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Mursi: Notstand verhängt. Nützt wenig, fordert viele Opfer
Trotz Notstandserklärung für drei Städte, Ausgangssperren und zunehmenden Drohgebärden, trotz Toten und Verletzten und Verhafteten sind die Proteste, Demonstrationen und Aktionen quer durchs Land rund um den Jahrestag des Sturzes der Mubarak-Diktatur weiter gegangen. Von allen größeren Städten kamen und kommen immer wieder Berichte über neue Konfrontationen….
Einen einigermaßen vollständigen Überblick über die Ereignisse und Entwicklungen der beiden letzten Wochen zu leisten ist schwer – die Webseite Jaddaliya hat da die vielleicht kompletteste Sammlung, in der auch zahlreiche Beiträge enthalten sind, die auf die sozialen Aspekte dieser Proteste eingehen, rund 30 englischsprachige Artikel sind “Egypt Media Roundup (January 30)” dokumentiert.
Und: “Die zentralen Forderungen haben sich seit Beginn des Aufstandes im Januar 2011 nicht geändert. Die soziale Frage steht an erster Stelle. Dann geht es um Freiheit. Wir sind im Begriff, uns von einer jahrzehntelangen Diktatur zu befreien. Die Menschen haben festgestellt, daß ihnen ihre Revolution von vor zwei Jahren »geklaut« wurde. Sie haben realisiert, daß die Muslimbrüder ihre Feinde sind und nicht zu den Revolutionären gehören. Zu dieser Erkenntnis sind mittlerweile breite Kreise der Bevölkerung gelangt, das ist nicht mehr nur eine Sicht der Intellektuellen oder Linken. Das ist eine neue Situation in Ägypten” – aus dem Interview “Die Phase der Instabilität in Ägypten wird anhalten” von Rüdiger Göbel mit Mamdouh Habashi (Außenpolitischer Sprecher der Ägyptischen Sozialistischen Partei) in der jungen welt vom 04. Februar 2013.
Siehe dazu auch:
- “Egyptians are being held back by neoliberalism, not religion” von Rachel Shabi bereits am 21. Dezember 2012 im Guardian – ein Artikel, der sehr genau die sozialen Probleme benennt, die zur wachsenden Kritik, beziehungsweise wachsendem Vertrauensverlust in die Regierung führen, unter anderem wird darin hervorgehoben, dass die (immer noch) laufenden Verhandlungen über einen IWF Kredit von dessen Seite an Bedingungen gebunden sind, die die grössten sozialen Kürzungen seit Sadats Wende zum Neoliberalismus in den 70er Jahren bedeuten würden
- “No Jobs and Bad Jobs” von Ghada Barsoum am 06. Januar 2013 in der Cairo Review – über die Situation der jungen Menschen in Ägypten – die unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Drittel aller unter 24 jährigen erwerbslos ist.
- “Ordering the Disorderly? Street Vendors and the Developmentalist State” von Maha Abdelrahman am 14. Januar 2013 bei Jaddaliya – ein Beitrag der einerseits hervorhebt, dass Mursi unter dem Druck der Proteste zwar teilweise seine Novemberedikte zurückgenommen hat, aber das erste Gesetz, dass er mit neuer Machtfülle verabschieden lies, Gesetz 105/2012 darauf konzentriert war, den Straßenhandel unter Strafe zu stellen (was ausser reaktionär auch nicht völlig klug ist – die eigene Basis bestrafen kommt nicht besonders)…
- “Trade unions hold the answer to Egypt’s problems” von Deena Gamil am 28. Januar 2013 in Equal Times – ein Beitrag in dem hervorgehoben wird, dass gerade jetzt der neuen Gewerkschaftsbewegung in Ägypten ein besondere Rolle zukommt – unter anderem, weil sie als eine der wenigen Organisationen Zulauf haben.