Bolivianische Bergarbeiter gegen Morales-Regierung. Oder wer?

Mitte Juli wurden die Proteste in Bolivien so massiv, dass sie weltweit in die Schlagzeilen kamen: Waren es am 15. Juli noch rund 150.000 Menschen, die sich an den Demonstrationen der „Zivilgesellschaftlichen Front“ von Potosi beteiligten, waren es einige Tage später mehr als 300.000 – Massenprotest eben. Die Menschen der traditionellsten Bergbauregion der Welt (die Silberminen von Potosi waren das erste Entwicklungsprojekt der spanischen Kolonialisten auf dem amerikanischen Kontinent – wo bereits Mitte des 16. Jahrhunderts über 100.000 Lohnarbeiter für die Krone schuften mussten) sind vielfach der Meinung die Regierung Boliviens tue nichts für die Versorgung ihrer Region. In dem Artikel „Rebelión popular en Potosí“ am 17. Juli 2015 bei Clajadep-LaHaine wird deutlich, dass es eben gerade keine bloße Bewegung der Bergarbeiter ist – weswegen auch nicht etwa der Gewerkschaftsbund COB die zentrale Rolle bei der Mobilisierung und der Konfrontation spielt, sondern ein Comité Cívico Potosinista (Comcipo) – also das Zivilgesellschaftliche Komitee von Potosi. Siehe dazu auch weitere Beiträge sowohl zum Thema „wer mobilisiert“ als auch zur Reaktion der Regierung:

• „Llegan más mineros para protesta de los potosinos en La Paz“ Bericht am 19. Juli 2015 bei kaosenlared über den Marsch von 300 Bergarbeitern in die Haupstadt, worin auch ein Sprecher der Federación de Trabajadores Mineros de Potosí zu Wort kommt, der unterstreicht, die Bergarbeiter teilten die Sorgen und Forderungen der Menschen von Potosi, wollten aber keine Konfrontation, sondern den Dialog.

• „Mineurs : émeute à La Paz“ Materialsammlung am 22. Juli 2015 bei Anthropologie du Présent über die Konfrontationen der DemonstrantInnen mit der Staatsmacht und der Festnahme von rund 50 DemonstrantInnen – in den rund 20 Artikeln (zumeist entweder spanisch oder französisch) wird vor allem deutlich, wie hart die Konfrontation von beiden Seiten verlief.

• „Protestas en Bolivia: 12 días de bloqueos y dinamita paralizan La Paz“ von Boris Miranda am 20. Juli 2015 bei der BBC , worin vor allem der – in Bolivien voll traditionelle – Gebrauch von Dinamitstangen durch Bergarbeiter in der Konfrontation mit der Polizei hervorgehoben wird
• „Près de trois semaines de grève à Potosi“ Bericht am 26. Juli 2015 bei Solidarité Ouvrière mit Schwergewicht auf der Totalblockade der Stadt Potosi durch die seit Wochen andauernden Straßenblockaden.

• „Paco: discurso federalista de Comcipo está “casado” con la “derecha extrema antipatriota”“ Bericht am 24. Juli 2015 bei Resumen Latinoamericano , worin die Anklage der Ministerin Paco, die DemonstrantInnen und das Komitee seien durch ihre Argumentation einer Föderalisierung als Parteigänger der Rechten in Bolivien enttarnt ausführlich dargestellt wird (Föderalisierung ist in der Tat das Programm der rechten Opposition in Bolivien, die in den Regionen, wo ihr – reicher – Anhang stark ist, selbst wirtschaften möchte).

• „Ministra Paco y la discusión con Marco A. Pumari vicepresidente de COMCIPO al vivo en QNMP“ Aufzeichnung vom 13. Juli 2015 (bei You Tube) der Fernsehsendung QNMP worin die Ministerin und ein Sprecher der Front der Zivigesellschaft diskutieren.

• „Die falschen Vorbilder der deutschen Linken“ von Michael Westerhoff am 22. Juli 2015 bei den Ruhrbaronen , worin einerseits das so (im konkreten Fall ohnehin) unangeberachte wie sterile „Revolutions-Romantik-Bashing“ betrieben wird, andererseits aber durchaus Probleme aufgezeigt, die die Lage der Menschen (nicht nur in Potosi) schwierig machen.