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Regierung in Chile schickt erneut Militär in Mapuche-Gebiet – Ausnahmezustand in drei Provinzen des Wallmapu verhängt

Dossier

Protest gegen Polizeigewalt in Chile im Oktober 2020Am 12. Oktober, dem Jahrestag der Ankunft von Christoph Kolumbus in Amerika, hat die Regierung von Präsident Sebastián Piñera den Ausnahmezustand in drei Provinzen innerhalb des Wallmapu, dem Territorium des indigenen Volkes der Mapuche im Süden Chiles verhängt. Für fünfzehn Tage übernimmt das Militär die Kontrolle der Gebiete. Piñera rechtfertigte den Einsatz des Militärs mit den jüngsten Angriffen auf  Forstbetriebe durch militante Mapuche-Organisationen. (…) Derweil eskalieren die Regierung und die Polizeikräfte die politischen Konflikte. Erst am Sonntag unterdrückte die Bereitschaftspolizei die alljährliche Demonstration Indigener zum Tag des Widerstands gegen die koloniale Unterdrückung…“ Artikel von Malte Seiwerth vom 14.10.2021 bei amerika21 externer Link – siehe ergänzende Informationen und die Weiterentwicklung:

  • Zuckerbrot und Peitsche: Der Umgang mit den Mapuche in Chile New
    Die Regierung Boric versprach einen neuen Umgang mit den indigenen Mapuche. Davon ist nach zwei Jahren Amtszeit wenig geblieben
    Vor dem Strafgericht in Temuco, gut 800 Kilometer südlich von Santiago, steht eine Menschenmenge, Fahnen der indigenen Mapuche wehen im Wind, während Transparente die Freilassung politischer Gefangene fordern. Im Inneren der Gerichts wird derweil verhandelt. Zwei Mapuche sind angeklagt, eine Großgrundbesitzerin erpresst zu haben. Die Angeklagten sind Oberhäupter einer Gemeinde und befinden sich seit zehn Monaten in Untersuchungshaft. Die Protestierenden vor der Gerichtsgebäude sprechen von politischer Verfolgung und institutionellem Rassismus. Der Prozess ist einer von vielen, die derzeit im Wallmapu, dem historischen Siedlungsgebiet der Mapuche stattfinden. Und sie sind Teil einer politischen Strategie, die die linksreformistische Regierung unter Gabriel Boric verfolgt. Einerseits tagt derzeit eine überparteiliche Kommission zu einer Lösungsfindung über den Landkonflikt der Mapuche, andererseits steht das Gebiet weiter unter Kontrolle des Militärs und Dutzende von Mapuche werden wegen Landbesetzung, Gewalttaten und Erpressung angeklagt. (…) „Der Staat sagt in schönen Worten, dass er eine historische Schuld gegenüber dem Volk der Mapuche hat. Aber in der Praxis bleibt er bei diesem Satz und geht nicht weiter“, erklärt Melihuen und verteidigt die Aktionen der Gemeinschaft, denn sie müssten für ihr historisches Recht kämpfen. In der Praxis, so Melihuen, „werden ständig neue Gesetze geschaffen, die unseren Kampf kriminalisieren.“
    Die harte Hand der Regierung Boric
    Ursprünglich hatte die im März 2022 angetretene Regierung Boric eine neue Beziehung zu den Indigenen und insbesondere den Mapuche versprochen. Noch am Tag der Amtseinführung kündigte die Regierung den Rückzug des bis dahin stationierten Militärs an und suchte offen den Dialog mit militanten Mapuche. Doch ein gescheiterter Besuch bei einer Gemeinschaft durch die damalige Innenministerin Izkia Siches, nur vier Tage nach Amtsantritt, löste einen Kurswechsel aus. Grund dafür waren Warnschüsse, die abgegeben wurden, um den Tross der Innenministerin daran zu hindern, die Gemeinschaft zu betreten. Seitdem herrscht wieder der Ausnahmezustand im Wallmapu…“ Beitrag von Malte Seiwerth, Santiago de Chile, vom 14.02.2024 in amerika21 externer Link
  • Ausnahmezustand im Süden von Chile: Landbesitzer tötet Mapuche
    „… Der Grundbesitzer Mauricio Briceño hat den Mapuche Eloy Ulises Alarcón Manquepan während einer Auseinandersetzung um Land in Südchile, dem Mapuche-Gebiet Wallmapu, aus nächster Nähe erschossen. Alarcons Freunde und Familienmitglieder verurteilen den Vorgang als vorsätzlichen Mord, während der Briceño sich auf „Selbstverteidigung“ beruft. Der tödliche Zwischenfall wird von beiden Seiten höchst widersprüchlich dargestellt. (…) Die herbeigerufene Polizei nahm Briceño als Verantwortlichen des tödlichen Schusses fest und der Staatsanwalt eröffnete ein Verfahren wegen Mordes. In Untersuchungshaft genommen wurde er nicht. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Hypothese der legitimen Selbstverteidigung während der Ermittlungen bewiesen werde, so die Begründung. Den zunächst angeordneten Hausarrest hob der zuständige Richter nach drei Tagen auf. Die Öffentlichkeit hat empört auf den Vorfall regiert und der Tod des Mannes wird als Beweis dafür gewertet, dass der erst kürzlich verlängerte Ausnahmezustand offensichtlich nicht greift. Um den historischen Konflikt zwischen Staat und Mapuche zu lösen, hat Präsident Gabriel Boric bei der Vorlage des ersten Rechenschaftsberichts seiner Amtszeit im Kongress am 1. Juni eine lange Liste von Maßnahmen angekündigt. Er versprach unter anderem, den Haushalt für den Rückkauf von Land massiv zu erhöhen und neben Landrückgaben auch die Infrastruktur zu verbessern. In seiner Rede erkannte Boric an, dass die Rückgabe von Land „eine der dringendsten Forderungen der indigenen Völker ist“. (…) Da verschiedene Mapuche-Organisationen die zu Beginn der neuen Regierung eingesetzte interministerielle Arbeitsgruppe ablehnen, versucht Boric nun mit einem neuen Vorstoß die festgefahrene Situation aufzulösen: Er hat den UN-Generalsekretär Antonio Guterres um Vermittlung gebeten. Der Sonderberichterstatter für die Rechte indigener Völker bei den Vereinten Nationen, Francisco Cali, hatte kürzlich seine Bereitschaft erklärt, an Dialogen teilzunehmen, die „zu Mechanismen der Gerechtigkeit und des Friedens im Zusammenhang mit den Konflikten zwischen dem Staat und den Gemeinschaften des Mapuche-Volkes beitragen sollen.“ Ein wichtiger Teil des Mandats des Berichterstatters betrifft die Lage der indigenen Völker in Bezug auf ihre Gebiete und Ressourcen sowie ihre bürgerlichen, politischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte und Fälle von rassistischer Diskriminierung.“ Beitrag von Michael Roth vom 11. Juni 2022 bei amerika21 externer Link
  • Trotz Ausnahmezustand ist in Chile wieder ein Mapuche getötet worden. Präsident Boric hatte die politische Maßnahme zuvor selbst noch kritisiert
    „In der südchilenischen Region La Araucanía ist ein Angehöriger vom Volk der Mapuche getötet worden. Am frühen Dienstagmorgen war ein Kleinbus mit 30 Waldarbeitern von Vermummten beschossen worden. Während vier Personen durch die Schüsse verletzt wurden, verstarb ein 66-Jähriger an den Folgen eines Kopfschusses. „Für einen solchen Gewaltausdruck gibt es keine Rechtfertigung“, erklärte Innenministerin Izkia Siches und kündigte eine intensive Suche nach den Verantwortlichen an. Ähnlich äußerte sich Präsident Gabriel Boric. Wieder habe die Gewalt ein Opfer gefordert, so der Präsident. „Wir werden es nicht tolerieren, dass uns Gewalt als Methode der Konfliktlösung aufgezwungen wird“, twitterte er. Seit Jahren kommt es in der Region La Araucanía zu Überfällen und Brandanschlägen auf Farmen, Forstbetriebe und Transportfahrzeuge. Der Verdacht richtet sich auch gegen radikale Gruppen der Mapuche, die für die Rückgabe ihrer Ländereien kämpfen. Doch in den vergangenen Monaten wurden nahezu täglich gewalttätige Vorfälle oder Sabotageakte gemeldet. Der Verband der Lastwagenfahrer*innen und Transportfirmen drohte damit, den Süden des Landes lahmzulegen, sollte die Regierung nicht endlich einschreiten…“ Bericht von Jürgen Vogt vom 25. Mai 2022 bei taz online externer Link, siehe auch:

    • Chile: Erneut Ausnahmezustand im Wallmapu. Die neue linksreformistische Regierung unter Gabriel Boric entsendet wieder das Militär in das Gebiet der Mapuche
      Seit dem 17. Mai hat das chilenische Militär erneut formal den Oberbefehl über den gesamten Staatsapparat in der sogenannten Makrozone Süden übernommen. Das Gebiet entspricht der Region der Araucanía und Teilen des Bío-Bío, in etwa dem historischen Siedlungsgebiet der indigenen Mapuche. Bestimmte Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit sind fortan außer Kraft gesetzt.
      Die Innenministerin der linksreformistischen Regierung unter Gabriel Boric, Izkia Siches, erklärte, die Entsendung des Militärs habe das Ziel, „die Ordnung und die Sicherheit der Bürger:innen“ aufrechtzuerhalten. Seit Wochen kam es in der Araucanía zu Diebstählen und Anschlägen auf Forstunternehmen und europäische Siedler:innen. Zum Teil durch militante Mapuche, die die Unternehmen des Landraubs bezichtigen.
      Der Einsatz des Militärs kam jedoch für viele überraschend. So war eine der ersten Amtshandlungen der Regierung Boric im März 2022, den unter dem rechten Präsidenten Sebastián Piñera verhängten Ausnahmezustand aufzuheben. Siches selber kritisierte damals die Militarisierung des Gebietes scharf. Die Maßnahme habe keine Resultate gebracht, erklärte sie Anfang März gegenüber der lokalen Presse. Präsident Boric sagte gegenüber der Radio Cooperativa, er sei weiterhin der Meinung, die Entsendung des Militärs „löst nicht die grundlegenden Probleme“. Allerdings habe sich die Regierung dazu gezwungen gesehen, um die Sicherheit und den freien Warenverkehr zu garantieren. In den Wochen vor der Ausrufung des Ausnahmezustands kam es zu massiven Protesten von Lastwagenunternehmer:innen, die zum Teil mit ultrarechten Gruppierungen liiert sind. Straßenblockaden führten zu deutlichen Lieferengpässen und Erhöhungen der Lebensmittelpreise. Das Militär könne nun dafür sorgen, dass im Fall erneuter Blockaden die Straßen geräumt und die Versorgung der Bevölkerung garantiert sei.
      Um das „eigentliche Problem“ anzugehen, kündigte der Präsident an, zusätzliche Gelder in die Araucanía, die ärmste Region des Landes, zu schicken und unter anderem die Landrückgabe an Indigene zu beschleunigen. Nur so könne das Vertrauen wieder aufgebaut werden. Viele sehen im Ausnahmezustand eine Reaktion auf militante Aktionen der Mapuche. Eigentlich wollte die neue Regierung auf Dialog mit den Mapuche setzen, auch mit den militanten Gruppen. Diese verweigerten allerdings jegliche Gespräche…“ Beitrag von Malte Seiwerth, Santiago de Chile, vom 25.05.2022 bei amerika21 externer Link
  • Ein toter und viele verletzte Mapuche bei Einsatz von Marinesoldaten in Chile 
    Ein Mapuche ist am Mitttwoch an einer Kontrollstelle der Polizei und des Militärs unweit des Dorfs Cañete im Wallmapu erschossen worden, ein weiterer lebensgefährlich verletzt. Mehrere Dutzend weitere Personen wurden durch Schüsse verletzt, darunter ein neunjähriges Mädchen. Während von Seiten der Marine erklärt wurde, aus dem Hinterhalt angegriffen worden zu sein, erklärten Betroffene, die Soldat:innen hätten über Stunden die Straße blockiert und später unkontrolliert Schüsse abgegeben, wobei sie Menschen in ihren Häusern, Autos und vorbeifahrende Busse getroffen haben sollen. Während die großen chilenischen Medienhäuser die offizielle Version des Vorfalls wiedergeben, schildern Betroffene ihre Darstellung der Ereignisse. Rosa Porma Leviqueo, die Mutter eines Mapuche, der derzeit mit schweren Verletzungen im Krankenhaus von Temuco liegt, schildert in einem Video, das amerika21 vorliegt, wie sie sich auf dem Weg zum Arzt befanden. An einem Kontrollpunkt des Militärs sei es zu einem kilometerlangen Stau gekommen. Als sie schließlich an den Soldat:innen vorbeifuhren, hätten diese das Feuer eröffnet und auf Autos und nahe gelegene Häuser geschossen. Das Militär soll den Verletzten keinerlei Hilfe geleistet haben. Porma vermutet, dass es noch Dutzende weitere Verletzte gibt, die sich bislang nirgends gemeldet haben. Der Vorfall ereignete sich drei Wochen nachdem die Regierung von Präsident Sebastián Piñera in der Region Araucanía und Teilen der Region Bío-Bío den Ausnahmezustand erklärt hatte. (…) In den letzten Wochen fanden indes trotz massiver Militärpräsenz weiterhin Brandanschläge auf Häuser von Siedler:innen, Forstunternehmen und einen Zellulose transportierenden Zug statt. Vicente Painel, ein lokaler Politiker und Mapuche, äußerte gegenüber amerika21, „anstatt mehr Sicherheit zu gewährleisten, wurden die Mapuche bedrängt und eingeschüchtert“. (…) Entgegen der Meinung rechtsgerichteter Politiker:innen, riefen breite Teile der Opposition zu einer friedlichen Lösung des Konflikts auf und kritisierten den Einsatz des Militärs. Der Regionalgouverneur der Region Bío-Bío, welcher der Opposition angehört, verurteilte den Vorfall und verlangte eine juristische Aufklärung. (…) Am Donnerstag war es zu vereinzelten Protesten in mehreren Städten gekommen, die zum großen Teil von der Polizei unterdrückt wurden. Militante Organisationen der Mapuche riefen ihrerseits zur Aufrechterhaltung des bewaffneten Widerstands auf…“ Artikel von Malte Seiwerth, Santiago de Chile, vom 06.11.2021 bei amerika21 externer Link – Der Ausnahmezustand in Araucanía und Biobío wurde zuvor bis zum 11. November verlängert
  • Der Praesident von Chile, Sebastian Pinera, hat am 12.10. fuer zwei suedliche Provinzen den Ausnahmezustand erklaert. Am 10.10. war die Demo-beobachterin und indigene Aktivistin Denisse Cortés waehrend einer Demonstration fuer Rechte der Mapuche erschossen worden. Die Polizei behauptet, sie sei durch Feuerwerk, das  aus der Demonstration kam, umgekommen. Die suedlichen Regionen sind durch zahlreiche Landkonflikte gekennzeichnet – die ca. 2 Millionen Mapuche reklamieren dort fuer sich kollektive Territorien ihrer Nationen. Pinera, zur Zeit wegen den Pandora Papers erheblich unter Druck, behauptet, die Mapuche seien mit der Mafia und Terroristen verbuendet.  Am 21. November wird in Chile gewaehlt – in den Umfragen fuehrt der Linke Gabriel Boric mit ca. 25 Prozent Stimmenanteil, gefolgt von dem Faschisten José Antonio Kast mit ca. 18 Prozent Stimmenanteil. Der mit Pinera verbundene Kandidat liegt abgeschlagen bei etwa 12 Prozent in den Umfragen. So die Zusammenfassung des Artikels vom 13.10.2021 in Brasil de Fato externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=194241
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