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Angesichts einer wachsenden Streikwelle gegen Arbeitszwang trotz Epidemie in Brasilien wollte die rechtsradikale Regierung Bolsonaro Unternehmerwünsche per Dekret erfüllen – und musste eine schwere Niederlage einstecken

Brasilien: Wahlplakat von 2018 gegen Bolsonaro„… Trotz all der ärztlichen und gesundheitlichen Anleitungen zur Vermeidung von Ansammlungen und der Regierungs-Dekrete zur Schließung von nicht essenziellen Betrieben während der Pandemie geht die Arbeit in den Telemarketing-Unternehmen in ganz Brasilien normal weiter. Almaviva, Atento, Teleperformance und andere große outgesourcte Call Center glauben, auf einem anderen Planeten zu leben: Sie versuchen, den Betrieb aufrechtzuerhalten und ignorieren oder verharmlosen Berichte von Arbeitern über kranke Kollegen oder den Kontakt mit infizierten Personen. Nach einer Woche der Unsicherheit und Ratlosigkeit beginnen die ArbeiterInnen der Call Center in Eigenregie, Vorkehrungen zu treffen. In ganz Brasilien verbreiten sich Nachrichten über wilde Streiks, bei denen die Arbeiter gemeinsam entscheiden, den Betrieb niederzulegen. Die Call-Center-Unternehmen sind eine ideale Umgebung für die Kontamination durch den Virus, weil sich hier Hunderte von Personen, die sich Arbeitsgeräte teilen, in schlecht belüfteten Hallen ansammeln – ganz zu schweigen von der Abwesenheit von grundlegenden Präventionsmitteln, wie alkoholischem Gel und der Reinigung der Arbeitsbereiche. Am Morgen dieses Donnerstags (19.03.) verließen Arbeiter*innen von Fidelity in der Stadt Lauro de Freitas in Bahia ihre Posten, um vor dem Unternehmen zu protestieren. In Bahia gab es außerdem Proteste in Feira de Santana (die erste Stadt mit einem bestätigten Corona-Fall im Bundestaat Bahia) und in Salvador. Ebenfalls im Nordosten legten ArbeiterInnen Almaviva in Teresina, im Bundestaat Piauí, lahm – das größte Unternehmen der Stadt, das Tausende von Personen in einem Gebäude zusammendrängt – und riefen ihre Kollegen nach draußen. Almaviva war auch die Bühne für Mobilisierungen in Juiz de Fora im Staat Minas Gerais, wo die Arbeiter*innen auf die Straße gingen und sangen: „Ah, was ist das? Jemand wird sich den Coronavirus zuziehen!“…“ – aus dem Beitrag „„Wir warten nicht auf Erlaubnis um Leben zu retten““ am 23. März 2020 bei Solidarisch gegen Corona externer Link (die deutsche Übersetzung eines Berichts aus Passa Palavra) über eine der aktuellen Streikbewegungen in Brasilien zur Verteidigung der Gesundheit – gegen die Profitjagd der Unternehmen und der diese unterstützende Rechtsregierung. Siehe dazu zwei weitere Beiträge über Widerstandsaktionen bei Unternehmen, die „normale Weiterarbeit“ diktieren wollen (darunter ein berüchtigtes Unternehmen der Fleischindustrie – guten Appetit), zwei Beiträge über die Auswirkungen auf informell Arbeitende und in den Favelas – sowie einen Beitrag zu einer eklatanten Niederlage der Rechtsregierung, die wieder einmal besonders aktiver Erfüllungsgehilfe von Unternehmerwünschen sein wollte:

  • „Brazil: Meat giant JBS prioritizes profits over health in brutal attack on its workforce“ am 24. März 2020 bei der IUF externer Link ist eine Meldung der Internationalen Föderation der Nahrungsgewerkschaften über einen Streik bei der größten Fleischfabrik der Welt: Das einschlägig bekannte Unternehmen JBS (Lieferant unter anderem mehrerer Discounter und Supermärkte auch in der BRD) ließ die Polizei auf die protestierende Belegschaft zweier Werke im Bundesstaat Santa Catarina los – die eigentlich nur gefordert hatten, das Unternehmen müsse einem Gerichtsurteil folgen, das eine Einstellung der Produktion gefordert hatte.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=165788
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