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„Schnell und robust eingreifen“ – brasilianische Regierung mobilisiert Armee gegen LKW-Blockaden

Blockade der Autobahn bei Curitiba 24.5.2018Von Mittwoch auf Donnerstag, 24. Mai 2018 war die Zahl der blockierten Passagen auf Brasiliens Autobahnen und Magistralen von 376 auf 521 gestiegen – die Regierung sah sich gezwungen, mit den Verbänden zu verhandeln, die mit den am Montag, 21. Mai begonnenen Blockaden eine Reduzierung der Dieselkosten fordern. Mit 11 Verbänden insgesamt, darunter den drei großen Verbänden privater Transportbetriebe. Heraus kam am Donnerstagabend dabei eine Art Stillhalteabkommen: Die Dieselpreise sollten um 10% reduziert werden und für zwei Wochen eingefroren, um Zeit für weitere Verhandlungen zu gewinnen. Und schon am Freitagmorgen wurde deutlich – das Abkommen wirkt nicht. Weder hatten es alle Verbände unterzeichnet, noch hatten alle unterzeichnenden Verbände „ihre Mitglieder unter Kontrolle“. Seit Juli 2017 sind die Benzin- und Dieselpreise um rund 50% gestiegen – und haben eine Teuerungswelle für alle Waren nach sich gezogen, bei denen die Transportkosten einen wesentlichen Bestandteil des Preises darstellen. Noch mehr verteuert ist das Gas für Haushalte – Gasflaschen, die Regelversorgung brasilianischer Haushalte, stiegen im selben Zeitraum um 67% an. Es wird offiziell, von der brasilianischen Statistikbehörde IGBE angegeben, dass innerhalb der letzten 9 Monate mehr als 1 Million Haushalte museumsreif geworden sind: Sie kochen wieder mit den traditionellen Holzöfen. Hintergrund dieser besonders extremen Teuerungswelle ist vor allem das Dekret der Regierung Temer, dass der formal noch staatliche Konzern Petrobras seine Preise täglich dem Weltmarktniveau anpassen darf. Was von vielen – und nicht nur Linken – als ein weiterer Schritt zur Privatisierung des größten Unternehmens des Landes verstanden wird. Weswegen auch Teile der 300.000 Menschen zählenden Belegschaft in Streiks getreten sind, und dabei auch die Forderung nach Senkung der Preise vertreten. Die Forderung eines kleineren, aber unübersehbaren Teils der streikenden LKW-Fahrer nach sofortiger Militärintervention jedenfalls wurde erst einmal versucht zu erfüllen – allerdings haben bereits mehrere Gouverneure, darunter der des am meisten betroffenen südlichen Bundesstaates Paraná öffentlich bekundet, dass sie sich weigern, die nötige Anforderung an einen militärischen Einsatz zu stellen. Siehe dazu unsere kommentierte Materialsammlung „LKW-Streik in Brasilien: Ein Wendepunkt? Wohin?“ vom 26. Mai 2018:

LKW-Streik in Brasilien: Ein Wendepunkt? Wohin?“

(vom 26. Mai 2018)

„Brasilianische Regierung setzt Armee gegen streikende Lkw-Fahrer ein“ am 26. Mai 2018 ist eine afp-Meldung externer Link (hier beim Stern) über die Maßnahme der Regierung Temer vom Freitag, in der der zuständige Minister mit der Äußerung zitiert wird, man werde „auf eine schnelle, koordinierte und robuste Art“ handeln.

„Temer manda exército reprimir caminhoneiros. Greve cresce e precisa de solidariedade“ am 25. Mai 2018 bei Esquerda Online externer Link ist die Meldung bei einer linken Webseite – hier als Beispiel für viele andere, ähnlich gewichtete Meldungen bei anderen Seiten – über den Beschluss der Regierung zum Armee-Einsatz gegen den LKW-Streik. Darin wird vor allem darauf verwiesen, dass das gescheiterte Abkommen eben nur mit den Unternehmerverbänden getroffen worden sei, die sich zunächst an die Proteste lediglich angehängt hätten. Und darüber informiert, dass es am Freitagabend in verschiedenen Städten des Landes Solidaritätsaktionen mit den LKW Fahrern geben werde, an denen auch die Gewerkschaften der Ölarbeiter von Petrobras teilnehmen werden.

„CUT apoia a paralisação dos caminhoneiros“ am 25. Mai 2018 beim Gewerkschaftsbund CUT externer Link ist die Erklärung des größten Gewerkschaftsbundes des Landes mit der der Streik der LKW-Fahrer unterstützt wird und die Notstandsmaßnahme der Regierung kritisiert, wie auch die gesamte Ausrichtung der Politik, die die Regierung in bezug auf die Petrobras praktiziert habe: Die Anbindung an die Weltmarktpreise wird ebenso für die Teuerung verantwortlich gemacht, wie die Schließung mehrerer Raffinerien der Petrobras. Der Gewerkschaftsbund unterstreicht in dieser Erklärung, dass er, gemeinsam mit der Branchenföderationen der Ölarbeiter Federação Única dos Petroleiros (FUP-CUT) und der Transportarbeiter  Confederação Nacional dos Trabalhadores em Transportes e Logística (CNTTL) fordert, die Preise für alle Energiearten zu senken, insbesondere auch den Gaspreis für die Privatverbraucher.

„Chega de aumento dos combustíveis! Contra a repressão militar aos caminhoneiros! Em defesa da Petrobras!“ am 26. April 2018 beim Gewerkschaftsbund Intersindical externer Link ist die Stellungnahme des linken Gewerkschaftsbundes – beziehungsweise der politischen Bündnisse, denen er angehört – mit der nicht nur die Senkung der Preise gefordert und die Rücknahme der Drohung mit dem Militäreinsatz gefordert wird, sondern auch auf die Verantwortung der Regierung für diese Entwicklung hingewiesen. Ebenso wird unterstrichen, dass jeder Schachzug verhindert werden müsse, mit dem die Regierung die entstandene Situation ausnutzen wolle, um ihre Politik der Privatisierung der Petrobras fortzusetzen.

„Coordenação Nacional da CSP-Conlutas aprova nota sobre a greve de caminhoneiros“ am 25. Mai 2018 beim linken Gewerkschaftsbund CSP Conlutas externer Link ist ebenfalls eine Unterstützungserklärung für den LKW-Streik, der hier im Zusammenhang mit anderen gegenwärtig stattfindenden Streikbewegungen betrachtet wird und als Zeichen des Heranreifens neuer Möglichkeiten für eine Generalstreikbewegung bewertet, weswegen die anderen Föderationen aufgerufen werden, so schnell wie möglich eine gemeinsame Dringlichkeitssitzung durchzuführen, um entsprechende Beschlüsse zu fassen.

„Quem paga a conta da proposta de trégua do governo?“ am 24. Mai 2018 bei Carta Capital externer Link war ein Beitrag – zu einem Zeitpunkt verfasst, an dem noch unklar war, ob das Abkommen wirksam werden würde – in dem die Frage behandelt wird, wer welchen Preis für dieses Abkommen bezahlen müsse. Worauf die Antwort insofern zumindest vorläufig einfach zu geben ist, als es Bestandteil der Regierungsbeschlüsse war, die Einnahmeausfälle zumindest teilweise auszugleichen durch eine Erhöhung der Besteuerung auf die Beschäftigung, was nach der Logik der Dinge vor allem die Beschäftigungsintensiven Branchen, wie Einzelhandel oder auch Tourismus betroffen hätte – und von den Unternehmen dieser Branchen mit Sicherheit versucht würde, an „andere“ (wen wohl?) weiter zu geben…

„Temer, empresários, e os trabalhadores: o que cada um quer na crise dos combustíveis?“ von André Augusto am 24. Mai 2018 bei Esquerda Diario externer Link macht in der Überschrift sein Thema klar: Temer, Unternehmer, Arbeiter – wer will was in der Treibstoff-Krise. Dabei wird eingangs unterstrichen, dass die Preisgestaltung der Petrobras, wie sie von der Regierung beschlossen worden war, nicht nur ein Bestandteil der Privatisierungspolitik gegenüber dem Riesenunternehmen sei, sondern auch zustande gekommen aufgrund des Drucks der internationalen Erdölkonzerne, die die Preiserhöhungen brauchen, um im Lande konkurrenzfähig zu werden. Dass es den Unternehmerverbänden nur um ihre Profite gehe, zeige sich zum einen daran, dass sie keinerlei Interesse an der Teuerung von Benzin und Gas zeigen, die die Bevölkerung mindestens genauso oder noch mehr treffen, wie auch daran, dass sie einen Block von Forderungen nach mehr staatlicher Unterstützung haben, den sie von dieser Regierung – die sie von Anfang an unterstützt haben – erfüllt sehen wollen. Die Arbeiter wollen natürlich die Teuerung verhindern – wobei sie, so der Autor, nicht vergessen dürfen, dass die Politik gegenüber der Petrobras auch schon von der durch einen legalen Putsch gestürzten sozialdemokratischen Vorgänger-Regierung eine war, die den Einfluss der Privataktionäre wesentlich gestärkt habe. Die Lösung besteht seiner Ansicht nach darin, dass die großen Gewerkschaftsverbände aufhören, sich auf Erklärungen zu beschränken und stattdessen massiv mobilisieren, unabhängig vom Verhalten der Transportunternehmer.

„Por que mesmo com a proposta do governo a paralisação não acabou?“ am 25. Mai 2018 beim Gewerkschaftsbund CUT externer Link  ist einerseits ein Beitrag, der die Entwicklung der Verhandlungen zwischen den Transportverbänden und der Regierung genau berichtet. Darin wird auch die unterschiedliche Haltung etwa der Associação Brasileira de Caminhoneiros (Abcam) – mit rund 600.000 Mitgliedern der größte Verband – und der zweitgrößten Vereinigung Confederação Nacional dos Transportadores Autônomos (CNTA) deutlich: Abcam hatte die Verhandlungen nach einigen Stunden verlassen, während die CNTA ihre Mitglieder über das Abkommen entscheiden lassen wollte, was sie offensichtlich – negativ – getan haben. Andrerseits werden in dem Beitrag auch die Auswirkungen in verschiedenen Regionen des Landes dargestellt, die von abgesagten Flügen über ausgesetzte Müllabfuhr bis zur Reduzierung von Notdiensten reichen.

„SÓ BAIXAR O PREÇO DO COMBUSTÍVEL NÃO ADIANTA, É PRECISO IMPEDIR O MASSACRE AOS DIREITOS DA CLASSE TRABALHADORA“ am 24. Mai 2018 beim Gewerkschaftsbund Intersindical externer Link ist eine Erklärung zum zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Abkommen, in der dieses kritisiert wird und die Mitgliedschaft und die gesamte Gewerkschaftsbewegung des Landes aufgerufen werden, eigenständig eine Politik des Widerstandes gegen die Regierung zu organisieren und dafür auch entsprechend zu mobilisieren.

„Nova política da Petrobras só é boa para os EUA, diz nota da associação de engenheiros da estatal“ am 25. Mai 2018 beim Gewerkschaftsbund CTB externer Link ist die Dokumentation einer Erklärung der Gewerkschaft der Ingenieure bei der Petrobras, in der darauf verwiesen wird, dass die Maßnahmen der Regierung zur Preisgestaltung beim Konzern vor allem dazu dienten, den multinationalen Ölkonzernen den Zugang zum brasilianischen Markt zu erleichtern, wofür die Bevölkerung vor allem den Preis zu bezahlen habe.

„Repressão contra caminhoneiros mostra desespero de Temer, diz Eugênio Aragão“ am 25. Mai 2018 bei Rede Brasil Atual externer Link ist ein Beitrag über den früheren Justizminister, der nicht nur die Legalität des Armeeinsatzes mehr als nur in Frage stellt, aber auch darauf verweist, dass ein solches Vorgehen Ausdruck der Schwäche der Regierung sei.

„PCdoB: mobilização popular e democracia política para superar a crise“ am 25. Mai 2018 bei Vermelho externer Link ist die Erklärung der KP Brasiliens zur aktuellen Lage nach dem Beschluss der Regierung das Militär einzusetzen. Darin wird vor allem darauf verwiesen, dass es gerade jetzt, da verschiedene Kräfte in verschiedene Richtungen drängen, darauf ankomme, massiv zu mobilisieren und bereit zu sein, demokratische Vorgehensweise jederzeit zu stärken.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132581
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