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Zuerst ein Massaker an Sezessionisten im Norden – danach die Repression gegen Proteste in Luanda: Angolanische Polizei in Aktion
„… „Sie haben uns unsere Bodenschätze genommen, unsere Diamanten, und jetzt nehmen sie uns die Luft zum Atmen. Sie stehlen unsere Diamanten, und jetzt wollen sie uns auch noch töten!“ – so ein Hilfeschrei eines Aktivisten der „Bewegung des portugiesischen Protektorats Lunda Tchokwe“ (MPPLT). (…) „Hier herrscht ein Klima des Terrors, seitdem wir es am 30. Januar gewagt haben, eine Demonstration für bessere Lebensbedingungen zu organisieren.“ Die Organisation von Júlio C. fordert eine Loslösung der Lunda-Region von Angola. Es gibt in der Gegend große Diamantenvorkommen. Organisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch berichten regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen in der Region. (…) In den Folgetagen habe die Polizei regelrecht Jagd auf mutmaßliche MPPLT-Anhänger und sonstige Aktivisten gemacht und mehrere Zivilisten erschossen. Die Leichen seien in Massengräbern verscharrt worden. Es habe auch viele Verhaftungen gegeben, berichtet Júlio. Er selbst stehe auf einer schwarzen Liste der angolanischen Sicherheitskräfte. Viele Bewohner der Gegend seien in letzter Zeit verschwunden. Soldaten hätten die Gegend abgeriegelt, um internationale Beobachter und oppositionelle Politiker an der Einreise in die Provinz zu hindern. Die offizielle Version der Geschehnisse vom 30. Januar hört sich ganz anders an: Die Demonstranten seien bewaffnet gewesen und hätten die Polizeistation angegriffen, heißt es seitens der angolanischen Regierung…“ aus dem Bericht „Angola: Was passierte bei Protesten in den Diamantengebieten wirklich?“ von Antonio Cascais am 16. Februar 2021 in der Deutschen Welle über die Ereignisse, die nicht nur in Angola selbst längst als „Massaker von Lunda“ in die öffentliche Debatte eingegangen sind. Zu Massaker und den Reaktionen darauf, sowie zu weiteren extrem repressiven Maßnahmen in Angola gegen soziale Proteste eine kleine aktuelle Materialsammlung vom 18. Februar 2021:
„Polícia mata mais de 10 manifestantes na Lunda Norte“ am 30. Januar 2021 bei CLUB K war die erste Meldung über die tödlichen Schüsse, deren Opferzahl in den folgenden Stunden und Tagen noch auf über 25 stieg, darunter mehrere unter 14-jährige
„Angola: vários mortos em repressão de manifestação autonomista“ am 31. Januar 2021 im Esquerda.Net war die erste Meldung außerhalb Angolas, nicht zufällig in Portugal, worin bereits der angebliche Waffenbesitz bei der Demonstration fragwürdiges Thema war… Immerhin wurde nirgends behauptet, die DemonstrantInnen hätten Atombomben oder Interkontinentalraketen dabei gehabt…
„Vídeo revela violência da polícia em massacre de manifestantes em Angola“ von Francisco Goncalves am 04. Februar 2021 bei CM ist dann, einige Tage später, ein Bericht mit Video, in dem deutlich wird, dass es keine irgendwie gearteten Übergriffe von der Demonstration aus gab, sondern alles von der Polizei und ihrem Überfall ausging…
„Manifestação do Protetorado Lunda Tchokwe com um morto chefia militar considera calma a situação“ am 28. Juni 2017 beim Diario de Noticias steht hier als Beispiel (und keineswegs das einzig mögliche Beispiel) für frühere Auseinandersetzungen in der nördlichen Diamanten-Region, bei der Aktive der Sezessionsbewegung sterben mussten…
„O que é o Movimento do Protetorado de Lunda Tchokwe?“ von Filipe d’Avillez am 01. Februar 2021 bei der Sapo stellt sozusagen den LeserInnen in Portugal die Sezessionsbewegung in Nordangola vor. Die Gruppierung Movimento do Protetorado Português de Lunda Tchokwe gibt es seit 2006 und sie beruft sich auf historische Königreiche, was immer man davon auch halten mag, deren Fortexistenz Angola verhindert habe.
„Protectorado Lunda Tchokwe“ (Facebook) ist der Account der Initiative, worin sowohl zum aktuellen Massaker, als auch zur grundsätzlichen Position in der Frage der Eigenständigkeit zahlreiche Meldungen und Beiträge veröffentlicht sind und weiterhin werden
„Mit Mut gegen die Mächtigen in Angola: Rafael Marques“ von Johannes Beck am 08. November 2013 bei der Deutschen Welle war ein ausführlicher Beitrag über den Kampf gegen Korruption in Angola, worin es zu den Verhältnissen in der nordangolanischen Diamantenregion unter vielem anderen hieß: „… Da herrscht permanenter Terror durch die Sicherheitskräfte und das Militär, die dort stationiert sind“, schildert Rafael Marques seine Eindrücke, die er in den „Lundas“ gewonnen hat, wie die Regionen dort genannt werden. Täglich würden Kleinschürfer gefoltert, manchmal auch getötet. Unter den Diamantenschürfern seien viele Jugendliche aus der Region, die sonst keine Arbeit fänden, berichtet Marques. „Es gab Fälle von Massenhinrichtungen, die ich registriert habe. So wurden einmal 20 Menschen gleichzeitig erschossen. In einem anderen Fall hat das angolanische Militär 45 Kleinschürfer lebendig begraben.“ Kaum ist sein Buch veröffentlicht, verklagen ihn neun angolanische Generäle vor einem portugiesischen Gericht. Sie werfen Marques Verleumdung und Rufmord vor. Mitangeklagt ist auch sein portugiesischer Verlag Tinta da China. Im Februar dieses Jahres stellt die portugiesische Justiz das Verfahren jedoch wieder ein. „Für mich ist dieser Prozess eine Form der Einschüchterung, nicht nur gegen Rafael Marques und seine mutige Arbeit und gegen Tinta da China als Verlag, sondern gegen alle Verleger und Journalisten, die sensible Recherchen über die Machenschaften der Mächtigen in Angola oder in anderen Ländern veröffentlichen wollen“, zieht Marques‘ Verlegerin, Barbara Bulhosa, Resümee. Sie wurde in dem Verfahren ebenfalls entlastet...“
„MPLA chacina de novo: Toda a solidariedade para com o povo explorado Lunda-Tchokwe e as mais de 30 vítimas da repressão“ am 01. Februr 2021 bei Em Luta ist ein Beitrag, der die Ereignisse wenige Tage zuvor als „erneutes Massaker“ der MPLA (Regierungspartei in Angola) bezeichnet – und dabei all jene Ereignisse zusammen trägt, die seit dem Massaker von 1977 (gegen die innerparteiliche linke Opposition damals) stattgefunden haben – was, in der Tat, einige sind…
„Contre les violences policières : répression à Luanda“ am 06. Februar 2021 bei Anthropologie du Présent ist eine Materialsammlung (mit zahlreichen Videoberichten, in portugiesisch, englisch und französisch) über eine soziale Protest-Demonstration Anfang Februar 2021 in der Hauptstadt Luanda (also wesentlich weiter im Süden des Landes) – die mit brutaler Polizeigewalt „aufgelöst“ wurde (diesmal ganz ohne bewaffnete DemonstrantInnen) und auch dies war keineswegs das erste Mal, dass sozialer Protest alleine in diesem Jahr mit Gewalt gebrochen werden sollte…
- Siehe zu den Konflikten zuletzt am 13. November 2020: Die Repression gegen soziale Proteste in Angola fordert ein Todesopfer bei Erwerbslosendemonstrationen