»
Argentinien »
»
»
Argentinien »
»

Massenproteste gegen Teuerung in Argentinien: „Erneuerer“ Macri macht alte IWF-Politik

Der erste aktuelle Massenprotest in Buenos Aires gegen die Teuerung am 10.1.2019Argentinien stöhnt unter der Sommerhitze. Die Klimaanlagen laufen auf Hochtouren. Aber das kostet immer mehr Geld. Denn kurz vor Silvester hat die Regierung kräftige Tariferhöhungen für 2019 angekündigt: Strom verteuert sich um 55 Prozent, Gas um 35 Prozent, und die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr werden um 40 Prozent steigen. Nach der Ankündigung kam es auf zahlreichen Straßen in der Hauptstadt Buenos Aires zu Cacerolazos, den Protestkonzerten mit Kochtopfschlagen. Für Donnerstag haben die Gewerkschaften zu einem großen Marsch gegen die Regierungspolitik aufgerufen. Protestiert wird gegen die sinkenden Reallöhne und die steigenden Tarife. Doch die Erfolgsaussichten der Protestierenden sind trüb, seit sich die Regierung selbst die Hände gebunden und hinter dem Internationalen Währungsfonds (IWF) verschanzt hat. Als Gegenleistung für Kredite von mehr als 50 Milliarden Dollar hat sie dem IWF eine schwarze Null im Haushalt 2019 versprochen…“ – so beginnt der Beitrag „Proteste gegen Macris Rotstift“ von Jürgen Vogt am 10. Januar 2019 in der taz externer Link, der auch darauf verweist, dass die sogenannte Stabilisierungspolitik der „Macher-Regierung“ deren Name Ehre macht: Das Regierungsbündnis Cambiemos (Verändern wir) verändert massiv – beispielsweise die Zahl der Erwerbslosen. Nach oben, versteht sich… Siehe dazu auch zwei Beiträge über die gewerkschaftlichen Proteste am Donnerstag und einen ausführlichen Hintergrundartikel zur argentinischen Wirtschafts- und Sozialpolitik:

  • „Argentinien: Massive Proteste gegen Tariferhöhungen der Regierung Macri“ von Jonatan Pfeifenberger am 12. Januar 2019 bei amerika21.de externer Link berichtet unter anderem vom Donnerstag: „Unter dem Motto „Schluss mit den Tariferhöhungen“ sind am Donnerstag nach Medienberichten hundertausende Menschen in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires zu Protesten zusammengekommen. Ende des vergangenen Jahres hatte die Regierung von Präsident Mauricio Macri erneut starke Erhöhungen bei den Tarifen für Strom, Gas und Nahverkehr für das Jahr 2019 angekündigt. Die großen Gewerkschaftsverbände riefen daraufhin zu wöchentlichen landesweiten Protesten auf, deren Anfang nun in Buenos Aires gemacht wurde. Der Dachverband der Gewerkschaften in Argentinien (Central de Trabajadores de la Argentina, CTA) unter Führung von Hugo Yasky und Pablo Micheli und die Gewerkschaftsfront (Frente Sindical) um Pablo Moyano hatten bereits Tage zuvor zu dem breiten Protest aufgerufen, dem mehrere weitere Gewerkschaften sowie soziale Organisationen und Oppositionsgruppen folgten. Yasky sieht darin einen Vorlauf zu einem weiteren Generalstreik, der im März stattfinden könnte. Für die kommenden Donnerstage sind zudem Demonstrationen in den Städten Rosario, Mar del Plata und Mendoza geplant…“
  • „Thousands of Argentine workers march to denounce Macri’s austerity measures“ am 11. Januar 2019 bei Peoples Dispatch externer Link ist eine Meldung über die Proteste der Woche, einschließlich der gewerkschaftlichen Aktionen am Donnerstag, 10. Januar, an denen sich in Buenos Aires deutlich über 10.000 Menschen beteiligten. Zu den Protesten aufgerufen hatten verschiedene gewerkschaftliche Zusammenschlüsse und Netzwerke, die die extremen Preissteigerung in den letzten beiden Jahren in den Mittelpunkt der Proteste stellten: So sind die Metro-Preise in der Hauptstadt Buenos Aires beispielsweise seit 2016 um nicht weniger als 400% gestiegen – wenig im Vergleich zu den Strompreisen, die um über 3.000% angehoben wurden. Die „Donnerstag-Proteste“ sollen laut den Demonstrations-Organisatoren in den nächsten Wochen in verschiedenen argentinischen Städten fortgesetzt werden.
  • „Wer zahlt für die Krise?“ von Alix Arnold in der ila 421 externer Link (Dezember 2018) ist ein Überblick über die Entwicklung in Argentinien seit dem Amtsantritt der Regierung Macri Ende 2015. Darin heißt es unter anderem einleitend zu den Rahmenbedingungen der aktuellen Auseinandersetzungen: „Die Marschrichtung war von Anfang an klar. In sein Kabinett berief Macri ehemalige CEOs (Vorstände) von Banken und Konzernen, er kündigte Massenentlassungen an und strich Subventionen für den öffentlichen Nahverkehr sowie für Wasser, Strom und Gas. Die Gebührenerhöhungen bedeuteten für viele Haushalte eine untragbare Verteuerung der Lebenshaltungskosten. Schon in den ersten zwei Regierungsmonaten wurden mehr als 21 000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes entlassen. Gegen die zu erwartenden Proteste verschärfte Sicherheitsministerin Patricia Bullrich das Demonstrationsrecht. Wer bei Blockaden nicht in fünf Minuten von der Straße ist, muss mit brutaler Räumung rechnen. So erging es bereits Ende 2015 den Arbeiter*innen des Geflügelbetriebes Cresta Roja, die gegen ihre Entlassung demonstrierten und mit Knüppeln, Gummigeschossen und Wasserwerfern vertrieben wurden. Im Februar 2016 wurde gegen diese Regierungspolitik zu einem ersten, noch kleineren, landesweiten Streik- und Aktionstag aufgerufen. Gemeinsame Mobilisierungen von Arbeiter*innen sind in Argentinien durch die herrschenden Gewerkschaftsapparate erschwert. Diese sogenannte Gewerkschaftsbürokratie verwaltet die Obras Sociales, die Krankenversicherungen und weitere Sozialleistungen mit staatlichen Zuschüssen, und verfügt dadurch über eine enorme materielle Macht. Die meisten Gewerkschaften setzen auf sozialpartnerschaftliche Verhandlungen, Erhalt der eigenen Machtpöstchen und Verwaltung der Mitglieder. Basismobilisierungen sind da eher störend. Außerdem haben sich die beiden großen Verbände CGT und CTA während der Kirchner-Regierung mehrfach gespalten. Angesichts des zunehmenden Unmuts in den Betrieben kam es nun doch wieder zu größeren gemeinsamen Aktionen. Hierzu haben auch die oppositionellen, zumeist trotzkistisch orientierten Strömungen in vielen Betrieben und Gewerkschaften beigetragen, die zwar zahlenmäßig in der Minderheit sind, aber mit ihrer beharrlichen Mobilisierung und ihren Vereinigungsversuchen immer wieder für Bewegung sorgen…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=142656
nach oben