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Der Kampf der Näherinnen in Bangladesch: Von der Epidemie keineswegs beendet
„… Die ArbeiterInnen waren nun wieder in den Städten – und natürlich wurden nach der erzwungenen Fabrikschließung die ausstehenden Löhne nicht ausgezahlt. Mindestens 36 große Exportfabriken haben den Lockdown arbeitsrechtlich als Katastrophenfall durchgeführt: die Arbeiter haben dann nur auf 50 Prozent von Lohn und Zuschlägen Anspruch (und selbst das nur für 45 Tage pro Jahr!). Bei Wiederaufnahme der Arbeit gilt der alte Arbeitsvertrag weiter und die ArbeiterIn behält ihre höhere Lohnstufe. Der Druck zu kämpfen war groß: Nach einer Befragung von 88 NäherInnen aller Lohngruppen Anfang April waren 15 Prozent pleite und konnten nur noch anschreiben lassen, auch der Rest hatte nur noch Bargeld für 16 Tage. Ein Drittel hat den Kauf von Lebensmitteln reduziert, 70 Prozent haben aufgehört Geld nachhause zu schicken, ihre Miete zu zahlen oder Zinsen zu bedienen. 43 Prozent der Befragten haben kein Geld mehr ein Handyguthaben zu kaufen. Ohne sich von den Quarantäne-Regeln beschränken zu lassen (die ArbeiterInnen in beengten Wohnverhältnissen mit viel zu wenig sanitären Einrichtungen ohnehin nicht einhalten können), organisierten sie Proteste vor den Fabriken, die spätestens ab dem 12.4. regelmäßig bis zu 20 000 Menschen auf die Straßen brachten. Meist sind es mehrere Hundert bis wenige Tausend, die vor den Fabriken die Lohnauszahlung und die Rücknahme der Katastrophenregeln fordern. (…) Die Proteste laufen sehr geordnet ab, auch wenn manchmal ein Fenster oder eine Tür zerstört wird, sind sie eigentlich friedlich. Umgekehrt setzt auch die Polizei stärker auf Deeskalation als sonst, nachdem bei einem Protest am 6.4. zwei Arbeiter bei einem Tränengaseinsatz in Panik vor einen LKW gelaufen und gestorben sind. Oft haben die ArbeiterInnen vieler Fabriken gemeinsam protestiert, in Gazipur kamen sie aus mindestens 25, in Ashulia aus über 12 Fabriken. Die Proteste waren teilweise erfolgreich: 1200 Fabriken zahlten bis zum 15.4. die offenen Löhne…“ – aus dem Beitrag „NäherInnen kämpfen!“ mit einem Update vom 22. Mai 2020 – aus der Wildcat Ausgabe 105 vom Frühjahr 2020