»
Chile »
»
»
Chile »
»

„Rette sich, wer kann!“ – Chiles Regierung versucht es. Mit Hilfe des Virus-Notstandes

[1. Mai 2019] Zwei gewerkschaftliche Demonstrationen in Chiles Hauptstadt„… Weil wir die Fahne der Verteidigung der Menschen vor uns her tragen und uns der Grausamkeit des Coronavirus bewusst sind, rufen wir dazu auf, dass wir aufeinander aufpassen und Sorge für uns selbst und füreinander tragen. Wir wollen die Ausbreitung des COVID19 weder vorantreiben noch fördern, deswegen werden wir uns als Allianz der vielen Gruppen aus der „ersten Reihe“ von den Straßen zurückziehen, zumindest für diese Woche. Leider ist es im Moment von größter Bedeutung, Massenveranstaltungen zu vermeiden. Wir müssen gesund bleiben, um weiter zu kämpfen! Wir haben alle ältere Familienmitglieder und Kinder und sollten überdies nicht vergessen, dass diese sowie Menschen mit chronischen Erkrankungen zur Risikogruppe gehören. Stellt euch vor, wir treffen auf der Straße auf eine/n Überträger/in des Virus und sind dann verantwortlich für die Ansteckung unserer Lieben, wenn wir nach Hause kommen! Die Regierung handhabt das Thema nach eigenen Interessen, und es liegt wieder einmal an uns, die massive Ausbreitung des Virus zu verhindern. Wir fordern die Verantwortlichen der Regierung dazu auf, die staatlichen Aktivitäten zu 100% stillzulegen und so die massive Ausbreitung des Virus zu verhindern. Als stimmberechtigte BürgerInnen werden wir es aber nicht zulassen, dass das Plebiszit am 26. April abgesagt wird. Deswegen ist eine so drastische Maßnahme von größter Bedeutung, bevor es zu spät ist. Als „erste Reihe“ ist es unsere Aufgabe, auf die anderen aufzupassen und wir werden da jetzt keine Ausnahme machen. Wir hören nicht auf zu kämpfen, die Demonstrationen werden nicht beendet! Von zu Hause aus werden die „Cacerolas“ (Töpfe-Schlagen aus Protest) weiter ertönen und solange wir noch eine Stimme haben, werden wir weiter für ein gerechtes Land schreien…“ – aus der Erklärung „Lasst uns verantwortungsvoll sein und auf uns aufpassen“ von Allianz der Gruppen aus der „ersten Reihe“ am 21. März 2020 bei de.indymedia externer Link dokumentiert. Siehe dazu eine Meldung zur Ausgangssperre, ihrer polizeilichen Umsetzung (samt bundesdeutscher – fortbestehender – Hilfe dazu) und eine Einschätzung der kommenden Entwicklungen (nicht nur) in Chile:

  • „Spitzeln wie Simon Bromma“ von Matthias Monroy am 23. März 2020 in neues deutschland online externer Link zum Wirken der Freunde der Pinochet-Nachfolger: „… Deutsche Kriminalämter helfen der Polizei in Chile beim Aufbau einer Dienststelle für verdeckte Ermittlungen. Expertise kam dabei unter anderem vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg. Vertreter der Behörde besuchten chilenische Kollegen. Das bestätigte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), auf Nachfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke. Das LKA in Stuttgart setzt bekanntlich Spitzel gegen linke Bewegungen ein: Ende 2010 wurde in Heidelberg der verdeckte Ermittler Simon Bromma enttarnt, der als »Simon Brenner« auf antifaschistische Gruppen angesetzt worden war. Auch in Nachbarländern war Bromma tätig. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte seinen Einsatz in Heidelberg 2015 für rechtswidrig erklärt. Welche Einheiten das LKA Baden-Württemberg in Chile unterstützt, bleibt unklar. In dem südamerikanischen Land gibt es zwei Polizeibehörden. Vermutlich kooperieren die deutschen Beamten mit der Kriminalpolizei (Policía de Investigaciones). Für alle anderen Aufgaben ist die Gendarmerie (Carabineros) zuständig. Sie gehört zum Verteidigungsministerium, ihre Einheiten werden aber vom Innenminister befehligt. Mayers Antwort schließt nicht aus, dass auch die Carabineros von der deutschen Beratung zu verdeckten Ermittlungen profitieren. Die Truppen gingen brutal gegen die Revolte vor, die wegen Fahrpreiserhöhungen Mitte Oktober in der Hauptstadt Santiago ausgebrochen war und schnell auf das ganze Land übergegriffen hatte. Mindestens 30 Menschen wurden bei Auseinandersetzungen mit den Carabineros getötet, ebenso viele verloren durch Beschuss mit Tränengas oder Gummigeschossen ihr Augenlicht. Das chilenische Menschenrechtsinstitut zählt fast 4000 Verletzte, Tausende Demonstrant*innen sind inhaftiert...“
  • „Die #Pandemie wird die Revolte nicht aufhalten!“ von Raoul Vaneigem am 22. März 2020 bei Enough is Enough externer Link hebt grundsätzlich, sowohl für Chile, als auch die Welt hervor: „… Die Pandemie wird die Revolte nicht aufhalten: es wird die Revolte sein, die die Pandemie, die die Staaten der Welt verwalten, beenden wird. Diese Pandemie hat mehrere Namen: Patriarchat, Kapitalismus, Geld, Lohnarbeit, einschließlich Macht, politische Ökonomie, Aufklärung, Religion, emotionale Pest, Dummheit usw. Es ist die Krankheit, die die Menschheit in Klassen, Rassen, Nationen, Schichten, Privilegierte und Unglückliche, edle Reiche und Arme Teufel, Linke und Rechte usw. spaltet und trennt. Staaten, die in den letzten Jahrzehnten aus der Mode gekommen waren, treten nun wieder triumphierend in Erscheinung. Nur ihre politischen und militärischen Strukturen können garantieren, dass die Verluste für die Funktionäre des Kapitals nicht absolut sind. Aber diesmal ist die Blase in ihren Gesichtern geplatzt. Von einem Moment auf den anderen verstaatlichen die Regierungen der ersten Welt wie durch Zauberei die Unternehmen, setzen die Zahlung der Rechnungen für die Grundversorgung aus, sichern den Proletariern ein universelles Mindesteinkommen und sind von der Notwendigkeit befreit, ihre Kinder zur Schule oder zur Arbeit zu schicken usw. In der Dritten Welt sind es die großen Bosse der Banken, die sich aufmachen, um die Schulden zu erlassen, während einige Gewerkschaften eine 50%ige Kürzung der Gehälter ihrer Mitglieder*innen arrangieren und die Manager 25% ihrer Gehälter opfern. All dies dient der Überwindung dieser Krise. Die Maßnahmen scheinen mit dem Ausmaß des medialen und politischen Terrorismus zusammenzufallen, der dies als die schlimmste Katastrophe der letzten Jahrhunderte darstellt, obwohl die Welt schon viel schlimmere Situationen erlebt hat, wie z.B. den Tod von 50 Millionen Menschen durch die „Spanische Grippe“ nach dem Ersten Weltkrieg oder die 20 Millionen Jemeniten, die derzeit an Hunger sterben. Hat der Westen Angst, seine Hegemonie zu verlieren? Die so genannte Einheit worum sie rufen ist, wie immer, eine falsche. Sie funktioniert nur, während sie mit der „sozialen Isolation“ fertig werden müssen, die so viele Kosten mit sich bringt, aber gleichzeitig so bequem für sie ist angesichts einer Bevölkerung, die nach Jahrhunderten der Prekarisierung und Verarmung grundsätzlich wehrlos ist. Angesichts der Tatsache, dass wir gezwungen sind, zusammenzukommen, um Waren zu produzieren, obwohl wir per Dekret aufgefordert sind, uns zu isolieren, versuchen die Politiker*innen, dafür zu sorgen, dass jetzt und ein für alle Mal die endgültige Vermittlung der Abstraktion durch das Internet etabliert wird: Telearbeit, Telebildung, Teleassistenz. Die kapitalistische Pandemie, heute getarnt als „Gesundheitskrise“, eröffnet die Möglichkeit, den Spießrutenlauf der Herrschaft über den Alltag noch zu verschärfen und ihn auf den digitalen Bereich zu beschränken. Aber diese Weltkrise hat die Menschen, die das vom chilenischen Staat besetzte Gebiet bewohnen, nicht in die Knie gezwungen oder unvorbereitet getroffen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=164789
nach oben