab es Gesprächen mit Beschäftigten. Löning zufolge förderten diese Gespräche in der Fabrik keine Hinweise oder Belege für Zwangsarbeit zutage.
    „In einer Region, in der Millionen Uigur*innen umfassend überwacht werden und aufgrund von Worten oder Erscheinungsbildern, die nicht den KP-Idealen entsprechen, zeitlich unbegrenzt interniert, gefoltert und schwer misshandelt werden, ist ein glaubwürdiges, unabhängiges Audit schlicht nicht möglich“, sagt Gheyyur Kuerban, Berlin Direktor des Weltkongresses der Uiguren. „Jeder dort weiß, dass ein falsches Wort lebensbedrohliche Konsequenzen für sich oder seine Familie nach sich ziehen kann.“ (…) „Es ist ein Unding, dass VW in diesem äußerst repressiven Umfeld überhaupt ein Werk betreibt. Die Wolfsburger liefern dem chinesischen Regime damit einen Propaganda-Erfolg in der Hoffnung auf besseren Zugang zum chinesischen Markt. Die Menschenrechte der uigurischen Bevölkerung Xinjiangs bleiben dabei auf der Strecke. Führende Prüfunternehmen halten die Region für nicht auditierbar. Gespräche mit zweifellos handverlesenen Beschäftigten können hier den Verdacht auf Zwangsarbeit in den Lieferketten des Unternehmens nicht ausräumen“, sagt Hanno Schedler, GfbV-Referent für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung.
    Herr Löning betont, dass die Menschenrechtslage in der uigurischen Region eine Herausforderung bleibe. Sein Mandat sei auf das Werk begrenzt, weshalb seine Firma nicht bewerten könne, was außerhalb geschieht. Dies ist angesichts des umfangreichen Berichts des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte externer Link , demzufolge das Vorgehen der chinesischen Regierung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet werden kann, zu wenig. Jedes Audit muss diese Einschränkungen explizit benennen und berücksichtigen.
    „Das VW-SAIC-Werk in der uigurischen Region kann nicht losgelöst vom Kontext des dort stattfindenden Genozids betrachtet werden. Befragungen von Arbeitnehmenden sind für Untersuchungen der Menschenrechtslage und der Arbeitssituation unerlässlich. Sie können aber keine zuverlässigen Informationen liefern, wenn die Befragten in Angst um ihre Sicherheit und die ihrer Angehörigen aussagen“, so Kuerban. Auch beschränkt sich das Audit nur auf das Werk in Ürümchi. Die Lieferketten des VW-Konzerns einschließlich seiner Joint Ventures werden ausgeblendet. Laut Berichten unter anderem der Sheffield Hallam University externer Link ist uigurische Zwangsarbeit in den VW-Lieferketten jedoch weit verbreitet. „Das von VW veröffentlichte Audit lenkt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit weg vom eigentlichen Problem: Die gravierenden Probleme der uigurischen Zwangsarbeit in seinen Lieferketten, für die es belastbare Hinweise gibt, werden offensichtlich weiter ignoriert“, sagt Gheyyur Kuerban, Berlin Direktor des Weltkongresses der Uiguren...“ Pressemitteilung vom 6.12.2023 beim  Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre externer Link

Siehe zum Hintergrund:

  • Driving Force. Automotive Supply Chains and Forced Labor in the Uyghur Region
    engl. Bericht der Sheffield Hallam Universität und NomoGaia vom Dezember 2022 externer Link – er wies darauf hin, dass die gesamte Lieferkette der deutschen Autohersteller von uigurischer Zwangsarbeit betroffen ist. Im Bericht werden VW, BMW und Mercedes Benz in Verbindung mit Zulieferern gebracht, die in das Zwangsarbeits-Programm involviert sind…

Siehe auch im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=212744
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