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Ein Dorf als Symbol. Die Umweltbewegung in Albanien wächst

Das Dorf Zall Gjocaj und die Umweltbewegung in Albanien„»Die Dorfbewohner*innen haben uns inspiriert«, sagt Diana, »uns und die ganze Umweltbewegung in Albanien«. Die 29-Jährige ist Mitglied von ata, einer Gruppe junger Aktivist*innen aus Kamza, einem Ort im Speckgürtel der albanischen Hauptstadt Tirana. »Seit vier Jahren führen die Menschen aus Zall Gjocaj den Kampf gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen mit einer unglaublichen Entschlossenheit«. Doch von vorne: Zall Gjocaj ist eine kleine Gemeinde im bergigen Nordwesten Albaniens. (…)  Zall Gjocaj liegt im gleichnamigen Nationalpark, der 1996 eingerichtet wurde. Braunbären, Luchse, Wölfe und Baummarder sind hier ebenso zu Hause, wie eine Vielzahl von Baum- und Pflanzenarten, darunter Kiefern, Buchen und Ahorn. Zwölf Gletscherseen aus der Eiszeit prägen die Landschaft. In Zall Gjocaj leben die Menschen hauptsächlich von der Landwirtschaft und der Imkerei. Zumindest taten sie das bis vor wenigen Jahren, als das private Unternehmen Seka Hydropower 2013 die Konzession erhielt, den Fluss Flim für ein Wasserkraftwerk teilweise auszutrocknen…“ Artikel von Tobias Hausen und Tea Lozi aus iz3w-Heft 394 vom 9. Dezember 2022 externer Link und mehr daraus:

  • Weiter im Artikel von Tobias Hausen und Tea Lozi aus iz3w-Heft 394 vom 9. Dezember 2022 externer Link: „… Albaniens eigene Stromproduktion stammt nahezu ausschließlich aus Wasserkraft, knapp ein Drittel der Energie wird importiert. Ein wachsender Anteil an der Wasserkraft stammt von kleinen Wasserkraftwerken, von denen wiederum 20 Prozent in Naturschutzgebieten angesiedelt sind. Nicht nur für die Natur hätte der Bau eines neuen Kraftwerks im Nationalpark Zall Gjocaj fatale Konsequenzen. Die Einwohner*innen beziehen aus dem Fluss Trinkwasser und Wasser für ihre Felder und Tiere. Also beschlossen sie, sich zu wehren und blockierten 2019 den Beginn der Bauarbeiten. Seitdem vergeht kaum ein Monat ohne Aktionen der Gemeindemitglieder, viele davon in der Hauptstadt: Proteste vor dem Präsidentenpalast, auf dem zentralen Skanderbegplatz, Pressekonferenzen. Unbekannte ergriffen auch weitergehende Maßnahmen, so fiel am 19. März 2020, getreu der Parole »Keine Maschinen sind im Nationalpark willkommen«, ein Bagger an der Baustelle einem Sprengsatz zum Opfer. Die Maschinenstürmer*innen stellten dabei sicher, dass niemand verletzt wurde. Unterstützung kommt vom ata-Kollektiv: Es errichtete ein Protestcamp an der Baustelle und übernahm die Öffentlichkeitsarbeit. Einige der Mitglieder sind in der Region aufgewachsen und vermittelten den Kontakt. Aus der Zusammenarbeit entstand die Kampagne Mbro Parku Kombëtar (Schützt den Nationalpark). Von staatlicher Seite hingegen war keine Hilfe zu erwarten: »Die lokalen Behörden zögerten sehr lange damit, uns über das Projekt zu informieren«, klagt Dhimitër Koleci, der im Dorf wohnt und sich in den letzten Jahren zum Aktivisten gewandelt hat, »nur durch Gerüchte haben wir von dem Bau erfahren«. (…) Zall Gjocaj reiht sich in eine Vielzahl ähnlich gelagerter Konflikte in Albanien ein, denen meist intransparente und undemokratische Vergabeverfahren vorausgehen. Aktuell sorgt etwa ein Projekt zum Bau eines Flughafens für Aufsehen, das den Vjosa-Nationalpark teilweise zerstören würde. Der Widerstand gegen solche Vorhaben wächst. Eine größer und lauter werdende Umweltbewegung organisiert den Protest mittels Kampagnen, Aktionen und Rechtsstreits. Urbane Aktivist*innen und NGOs helfen den lokalen Initiativen Betroffener sich zu vernetzen, bei der Öffentlichkeitsarbeit und den juristischen Auseinandersetzungen. Für die Bewegung ist Zall Gjocaj Vorbild und Symbol: Auch wenn die Dorfbewohner*innen den Bau des Kraftwerks nicht verhindern konnten, geben sie ihren Kampf nicht auf. Sie organisieren Treffen mit anderen Gemeinden, die von ähnlichen Projekten betroffen sind, wie Vjosa und teilen ihre Erfahrungen. Es gehe ihnen nicht nur um ihre Gemeinde, sagt Dhimitër Koleci, sondern um ganz Albanien. »Wir wollen als Bürger endlich ernst genommen werden«, so der Sechzigjährige wütend und entschlossen, wenngleich man ihm die Mühen der letzten Jahre ansieht. »Wir wollen Europa in Albanien – nicht alle Albaner in Europa!«“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=207455
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