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Ägypten: 10 Jahre Konterrevolution
„Am 3. Juli 2023 jährt sich zum zehnten Mal, dass der damalige ägyptische Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi, einen Putsch gegen Ägyptens ersten demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Mursi führte. Dieses weltbewegende Ereignis zerschlug die Revolution, die am 25. Januar 2011 im bevölkerungsreichsten arabischen Land gegen Präsident Hosni Mubarak begonnen hatte – ein Autokrat, der das Land drei Jahrzehnte lang regiert und dabei umfangreiche Unterstützung des Westens erhalten hatte. Der erste Aufstand in einer Reihe von Protesten in der Region wurde bald als «Arabischer Frühling» bezeichnet – der Sturz Mursis im Jahr 2013 markierte das endgültige Ende dieses Protestzyklus und der Beginn eines bis heute andauernden reaktionären Rückschlags. Was bedeutet Sisis Herrschaft für die über 100 Millionen Menschen, die in Ägypten leben?…“ Beitrag von Hossam el-Hamalawy vom 3. Juli 2023 bei der Rosa Luxemburg Stiftung – siehe mehr daraus und dazu:
- Weiter im Beitrag von Hossam el-Hamalawy vom 3. Juli 2023 bei der Rosa Luxemburg Stiftung : „… Mursi, der 2019 in Regierungshaft starb, war ein führendes Mitglied und verfolgte eine Politik, die allem Anschein nach konservativ und neoliberal war. Seine Amtszeit als Präsident enttäuschte viele Progressive und überzeugte daher nicht wenige von ihnen, Sisis Putsch 2013 zu unterstützen. Doch zehn Jahre später zeigt sich, dass die Machtübernahme des Militärs eine Welle von Staatsterror und scheinbar dauerhafter autoritärer Herrschaft auslöste. (…) Zehn Jahre nach dem Putsch mag Sisis Macht noch weitreichend sein, aber sein politischer Einfluss im In- und Ausland ist nicht mehr so stark wie am Anfang. Seine jüngste Initiative, einen «Dialog» mit den Überbleibseln der Opposition zu führen, muss in diesem Zusammenhang gesehen werden. Sisis Popularität ist heute aufgrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen und seines militaristischen Ansatzes in allen Fragen der Staatsführung wahrscheinlich auf dem Tiefpunkt angelangt. Er regiert ein Ägypten ohne Zivilgesellschaft und verlässt sich ausschließlich auf seine einheimischen Helfer aus dem Repressionsapparat – Militär, Polizei, Geheimdienst und die Verwaltungskontrollbehörde. Doch ohne regionale und westliche Unterstützer*innen hätte Sisi nicht so lange durchhalten können. Die arabischen Golfstaaten, insbesondere Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, spielten eine zentrale Rolle bei der Stützung seines Regimes, um die Revolution und die Muslimbruderschaft zu zerschlagen. Monarchen wissen sehr wohl, dass Revolutionen ansteckend sind, und waren bestrebt das bevölkerungsreichste Land der Region so schnell wie möglich zu befrieden. Israel war auch besorgt über den Sturz von Mubarak und die revolutionäre Welle gewesen, die Ägypten erfasste, wo pro-palästinensische Gefühle schon immer stark waren. Der Staatsstreich wurde vom politischen Establishment in Tel Aviv mit großer Begeisterung aufgenommen, welches sich auch in den USA aktiv für Sisi einsetzte. Israel hat mit Sisis Einverständnis Luftangriffe im Sinai durchgeführt, um Sisi bei seinem Kampf gegen militante Islamisten zu unterstützen. Die sicherheitspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten ist stärker denn je. (…) Wie Sisi seinen Weg durch die derzeitige Wirtschaftskrise findet, wird über seine Chancen auf weitere ausländische Unterstützungsgelder entscheiden, die für sein politisches Überleben unerlässlich sind. Um es in den Worten von Hisham Kassem zu sagen, ein altgedienter liberaler Experte Ägyptens: «Ägypten mag zu groß sein, um zu scheitern, aber der ägyptische Präsident ist es nicht».“
- Eine Dekade unter al-Sisi: Die schlimmsten Jahre
„Vor genau zehn Jahren übernahm Abdel Fattah al-Sisi in Ägypten die Macht. Heute hält der diktatorisch regierende Präsident die Medien eisern im Griff. Unter seiner Führung ist die Repression gegenüber Medienschaffenden allgegenwärtig. Mindestens 20 von ihnen sitzen unter oft unmenschlichen Bedingungen in Haft…“ Bilanz vom 03.07.2023 der Reporter ohne Grenzen
Siehe u.a. unser Dossier von 2013: Putsch, Umsturz oder Machtwechsel? Mursi unter Arrest