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Nach dem erneuten eintägigen Generalstreik in Chile: Docker-Gewerkschaft ruft zum Vollstreik, Pinera sagt Show ab – und lässt weiter schießen. Auch mit deutschen Waffen…

Seit dem 19.10.2019 herrscht die Armee wieder auf den straßen Chiles - oder versucht es zu mindestens...„… In den letzten Tagen versuchen die staatlichen Sicherheitskräfte in Chile die Proteste in den Griff zu bekommen – die Wut, die in der Bevölkerung herrscht, lässt sich jedoch nicht so schnell bremsen, da sich die Menschen in Chile für ihre fundamentalen Rechte und ein Ende des Neoliberalismus einsetzen. Bilder von Panzern in den Straßen Chiles gingen um die Welt und mehr als insgesamt 10.000 Soldat_innen wurden in der Hauptstadt Santiago de Chile, in Valparaíso und Concepción eingesetzt. Mittlerweile wurden mehr als 2.410 Menschen festgenommen – 200 von ihnen sind minderjährig. Mehr als 1.000 Menschen wurden verletzt – 546 von diesen durch Schusswaffen (…) Abgesehen von den Leopard 2 Panzern, die Chile aus den Beständen der Bundeswehr der Bundesregierung abkaufte (erst 2009 lieferte die Bundeswehr 60 Kampfpanzer vom Typ „Leopard 2“) und den Schützenpanzer „Marder“ (2009 gingen 146 Stück an Chile), nutzen die chilenischen Streitkräfte zahlreiche Rüstungsprodukte aus der Bundesrepublik. In den Jahren 2000 bis 2018 erteilte die Bundesregierung Genehmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaffen nach Chile mit einem Gesamtwert von mehr als 118,6 Millionen Euro, wie aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage (Drucksache 19/6295) hervorgeht. Darunter scheint auch die Lieferung von 52 Flugkörpern im Wert von mehr als 5 Millionen Euro im Jahr 2012 zu fallen. Aufgezählt werden die beteiligten Unternehmen in der besagten parlamentarischen Anfrage leider nicht. Doch ältere Informationen belegen folgende Profiteure: JUNGHANS Feinwerktechnik GmbH (10.000 Stückteile für Mörsermunition im Jahr 2002 und erneute 30.000 Stück im Jahr 2006),  LFK Lenkflugkörpersysteme GmbH (Teile für Lenkflugkörper im Jahr 2007),  Heckler&Koch (4.000 HK-33 Waffen, die Heckler&Koch an die Pinochet-Diktatur lieferte – dabei nahm das Unternehmen einen verschleiernden Umweg über Thailand), Diese kurze Darstellung ist zwar alles andere als vollständig, dennoch wird eines deutlich: Auch in Chile sind bei der Niederschlagung der Proteste deutsche Rüstungsprodukte im Einsatz – und zwischen den deutschen und den chilenischen Sicherheitskräften, die nun mit exzessiver Gewalt gegen Demonstrierende vorgehen, findet immer wieder militärische und polizeiliche Zusammenarbeit statt. Lasst uns solidarisch sein mit den Protesten in Chile und ein sofortiges Stopp weiterer Waffenlieferungen an Chile und ein Ende dieser Zusammenarbeit des Militärs und der Polizei fordern…“ – aus dem Beitrag „Deutschlands Rolle bei der Niederschlagung der Proteste in Chile“ von Jacqueline Andres am 29. Oktober 2019 bei IMI-Online externer Link (Standpunkt 053/2019), worin auch noch Zusammenarbeit bei der Ausbildung und weitere Praktiken Thema sind – und dessen Aufruf am Ende gegen diese „Zusammenarbeit“ man nur teilen kann. Siehe dazu auch den Streikaufruf der Docker, eine kurze Meldung über den Generalstreik und einen aktuellen Bericht über die Entwicklungen der Bewegung, auch nach der Absage des Gipfels durch den blutigen Pinera – sowie den Hinweis auf unseren bisher letzten, ausführlichen, Beitrag zu Chile:

  • „Unión Portuaria de Chile llama a todos los sindicatos del país a paralizar“ am 29. Oktober 2019 beim Portal Portuario externer Link ist die kommentierte Dokumentation des Aufrufs der Dockergewerkschaft zum allgemeinen Streik aller Gewerkschaften, insbesondere aber auch ein Appell an die Gewerkschaften in den Kupferbergwerken, es müsse jetzt einen Streik geben bis zur Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung, deren Ergebnisse dann einer Volksabstimmung ausgesetzt werden müssten. Der Aufruf ist untermauert mit einem sozialpolitischen Sofortprogramm, dessen wesentliche Bestandteile eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns, eine Mindestrente in gleicher Höhe und die Wiedereinführung von Branchentarifen sind.
  • „Zwischen Wut und Tränengas“ von Sophia Boddenberg am 31. Oktober 2019 in der taz online externer Link über die Entwicklung nach der Absage der Klima-Show in Chile: „… Erst am Mittwoch hatte Chiles Präsident Sebastián Piñera wegen der anhaltenden Proteste die im Dezember geplante UN-Klimakonferenz (COP25) abgesagt. Doch die Absage steht derzeit nicht im Fokus der Demonstrierenden (…) Piñeras Umfragewerte befinden sich im Keller, die Zustimmung für ihn ist auf 14 Prozent gesunken. Die Umfrage offenbart, dass 80 Prozent der Bevölkerung die sozialen Reformen für unzureichend halten. „Die Regierung befindet sich in einer Sackgasse. PiñerasRücktritt ist eine der Forderungen der Bürger“, sagt Octavio Avendaño, Politikwissenschaftler der Universidad de Chile. Während am Plaza Itala weiter protestiert wird und Rechtswissenschaftler und Oppositionspolitiker an der Verfassungsklage gegen Piñera arbeiten, haben sich in ganz Chile basisdemokratische Nachbarschaftsvereinigungen gegründet, sogenannte „cabildos“ oder „asambleas autoconvocadas“. Im Zentrum Santiagos im Barrio Yungay kommen jeden Abend hunderte Menschen zusammen und organisieren sich in Kleingruppen, um ihre Forderungen zu besprechen. Es gibt verschiedene Kommissionen: Bildung, Gesundheit, Kommunikation, Ernährung, Transport. Die 28-jährige Claudia Sepúlveda ist eine der Sprecherinnen der Versammlung. Sie hat als 14-jährige an den Schülerprotesten im Jahr 2006 teilgenommen. „Wir besetzen jetzt nicht mehr die Schulen, sondern die Straßen. Wir erleben ein ganz neues Gefühl, eine tiefsitzende Wut aber gleichzeitig eine neue Hoffnung. Eine Hoffnung auf ein besseres Leben“, sagt sie. „Wenn die Diktatur etwas zerstört hat, dann sind es die sozialen Bindungen. Sich mit den Nachbarn zu treffen, miteinander zu reden und einander zu vertrauen ist wie eine interne Revolution.“ Bei zwei Dingen sind sich alle einig: Die Regierung soll zurücktreten und eine neue Verfassung muss her. Die aktuell in Chile gültige Verfassung stammt noch aus der Militärdiktatur. „Wir wollen eine verfassungsgebende Versammlung. Und das ist nicht nur eine Forderung, sondern das ist ein Prozess, den wir hier im Viertel bereits begonnen haben“, sagt Pablo Abufom, ebenfalls einer der Sprecher der Versammlung...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156653
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