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Parlament von Chile verabschiedet umstrittenes Polizeigesetz der Straflosigkeit der Polizei, das die rechte Opposition feiert

Sie haben nur zufällig tödlich geschossen - chilenische Spezialeinheit am 24. Juli 2015„Das Parlament von Chile hat das Gesetzespaket Nain-Retamal verabschiedet. Es ist nach zwei in diesem Jahr getöteten Carabineros benannt. Das Gesetz soll die Strafen bei Gewalt gegenüber Ordnungskräften erhöhen und den Polizist:innen mehr Spielraum für den Einsatz von Schusswaffen geben. Kritiker:innen bezeichnen das Gesetz als „gatillo fácil“, womit das Verhalten von Sicherheitskräften bezeichnet wird, die vorschnell von der Schusswaffe Gebrauch machen. Die rechte Opposition feierte die Verabschiedung des Gesetzes. „Wer heute einen gatillo fácil hat, ist die organisierte Kriminalität. Wir möchten dafür sorgen, dass ihnen diese Möglichkeit entzogen wird, und dafür sorgen, dass die Polizei handeln darf mit dem dafür nötigen Respekt“, sagte der Parlamentarier Javier Macaya von der ultrarechten Partei Unión Democráta Independiente…“ Beitrag von Malte Seiwerth vom 8. April 2023 bei amerika21 externer Link, siehe mehr daraus/dazu:

  • Chile: Regierung schickt mehr Polizei auf die Straßen New
    „Die chilenischen Behörden kündigten am 12. August den Einsatz von 909 weiteren Polizist*innen (Carabineros) in der Hauptstadtregion an, um den Plan „Calles sin Violencia“ („Straßen ohne Gewalt“) zu verstärken. Die Polizeikräfte sollen an 400 Standorten mit hohem Personenaufkommen stationiert werden, etwa Einkaufszentren, U-Bahnhöfen und anderen Haltestellen. Bei einer Zeremonie betonte Präsident Gabriel Boric, die Verstärkung der Polizeipräsenz sei wichtig, um die Sicherheit auf den Straßen und in den Vierteln des Landes zurückzugewinnen. Innenministerin Carolina Tohá räumte ein, in der Hauptstadtregion sei es besonders schwierig gewesen, Gewalttaten zu reduzieren, weshalb eine besondere Verstärkung nötig sei. Der Plan “Calles sin Violencia” besteht aus drei Phasen: die erste beinhaltete 616 Carabineros mit 100 Fahrzeugen, die Patrouillen und Kontrollen in Gebieten mit höherer Wahrscheinlichkeit für Gewalttaten wie Raubüberfälle, Drogenhandel und Mord ausführen. Die zweite Phase begann am 12. August mit der Verstärkung von 909 Beamt*innen und die dritte wird gegen Ende 2024 mit weiteren 144 Einsatzkräften beginnen. Insgesamt werde die Hauptstadtregion über 1669 neue Polizeikräfte verfügen, gleichzeitig soll die Arbeit der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft verstärkt werden. Im Juli kam es in dieser Region zu zwei Mehrfachmorden, die neun Personen das Leben kosteten, darunter vier Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren. Der Vorfall hat für tiefe Erschütterung gesorgt.“ Meldung vom 19. August 2024 beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link
  • Parlament von Chile verabschiedet umstrittenes Polizeigesetz
    Weiter im Beitrag von Malte Seiwerth vom 8. April 2023 bei amerika21 externer Link: „… Für Macarena Silva von der Menschenrechtsorganisation und Gedenkstätte Londres 38 ist das Gesetz ein schwerer Rückschritt. „50 Jahre nach dem Militärputsch verabschiedet das Parlament ein Gesetz, dass die Straflosigkeit der Polizei sucht und jeglichen sozialen Protest in Zukunft mit Gewalt verhindern kann“, sagt sie gegenüber amerika21. So wurden besonders umstrittene Artikel gestrichen, die Führungskräfte von jeglicher Haftung bei Fehlverhalten ihrer Untergeordneten befreien und den Einsatz von Schusswaffen auch gegenüber unbewaffneten Personen erlaubt hätten. In letzter Minute konnte auch der Artikel entfernt werden, der es den Polizist:innen ermöglicht hätte, ihre Gefährdung selbst einzuschätzen und somit deutlich früher von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Diese freizügige Interpretation der Selbstverteidigung, im Gesetzestext „priviligierte Selbstverteidigung“ genannt, hätte es ermöglicht, Schusswaffen bei Demonstrationen einzusetzen, aus denen Steine oder Molotowcocktails auf Polizist:innen geworfen würden. Die Vereinten Nationen und bedeutende Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International kritisierten diese Auslegung von Selbstverteidigung als Aushöhlung des Rechtsstaates. In seiner verabschiedeten Form sieht das Gesetz vor allem erschwerte Haftbedingungen für Personen vor, die Gewalt gegenüber Polizist:innen begangen haben, und gibt den Sicherheitskräften etwas mehr Freiraum zur „Selbstverteidigung“, sofern sie ihre Leben oder das anderer in Gefahr sehen. Der Unterschied zur „priviligierten Selbstverteidigung“ ist, dass nun bei einer juristischen Untersuchung nicht mehr allein das Wort der oder des beteiligten Polizist:in reicht, um die Gefährdung zu bestätigen. Die Senatorin Fabiola Campillai, die selbst Opfer von Polizeigewalt wurde, sagte dazu, „als Carabineros mehr Handlungsspielraum bekommen haben, wurden Menschenrechte verletzt“, und spielte damit auf die gewaltsame Unterdrückung der Proteste von 2019 an. „Unter diesem Gesetze hätte ich keine Gerechtigkeit erfahren“, so Campillai. Im November 2019, im Kontext der sozialen Revolte, schoss ein Polizist eine Tränengasgranate ins Gesicht von Campillai, die damals auf dem Weg zur Arbeit war. Im September 2022 verurteilte ein Gericht den Schützen Patricio Maturana zu zwölf Jahren Haft. Campillai ist aufgrund des Schusses blind und ohne Geruch- und Geschmackssinn. Seit Monaten bestimmt das Thema über die öffentliche Sicherheit die Stimmung in der Gesellschaft und die Medien (…). Die Regierung von Präsident Gabriel Boric wird derweil von der rechten Opposition und der Führungsebene der Polizei vor sich hergetrieben. Nach dem letzten Polizistenmord vom 5. April kündigte sie weitere 1,5 Milliarden Dollar für die Bekämpfung von Kriminalität an und einen verstärkten Polizeieinsatz in den am meisten betroffenen Gemeinden. Die ursprünglich zu Beginn der Amtszeit angekündigte Polizeireform ist endgültig vom Tisch.“

Siehe vom März 2022: Der erste Straßenprotest in Chile, mit dem der neue Präsident Boric konfrontiert war, endete mit mehreren Verletzten durch Carabineros und Schlägerbanden

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=210711
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