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Der „Aufstand der Armen“ in Algerien geht weiter: Kein fünftes Mandat – aber auch keine Verlängerung der Amtszeit Bouteflikas
„Trotz der Reformversprechen der algerischen Regierung gehen die Massenproteste gegen Präsident Abdelaziz Bouteflika weiter. Auch am Freitag zogen wieder Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Algier und in anderen Orten durch die Strassen. Beobachter schätzten aber auch Hunderttausende Demonstranten und sprachen von den grössten Kundgebungen seit Beginn der Proteste im Februar. Bei Ausschreitungen wurden am Freitag nach Angaben der Behörden 75 Randalierer festgenommen. Sie hätten Autos und öffentliche Gebäude beschädigt. 11 Polizisten seien verletzt worden. Der Präsidentenpalast und andere Gebäude wurden von einem starken Polizeiaufgebot geschützt. In Algiers Zentrum waren die grossen Plätze und viele Strassen mit Demonstranten gefüllt. Sie stimmten Sprechchöre gegen eine verlängerte Amtszeit des altersschwachen Staatschefs an und forderten einen grundlegenden Wandel des politischen Systems. Die komplette Regierung müsse abtreten, sagte ein Demonstrant in Algier. Es ist der vierte Freitag in Folge mit Massenprotesten in Algerien. Die Demonstrationen hatten sich zunächst gegen die erneute Kandidatur Bouteflikas bei der Präsidentenwahl gerichtet. Dieser zog daraufhin am vergangenen Montag seine Bewerbung zurück und versprach Reformen. Unter anderem soll eine neue Verfassung ausgearbeitet werden…“ – aus der dpa-Meldung „Erneut Massenproteste in Algerien gegen Präsident Bouteflika“ hier am 16. März 2019 bei der NZZ über den „vierten Freitag“ der Proteste. Siehe in der erneuten Materialsammlung zu den Massenprotesten in Algerien vier weitere aktuelle Beiträge (darunter ein Video über die Demonstration in Algier am „4. Freitag“), eine internationale gewerkschaftliche Erklärung und zwei Hintergrundbeiträge zur sozialen Situation im Land, sowie den Verweis auf den bisher letzten unserer zahlreichen Beiträge:
„Zentral Algier jetzt“ am 15. März 2019 beim Twitter-Kanal El Bilad ist ein kurzes Video über die Demonstration in der Hauptstadt am vierten Protest-Freitag, aus dem eindrucksvoll deutlich wird, dass die Massenmobilisierung auch nach den Versprechungen der Regierung ungebrochen ist – und gewaltig
„Algerien: Millionen auf der Straße, „die Macht“ in der Enge“ am 15. März 2019 bei FFM Online berichtet: „… Aber am heutigen Tag (15. März) waren noch mehr Menschen auf der Straße. Die Polizei griff nur eine Stunde lang erneut mit Tränengas und Verhaftungen ein, als sich die Menschenmenge dem Präsidentenpalast zu nähern versuchte. Das Regime befindet sich in der Enge. Gestern traten die drei frisch ernannten, aber uralt bekannten Gesichter der Regierung öffentlich auf. Sie sollen die staatliche Transformationsphase lenken. Aber sie waren nicht einmal in der Lage, auf der gestrigen Pressekonferenz auf Fragen von Journalist*innen zu antworten. Da es sich um zwei algerische Polit-Manager internationaler Krisen (Ramtane Lamamra, Lakhadar Brahimi) und um einen erfahrenen polizeilichen Repressionspolitiker (Noureddine Bedoui) handelt, brach ein Shitstorm in den sozialen Medien los: „Sie schicken uns zwei außenpolitische Diplomaten und einen Oberbullen – wollen sie uns wie Ausländer behandeln?“ Die französische Regierung war hingegen von den drei neuen öffentlich Verantwortlichen des „Pouvoir“ sehr angetan. Heute riefen die Massen nicht nur „Degagez“(„Haut ab!“) gegen die drei Neu-Ernannten, sondern auch „Macron, hau ab!“. Der „tiefe Staat“ in Algerien, der von militärisch-ökonomischen Clans beherrscht wird, wird nicht kurzfristig aufgeben. Aber es gehen ihm die Krisenmanager aus, für die der algerische Regierungsapparat früher bei Vermittlungsversuchen an vielen Konfliktpunkten der Welt berühmt war. Die Protestierenden weigern sich, Delegierte in künftige Inklusionsrunden des Regimes zu entsenden…“
„Algeriens Jugend lässt sich nicht besänftigen“ von Ulrich Schmid am 17. März 2019 in der NZZ unter anderem zur – keineswegs neuen – Rolle Frankreichs: „… Dass der französische Präsident Emmanuel Macron die seltsame Initiative seines algerischen Amtskollegen unterstützt hat, erhöht nur noch den Argwohn der Unzufriedenen. Frankreich, der Kolonialmacht, trauen viele Algerier die übelsten Machenschaften zu. Djamila Bouhired, eine Ikone des algerischen Freiheitskampfes, sprach am Wochenende gar von neokolonialen französischen Ambitionen. Dass Macron den Staatsstreich seines Amtskollegen mittrage, sei eine «Aggression gegen das algerische Volk». Wortmeldungen dieser Art gibt es viele. In ihnen schwingt oft etwas von der altbekannten Paranoia algerischer Nationalisten gegenüber den ewig sinisteren Absichten der Pariser Politik mit. Doch sie finden Anklang im Volk, vor allem, weil nicht zu bestreiten ist, dass das Verhältnis zwischen Paris und der algerischen Machtclique schon lange ein höchst gedeihliches ist. In Frankreich haben am Sonntag fast hundert franko-algerische Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Bildung einen offenen Brief an Macron gerichtet, in dem sie ihn auffordern, den «Putsch des Machtapparats gegen die algerische Verfassung» zu verurteilen…“
„Algerien: Jubel über Massenproteste und die Ängste der anderen“ von Thomas Pany am 16. März 2019 bei telepolis über die Hoffnungen in Algerien und die Befürchtungen bei den Partnern des Machtkartells: „… Aus vielen Nachrichten, Kommentaren und Postings zu den Protesten war Hoffnung auf eine dynamische Jugend herauszulesen, die ihre Chancen selbst zu ergreifen weiß, eine gut ausgebildete Jugend, die mit ihrem Selbstbewusstsein, das sie gerade zeigt, Algerien neu prägen könnte. „Wir haben keine Angst vor der Globalisierung, wir bringen die Globalisierung nach Algerien“, war neulich als Posting zu lesen; interessant war auch der Kommentar dazu, wonach sich der Poster mit seiner Selfie-Meinung nicht so eitel in den Vordergrund spielen sollte. Auffallend aber ist an diesem Austausch über die Proteste, dass die Hoffnung belebt wird, man könne in Algerien etwas erreichen, man muss nicht auswandern wegen einer Aussichtslosigkeit, die das Leben der Jugned in vielen arabischen Staaten prägt. Es gebe doch viel zu tun. „Unser Platz ist hier“, ist eine Aussage, die oft wiederkehrt. Damit hängt auch eine Sorge zusammen. Auch sie findet sich bislang vor allem in den sozialen Netzwerken und einzelnen Medienberichten. Ein französischer Publizist, der auf Twitter auf eine mögliche größere Auswanderung anspielte, traf auf großen Ärger unter denen, die sich in ihrer Feier der Proteste nicht stören lassen wollen. Die Regierungen in Europa halten sich zurück. „Nicht einmischen“, lautet der Tenor in den Hauptstädten. Und dafür gibt es sehr gute Gründe. Nun zieht der Artikel eines US-Autoren, der als Nordafrika-Experte bekannt ist, größere Aufmerksamkeit in „Fachkreisen“ auf sich. Geoff D. Porter, seines Zeichens Präsident der North Africa Risk Consulting, Inc, blättert in einer Veröffentlichung des US-amerikanischen Council of Foreign Relations den Sorgenkatalog auf. Er warnt vor den Konsequenzen einer politischen Instabilität in Algerien. Die Gefahr sei durch die anwachsenden Proteste gegeben, weil die Regierung und die Macht keine Antwort darauf gefunden hat, um deren Forderungen zu begegnen. Es genüge ein falsches Vorgehen bei einer der Demonstrationen, das Todesopfer zur Folge hat. Dann zeigt sich, dass Algerien ein Pulverfass ist…“
„14 millions de pauvres en Algérie/ »10% d’Algériens détiennent 80% des ressources du pays »“ bereits am 16. Oktober 2015 bei Algérie Focus war ein redaktioneller Beitrag über die Einkommenssituation in Algerien – die sich seitdem nicht verändert, schon gar nicht gebessert hat. Die 14 Millionen Menschen, die dem damaligen Bericht der algerischen Menschenrechtskommission zufolge unterhalb der offiziellen Armutsgrenze leben müssen, stellen immerhin über ein Drittel der Gesamtbevölkerung dar. Und dies vor dem Hintergrund, dass mit dem Fall der Ölpreise auch die Beschäftigten der zentralen Wirtschaftsbranchen Algeriens eindeutig Einkommensverluste erdulden mussten – nicht aber jene 10% der EinwohnerInnen, die 80% des gesellschaftlichen Reichtums besitzen…
„L’Algérie des riches et des pauvres“ am 11. November 2013 bei Algeria Watch war ebenfalls ein Beitrag über die generelle soziale Situation in Algerien, zwei Jahre zuvor etwas detaillierter als der jüngere Bericht. Wobei etwa deutlich gemacht wurde, dass die ärmsten 10% der Bevölkerung gerade einmal 3,5% aller Konsumausgaben bestreiten können, wovon rund 2% gleich schon einmal für Lebensmittel ausgegeben werden müssen. Eines der Ergebnisse dieser Armut ist dann die akute Wohnungsnot.
„Was nun für Algerien?“ am 14. März 2019 bei der Internationalen Föderation der Nahrungsmittelgewerkschaften IUF ist die deutsche Übersetzung einer drei Tage zuvor veröffentlichten Erklärung zur Lage in Algerien und der Rolle der Gewerkschaften bei den aktuellen Protesten, worin es unter anderem heißt: „Seit dem 22. Februar gehen in Algerien immer mehr Menschen auf die Straße, um friedlich gegen die erneute Kandidatur von Präsident Abdelaziz Bouteflika bei den Präsidentschaftswahlen zu demonstrieren, die für den 18. April geplant waren. Eine Wiederwahl würde eine fünfte Amtszeit Bouteflikas bedeuten. Um die von Studierenden angeführten Proteste zu schwächen, wurden die universitären Frühlingsferien vorgezogen. Immer mehr Arbeiterinnen und Arbeiter beteiligen sich an einer Streikbewegung, die bereits in vielen Teilen des Landes Geschäfte und Verkehrsmittel lahmgelegt hat. Die IUL-Mitgliedsgewerkschaft SNATEG, eine unabhängige Gewerkschaft für Angestellte des staatlichen Energieversorgers SONELGAZ, hat am 10. März zu einem Generalstreik aufgerufen. Die spontane Protestwelle, ausgelöst durch die blinde Arroganz der herrschenden Klasse, scheint den Machtzirkel um Präsident Bouteflika völlig überrumpelt zu haben – wie es in solchen Situationen nur allzu oft der Fall ist. Einige zentrale Akteure des Systems haben erste zögerliche Schritte getätigt, um sich von einem Phantompräsidenten zu distanzieren, der sich bereits seit Jahren nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt hat. Hierzu zählt zum Beispiel der staatliche Gewerkschaftsbund. Ihr Ziel ist es, die wichtigen Elemente der Macht über die Krise hinwegzuretten: „Bouteflikismus“ ohne Bouteflika. (…) Mitglieder unabhängiger Gewerkschaften müssen in Algerien ihr Engagement seit Langem mit Schikane, Überwachung, Festnahmen, Geldstrafen, Entlassungen und Gefängnisaufenthalten bezahlen. Und doch kämpfen sie weiter. Dies führt uns wirkungsvoll vor Augen, dass der Einsatz für die Demokratie die Grundlage der Arbeiterbewegung ist – überall auf der Welt. Die unabhängigen Gewerkschaften in Algerien benötigen gerade jetzt, in diesem für sie möglicherweise historischen Moment, unsere volle Unterstützung…“
- Zu den Protesten in Algerien zuletzt: „Der Widerstand gegen das algerische Regime bleibt ungebrochen, die Streikbewegung mobilisiert auch in den wichtigsten Unternehmen“ am 15. März 2019 im LabourNet Germany