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Regierungswechsel in Brasilien: Der Kampf beginnt – jetzt muss Lula liefern

Dossier

Straßenblockade der Landlosenbewegung MST in Parana am 6.4.2018„… Jair Bolsonaro hinterließ tiefe Spuren, als sein schulterzuckendes Nichtstun das Land ins Corona-Chaos stürzte. Die Kahlschlagpolitik im Regenwald stigmatisierte Brasilien, der Hunger kehrte zurück. (…) Die große Frage wird sein, ob Lula seine ambitionierten Pläne auch umsetzen kann. Denn die Rechte in Brasilien bleibt stark: Bolsonaros Partei stellt die stärkste Fraktion im Abgeordnetenhaus, die drei größten Bundesstaaten werden von Gefolgsleuten des Ex-Präsidenten regiert. Lula wird hart um Mehrheiten kämpfen müssen. Aus Teilen der Gesellschaft schlägt ihm heftige Ablehnung entgegen, seine Arbeiterpartei gilt vielen als Inbegriff von Misswirtschaft. Das ist Lula bewusst. Um an die Spitze des größten Landes Lateinamerikas zurückzukehren, erwies sich ein breites Bündnis, nicht zuletzt mit konservativen Kräften, als unvermeidlich. Von den 37 Ministerien werden neun von bürgerlichen Partnern übernommen. Lula wird nicht am einflussreichen Agrobusiness, am Finanzkapital und an den mächtigen Pfingstkirchen vorbeiregieren können…“ Artikel von Niklas Franzen vom 4. Januar 2022 im Freitag online externer Link – siehe daraus die Zusammenstellung der Regierung und eine Übersetzung der Antrittsrede:

  • Marsch der Arbeiterklasse am 22. Mai in Brasilia überbringt die „Agenda der Arbeiterklasse – Prioritäten 2024“ für Bildung und gegen Prekarisierung New
    • Tausende demonstrieren für die Agenda der Arbeiterklasse in der Hauptstadt
      Der CUT-Vorsitzende Sérgio Nobre betonte, dass die Einheit der Arbeiter von grundlegender Bedeutung sei, um die Agenda der Forderungen angesichts eines konservativen und von den Bossen dominierten Nationalkongresses zu erfüllen. Tausende von Arbeitnehmern aus allen Teilen des Landes versammelten sich am Mittwoch (22.) in Brasilia zu einem Marsch und einer Plenarsitzung zur Verteidigung der Agenda der Arbeiterklasse, die unter anderem den Wiederaufbau des Bundesstaates Rio Grande do Sul, die Abschaffung der Sekundarschulbildung, menschenwürdige Arbeit, niedrigere Zinssätze und die Korrektur der Einkommensteuertabelle fordert. Diese Forderungen finden Sie unten.
      Die morgendliche Versammlung fand auf dem Parkplatz des Fernsehturms und der ehemaligen Funarte statt. Nach einer Plenarsitzung und Reden von Vertretern der Bundesregierung und der Gewerkschaftsorganisationen an das anwesende Publikum marschierten die Arbeitnehmer aus und demonstrierten vor dem Nationalkongress
      …“ Meldung der CUT vom 22.5.2024 externer Link (maschinenübersetzt) mit vielen Fotos (maschinenübersetzt), siehe dort auch eine Fotogalerie externer Link
    • CUT und die anderen Zentren bringen die Agenda der Arbeiterklasse zu den drei Mächten
      Das Dokument und die juristische Agenda werden den Führern des Kongresses, des Obersten Gerichtshofes und der Bundesregierung übergeben. Eine weitere Agenda, die Legislative Agenda, ist in Arbeit
      CUT, Força Sindical, CTB, UGT, NCST, CSB, Intersindical Central da Classe Trabalhadora und Pública haben gemeinsam zwei Dokumente mit wichtigen Forderungen, Vorschlägen und Agenden für arbeitende Männer und Frauen veröffentlicht. Es handelt sich um die „Agenda der Arbeiterklasse – Prioritäten 2024“ und die „Agenda der Rechts- und Gewerkschaftszentren beim STF – 2024“. Sie sind wichtige Instrumente für den Kampf zur Verteidigung der Arbeitnehmer in der kommenden Zeit. Ein drittes Dokument, die „Legislative Agenda der Gewerkschaftszentralen – 2024“, ist in Arbeit.
      Die Übergabe der Dokumente an die Behörden der drei Mächte hat begonnen. Sie werden demnächst Präsident Lula, allen Ministern der Bundesregierung, den Ministern des Obersten Bundesgerichts (STF), dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Arthur Lira, dem Senat, Rodrigo Pacheco, sowie den Abgeordneten und Senatoren des Bundes übergeben.
      Die Forderungen
      Die Agenda der Arbeiterklasse ist das Ergebnis von Debatten an der Basis der einzelnen Gewerkschaftsdachverbände und wurde in den Dokumenten der jeweiligen nationalen Kongresse zusammengefasst. Die Vielfalt der Vorschläge und Positionen wurde in einem Basisdokument zusammengefasst, das in jedem Gewerkschaftszentrum diskutiert wurde. Die eingegangenen Vorschläge wurden noch einmal konsolidiert und auf der Nationalen Arbeiterkonferenz im April 2022 vorgestellt.
      Die „Agenda der Arbeiterklasse – Prioritäten 2024“ ist ein neues Dokument der am 7. April 2022 auf der Konferenz der Arbeiterklasse (Conclat) verabschiedeten einheitlichen Agenda der Arbeiterklasse. Sie wurde auf der von den Gewerkschaftsdachverbänden organisierten nationalen Vollversammlung 2024 am Dienstag, den 22. Mai in Brasilia aktualisiert und enthält die Prioritäten für die Gewerkschaftsarbeit im Jahr 2024…“ port. Meldung der CUT vom 23.5.2024 externer Link (maschinenübersetzt) mit den Dokumenten und einem Foto vom Marsch der Arbeiterklasse am 22. Mai in Brasilia
  • Lula widerruft Dekrete der Vorgängerregierung, v.a. zum Klimaschutz und Sozialpolitik, Rücknahme der Privatisierung von Petrobras oder Correios wird geprüft
    „Als eine seiner ersten Handlungen hat der neue brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva mehr als zehn während der Bolsonaro-Regierung unterzeichnete Dekrete aufgehoben. So beauftragte Lula das Allgemeine Rechnungsprüfungsamt (Controladoria-Geral da União, CGU) damit, innerhalb von 30 Tagen eine Verordnung der Vorgängerregierung zu überprüfen, nach der für Dokumente und Informationen der öffentlichen Verwaltung eine Geheimhaltungspflicht über 100 Jahre besteht. Außerdem belebte er den Amazonien-Fonds für Wald- und Klimaschutz wieder, ordnete die Bekämpfung der Entwaldung an und hob eine Maßnahme auf, die den illegalen Bergbau begünstigte. Auch die Ausstellung neuer Waffenscheine sowie die Genehmigung neuer Schützenvereine setzte er aus. Darüber hinaus brachte der neue Präsident mehrere vorläufige Maßnahmen auf den Weg. Eine davon legt die Zahlung von 600 Real (ca. 110,00 Euro) an Familien, die im Rahmen des Auxilio-Brasil-Programms unterstützt werden, fest. Im Zuge dessen wird das Programm Bolsa Familia umbenannt. Weitere Regelungen betreffen die Verlängerung der Steuerbefreiung für Kraftstoffe und eine Umstrukturierung der Regierung durch die Schaffung neuer Ministerien. Seine Minister*innen beauftragte er, Vorschläge zu erarbeiten, wie die Privatisierung öffentlicher Unternehmen wie Petrobras oder Correios abgewendet werden kann. Der Präsident hat in der neuen Regierung 37 Minister*innen eingesetzt, die unter dem Motto „Verbundenheit und Wiederaufbau“ ihre Posten antraten. Nach einer von Lula geleiteten Zeremonie zur Vereidigung der 37 Mitglieder seines Kabinetts, beginnen diese am 9. Januar, dem ersten Arbeitstag der neuen Regierung, ihre Pflichten offiziell wahrzunehmen. (Nach den Angriffen auf mehrere Regierungsgebäude in der Hauptstadt Brasilia am 8. Januar 2023 wurde die Vereidigungszeremonie auf einen bisher noch nicht genannten Termin verschoben. Anm. d. Red.) (…) Elf Frauen werden werden zum neuen Kabinett gehören. Insgesamt setzt es sich zusammen aus Politiker*innen aus neun Parteien eines breiten Spektrums, das von der Linken bis zur gemäßigten Rechten reicht. Unter den neu ernannten Ministerinnen kommt Sonia Guajajara eine besondere Bedeutung zu. Die indigene Menschenrechts- und Umweltaktivistin wird das Ministerium für Indigene Gemeinschaften leiten. Die Bildung dieses neuen Ministeriums hatte Lula in seinem Wahlkampf versprochen. Nachdem er seine neuen Minister*innen ins Amt gebracht hatte, posierte Lula mit seinem gesamten Kabinett für das erste offizielle Foto seiner dritten Regierung. Zwischen 2003 und 2010 hatte er bereits zwei Amtszeiten in Folge ausgeübt.“ Beitrag vom 9. Januar 2023 beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link („Lula widerruft Dekrete der Vorgängerregierung“)
  • Siehe auch im Artikel von Niklas Franzen vom 4. Januar 2022 im Freitag online externer Link zur Zusammenstellung der Regierung Lula: „… 37 Ministerien, das sind 14 mehr als unter Bolsonaro. Zwar leiten Frauen nun so viele Ressorts wie noch nie, stellen aber nicht einmal ein Drittel der Minister. Für Schlüsselposten nominierte Lula Gefolgsleute, viele davon mit einem dezidiert linken Profil wie Finanzminister Fernando Haddad aus der Arbeiterpartei, ehemaliger Bürgermeister der Megametropole São Paulo. Anielle Franco, Aktivistin und Schwester der ermordeten Stadträtin Marielle Franco, leitet das Ministerium für „Igualdade Racial“ (Antirassismus). Minister für Menschenrechte ist der schwarze Intellektuelle Silvio Almeida. Das neu geschaffene Ministerium der Indigenen Völker leitet die prominente Aktivistin Sônia Guajajara. Bei der Amtseinführung wurde zudem deutlich, dass die Diversität der brasilianischen Gesellschaft künftig durch die Politik gewürdigt werden soll. Da sich Jair Bolsonaro bereits am 30. Dezember in die USA absetzte und nicht die Präsidentenschärpe überreichte, übernahmen das ausgewählte Bürger: ein Vorstadtjunge, ein indigener Anführer, eine schwarze Müllsammlerin, ein behinderter Mann. Bei Aurélio Fernandes und seiner Frau fand das viel Anerkennung. Doch jetzt muss Lula liefern.“
  • „Aus den Trümmern werden wir ein neues Land aufbauen“
    Luiz Inácio Lula da Silva und Vizepräsident Geraldo Alckmin trafen kurz vor 15.00 Uhr im Nationalkongress ein, um ihre jeweiligen Ämter anzutreten. Nach seiner Vereidigung hielt Lula seine erste Rede als Präsident Brasiliens. In gut 30 Minuten nannte er die Prioritäten seiner Regierung und erklärte, er werde für Demokratie und für mehr Gerechtigkeit eintreten. Bei diesen letzten Wahlen habe die Demokratie gesiegt, die „gewalttätige Bedrohung der Wahlfreiheit“ durch die Rechten habe sich nicht durchsetzen können. „Dass wir heute hier sind, verdanken wir dem politischen Gewissen der brasilianischen Gesellschaft“, so Lula und ergänzte: „Wir haben eine schreckliche Hürde gemeistert, und nun sagen wir: Demokratie für immer.“ Es seien Maßnahmen zur strukturellen Reorganisierung der Exekutive geplant, damit die Regierung „wieder rational, republikanisch und demokratisch funktionieren kann“…“ nachfolgend die Übersetzung der Rede am 2. Januar 2023 im Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link

Siehe zum Hintergrund v.a. unser Dossier: Bolsonaro gegen Lula: Angst vor politischen Morden bestimmt Vorwahlzeit in Brasilien

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=207533
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