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Massenproteste in Jujuy/Argentinien im Kampf gegen Streikverbot, den Lithium-Bergbau und Landraub

Dossier

Massenproteste in Jujuy/Argentinien im Kampf gegen Streikverbot, den Lithium-Bergbau und LandraubSeit Anfang Juni 2023 finden in San Salvador de Jujuy, der argentinischen Grenzregion zu Chile, Massendemonstrationen statt. Hier leben 400 indigene Gemeinden, denen die Regionalregierung unter Gerardo Morales momentan durch ein neues Gesetz das Land stehlen will, damit dort Lithium abgebaut werden kann – der Abbau würde nachweislich das Trinkwasser in der Region vergiften, von dessen Arbeitsbedingungen abgesehen. Zeitgleich finden Lehrer*innenstreiks gegen ein völlig unzureichendes Lohnangebot statt, die mit Straßenblockaden und Großdemonstrationen die Hauptstadt der Region in Beschlag nahmen. Die Regionalregierung hat daraufhin versucht, die Proteste zu kriminalisieren und unter Polizeiaufgebot zu verbieten. Doch das hat sie noch mehr angefacht und beide Kämpfe gegen die Regierung vereint. Siehe dazu weitere Informationen:

  • Bergbauriese Rio Tinto steigt in den Lithium-Abbau in Argentinien ein New
    Sorgen um den Aufkauf von Ausbeutungsrechten mit nur geringen Vorteilen für das Land und weitere wirtschaftlich-geostrategische Konflikte
    Der britisch-australische Konzern Rio Tinto hat jüngst für 6,7 Milliarden US-Dollar die Firma Arcadium übernommen, die sich in Argentinien mit der Ausbeutung, Verarbeitung und Export vom Lithium-Karbonat befasst. Rio Tinto gehört zu den größten Bergbaukonzernen der Welt und ist in 35 Ländern aktiv. Argentiniens Nordwesten liegt im sogenannten Lithium-Dreieck, das sich über den Norden Chiles, den Süden Perus und Bolivien erstreckt und weltweit eine der größten Reserven darstellt. (…) In dem südamerikanischen Land wird diese Nachricht mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Die Regierung jubelt, da sie es als ein Ergebnis ihrer Regelung zur Förderung großer Investitionen (Regimen de Incentivo de Grandes Inversiones, RIGI) ansieht, obwohl es dabei eine Teilname staatlicher argentinischer Stellen gegeben hat und die Projekte bereits vor der Verabschiedung dieser Regelung geplant waren. Andere Seiten betrachten mit Sorge, dass strategische Ressourcen in britische Hände gehen, da nach wie vor ein Konflikt mit diesem Land um die Islas Malvinas besteht. Zudem wird kritisiert, dass die Anwendung des RIGI zwar den Investoren große Vorteile bringe, jedoch keine relevanten Gewinne für das Land generiere. Die Firmen genießen dabei für längere Zeit eine weitgehende Steuerfreiheit, dürfen ihr Material zollfrei einführen und zahlreiche Arbeitsschutz- und Umweltregelungen werden für sie ausgesetzt. (…) Neben Rio Tinto sind auch chinesische Firmen im Land vertreten. Laut der Börse von Rosario sind Investitionen aus der Volksrepublik China in Höhe von circa 3,383 Milliarden im Land geplant, was wiederum „Sorgen“ bei der US-Regierung hervorruft. Im Zuge der Ausrichtung der Regierungspolitik von Präsident Javier Milei an US-Interessen (…) wurde jüngst ein Abkommen mit den USA abgeschlossen, dass US-Regierungsstellen und -Firmen privilegierte Information über die Energie- und Rohstoff-Ressourcen Argentiniens geliefert werden. Dies soll dazu dienen, die „chinesische Expansion in Südamerika“ einzudämmen, gefährdet jedoch die Versuche der Regierung Milei, den Währungsswap mit der Volksrepublik wiederzubeleben. Darum bemüht die Regierung sich verzweifelt, um an Devisen für die anstehenden größeren Schuldenzahlungen an den IWF zu kommen. Die für die Zahlung von Auslandsschulden zuständige argentinische Zentralbank weist trotz der neuesten Erhöhungen der Reserven ein Minus von rund fünf Milliarden Dollar auf.“ Beitrag von Miguel Arndt vom 9. November 2024 in amerika21 externer Link
  • Bericht der Umweltorganisation Farn zum Lithiumabbau in Argentinien: „Andine Feuchtgebiete und Ökosystem gefährdet“ 
    In Argentinien hat die Umweltorganisation Fundación Ambiente y Recursos Naturales (Farn) einen neuen Bericht veröffentlicht, der vor der Zerstörung der andinen Feuchtgebiete warnt. Die Organisation und Bewohner:innen von indigenen Gemeinden in Jujuy weisen darauf hin, dass diese Gebiete und deren Umweltfunktionen durch den Lithiumabbau gefährdet sind. Lithium hat sich in den letzten Jahren zu einem geopolitischen Gut entwickelt und ist für wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien unersetzbar, die in Handys, Laptops und vor allem in Elektroautos zum Einsatz kommen. Deshalb gilt Lithium als Schlüsselelement in der sogenannten grünen Energiewende und wird auch als „weißes Gold“ bezeichnet. Die größten Lithiumvorkommen befinden sich im sogenannten Lithiumdreieck, das Bolivien, Chile und Argentinien bilden.
    In Argentinien wird das Metall durch die sogenannte Verdunstungsmethode gewonnen. Dabei wird flüssige Sole aus den Tiefen der Salare – flache Salzseen – in große Absetzbecken gepumpt, wo das Wasser durch Sonneneinstrahlung verdampft. Bei dieser Methode wird eine erhebliche Menge an Wasser benötigt, die das hydrogeologische Gleichgewicht der Region und damit auch die Feuchtgebiete, in denen sich die Salare befinden, negativ beeinträchtigt. Die andinen Feuchtgebiete sind jedoch ein sehr empfindliches Ökosystem, das aus Seen, Salaren und Lagunen besteht, deren Wasser aus unterirdischen Schichten gespeist wird. Sie bieten Lebensraum für eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren und spielen deshalb eine wichtige Rolle für die Biodiversität und das gesamte Ökosystem. (…)
    Die Gemeinden sehen sich mit Wasserknappheit konfrontiert und kritisieren, dass es keine Behörde gibt, die die zahlreichen Auswirkungen des Lithiumabbaus auf das Ökosystem und die Feuchtgebiete untersucht. Clemente Flores, ein Bewohner der Gemeinde El Moreno in Jujuy sagt: „Was uns Sorgen macht, ist das Wasser“. Die Feuchtgebiete werden von vielen indigenen Gemeinden bewohnt, deren Leben und deren Einkommensquellen eng mit dem Ökosystem verwoben ist.
    Auch viele Umweltschützer:innen und -organisationen warnen davor, dass sich mit der steigenden Nachfrage nach Lithium der Druck auf die sensiblen Ökosysteme verschärfen wird und dies zu einem Verlust der Artenvielfalt führen könnte. (…)
    Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern bereits seit mehr als zwölf Jahren ein Gesetz zum Schutz der Feuchtgebiete, das jedoch von der Bergbau-, Landwirtschafts- und Immobilienlobby blockiert wird. In Anbetracht der neuen Regierung unter dem ultraliberalen Javier Milei, der sich generell gegen eine Umweltagenda ausgesprochen und das Umweltministerium auf die Ebene eines Staatssekretariats herabgestuft hat, wird sich daran wohl auch weiterhin nichts ändern
    .“ Beitrag von Lia Helguero Kandt vom 11.04.2024 in amerika21 externer Link
  • Historisches Urteil gegen Lithiumabbau in Argentinien und ein schwerer Schlag gegen die multinationalen Lithiumkonzerne
    Es ist ein schwerer Schlag gegen die multinationalen Lithiumkonzerne und die Regierung der nordwestargentinischen Provinz Catamarca: Das höchste Provinzgericht hat die Erteilung neuer Genehmigungen untersagt und die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen für alle Bergbauprojekte in der Region eingefordert. Die Klage wurde von Gemeinden der indigenen Diaguitas und sozio-ökologischen Vereinigungen unterstützt. Chronik eines Triumphs.
    Am Donnerstagmorgen, 7. März, stand die Nachricht auf den Titelseiten der wichtigsten Lokalzeitungen, und innerhalb weniger Stunden stand sie auch auf den argentinischen Websites. Die Schlagzeile hatte eine enorme Wirkung: „Gerichtshof setzt den Lithiumabbau aus“. Für eine Regierung wie die von Catamarca, die sich komplett dem Boom des Lithiumabbaus (der korrekterweise „Mega-Abbau der Wasserreserven“ genannt wird) verschrieben hat, war der Schock riesengroß. Schnell tummelten sich in den Radiosendern, Fernsehmedien, Instagram- und X-Accounts Anwält*innen, Fachleute und Politiker*innen, die versuchten, etwas zu erklären, das auf den ersten Blick unerklärlich war. Es gab Überraschung, Verwirrung, Zweifel und Fehlinformationen in Hülle und Fülle: Kommt die Bergbautätigkeit in der Provinz zum Stillstand, bricht das millionenschwere Lithiumgeschäft zusammen, versetzt das Gericht dem Gouverneur Raúl Jalil aufgrund eines internen Machtkampfes einen schweren Schlag? Wie konnte das alles über Nacht geschehen?
    …“ Beitrag am 21. März 2024 im Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link (Übersetzung: Annette Brox)
  • Argentinien: Proteste Indigener aus Jujuy gegen die Verfassungsreform halten an – Hungerstreik vor dem Obersten Gerichtshof
    Seit Anfang August protestieren Vertreter:innen auch in Buenos Aires. Justizminister Soria ruft Oberstes Gericht auf, die Verfassungsmäßigkeit der Reform zu überprüfen
    Angesichts der vom rechten Gouveneur Gerardo Morales durchgesetzten Verfassungreform in Jujuy sind zahlreiche indigene Gemeinschaften in einem Protestmarsch vor den Obersten Gerichtshof in Buenos Aires gezogen.
    Die Demonstrationen in der nordargentinischen Provinz Jujuy gegen die umstrittenen Gesetzesänderung (amerika21 berichtete) gehen damit in den zweiten Monat. Kurz vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober ist die Stimmung zunehmend angespannter. (…) Um die Aufmerksamkeit für die Proteste und ihre Forderungen zu erhöhen, machten sich Vertreter:innen mehrerer indigener Gemeinden am 25. Juli von Jujuy auf den Weg in die Hauptstadt. Teils begleitet von Unterstützer:innen, sozialen Organisationen und Gewerkschaften trafen sie dort am 1. August, dem „Tag der Pachamama“ (Mutter Erde) ein. Vor Ort überreichten sie dem Obersten Gerichtshof eine Petition mit Beschwerden über fehlende Rechtsstaatlichkeit und institutionalisierte Gewalt und kündigten zugleich an, bis vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen. Protestierende berichten, dass die Polizei ihnen nicht erlaubte, Chemietoiletten oder Zelte als Schutz gegen Kälte, Wind und Regen aufzustellen. Die Proteste in Jujuy finden unter dem Motto „El Tercer Malón de la Paz“ (Die Dritte Friedensinvasion) statt und knüpfen damit an historische Protestmärsche der indigenen Völker im Norden Argentiniens an. (…) Die indigenen Massenproteste 2023 fußen wiederum auf drei zentralen Forderungen: 1. Der Oberste Gerichtshof soll die Verfassungsreform der Provinz Jujuy für verfassungswidrig erklären. 2. Das nationale Parlament soll in der Provinz Jujuy einschreiten. 3. Der Kongress soll ein Gesetz für indigenes Gemeinschaftseigentum verabschieden.
    Am Dienstag ketteten sich drei Männer aus Protest an den Gittern vor dem Obersten Gerichtshof an und traten in den Hungerstreik. (…) Mit Blick auf die landesweiten Vorwahlen, die am Sonntag stattfinden, unterbrachen die Männer die Protestaktion am Donnerstag. „Als Geste des politischen Willens zum interkulturellen Dialog werden sich die drei Heldenbrüder die Ketten abnehmen und bis Montag zurücktreten“, sagte ein Sprecher. Sollten sie aber bis Montag keine Antwort erhalten, wollen sie die Proteste weiter verschärfen…“ Beitrag von Lisa Pausch vom 12.08.2023 in amerika21 externer Link
  • Lithium in Argentinien: Indigene protestieren gegen ausländische Konzerne 
    30 Millionen E-Autos sollen im Jahr 2030 auf europäischen Straßen fahren. Für ihre Akkus werden Millionen Tonnen Lithium benötigt – zum Beispiel aus Argentinien. Doch der Abbau gefährdet Mensch und Natur vor Ort.“ Reportage von Lisa Pausch und Isabella Kolar als Audio und Video am 10. August 2023 beim Deutschlandfunk Kultur externer Link Audio Datei
  • Enteignung für Ressourcen. Rechte mit Füßen getreten. Proteste in Jujuy: Friedensmarsch gegen rechten Gouverneur erreicht Argentiniens Hauptstadt
    Indigene Gemeinschaften aus allen Teilen Argentiniens sind nach einem von 60 Organisationen unterstützten einwöchigen »Marsch des Friedens« am Dienstag in Buenos Aires eingetroffen. Während einer Kundgebung auf der zentralen Plaza de Mayo forderten die Demonstranten den Obersten Gerichtshof des Landes auf, eine von dem rechten Gouverneur der Provinz Jujuy, Gerardo Morales, durchgeführte Reform der Kommunalverfassung für verfassungswidrig zu erklären. Sie kritisieren, dass Morales damit indigene Anwohner vertreiben und ausländischen Konzernen den Zugriff auf angestammte Ländereien der Indigenen ermöglichen will. Darüber hinaus baten die Teilnehmer den Kongress, ein Gesetz zum Schutz des indigenen Gemeinschaftseigentums zu verabschieden. Zudem müsse die Zentralregierung in der Provinz eingreifen, um die gewaltsame Unterdrückung von Oppositionellen zu unterbinden.
    Der Höhepunkt des am 25. Juli in der nordargentinischen Provinz begonnenen Friedensmarsches war bewusst auf den 1. August gelegt worden. An diesem Tag ehren die indigenen Völker Südamerikas die Göttin Pachamama (Mutter Erde, Mutter Welt, Mutter Kosmos), die von ihnen als Symbol für Identität, sozialpolitischen Widerstand und als Hoffnung auf ein umfassenderes Leben angesehen wird. Mit der von Morales angestrebten Reform der Kommunalverfassung würden aber sowohl die Vertreibung indigener Anwohner von Territorien, für die sie keinen offiziellen Landtitel besitzen, erleichtert als auch Protestformen unter Strafe gestellt werden, mit denen Betroffene sich gegen ihre Vertreibung wehren, hieß es. Die Angehörigen der rund 400 indigenen Gemeinschaften in der Region fühlen sich als Opfer eines globalen Konkurrenzkampfes um den Rohstoff Lithium. Zu den Profiteuren der Pläne des rechten Gouverneurs gehört der US-Konzern Livent, einer der größten Lithiumkonzerne, der auch ein wichtiger Zulieferer für die Produktion von Elektroautos bei BMW ist…“ Artikel von Volker Hermsdorf in der jungen Welt vom 2.8.2023 externer Link, siehe auch: 

    • Die Indigenen aus #Jujuy in #Argentinien sind heute begleitet von Tausenden Unterstützer:innen mit einem Protestmarsch durch Buenos Aires gezogen. Sie demonstrieren gegen eine Verfassungsreform, die ihre Rechte einschränkt und Bergbauunternehmen den Abbau von #Lithium erleichtert..“ Tweet von Sophia Boddenberg vom 1.8.2023 externer Link mit Video
  • Proteste in Jujuy gehen weiter und weiten sich aus: Trotz Tränengas und Gummigeschossen sowie Razzia bei linker Gewerkschaftsaktivistin Milagro Sala
    • Nie gekannte Einigkeit. Argentinien: Proteste gegen rechte Provinzregierung in Jujuy gehen weiter. Razzia gegen Aktivistin Sala
      Die Situation in Argentiniens nördlichster Provinz Jujuy hat sich am Wochenende weiter zugespitzt. Wie örtliche Medien berichteten, sind Einsatzkräfte am Sonnabend in der Stadt Humahuaca erneut mit Tränengas und Gummigeschossen gegen Demonstranten vorgegangen. Zwei Tage zuvor war die Polizei in das Haus der zu 13 Jahren Haft verurteilten und unter Hausarrest stehenden linken Gewerkschaftsaktivistin und Anführerin der indigenen Tupac-Amaru-Organisation, Milagro Sala, eingedrungen. Ihr wird vorgeworfen, die Proteste geschürt zu haben. Fernsehsender strahlten ein Video von der Razzia aus, bei der Polizisten Geld, Computer und Mobiltelefone beschlagnahmten. »Sie haben das ganze Haus auf den Kopf gestellt«, sagte der Tupac-Amaru-Aktivist Alejandro Coco Garfagnini der Tageszeitung Página 12. (…)Trotz der Schikanen gehen die Demonstrationen weiter. »In der Zwischenzeit häufen sich die Proteste in verschiedenen Teilen der Provinz. In der Stadt Abra Pampa besetzten Schüler, Lehrer und Eltern die technische Schule, um gegen die Verfassungsreform zu protestieren, die sie für ein Instrument der Provinzregierung halten, um sich an den natürlichen Ressourcen zu bereichern, was sich auf die Umwelt und das Wasser auswirkt«, berichtete Telesur am Donnerstag. In der Stadt La Quiaca besetzten Demonstranten aus Protest gegen die Provinzregierung Kreuzungen. Die reagiert darauf statt mit Angeboten zum Dialog mit mehr Repression. »Die Demonstrationen der letzten Tage in Jujuy wurden mit aller Härte niedergeschlagen, Hunderte Menschen wurden verletzt und verhaftet, und das Ergebnis war eine politische Krise mit nationalen Auswirkungen«, fasste RT Español das Vorgehen der Einsatzkräfte zusammen…“ Artikel von Volker Hermsdorf in der jungen Welt vom 03.07.2023 externer Link
    • Lithiumabbau in Argentinien: Die Schattenseiten der Verkehrswende
      Argentinien ist einer der Hauptproduzenten von Lithium – ein Metall, das auch Deutschland zum Bau von E-Autos braucht. Doch gegen den Abbau regt sich Protest im Land. Denn die vor allem ausländischen Gewinne gehen auf Kosten der Natur.
      Die Proteste begannen friedlich. Hunderte Menschen waren gekommen. „Ein vereintes Volk wird niemals besiegt“, riefen sie. Vereint im Kampf gegen den Ausbau der Lithiumförderung in ihrer Region, gegen drohende Umweltzerstörung und die Ausbeutung ihrer natürlichen Ressourcen. Dann wurden die Proteste gewaltsam. Steine und Knüppel flogen, Straßen wurden blockiert, Fahrzeuge gingen in Flammen auf. Die Polizei setzte Tränengas und Schlagstöcke ein. Bei der heftigen Straßenschlacht wurden 70 Menschen verletzt und Dutzende festgenommen. „Wir verteidigen unser Land“, sagte eine verzweifelte Frau. „Wir wollen keine Sklaven sein. Wir haben schon viele Jahre gelitten.“ Die Proteste in der nordargentinischen Provinz Jujuy richten sich gegen die Regionalregierung. Diese will die Provinzverfassung ändern. Unter anderem soll das Recht auf Demonstration eingeschränkt werden. (…) In Argentinien dürfen die Provinzen laut Verfassung von 1994 über die Bergbauressourcen verfügen. Ausländische Unternehmen verhandeln mit den jeweiligen Provinzen über die Vergabe von Lizenzen. Hierbei gehe alles mit rechten Dingen zu, beharrt Gouverneur Morales. Es gebe keine Lithiumförderung ohne vorherige gründliche Beratungen und Berichte über die Umweltverträglichkeit, verspricht der Gouverneur. Umweltaktivisten haben daran erhebliche Zweifel. Das Ökosystem de la Puna – ebenfalls im Norden Argentiniens – sei trotz vieler Versprechen durch den Abbau von Lithium zerstört worden, klagt Clemente Flores. „Sie glauben an grüne Energie. Sie zerstören etwas, um etwas anderes zu bekommen. Es ist ein Geschäftsmodell zu sagen, es ist grüne Energie.“ Ein Geschäft, das gewaltige Gewinne abwirft, rechnet Ernesto Picco von der Universität Santiago del Estero vor. „Im Jahr 2012 wurde eine Tonne Lithium für 4000 Dollar verkauft. Ende letzten Jahres wurde sie für 78.000 Dollar gehandelt.“ Doch die Sache in Jujuy wie auch andernorts in Argentinien habe einen Haken. Der größte Teil der satten Gewinne aus dem Lithiumgeschäft gehe an ausländische Minengesellschaften, sagt Picco: „Gemäß argentinischem Gesetz lassen die Unternehmen nur drei Prozent Lizenzgebühren übrig. (…) Der Lithiumabbau verursache vielerorts gigantische Umweltschäden, mahnen deren Gegner. In einer der trockensten Zone der Erde – im Länderdreieck Chile, Bolivien, Argentinien – wird zur Lithiumgewinnung mineralienhaltiges Grundwasser in gewaltige Becken gepumpt. Ist das Wasser verdunstet, kann aus den Rückständen Lithium gewonnen werden. (…) Die Verkehrswende in westlichen Ländern vom Verbrenner zum E-Auto hinterlasse eine Schneise der Verwüstung, kritisiert der Umweltanwalt Enrique Viale. „Unsere Natur darf nicht geopfert werden, damit jeder Amerikaner einen Tesla hat und Europäer ihren BMW ersetzen.“…“ Beitrag von Reinhard Baumgarten vom 29.06.2023 in tagesschau.de externer Link
  • Lehrer*innenstreik vereint sich mit Protesten der Indigenen, da beide von Protest- und Streikverbot betroffen sind
    Argentinien - Region Jujuy: Proteste gegen Lithiumabbau„… Auslöser waren Anfang des Monats Kampfmaßnahmen von Lehrer:innengewerkschaften gegen das Lohnangebot der Regierung für Personen in Lehrberufen, das als völlig unzureichend kritisiert wird. Es kam zu Großdemonstrationen vor allem in der Hauptstadt San Salvador. Als Reaktion darauf erließ Gouverneur Morales zunächst ein Dekret, das soziale Proteste mit schweren Geldbußen und anderen Sanktionen bedrohte, musste dieses jedoch nach Kritik und Druck von der Straße wieder zurücknehmen. Parallel dazu brachte er einen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorangetriebenen Verfassungsänderungsprozess in Gang. Am Abend des 16. Juni erließ die verfassungsgebende Versammlung der Provinz einstimmig mehrere Änderungen des Grundgesetzes. Einige stellen das Demonstrationsrecht in Frage, indem sie in vagen Formulierungen etwa Protestformen wie Straßenblockaden oder die Besetzung öffentlicher Gebäude kriminalisieren. Die Bundesarbeitsministerin Raquel „Kelly“ Olmos erklärte dazu: „Das Recht auf Protest und Streik ist in unserer Bundesverfassung festgeschrieben. Wir werden daher die Streichung der betreffenden Artikel aus der Provinzverfassung wegen Grundrechtswidrigkeit beantragen.“ Andere in der neuen Provinzverfassung vorgesehene Artikel dienten dazu, die Vertreibung indigener Gemeinden von ihren Territorien zu erleichtern, für die sie keinen offiziellen Landtitel besitzen. Der Vertreter der Kolla-Gemeinde Armando Quispe sagte dazu gegenüber der Tageszeitung Pagina12: „Es gibt mehr als 400 indigene Gemeinden in Jujuy. Kaum 12 Prozent von ihnen besitzen kommunitäre Landtitel. Die Verfassungsreform bedeutet den Raub an unseren Gemeinden.“ Manuel Tufró vom Zentrum für Rechtliche und Soziale Studien (Cels) diagnostiziert steigendes Konfliktpotenzial in Provinzen wie Jujuy oder Salta, in denen es große Lithiumvorkommen gibt und der Extraktivismus immer wichtiger wird. Dies würde auch die Vermeidung einer öffentlichen Debatte um die Verfassungsreform erklären…“ Artikel von Christian Dürr vom 22. Juni 2023 auf Amerika21 externer Link („Argentinien: Massenproteste und Repression in Jujuy nach Verfassungsänderung“)
  • Argentinien: Angriffe auf Linke und Indigene für den Lithium-Abbau
    „An der nördlichen Grenze Argentiniens, liegt die Provinz Jujuy, die derzeit im Mittelpunkt eines massiven Arbeiter:innenprotests gegen eine Regierung steht, die repressive und autoritäre Maßnahmen zugunsten des multinationalen Kapitals ergreift. Derzeit setzt der Gouverneur Gerardo Morales eine antidemokratische Verfassungsreform mit Gewalt gegen die eigene Bevölkerung durch. Die Reform, die unter anderem repressive Maßnahmen gegen die Demonstrationsfreiheit beinhaltet, wurde am 16. Juni, trotz großer Ablehnung durch die Bevölkerung auf der Straße, angenommen. Allen voran leisten aktuell indigene Gemeinden und Lehrer:innen aus der gesamten Provinz erbitterten Widerstand. In dem sogenannten “Lithiumdreieck” (was sich auch über Teile Chiles und Boliviens erstreckt), sollen etwa 70% der weltweiten Lithiumvorkommen verborgen sein. Der rücksichtslose Abbau schädigt die Umwelt, da die dort agierenden Konzerne nur minimale Sicherheitsvorkehrungen treffen. Beispielsweise fand der Hydrologe Marcelo Sticco, tätig für die Universität Buenos Aires, heraus, dass sämtliche Wasservorkommen in der Region durch die Lithiumproduktion kontaminiert sind. Daher kämpfen indigene Gemeinden und Arbeiter:innen um ihr Land, die Umwelt und gegen die Ausbeutung der multinationalen und auch deutschen Konzerne. Gouverneur Morales reagiert genau darauf mit der Reform, um die Proteste der Bevölkerung verhindern zu können…“ Artikel von Maxi Schulz/La Izquierda Diario vom 19. Juni 2023 auf Klasse gegen Klasse externer Link („Argentinien: Angriffe auf Linke und Indigene für den Lithium-Abbau“)
  • „In der argentinischen Provinz Jujuy gibt es Lithium und um die Vorkommen einfacher abbauen zu können, will der Provinzgouverneur die Bevölkerung entrechten… Aber die haben keine Lust und machen Bambule…“ Tweet von Alter Punk gegen Langeweile vom 20. Juni 2023 externer Link und auf seinem Twitter-ACC auch ein Video der grossen Demonstration am 22.6. externer Link
  • Es gibt bisher >170 Verletzte & 68 Festgenommene bei den Protesten in #Jujuy zur Reform der Verfassung. Die Polizei geht mit Tränengas & Gummigeschossen gegen die Demonstrierenden vor, teils aus nächster Nähe. Einige Teilnehmende werfen mit Steinen…“ Tweet von Lisa Pausch vom 21. Juni 2023 externer Link mit Foto und Link
  • Siehe für weitere #JujuyResiste 
  • Siehe zum Lithiumabbau auch:

Außerdem im LabourNet Germany zu Kämpfen um Lithiumabbau:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=212749
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