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Proteste und Streiks gegen den Frontalangriff auf die Rentenversicherung: Die rechte Regierung Brasiliens zeigt ihre asoziale Fratze
Am Mittwoch, 20. Februar 2019 stellte Bolsonaro persönlich im Parlament in Brasilia sein erstes großes politisches Projekt vor: Das er, ganz im auch hierzulande nicht unbekannten Zeitgeist, „Rentenreform“ nannte. Und, ebenfalls ganz im neoliberalen Mainstream, mit den angeblich objektiven finanziellen Problemen zu begründen versuchte. Die erste Bilanzierung dieses Gegenreform-Projektes ist einfach – und eindeutig. Die brasilianische Rechtsregierung sichert ihre Basis: Die Superrenten von Militärs und Richtern bleiben unangetastet, die horrenden Schulden der Unternehmen an die Rentenkasse (nach groben Schätzungen etwa 500 Milliarden Euro) werden nicht eingetrieben. Die Demontage der Rentenversicherung der arbeitenden Menschen aber ist noch extremer, als sie es in dem – am sozialen Widerstand gescheiterten – „Rentenprojekt“ seines nur vom Unternehmerverband gewählten Vorgängers Temer sein sollte. Was nicht zuletzt auf Frauen zutrifft, die wegen Schwangerschaft und Kindererziehung weniger Arbeitsjahre haben, und auf die ländliche Bevölkerung, die oft genug in „besonderen“ Arbeitsverhältnissen beschäftigt ist. Dagegen hatten – ausnahmsweise alle – Gewerkschaften in 12 Bundesstaaten am selben Tag zum Protest aufgerufen, dessen überraschend starke Mobilisierung einen Hinweis darauf gibt, wie die gewalttätige Bande, die sich Regierung nennt, zu bekämpfen wäre. Wie auch der weiter fortgesetzte Streik der städtischen öffentlichen Bediensteten in Sao Paulo, die unter anderem gegen eine lokale Variante derselben antisozialen Attacke im Kampf stehen. Und Bolsonaro wäre nicht Bolsonaro, hätte er nicht noch einen – nicht für sich und die seinen, die tun eh nichts – „drauf zu setzen“: Bis 80 arbeiten könne doch „jeder“… Zur beginnenden ersten sozialen Auseinandersetzung unter der neuen rechtsradikalen Regierung und dem Widerstand gegen die Renten-Abbaupläne eine aktuelle Materialsammlung vom 21. Februar 2019:
„Ato reúne milhares em SP e centrais dão recado: vai começar a luta para barrar a Reforma da Previdência“ am 20. Februar 2019 bei der CSP Conlutas ist ein Bericht über den Protest am Tag in Sao Paulo, bei dem sich nicht nur mehrere Tausend Menschen beteiligten, sondern auch deutlich unterstrichen wurde, dass die Gewerkschaftsverbände sich darin einig seien, dass dies der Auftakt des Kampfes gegen den Rentenklau sei…
„Em assembleia, trabalhadores rejeitam reforma de Bolsonaro e organizam a luta“ am 20. Februar 2019 bei der CUT berichtet von der gewerkschaftsübergreifenden Arbeiterversammlung, die vor dem Protesttag am Morgen stattgefunden hatte, und bei der Vertreter verschiedener Verbände ihre Grundpositionen gegen diese sogenannte Reform deutlich machten.
„É NA LUTA QUE VAMOS IMPEDIR O ATAQUE À PREVIDÊNCIA“ am 20. Februar 2019 bei der Intersindical ist der Aufruf des linken Verbandes zur Teilnahme an der Domenstration, in dem ausdrücklich unterstrichen wird, der einzige Weg, diese Gegenreform zu verhndern, bestehe darin, den Kampf mit aller Kraft zu führen.
„Servidores foram novamente às ruas contra a reforma da Previdência de São Paulo“ von Lys Arraes am 20. Februar 2019 bei Esquerda Online ist ein Bericht über den Streik der städtischen Angestellten von Sao Paulo, die im Streik gegen die Reformen des neuen Bürgermeisters Covas stehen, wobei ebenfalls die Rentenfrage eine Rolle spielt. Der Streik wird fortgesetzt und am 22. Februar soll es eine weitere Demonstration geben, nachdem diese am Dienstag ein voller Erfolg war.
„Veja 9 ataques de Bolsonaro à aposentadoria dos trabalhadores“ am 20. Februar 2019 bei Esquerda Diario ist eine Zusammenstellung von neun Kernpunkten des Gesetzesentwurfs zur Rentenreform, die deren antisozialen Charakter besonders deutlich machen. Im Zentrum der Proteste steht dabei die Frage des Renteneintritt-Alters, das einerseits sowohl konkret erhöht werden soll (65 Jahre für Männer, 62 für Frauen – und diese Altersgrenze soll dann endgültig die frühere Regelung nach Arbeitsjahren ersetzen, die schon bei früheren Rentenreformen in den Hintergrund gedrängt worden war), andererseits soll ein Automatismus der Erhöhung eingeführt werden: Mit jedem Jahr, das die brasilianische Bevölkerung im Durchschnitt länger lebt, soll das Rentenalter um 9 Monate später eintreten.
„Não se engane, proposta de reforma da Previdência de Bolsonaro é pior que a de Temer“ am 20. Februar 2019 bei der CSP Conlutas ist ein Beitrag, der den Inhalt von Bolsonaros Gegenreform mit jener seines Vorgängers vergleicht (die gescheitert war) und zum Schluss kommt, dass sie sogar noch übler ist.
„Bolsonaro ataca aposentadoria das mulheres“ am 20. Februar 2019 bei der CUT ist ein Beitrag, der sich mit den Auswirkungen dieser Gegenreform für die Frauen befasst. Dabei werden Beispiele angeführt, was die Erhöhung des Eintrittsalters auf 62 Jahre bedeutet – und wie die neue Berechnung der Beitragsjahre gerade jene benachteiligt, die „unterbrochene Arbeitszeiten“ in ihrem Lebenslauf haben.
„Previdência de Bolsonaro produzirá massa miserável, avalia economista“ von Thaís Reis Oliveira am 21. Februar 2019 bei Carta Capital ist ein Beitrag über eine Stellungnahme des Ökonomen Fagnani zur Rentenreform, der konkret ausführt, warum diese Maßnahmen dazu führen werden, dass das Heer der Armen in Brasilien wieder anwachsen wird. Dies insbesondere durch die Abschaffung der bisherigen Regelung, dass bei Renteneintritt ein Mindestlohn als Mindestrente ausbezahlt wird. Was künftig erst ab 70 Jahren stattfinden wird, die vielen betroffenen Menschen müssen also jahrelang mit einer Hungerrente überleben…
„A capitalização da Previdência como primeiro passo rumo à privatização“ von Umberto Martins am 20. Februar 2019 beim Gewerkschaftsbund CTB ist ein Beitrag, der sich vor allem damit befasst, die Elemente heraus zu heben, mit denen die Privatisierung der Rentenversicherung in der aktuellen Veränderung angelegt wird – im wesentlichen das Kapitalisierungskonzept, das aus Chile bekannt ist und dort extreme Armut verbreitet hat…